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Arettag (Zweite EAeNage zu dtr ALA.) 9. November 1855. Bemerkungen, dm Niedemürschnitzer Steinkohlenbergbau betreffend. Die Anzahl der Steinkohlenbergbau-Unternehmungen, welche sich in jüngster Zeit gebildet haben, könnte vielleicht bei einem oberflächlichen Beurtheiler die Befürchtung Hervorrufen, daß man das richtige Maß zu überschreiten Gefahr laufe und daß dadurch die gehofften erfreulichen Resultate in ihr Gegen- theil umzuschlagen drohten. Wenn man indeß den unermeß lichen Einfluß in'S Auge faßt, welchen die Steinkohle auf die stets höher und höher emporwachsende Industrie unserer Tage auSübt, ein Einfluß, der so mächtig ist, daß eine großartige, concurrenzfähige Gewerbthätigkeit ohne jene belebende Trieb kraft kaum mehr gedacht werden kann, so muß man leicht zu der Ueberzeugung gelangen, daß der Verbrauch dieses Brenn stoffs ein unbegrenzter zu nennen ist und daß daher Befürch tungen wie die oben angedeuteten als völlig haltlos bezeichnet werden dürfen. In der That werden wir kaum irren, wenn wir sagen, daß Sachsens Steinkohlenbergbau, trotz der Auf merksamkeit, welche er in den letzten Jahrzehnten nach und nach sich errungen, erst in seinen Anfängen begriffen und daß er eine ganz andere Stufe der Entwickelung zu erreichen fähig und bestimmt ist. Von dieser Ueberzeugung ausgehend, halten wir es auch nicht für gewagt, wenn wir einer neuen Unternehmung dieser Art, welche in den nächsten Tagen in's Leben gerufen werden soll, einige bevorwortende Bemerkungen widmen. Die oben berührten Erwägungen haben natürlich dahin führen müssen, das Augenmerk auf diejenigen Theile unseres Vaterlandes hinzulenken, in denen aus geognostischen Gründen Kohlenlager zu vermuthen waren. Der Plauen'sche Grund bei Dresden und insbesondere die Gegend bei Zwickau sind bereits die Sammelpunkte einer Zahl mehr oder minder groß artiger Unternehmungen auf Steinkohlengewinnung geworden und überall, wo der Betrieb aus richtigen bergmännischen Grundsätzen und mit entsprechend großem Capitale durchge führt worden ist, werden die angelegten Gelder mit zum Theil über Erwarten ausgezeichneten Erfolgen genutzt. Schon vor einer langen Reihe von Jahren hat aber einer der bedeutendsten Geologen Deutschlands, Herr Professor Naumann in Leipzig, mit lauter Stimme darauf hinge wiesen, daß Sachsen außer den KohlenbassinS von Zwickau und Dresden noch ein drittes dergleichen in der Gegend des Dorfes Niederwürschnitz bei Stollberg besitzen müsse. Es sind darauf hin vielverzweigte bergmännische Versuche gemacht worden und man hat in der That Steinkohlenflötze gefunden, auf denen schon seit mehreren Jahren ein ziemlich erfolgreicher Steinkohlenbergbau umgeht. Wie nun die Wissenschaft überall, wo erfahrungsmäßige Aufschlüsse vorliegen, an der Hand des sicheren gegebenen Anhaltens muthig vorwärts schreitet, so haben auch, geleitet von den praktischen Bestätigungen, andere geognostische Auto ritäten, wie Herr Bergrath Breithaupt in Freiberg und Herr Professor Geinitz in Dresden, das Erörterte immer weiter entwickelt und es muß jetzt als wissenschaftlich fest stehende Thatsache gelten, daß nördlich von Niederwürschnitz in ziemlichem Umfang mindestens drei abbauwürdige Stein kohlenflötze lagern. Gegenwärtig ist eigentlich nur erst ein Werk in dortiger Gegend vorhanden, welches Vorkehrungen zu einer großartigen Entwickelung eingeleitet hat. ES ist dies der Niederwürsch- nitz-Lugauer Verein. Nichtsdestoweniger hat die günstige Beurtheilung, welche jene Gegend in Bezug auf Steinkohlenführung nach Erfahrung und Wissenschaft finden mußte, die Aufmerksamkeit der hohen Staatsregierung auf daS Ernsteste erregt, und Hochdieselbe hat neuerdings die Concession zur Ausführung einer Anschluß- Eisenbahn von Würschnitz nach der Chemnitz - Glauchauer Eisenbahn ertheilt, hat auch diese bis Michaelis 1856 auS- zufihrende Anschlußeisenbahn auf die 20 ersten Betriebsjahre in Pacht genommen. Die in der Niederwürschnitzer Gegend aufsetzenden Stein kohlenflötze liefern übrigens eine der Zwickauer Kohle in jeder