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und Anzeiger. 45. Mittwoch den 14. Februar. 1855. Bekanntmachung, die I». Bnrgerschnle betreffend. Die Aufnahmescheine für die Kinder, welche für Ostern dieses Jahre- zur III. Bürgerschule angemeldet worden sind, haben die Aeltern und Pflegeältern derselben . Montag den LO oder Dienstag den SO. Februar d. I. in der Schulgelder-Einnahme auf hiesigem Rathhause in Empfang zu nehmen. ^ ^ ^ . . Leipzig, den Iv Februar I8LL. Der Skath der Stadt Leipzig. Koch. Bekanntmachung. Da- Klatschen mit Schlitten-Peitschen in der innern Stadt, so wie in den Straßen der Vorstädte ist bei Fünf Thalern Geldstrafe oder nach Befinden verhältnißmäßigem Gefängniß und Wegnahme der Peitsche verboten ; dagegen muß, so lange die Straßen mit Schnee bedeckt find, bei gleicher Geld - oder Gesängnißstrase, jedes mit Pferden bespannte Fuhrwerk mit Schellen oder Glockengeläuts versehen werden. Leipzig, de« 13. Februar 1855. Das Polizei-Amt -er Stadt Leipzig. , Stengel, Pol.-Dir. Schissbruch cines Leipzigers. Indem wir hier einen Originalbrief eines Auswanderers von hier geben, welcher auf dem amerikanischen Schiffe ,.New-Era" ganz in der Nähe von New-Vork an der Küste von Long-Jsland Schiffbruch erlitten har, schicken wir da- voraus, was Über diesen Schiffbruch die AugSb. Allgem. Zeitung in Nr. 354 vom vorigen Jahre mit einem Rückblicke auf die Rechtschaffenheit eine- Capitain- au- Antwerpen in einem Artikel au- Bremen sagt. Es heißt dort: „Als Anfang November- die „Vierge Marie" au- Antwerpen an der amerikanischen Küste strandete, blieb Capitain Seykens, ein rechtschaffener Klaming, an Bord, bis auch der letzte der ihm anverltautr« Auswanderer gerettet war; dann erst bestieg auch er mit seinem Kinde da- Boot. Einen grellen und kleinlichen Gegen satz dazu bildet da- Verfahren de- amerikanischen Capitain- Henry von dem amerikanischen Schiffe „New-Era", da- am 28. Septbr. unsere Rhede verlassen hatte. E- waren nahezu 400 Paffagiere an Bord; die Expedienten hier hatten für gute Ausrüstung und reichlich« Nahrungsmittel Sorge getragen, auch war ein Arzt an Bord, ein vr. Lowenderg. Aber die Speisen wurden schlecht zu- i bereitet und unwgelmäßig au-gethettt, und in ungenügender Menge ; etwa 40 Auswanderer starben an Bord, zum Theil von der Cholera hinwMerafft; da- GchiffSvolk, eine meuterische Bande, zumeist «S Irländern bestehend, mißhandelte die Reisenden auf da- Ab scheulichste, ohne daß der Capitain den Willen oder die Macht hat, dem wahrhaft himmelschreienden Unfug zu steuern; der Dienst wird sehr umegrlmLßig besorgt ; al- da- Schiff leck springt, müssen, wa- sich von selbst versteht, Üe Passagiere Tag und Nacht pumpen ; aber selbst dabel werden sie von de« Matrosen verhöhnt und ge- ßö-t. LlS dann die „New-Era" ln Folge strafbarer Rachläsfig- ßeit der Schiff-officiere scheitert, werden dle Passagiere von der Mannschaft noch belogen und betrogen; sie erklärt, daß gar keine Gefahr vorhanden sei, springt in die Boote, rettet sich an da- nahe Land und läßt 370 Menschen auf dem Wrack, alles Leute, die vom Seewesen auch nicht das Geringste verstehen und sich dem nassen Tode preisgegeben sehen! Von 427 Menschen, die in Bremerhaven sich an Bord der „New-Era" befanden, starben, wie bemerkt, 40 unterwegs, 230 ertranken in Folge der Feigheit des amerikanischen Capitains; 155 wurden am Ende noch gerettet. Der Capitain hatte geschlafen, seine Steuerleute hatten reichlich getrunken in den Cajüten, statt auf dem Deck zu sein ; das nagel neue prächtige Schiff ging schmählich zu Grunde. Der ungetreue Schiffsführec wird natürlich nicht bestraft, die Mannschaft wird nicht zur Verantwortung gezogen werden, denn da- wäre in den Vereinigten Staaten unerhört; der Schiffsarzt, welcher an der Mißhandlung der Paffagiere Theil genommen, ist ertrunken und hat seinen Lohn. Die deutsche Gesellschaft in New-Vork nahm sich der Geretteten nach Kräften an; die deutschen Kaufleute gaben gleich in den ersten Stunden 5000 Dollars, um die erste Noch einigermaßen zu lindern. E- ist entsetzlich, wie gewissenlos fast immer in Nordamerika mit dem höchsten Gut de- Menschen, dem Leben, gerade von denen umgegangen wird, welchen dasselbe an vertraut ist, und es verursacht allemal eine unerquickliche Stim mung, wenn man amerikanische Blätter durchlieft ; die Rohheit drüben ist ohne Frage im Zunehmen." Oer Brief selbst lautet: Chicago am Michigansre im Staate Illinois in den Vereinigten Staaten Nordamerika'-. Liebe Mutter und Geschwister! Gewiß schon lange habt Ihr Nachricht von mir erwartet und mich für verloren gehalten, welche- auch bald der Fall war; denn nur durch Gotte- Hülse und Beistand bin ich hier glücklich an-