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459« Winter, erschien als neueinstudirt am 29. Oktober nach langer Ruhe wieder auf dem Repertoir — gewiß zur Freude aller Musik freunde. Ist in dem Werke auch der Mozartsche Einfluß zuweilen bemerkbar, so bleibt eS doch nur eben bei dem Einfluß und es kommt — im Gegensatz zu viel anspruch-voller auftretenden Werken anderer Nachfolger, um nicht zu sagen Nachahmer großer origineller Genie- — nicht zu wirklichen Reminiscenzen oder gar zu Plagiaten. Nur der Styl de- Ganzen erinnert an da- große Vorbild de- Componisten. Die ganze Oper ist von anmuthiger Frische durch weht, die sehr gefälligen Mrlodieen, die ihrer Zeit mindesten- ebm so populär waren, wie gegenwärtig die der beliebtesten modernen Opern, sind wahr und innig empfunden und werden trotz einiger dem damaligen Zeitgeschmack gemachten Concessionen immer noch zum Herzen gehen und noch für geraume Zeit ihre Geltung be halten. WaS ein hauptsächlicher Vorzug dieser Musik sein dürfte, ist die eigenthümliche, sehr glücklich getroffene Färbung de- Ganzen nicht minder, wie die in derselben bedingte scharfe und streng durch geführt« Charakteristik der einzelnen Persönlichkeiten. Der Componist giebt unS ein interessante-, leben-warme- Bild jene- edlen und schon sehr cultivirten Volke- des alten Peru, da- unter der Herr schaft der Inka'- und seines unter dem Sinnbild der Sonne ver ehrten Gotte- so glücklich war, bi- ihm die Spanier einen so entsetzlichen und in der Geschichte beispiellosen Untergang bereiteten. In der ersten Zeit der Kämpfe mit den Europäern spielt die Wintersche Oper und auch die Handlung ist daher nicht ohne Interesse. Dankenswerth ist es jedenfalls, daß dieses schöne Werk wieder hervorgesucht worden ist; es bleibt nur zu wünschen, daß da- Publicum den Antheil daran nehmen möge, den es in Wahrheit vor vielem Anderen verdient. — Die Aufführung der Oper war in den Hauptsachen eine befriedigende; einige Unebenheiten des Ensembles auf der Bühne wie im Orchester werden bei den nächsten Vorstellungen leicht zu beseitigen sein; recht brav wurden die zahl reichen, äußerst wirkungsvollen Chöre ausgeführt. — Zu den Einzelnleistungen übergehend, beginne ich mit dem Gast, Herrn Allfeld, der den Mafferu sang. Was ich schon bei dem ersten hiesigen Auftreten des Sängers über dessen schöne Stimmbegabung sagte, bestätigte sich auch diesmal vollkommen; er sang übrigens auch die Partie im Allgemeinen correct. Um sie aber zur vollen Geltung zu bringen, fehlte die höhere Auffassung und Auseinander setzung de- Charakters, das innere geistige Leben im Gesänge wie im Spiel. Deshalb blieb auch selbst der Glanzpunct der Rolle, die große Arie im ersten Acte, ziemlich wirkungslos. Referent will und kann über die Leistungsfähigkeit des Gastes nach dieser Partie kein abschließendes Urtheil geben, um so weniger, als die erste hiesige Leistung des Herrn Allfeld, der Bertram in „Robert der Teufel", bedeutend höher stand. — Von den Vertretern der weiblichrn Par- tieen der Oper ist zuerst Frl. Bartel als Myrrha zu nennen. Die Sängerin leistete als solche recht AnerkennenswertheS und gab sich auch im Spiel sehr viele nicht erfolglose Mühe — besonder- sprach ihre Leistung in dem ersten Theile der Rolle an, während in den letzten Scenen de- zweiten Acte- etwas mehr Leidenschaft und Wärme erwünscht gewesen wären. — Die andere große weib liche Partie der Oper, die der Elvira, trat in Folge de- Wegfall- der großen Arie sehr zurück. Daß diese sehr schwere und nicht geringe physische Anstrengung erfordernde Nummer wegblieb, ist für diesmal nur zu billigen, da — wie Referent erfährt — die Sängerin Frau Richter sehr bedeutend unwohl geworden war. In dieser Unpäßlichkeit ist auch ein Entschuldigung-grund für da- zu suchen, was Frau Richter an diesem Abende leistete. In billiger Rücksichtnahme streiche ich daher das, was bereits über Frau Richters Elvira geschrieben war, und äußere nur im Interesse des betreffenden Mitglieds wie de- Publicum- selbst den Wunsch, es möge letztere- stets von dergleichen Fällen noch vor der Vor stellung in Kenntniß gesetzt und um Nachsicht gebeten werden. — Die drei kleinen weiblichen Partieen der Gespielinnen Myrrha'S waren durch Frl. Aalburg, F>l. Neuhold und Frl. Hybl zufriedenstellend vertreten; ihr Quartett mit Myrrha kam recht hübsch zur Geltung. — Eine vorzügliche Leistung war die des Herrn Schneider als Murney. Der musikalische, von wahrer Empfindung und von künstlerischem Verständniß getragene Gesang dieses schLtzenSwerthen Mitglied- wirkte bei sehr günftiäer Dis position eben so wohlthuend als nachhaltig.. Dieser schönen Ge staltung reihen sich die Leistungen der Herren Brassin (Inka) und Behr (Vilac Umu) an. Auch Herr Brassin war sehr gut bei Stimme und sang die schöne Partie mit richtiger Auf fassung und mit WÜrme; trefflich war in Herrn Behr« Leistung namentlich der Vortrag der großen und stet- wirkungsvollen Arie. Ich glaube damit nicht zu viel zu sagen, daß diese Partüen zu den besten Gestaltungen dieser drei Sänger zählen^ AnerkennenSwerth war da-, was Herr Marloff in der kleineren Rolle de- Roka al- Sänger gab. Der Dialog macht zwar ihm sowohl, wie auch thrilweise Frl. Bartel noch Manche- zu schaffen, doch zeigte sich auch bei Herrn Marloff diesmal in dieser Beziehung einiger Fortschritt gegen frühere Vorstellungen. Ferdinand Gleich. * Bernhard von Weimar, Trauerspiel in 5 Acten von Genast. Das schöne Lied von der Mildthätigkeit des kunstsinnigen Leipzig- ist in d. Bl. bereits so oft und in so verschiedenen Variationen angestimmt worden, daß es schwer halten dürfte, neue Weisen für dasselbe zu erfinden. Trotz alledem fühlen wir un gedrungen, den geehrten Einwohnern Leipzig-, welche der drama tischen Kunst ihre wohlwollende Theilnahme schenken, die Mit theilung zu machen, daß nächsten Montag den S. November zum Besten de- Theater-PensionSfondS „Bernhard von Weimar" von Genast, Trauerspiel in 5 Acten, auf unsrer Bühne aufgeführt werden soll. Sicher bedarf eS keiner weitern Hinweisung, von welcher Wichtigkeit die Blüthe des PensionSfondS für die Erhal tung der tüchtigsten Mitglieder an unserer Bühne ist; dlrS ist allen Freunden der Kunst bekannt und bereits wiederholt in d. Bl. abgehandelt worden. Die umsichtige Wahl der Verwalter dieses Fonds hinsichtlich der zum Besten desselben aufzuführenden Stücke hat sich ebenfalls so oft und so glänzend bewährt, daß die Hin- dcutung genügt, wie dieses Werk, welches bereits dreimal am Hoftheater zu Weimar mit großcm Glück zur Aufführung kam, von den bedeutendsten Kräften unserer Bühne dargestellt, einen hohen Kunstgenuß erwarten läßt. Mit Zuversicht darf man daher der regsten Betheiligung des mit Recht wegen seines Kunstsinn- hochgeachteten Leipzigs entgegensehen. C. Euterpe. Der Musikverein „Euterpe" eröffnet« am 30. October seinen diesmaligen Concert-Cyclus. Die technische Leitung dieser Auf führungen hat Herr Musikdirektor Langer übernommen, der sich bei dieser Gelegenheit abermals als ein umsichtiger, gewandter und verständiger Dirigent bewährte, eben so wie sich das Orchester von dem guten Geiste beseelt zeigte, der bisher in diesem Vereine herrschte ; besonders war das bei d,m Vortrage der beiden großen Instrumentalwerke des Abends — Ouvertüre zu „Euryanthe" von C. M. v. Weber und äur-Symphonie von Beethoven — der Fall. — Die Gesangs - und Jnftrumental-Solovorträge warm durch zwei Damen vertreten, durch Fräulein Auguste Koch und Fräulein Hedwig BrzowSka. Erstere haben wir als Sängerin bereits bei früheren Gelegenheiten kennen gelernt und Referent hat sich über die Leistungen der jungen strebsamen Dame stet- aner kennend ausgesprochen. Fräulein Koch hat ansprechende Mittel, die Art und Weise ihre- Gesänge- verräth die gute Schule, an der sie hervorgegangen. Besonders gelang ihr in diesem Concert die Arie au- „Hans Heiling" von Marschner, deren ersten Theil namentlich die Sängerin sehr brav vortrug. Im Allegro der Arie — die übrigens wie alle Marschnersche Gesang-musik im Technischen wie bezüglich der Auffassung keineswegs leicht — hätte Fräulein Koch zum Vortheil des Ganzen noch etwa- mehr Wärme entwickeln können, wie sie überhaupt die verschiedenen Nüancen noch mehr zur Geltung zu bringen hat. Die Wahl der Donizetti'schen Arie möchte ich für einen Mißgriff halten; denn auch abgesehen davon, daß da- Musikstück wohl eine- der kläglichsten Produkte der neuitalienischen Muse ist und einen zu grellen Contrast zu den Werken ersten Range- bildete, zwischen denen es erschien, so übersteigen die hier zu machenden Anfor derungen an die Gesang-Virtuosität bis jetzt noch die Kräfte der Sängerin. Fräulein Koch gab sich viele Mühe, stellenweise auch nicht ohne Erfolg, die italienische Arie entsprechend zu Gehör zu dringen — da- reicht aber in solchen Fällen nicht au-, wo nur die vollendetste Kunst des Vortragenden über die ausgesprochenste Trivialität der Composition zu trösten vermag.— Fräulein Hed wig BrzowSka ist eine vortrefflich gebildete Pianistin, deren Leistungen, was Technik anlangt, Referent als sehr gelungen be zeichnen kann. Ihre Fertigkeit ist sehr bedeutend, ihr Anschlag, wenn auch nicht groß, doch gesund und voll, ihr Spiel durch-