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5041 gelb haben könne. Diese- wäre jedoch nur eine halbe Maßregel, welche da- Hauptübel, nämlich die große Mannichfaltigkeit de- deutschen Papiergelde- nicht beseitigt, wir würden im Gegentheil noch eine neue Sorte dazu bekommen. Nur wenn die jetzt bestehende Musterkarte von Cassenanweisungen ganz verschwindet und durch ein einzige- Bunde-papier ersetzt wird, kann da- wahre Heil Deutsch land-, seiner Industrie und seine- Handel- gefördert «erden. Kommt noch dazu, wie zu hoffen steht, eine Einheit in Maß und Gewicht, so bleibt den Deutschen, wa- die deutsche Einheit betrifft, deren Mangel so oft und mit Recht beklagt worden ist, wenig zu wünschen übrig. Mögen die hier au-gesprochenen Wün sche nicht unter die frommen verwiesen werden, sondern die Beach tung finden, die fie verdienen. 6. l,. Brasilien. Zur Berichtigung au- Hamburg eingesendet. Da- „Leipziger Tageblatt" Nr. 307 bringt unter derUeberfchrift: „Eine Warnung vor den brasilianischen Parceria-Coatracten" Auszüge au- dem Schreiben eine- „jungen, au- Leipzig gebürtigen und nach Südamerika übergesiedelten Oekonomen, 6. 6. Rio de Janeiro, 16. September 1855", in denen da- traurige Schicksal zehn „sächsischer" Familien, welche mit einem Fazendeiro Contract gemacht haben, geschildert wird- Von vorn herein fällt jedoch auf, daß in diesem Schreiben der Name weder der betreffenden Colonie, noch de- betreffenden Grund herrn (Fazendeiro) genannt wird und ebenso alle genauen Angaben über den Zeitpunkt der erzählten Flucht der Colonisten, ihre- Ein treffen- in Rio de Janeiro, ihre- „Wiederverkauf- um ein Gpott- geld" u. s. w. fehlen. Die ganze Geschichtserzählung reducirt sich also auf Folgende-: Irgendwann sind irgendwo sächsische Aus wanderer von irgend welchem Gutsbesitzer, welchem sie sich ver dungen hatten, betrügerisch und willkürlich behandelt worden. So kann aber unmöglich Jemand erzählen, der da- Erzählte au- eigner Erfahrung weiß und wäre eS auch nur au- persönlicher Besprechung mit den in Rede stehenden angeblichen Opfern der Willkür de- ungenannten Fazendeiro. Statt dessen kann eS nur ein Hörensagen sein, welche- her Briefsteller wiedergiebt. Ein fernerer Umstand erhebt die- über allen und jeden Zweifel. Der Briefsteller, selbst Sachse, bezeichnet die betreffenden Colonisten als Familien „auS Sachsen, die vor 3 Jahren ausgewandert seien", und doch ist weder im Jahre 1852, dem Jahre der Begründung der ersten Parceria. Colonien der Provinz Rio de Janeiro, noch nachher, irgend Jemand „auS Sachsen" nach diesen Colonien auS gewandert. Sämmtliche betreffende Parceria-Colonisten deS JahreS 1852 für Rio de Janeiro sind über Hamburg dahin befördert worden und auS den amtlichen Registern de- dortigen General- ConsulatS sowohl, al- aus den Listen der betreffenden Schiffs expedienten geht übereinstimmend hervor, daß unter ihnen „Familien auS Sachsen" sich nicht befanden. Hätte der Briefsteller die be treffenden Colonisten selbst gesehen und gesprochen, so hätte er als Sachse doch wohl am ersten Gelegenheit gehabt, sich zu überzeugen, daß sie specielle Landsleute von ihm nicht waren. Nicht- destoweniger ist gewiß, daß jede- Hörensagen und noch so vage Gerücht meisten- irgend eine tatsächliche Veranlassung hat und somit wohl auch ein, wenn noch so kleine- Körnchen Wahrheit in sich schließt. In gleicher Weise dürfte e- sich auch mit dem Hörensagen de- Leipziger Briefsteller- verhalten. Wenig sten- gewinnt eS. die freilich durchaus unbestimmten Angaben diese- Hörensagen- mit den amtlichen Berichten de-Kaiserlich Brasilianischen Generallandamt- über die in der Provinz Rio de Janeiro bestehenden Parceria-Colonien zusammengehalten, große Wahrscheinlichkeit, daß die in Rede stehenden Colonisten die der Colonie Martin de S- und de- Fazendeiro vr. Jos- Cardofo de Meneze- sind. Dies« Colonie wurde im Oecember 1852 mit 12 (nicht 10) Familien, die au- 67 (nicht 70) Köpfen bestanden, gegründet und allerding haben diese Colonisten in den ersten 26 Monaten, über welche amtliche Berichte vorliegen, nicht vermocht, von ihrer Schuld an dm Grundherrn da- Mindest« zurückzuzahlen. Indem der amtliche Bericht die- im Gegensatz zu den entschieden und durchweg günstigen Resultaten der übrigen im Jahre 1852 gegründeten Parceria- Colonien der Provinz Rio de Janeiro, nämlich Jndepeudencia, S. Rosa, S. Justa und Corüa-, hervorhebt, constatirt er aber zugleich, daß von sämmtlichen 67 Personen von Martin de S- keine einzige war, diein ihrerHeimath demAckerbau oder Irgendwelcher landwirthschaftlichen Beschäfti gung odgelegen hatte, sondern sämmtliche Colonisten zu Hause verkommene TewerbSleute kleiner Städte gewesen waren. Weiter constatirt derselbe vom 1. März d. I. datirte Bericht, daß schon da mals die meisten Colonisten die Colonie verlassen hatten und in der Nachbarschaft zerstreut lebten, währenddem Grundbesitzer keine Mittel zu Gebote standen, sie zu ihrer vertragsmäßigen Pflicht zurückzuführen und er als einzige- Au-kunftSmittel daran dachte, sie einem andern Fazendeiro zu überlassen. Hierau- geht denn aber auf da- Klarste hervor: 1) Die ungünstigen Resultate der Colonie Martin deS- sind eine isolirt stehende Ausnahme von der Regel. 2) Diese Ausnahme bestätigt im Wesentlichen nur die Regel günstiger Erfolge der Parceria-Colonisation, indem sie mindesten- zum größesten Theile ihre speciellen Gründe in der Unkenntniß und der Unfähigkeit eben nur der betreffenden Colonisten zum land wirthschaftlichen Betriebe hat. 3) Kann eine Warnung vor einem ganzen System logischer Weise schon an und für sich nicht auf einen, dasselbe scheinbar nicht berührenden einzelnen Fall gegründet werden, so ist eine solche Wamung vor den Parceria - Contracten um so weniger be rechtigt, wo wie hier der vorliegende specielle Fall in seinen speciellen Voraussetzungen eine hinwichende Erklärung als Anomalie findet, und alle Übrigen Verwirklichungen de- Parceria-System-, nicht nur die vier bereit- genannten Colonien der Provinz Rio de Janeiro, sondern auch die weit größere Zahl der gleichen Colonien von San Paulo durch ihre tatsächlichen Ergebnisse durchaus zu Gunsten desselben sprechen. Wovor gewamt werden muß, und wovor gar nicht genug ge warnt werden kann, da- ist vor der Auswanderung von Leuten, die ohne irgend eine Kenntniß und Gewöhnung an solche Arbeiten, wie sie in der neuen Heimath von ihnen erfordert werden, in dem guten Glauben an die ihnen dort von selbst gebraten in den Mund fliegenden Tauben ihre Heimath verlassen. Wer sein Lebelang auf dem Schneiderbock gesessen und daheim Scheere und Nadel geführt hat, wird, so lange kein Wunder ihm zu Hülfe kommt, nun und nimmermehr und zwar so wenig diesseit als jenseit de- OceanS plötzlich den Bauern mit Erfolg spielen können. Versucht er eS gleichwohl, so wird er daran zu Grunbe gehen und nicht bloS auf einer Parceria-Colonie in Brasilien, sondern wo immer in der Welt eS sei. Daß man auf den Parceria-Colonien Brasiliens in 4 bis 5 Jihren seiner Schulden an den Grundherrn für die Vorschüsse des UeberfahrtS - Geldes und der Leben-mittel für die erste Zeit sich entledigen kann, da- ist durch wiederholte Thatsachen constatirt; wir führen z. B. nur an, daß im Jahre 1853 an der Colonie Vergueiro nicht weniger al- 3l Familien austratm, nachdem sie nicht nur ihre Schulden abbezahlt, sondern auch noch hinreichend erspart hatten, um eignen Grundbesitz zu erwerben und im Anfang der Jahre 1854 und 1855 diesen weitere Familien folgten — aber die unweigerliche Bedingung ist überall und immer dieselbe — da- Vermögen und der ernste Wille zu arbeiten. Musikalische Soiree von Clara Schumann und Joseph Joachim im Saale des Gewandhauses. Die beiden berühmten Künstler bereiteten dem sich für classische Kammermusik interessirendcn Publicum Leipzig- mit der am 3. diese- Monat- gegebenen Soir-e einen ganz besonder- schönen Kunst genuß, für den sich die sehr zahlreiche Versammlung auch äußerst dankbar bewies. Die Namen Sebastian Bach, Haydn, Mozart, Beethoven und R. Schumann glänzten auf dem mit echt künstlerischem Sinn zusammenaefteUten Programm Von ersterem Componisten hörten wir die „Chromatische Phantasie für da- Clavier" und Adagio und Fuge für Violine allein. Unter den Händen der Frau Clara Schumann kam da- Clavierwerk Bach-, da- sich in Gehalt wie in der Form den höchststehrnden Erzeugnissen diese- urkräftigen Genie- anschließt, in seiner ganzen imponirenden Schönheit zur Darstellung. Welch meisterhafte Leistuna Herrn Joachim- Wiedergabe de- Adagio s und der Fug« ist, war mir von früher her, als der Künstler noch Mitglied unsere- Orchester- war, bekannt. Dennoch überraschte mich auch diesmal wieder sein Spiel, denn e- dürfte da- wohl eine Leistung sein, die so leicht nicht zu erreichen ist. E- ist nicht allein die vollendetste Virtuosität, die bet dem Vortrage der beiden Lach- schen Werke zur Bewunderung nörhigte^ noch mehr al- diese riß