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5160 selbst. «eftwnt ist weit b»v« «tfmlt, dm, Eomponisten nach dieser Symphonie produttives Taßnrt^ di- zu einem gewissen Grade abzusprechen, er gesteht ihm auch zu, daß er Im Harmonischen, 8«meU« n»d Orchestraltyt etnW- gelemt hat Md sich in seinem Werke nicht selten eine glückliche Beherrschung der äußeren Mittel kund gsebt — dennoch aber ist meiner Meinung nach die Symphonie ein noch unfertige- Werk, eine Uebungsarbeit, die al- solche a« sich wohl achtungSwerth, für die Oeffentlichkeit jedoch nicht- weniger al- geeignet ist. Fasten wir zuerst da- in die Augen, wa- der Komponist mit diesem Werke beabsichtigte, so Puden wir, daß er etwa- Heitere-, AnmuthigeS, auch ^em sogenaynten Laten leicht Zugängliche- in netter und knapper Form geben wollte^ Er stützte sich dabei vorzugsweise auf die Symphonien Haydn-. Da wäre nun wohl ganz schön und lodenSwerth, wenn Jada-sohn in der Absicht, populär und eindringlich zu schreiben, nicht zu oft in'- Triviale verfiele und nicht gar zu sehr an den Ungeschmack appellirt hätte, der sich in gewissen Kreisen aller Orten, selbst in solchen größeren Städten finden mag, die durch allgemeine künst lerische Bildung berühmt sind. Wie sehr sich aber der Eomponist hierin bei dem Publicum der „Euterpe" verrechnet, bewie- die kalte Aufnahme de- Werke- mehr als zur Genüge. Daß sich in dem Werke viele Anklänge zeigten, sei kein Vorwurf für dessen Schöpfer. Von den einzelnen Sätzen gefiel mir in jeder Beziehung der erste am besten. Die Frische und da- Leben in demselben, die geschickte Form und hübsche Orchestration versprachen etwa- für den weiteren Verlauf der Symphonie. Zn den beiden folgenden Sätzen geht Jada-sohn zu sehr auf die Urformen de- Adagio und Scherzo in der Symphonie — auf da- Lied und den Tanz — zurück. Die Motive de- zweiten Satzes sind an sich recht hübsch und gefällig, eben so die Orchestration nicht unwirksam, die Ver arbeitung der Gedanken jedoch und die formelle Fassung lassen viel zu wünschen übrig. Der zweite Satz erschien daher in seinen Theilen zusammenhanglos ; um von einem Gedanken zum andern überzugehen, hatte e- sich der Eomponist oft etwa- bequem gemacht. Da- Scherzo ist nicht mehr, al- ein geschickt instrumentirter Tanz, jedoch kein veredelter, wie die Menuetten Haydn- und Mozart-, oder gar die Scherzt Beethovens es sind — im Gegentheil davon erinnert diese- Scherzo gar sehr an die Feste zu Ehren Terpsichores und wirkt wohl mehr auf die Füße, als auf Geist und Herz. Am wenigsten befriedigte der vierte Satz. Jrs demselben vermißte ich gänzlich den melodischen Fluß, der den übrigen und besonder- dem ersten nicht adzuspreche» ist, eben so wie die Form zerstückelt erschien, so daß derselbe nur dem Umstand sein Dasein verdanken dürfte, daß eine Symphonie vier Sätze haben muß. Die Aus führung de- nicht schwierigen Werkes war noch nicht genug ge glättet, namentlich fiel mir da- am Schlüsse de- ersten Satzes auf, wie auch in der Ouvertüre zu „Leonore" (k§o. 2) von Beethoven, welche an der Spitze des zweiten Theiles stand, abgesehen von einigen Versehen, auch eine feinere Auseinander setzung zu vermissen war. Sehr tüchtig dagegen ging die den Schluß bildende Ouvertüre zum „Freischütz" — Die Gesangs vorträge dies«- Eoncert- halte Fräulein Marie Bretschneider übernommen. Bin ich auch der Meinung, daß das Recitativ und die Romanze au- ,.Tell" von Rossini sich mehr für einen voll tönenden Mezzosopran, als für eine zarte und klare hohe Sopran- siimme, wie sie Fräulein Bretschneider hat, eignet, so gestehe ich doch mit Freuden zu, daß die Sängerin da- schöne, wahr und innig empfundene Musikstück sehr befriedigend wiedergab und be sonder- durch correcten musikalischen Dortrag sich auszeichnete. Noch mehr al- hier sprach Fräulein Bretschneider-Gesang in den ihrem Naturell mehr zusagenden Liedern von Mendelssohn (Suleika), Fr. Schubert (Eifersucht und Stolz) und R. Schu mann (Ich wandre nicht) an. Man kann der begabten und strebsamen jungen Sängerin zu diesem ersten Auftreten in einem großen Eoncert nur Glück wünsche«, da sie damit vollkommen die gute Meinung rechtfertigte, die man nach ihren Leistungen in klei neren Aufführungen von ihr hegen durste. — Ein von früher her bei dem Publicum wohlaccreditirter Künstler, der Kammermusiku- Herr Heinrich RiceiuS au- Dresden, spielte da- Violin- voncert von Mendelssohn und ein Adagio und Rondo eigener Eomposition. Er bewährte auch diesmal seine schon früher aner kannte technische Fertigkeit und seinen Geschmack im Vortrage. Seine Composition war ansprechend und geschickt, leichter und ge fälliger Art; dir Principalstimme trat in bester Wirkung hervor. Ferdinand Gleich. Dir Antigone des SophnkKA ^ F WI« man hkt Tagen in der trefs Übersetzung von A sohns auf hiesigem daß diese Aufführung wphokleische Tragj-die j» den nächsten Mßen hellenischen Dichter» würdigen r*) unb mit der Musik Mendels- ter gegeben «erden. Wir zweifeln nicht, bei der jetzigen guten Besetzung der Fächer im recitirenden Schauspiel eine tüchtige werden wird und wünschten daher, daß die gewiß große Mühe, welche da- griechische Trauer spiel der artistischen Oberleitung und den einzelnen Mitgliedern der Bühne verursacht, durch eine recht lebhafte Lheilnahme und An erkennung feiten- de- Pübklcum- belohnt würde, und deshalb er laubt sich Einsender einige Worte über da- unvergänglich schöne Werk de- griechischen Tragiker- zu sagen. Ein großer Jrnhum ist e-, wenn man glaubt, die Antigone, wie überhaupt die Kunst de- klassischen Alterthum-, sei nur engeren gekehrten oder ästhetk- firenden Kreisen zugänglich und genießbar Wa- wäre da- für eine Kunst, die sich nicht an den Menschen selbst, sondern nur an gewisse Claffen wendete? Verdiente diese wohl den Namen einer Kunst? Sophokles dichtete für da- geist- und poesiereiche Volk von Athen, er spricht nicht zu den Vornehmen und Gelehrten, sondern zu dem im Cultu- de- Schönen erwachsenen Menschen, er führt große, oft noch mit der Mythe durchwebte Ereignisse der griechischen Geschichte seinem Volke vor. Der Mensch bleibt aber in seinen Grundzügen unter allen Verhältnissen und in allen Zeiten derselbe; wie er vor dreitausend Jahren geliebt, gehaßt und gestrebt hat, so thut er da- noch heute, und deshalb machen noch jetzt die edlen poetischen Gestaltungen der hellenischen Künstler auf den Menschen, der überhaupt noch empfänglich für Großes und Herrliches ist, den gewaltigsten Eindruck. Die Tragödie „Antigone" ist eine der unschätzbarsten Perlen, die uns aus dem klassischen Griechenland überkommen. Der Dichter führt uns den Untergang de- mit dem Fluche der Götter belasteten Hauses de- Laios vor. Die Enkel diese- König- von Theben, die Söhne des OedipuS, Eteokles und PolynrikeS, sind bei der berühmten Belagerung Thebens durch die sieben Fürsten im blutigen Zweikampfe durch gegenseitigen Brudermord gefallen. Kreon, der dem König-Hause nächste Verwandte, herrscht in Theben beim Beginn der Tragödie. Er hat befohlen, daß nur die Leiche de- EeeokleS zur Erde bestattet, die de- Polyneikes jedoch unbeerdigt, den Hunden und Vögeln zur Beute, liegen bleiben solle, weil dieser im Kampfe gegen seine Vaterstadt gefallen war. Nach hellenischem Glanben wurde aber der Schalten de- Verstorbenen, dessen Leiche nicht in der Erde ruhte, von den übrigen Hingeschiedenen im Jenseits verachtet, d. h., um in unserem Sprachgebrauch zu reden, seine Seele konnte nicht selig werden. Trotz des Gebot- de- König-, auf dessen Über tretung Todesstrafe stand, geht jedoch die Schwester der Söhne des OedipuS, Antigone, hinaus und erweist dem tobten Bruder die letzte fromme Pflicht, indem sie Staub auf bessert Leichnam streut. Sie wird dabei ergriffen und der König verurtheilt sie trotz des Murrens im Volke, trotz der Warnung seiner Freunde und de- Flehen- seine- eigenen Sohne- Hämon, de- Bräutigam- der Antigone, zum Tode. Endlich aber, als der blinde greise Seher TeiresiaS ihm der Götter Zorn über seine That verkündet, geht Kreon von seinem Starrsinn ab. Es ist jedoch zu spät. Er eilt nach der Felsenhöhle, in die er Antigone lebendig begraben ließ. Dort findet er seinen Sohn Hämon in Verzweiflung bei der Leiche seiner Braut. Al- Hämon den Vater sieht, zieht er da- Schwert gegen ihn; Kreon jedoch weicht dem Streiche au-, und HLmon, auf sich selbst ergrimmt wegen de- versuchten Vatermord-, tödtet sich selbst. Der König trägt die Leiche de- Sohne- selbst weh klagend nach dem Palast zurück; dort trifft ihn die Nachricht, daß auch seine Gattin Eurydike in Verzweiflung über den Tod de- Sohne- ihrem Leben ein Ziel gesetzt hat. Der König selbst sieht nun den Schicksalsspruch erfüllt, den ihm TeiresiaS verkündet; er hatte ein göttliche- Gebot verletzt, indem er die Leiche des Polyneike- unvestattet liegen ließ und die, welche eine heilige Pflicht erfüllen wollte, mit dem Tode bestrafte — und diese schwere Schuld mußte von den Göttern an ihm gerächt werden. — Die- der ein fache aber tief ergreifende Gang der Handlung in der Tragödie. Trete man nur der unsterblichen Dichtung bei ihrer Aufführung mit offenem Herz und Gemüth entgegen, versetze man sich in die Verhältnisse und die religiösen Anschauungen der Hellenen, und man wird bei diesem Werke, in dem ein jedi- Wsikt echte» lautrres *) Leipzig und Heidelberg, E. F. Winters Verlag-Handlung.