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706 unterscheiden sich nur durch die Bedeckung deS Kopfe-, indem der selbe stets auf daS Sorgfältigste eingehüllt ist. Unter den Vornehmeren herrschen sehr viele orientalische Sitten. Namentlich wird, sobald ein Mann auf Besuch in ein Hau kommt, ihm sogleich eine Pfeife mit sehr langem Rohre (Tschibuk genannt), mit türkischem Tabak gestopft, gebracht, da hier Alles raucht, selbst viele (vornehme und gemeine) Frauen. Ferner wird jedem Besuche Wasser vorgesetzt, wozu man, um dasselbe genießbar zu machen, Dulschetz, d. i. dick eingekochten Fcuchtsaft, giebt, von dem man 1/4 Kaffeelöffel nimmt und Wasser nachtrinkt. Später reicht man, und zwar zu jeder Tageszeit (wie im Venetianischen), ein Täßchen schwarzen Kaffee, welcher, auf türkische Weise, aus sehr fein gemahlenem Kaffee bereitet ist, mit dem Satze. Der Boden der Moldau ist fast überall hügelig oder bergig. Derselbe besteht, so weit ich denselben nur kennen gelernt habe, aus schwarzer, sehr fetter, klebriger Erde und scheint mir viel Humus zu enthalten. Er ist, mit Ausnahme der hohen Gebirgsgegenden, so fruchtbar, daß er, ohne irgend Düngung oder auch nur müh samen Anbau zu verlangen, durchschnittlich das 10. Korn trägt (in guten Jahren das. 15., im schlechtesten das 6.). Man baut hier sehr viel Mais, welchen man, wie in Ungarn, Kukurutz nennt. Dm Brei aus Mais nennt man Mameliga und das Brod davon Malay. Mais gewährt die hauptsächlichste Speise des gemeinen Volkes. Wein gedeiht hier sehr gut, fast ohne alle Cultur. Der jenige, den man in den Wirthschaften bekommt, ist aber meist schlecht, weil man zweckmäßige Behandlung desselben gar nicht kennt und ihn in der Regel schon im nächsten Jahre trinkt. Doch ist mir auch mehrmals ein sehr guter Wein vorgesetzt worden. Im Lande befinden sich viele Mineralquellen: Eisen wässer, unter denen die von Okna am bekanntesten sind, weil in den dortigen Salzbergwerken die Verbrecher arbeiten müssen, Schwefelwässer, und Bitterwässer vorzüglich bei Weilutza, 1 Meile von Jassy. Etwa 25 Aerzte, aus allen Gegenden Europa's, und drei Zahnärzte prakticiren hier. Einige Zahnärzte pfl-gen noch jetzt mit einem Karren, worauf ein rothgekl.ideter Hanswurst steht, im Lande herumzuziehen und ihre Mittel anzupreisen. Auf dem Lande und an kleinen Orten prakticiren auch die Apotheker, und die Kranken kommen in der Regel nicht eher zum Arzte, dis sie die Apotheker vergebens gebraucht haben. Da keine Universität im Lande sich befindet, so werden alle Diplome respectirt, selbst von denjenigen Universitäten, welche es bei der Ertheilung derselben nicht genau zu nehmen pflegen. Doch muß in der neueren Zeit jeder Arzt, der längere Zeit hier seine Kunst ausüben will, ein schriftliches und mündliches Examen be stehen. Dasselbe hat aber fast bloS den Zweck, um sich zu über zeugen, ob derjenige, welcher das Diplom vorzeigt, auch wirklich Arzt ist, da früher einige Fälle vom Gegentheile vorgekommen sind. Dagegen ist cS nicht nökhig, daß er Doctor der Medicin oder Chirurgie sei, indem das glücklich überftandene Examen ihn zu jeder Praxis berechtigt. Apotheken befinden sich acht in Jassy und stehen sich ziemlich gut, weil sie keinen großen Aufwand zu machen genöthigt sind, und weil sie alle möglichen Schönheits- und Geheimmittel ver kaufen und zum Theil selbst bereiten, welche bei unS die Kaufleute führen. — Seit 1823 (während der russischen Besetzung) hat sich hier eine Gesellschaft der Aerzte und Naturforscher gebildet, welche auch Diplome ausgiedt. Durch die Beiträge der Mitglieder und vieler Bojarers besitzt dieselbe jetzt ein eigenes HauS, eine naturhistorische Sammlung, eine Bibliothek und eine Sammlung von in der Moldau aufgefundenen und anderen Münzen. In der ersteren zeigt man als Merkwürdigkeit ein großes Stück sogenanntes Erdwachs (Erdpech), das auf dem Gute Komanesch, in der Nähe der Bäder von Slauik, an der Siebenbürgischen Grenze der Moldau, gefunden worden ist. Dieses Mineral ist in der Erde, bei Gelegenheit des Grabens nach Steinkohlen, an mehreren Stellen entdeckt worden. Die am meisten herrschende Krankheit ist da- Wechsel fieb er, hier moldauische- Kleber genannt, welche- alle Stände und Alter, so-ar Säuglinge befällt, und durch seine häufigen Rückfälle Unter- leib-störungen der verschiedensten Art hervorbringt. — UnterleibS- krankheiteHrsftrden sich unter der höheren Classe überhaupt weit mehr, als man ln einem Lande erwarten sollte, dessen Bewohner sich geistig nicht anzustrengen pflegen, vielmehr größtentbeil- dem Dolce iar aiento leben. Insbesondere leidet (wie in Rußland) fast jeder Mann an Hämorrhoiden, womit man übrigen- auch jede andere Krankheit bezeichnet, deren Namen man nicht gern aussprechen mag. Die vorzüglichste Ursache der genannten Krank heiten ist der Umstand, daß die höheren Claffen hier viele und sehr nahrhafte Speisen genießen, auch zu Anfang und Ende der Mahl zeit Branntwein oder ganz dicken, zuckerreichen Liqueur zu trinken pflegen, so wie, daß man hier fast gar nicht zu Fuß gehen kann, im Winter und Frühjahr wegen de- bereits beschriebenen Schmuzes, im Sommer wegen des Staubes. Daher flieht hier, wie in Ruß land, Alle-, was nur irgend kann, auf das Land und in das Ausland, hier Europa genannt, weil man sich hier schon zum Oriente rechnet. Ungeachtet die niedere Classe hier, wie im Mailändischen, fast blos von dem Brei und Brod des Mais lebt, findet man doch das Pellagra fast gar nicht, diese im Mailändischen vorzüglich unter der niederen Classe so häufige Hautkrankheit, welche später fast stets zum Wahnsinn führt und die Irrenhäuser bevölkert. Da nun große Hitze hier eben so gut im Sommer vorkommt als in Italien, so ist das Nichtvorhandensein des schrecklichen Pellagra der beste Beweis dafür, daß dasselbe noch durch andere Einflüsse hervorgebracht sein muß, als durch den Genuß der Polenta oder Mameliga und die große Hitze, wie man gewöhnlich annimmt. Es ist hier für einen jungen Arzt, bei einigem Glück, sehr leicht, schnell zu einer großen Praxis zu gelangen, da hier besonders die Juden (welche jeden Besuch, nach ihren Kräften, ziemlich gut bezahlen) zu jedem neu angekommenen Arzte strömen. Auch ist es für einen deutschen Arzt leicht, sich hier zu verständigen, weil viele Gebildete und alle Juden deutsch sprechen, und man in der höheren Classe mit der französischen Sprache fortkommt. Schwer ist es dagegen, die Praxis längere Zeit zu erhalten. Auch hält es nicht schwer, bei einiger Sparsamkeit sich in kurzer Zeit einiges, bei besonderem Glücke bedeutendes Vermögen zu erwerben, da man hier, im Vergleich zu Deutschland, sehr gut zu zahlen pflegt. Dagegen ist auch, mit Ausnahme der Lebensmittel und des Weins, hier Alle-sehr theuer, zwei-, drei - bi- viermal theurrr als in Deutschland, was schon daraus hervorqeht, daß man hier fast nur nach Ducaten rechnet. Für geistige Anregung und Fort schritt ist dagegen hier durchaus nichts zu finden, weshalb die meisten Aerzte aus derjenigen Stelle stehen bleiben, die sie erlangt hatten, alS sie die Moldau betraten; viele gehen hier offenbar zu rück, da der Besitz einer möglichst großen Summe von Ducaten daS einzige Ziel ist, wonach sie streben, und da der hier sehr billige Wein Manchen verleitet, über Durst zu trinken. In der That ist hier die Praxis nicht sehr aufmunternd, da man nur in glücklichen Fällen die Krankheit bis zu Ende beobachten kann. Denn die meisten Kranken, besonders diejenigen der niederen Stände, mit Ausnahme weniger höher gebildeten Bojarenfamilien,, haben keinen Hausarzt, sondern lassen bald den, bald jenen Arzt holen, oft in einem Tage mehrere, und verlassen ihn wieder, wenn seine Recepte nicht sogleich helfen. Bei Krankheiten von einiger Be deutung und bei reichen Leuten ist eS gar nichts Seltenes, daß alle Aerzte von nur einigem Rufe der Reihe nach zu Rache gezogen werden. Hat ein Arzt aber das Unglück, daß ihm einige Kranke nach einander sterben, so kommt er gleich in Verruf, und seine Praxis ist für lange Zeit, wenn nicht für immer, sehr gefährdet. Auch braucht man hier in allen Ständen sehr viele französische, englische und andere Geheimmittel und zieht alte Frauen und Quacksalber vielfach zu Rathe. Die auS dem Oriente kommenden Reisenden müssen in Galacz (etwa 40 deutsche Meilen von Jassy entfernt) 4 Tage Quaran ta ine halten. Die aus der Moldau nach Oesterreich reisenden Personen werden, sobald keine Epidemie in der Moldau herrscht, nur der Form nach einer kleinen Räucherung unterworfen. Die von da auS nach und über Deutschland abgesenbeten Briefe hingegen «erden an der österreichischen Grenze alle durchstochen. StLdttheater. Am 28. Februar ging abermals eine Neuigkeit auf unserer Bühne in Scene, da- bürgerliche Schauspiel in vier Acten „Vs banqnv " von R 0 bertGise k e. Der als talentvoller Novellist und Romanschriftsteller allgemein geschätzte Dichter machte bereit- vor etwa einem Jahre seinen ersten Versuch auf dramatischem Ge biete mit dem Trauerspiele „Johannes Rathenow", da- hier sowohl wie an mehreren anderen Theatern eine beifällige Aufnahme fand. Diese- Trauerspiel berechtigte zu schönen Hoffnungen für die Zu kunft des Dichter-; e- zeigtt Talent und ein tüchtige- Wollen,