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Lehrgegenstand an Gymnasien und höheren Schule« »inzuführen. Erst dann, wenn die jüngere Generation sich dieser Kunst bemäch tigt hat, wird man deren Wesen und Nutzen allgemein begreife« und einsehen, erst dann wird bei Bielen die Reue kommen, die Sache nicht früher mit mehr Aufmerksamkeit gewürdigt und ver folgt und deren Erlernung-einige Zeit und Mühe gewidmet zu haben. Noch ist eS für Niemanden zu spät; wer mehr oder weniger mit det Feder zu thun hat, für den muß bei nur einiger Intelligenz die neue Schreibkunst Interesse haben, und sei er Jüng ling oder Mann, mit einiger Lust und Liebe für die Sache vermag sie Jeder zu erlernm. Kurze Mitteilungen über Begriff und Theorie der Steno graphie sind bereit- früher in diesem Blatte gemacht worden, etwa- AuSführlichereS läßt sich hier nicht abhandeln, es ist die- Sache de- Unterrichts selbst. Nur da- sei nochmal- erwähnt, daß der gewaltig irren würde, welcher glauben wollte, die Stenographie sei blo- ein mechanischer Gegenstand, dessen Gewährleistung vorzüglich von der Gchnellschreibfertigkcit und von dem Auswendiglernen vieler tausend Wortzeichen abhänge. Wäre die- der Fall, so würde unsere Kunst nie Anspruch auf allgemeine Verbreitung und Erlernung machen können. Wer, ehe er sich entschließt, an dem Unterricht Theil zu nehmen, sich einen genaueren Begriff von der Sache ver schaffen will, der wende sich getrost an den Verein oder eine- seiner Mitglieder selbst, und eS wird ihm jede gewünschte Belehrung bereitwillig zu Theil werden. Möchten diese Zeilen dazu beitragen, da- Interesse für die Kunst, deren Ziel eS nach Babelsberger- unvergänglichen Worten ist: „Idee und Wort im Flug der Zeit An'S Räumliche zu binden", von Reuen anzufachen und ihr neue Jünger zuzuführen. Stadttheater. Mit einer bi- auf die Partie de- Rakmbaud vollständig neuen Besetzung erschien am 20. Oktober die Oper „Robert der Teufel" von Meyerbeer wieder auf dem Repertoir. Zuerst de- Gastes, des Herrn Allfeld vom Hoftheatrr in München gedenkend, der sich in der Partie de- Bertram dem Publicum ver stellte, so ist vor Allem da- markige und in allen Lagen sehr schöne Stimmmaterial desselben hervorzuheben. Diese prachtvolle Stimme scheint ihrer Klangfärbung nach jedoch mehr ein tiefer Bariton, denn ein eigentlicher Baß zu sein; doch ist sie so um fangreich und selbst in der äußersten Tiefe immer noch so klang voll, daß der Sänger ohne die mindeste Anstrengung auch die tiefen Baßpartien singen kann. Was da- Technische und Geistige der musikalischen Ausführung betrifft, so befriedigte dasselbe im Allgemeinen und sprach dafür, daß Herr Allfeld ein fleißiger, vom besten Streben beseelter Sänger ist. Besonder- sprach mich de- Gaste- Gesang in dem reizenden humoristischen Duett mit Raimbaud und in den beiden unmittelbar darauf folgenden Scenen an; nur schien der Sänger sich hier ein wenig zu sehr ausqegeben zu haben, so daß er bereit- in der BeschwörungSscene der Nonnen etwa- angegriffen war; in dem großen Trio de- fünften Acte- hatte da- Organ sich wieder erholt. Al- Darsteller that Herr Allfeld bi-weilen zu viel; nach dem zu urtheilen, waS er in dieser Beziehung gab, ist er auch hierzu nicht ohne Begabung, und ohne Zweifel wird er, da er auch mit einer für sein Fach vor- theilhaftm Persönlichkeit begabt ist, nach fortgesetzten ernsten Studien in dieser für einen Sänger unserer Zeit so wichtigen Branche ebenfalls Erfreuliche- zu erreichen vermögen. — Von allen den neuen Mitgliedern der Oper, die an diesem Abende be schäftigt waren, ist e- Fräulein Bart-l alö Alice, die am meisten dm hier zu machenden Ansprüchen genügte. Die Partie liegt der Sängerin sehr gut; eS ward ihr daher möglich, da sie sich auch übrigen- für dergleichen Gestaltungen vorzugsweise zu eignen scheint, im Gssange wie im Spiel recht Brave- zu geben. — Frau Richter sang die Jsabella, eine Partie, die weit über die Kräfte der Sängerin geht und die wirklich genügend nur von einer Coloratursängerin oder überhaupt von einer Künstlerin höheren Range- wiedergegebrn werden kann, denn e- werden hier bezüglich der Gesang-virtuosität wie der geistigen Auffassung die höchsten Doraussetzungl« gemacht. Krau Richter that, wa- sie ver mochte ; da- ist immerhin anzuerkennen, wenn auch da- gewünschte Ziel damit nicht vollständig erreicht wirb. Die schönen Mittel der Sängerin bedürfen noch in vieler Beziehung der künstlerischen Pflege und Au-bildung; besonder- hat sich Krau Richter vor 4471 Uebernehmen de- Organ- zu hürrn und sich reinerer Intonation — namentlich in der höheren Stimmlage zu befl,tßigen; in der mitt leren und tiefen Laae tritt der Mangel in der Intonation weniger hervor. — Herr Muck al- Robert zeigte abermals, welche herr lichen Mittel er von der Natur empfangen. Im Interesse de- Sänger- selbst muß Referent jedoch au-sprechen, daß da- aber auch so ziemlich Alle- sein dürfte, wa- über diese Leistung Vor- theilhafte- zu sagen ist. Herr Muck ist noch vollständig An fänge, aber ein solcher, der eine schöne Zukunft erreichen kann. Ganz abgesehen von den in dieser Partie eigentlich unerläßlichen Anforderungen an die Oarstellungsfähigkeit de- Sänger-, geht Herrn Muck auch in musikalischer Beziehung noch sehr viel ab, um wenigsten- nach dieser Seite hin billigen Ansprüchen zu ge nügen. Vor Allem dürften e- Reinheit der Intonation, kunst gerechte Tvnbildung, einigermaßen entsprechende Kehlfertigkeit und eine reine dialektfreie Textau-sprache sein, dem der Sänger zuerst seine volle Aufmerksamkeit zuzuwenden hat. Sind diese Dinge erreicht, so werden ihm eine genügende Nüancirung im Gesänge und entsprechende Auffassung nicht mehr schwer fallen. Bei so seltener Begabung eine- Sänger- ist es um so mehr Pflicht der Kritik, diesen auf seine Mängel hinzuweisen — Möge Herr Muck unsere wohlgemeinten Worte in seinem und in dem Interesse de- Publi cum- berücksichtigen ; letztere- wird dann gewiß nicht undankbar gegen den jungen Sänger siin. — Au erwähnen ist noch die sehr brave Leistung de- Herrn Schneider al- Rakmbaud, wie auch, daß die beiden kleinen Partien der Oper durch Herrn CilliS (Alberti) und Herrn Erck (Herold) befriedigend gegeben wurden. Fräulein Rudolph al- Helena bestrebte sich mit zum Theil gutem Erfolg, diese eine höhere Auffassung bedingende Tanzpartie zufriedenstellend au-zuführen — Der Vorstellung im Allgemeinen sah man oft zu sehr den Mangel an hinreichenden Proben an— da- Ensemble auf der Bühne, wie auch selbst im Orchester ließ diesmal Manche- zu wünschen übrig; besonder- fielen mir die öfter- sehr langsamen Tempi — vor Allem in der Partie dcs Robert — auf, wodurch die Wirkung de- sonst so anregenden Werkes wesentlich beeinträchtigt ward. Al- neueinstudirt kam am 21. Oktober da- nach Alexander Duma-' bekanntem Roman gefertigte Drama „Königin Margot und die Hugenotten" von Friedrich Adami vor einem in allen Räumen gefüllten Hause zur Aufführung. Referent enthält sich eine- näheren Eingehen- auf da- schon ältere Stück selbst und sagt nur, daß die vielen starken Effecte desselben ihre Wirkung auf da- Publicum nicht verfehlten und daß da- Drama bei der sehr lobenSwerthen Darstellung allgemein anzu sprechen schien. Die eigentliche Hauptfigur in dem Stücke ist nicht die sich ziemlich passiv verhaltende Margarethe von ValoiS, sondern deren Gemahl, König Heinrich von Navarra. Diese sehr dankbare Partie gab Herr Wenzel mit der an diesem Darsteller schon bei Gelegenheit seiner früheren Leistungen anerkannten durchdachten und geistvollen Auseinandersetzung und mit der ganzen Noblesse de- äußeren Auftreten-, die Herrn Wenzel eigenthümlich Sehr gelungen bezüglich historischer Treue war beiläufig auch die vom Darsteller gewählte Ma-ke. — Die beiden weiblichen Hauptrollen gaben Krl. Huber (Katharina von Medici) und Frau Wohlstädt (Margarethe von ValoiS), wie sich erwarten ließ, sehr brav; Letzterer besonder- gelang es in sämmtlichen bedeutenderrn Momenten der Partie, da- Publicum zu dem lebhaftesten Beifallssturm Hinzu reißen. — Die zwar weniger umfangreiche, aber dafür um so interessantere Rolle de- Ga-cogner- Annibal von Coconna- (auch in Duma-' Roman die gelungenste Figur) gab Herr v. Othe- graven, der damit abermals sein schöne- Talent für dergleichen naturwüchsige humoristische Gestaltungen glänzend bewährte und dabei auch da- Herzliche und Biedere in dem Charakter nicht weniger wie da- Leidenschaftliche und die zuweilen selbst bi- zu einer Art von Rohheit werdende Gedankenlosigkeit de- Landjunker- au- der Ga-cogne glücklich zur Geltung brachte. Den vollkom mensten Gegensatz zu dem Ga-cogner (der übrigen-, so weit ich mich erinnere, im Roman ein Piemontese ist) bildet der Busen freund desselben, der Page Ludwig von Mouy (im Roman ein junger hugenottischer Edelmann la Mole). Dieser sanfte, schwär merische und ritterliche junge Mensch ward von Frau Bach mann in gewohnter Tüchtigkeit wiedergegeben, eben so die scharf gezeich neten Charakter« de- Herzog- von Alenyon, de- Narren, des Arzte- Ren- und de- Capitain Maurevel durch die Herren Böckel, Pauli, Laddey und Stürmer tadellose Vertretung fanden. Die komische Figur de- Lahurier gab mit vielem Glück Herr