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Leipziger Tageblatt und Anzeiger. 262. Mittwoch den 19. September. 1855. Bekanntmachung. Die Beitrage, welche von den, die hiesigen Messen besuchenden Fremden wegen ihrer Miethen zu dem Stadt- schulden-LilgungSfondS allhier zu entrichten sind, haben dieselben für die bevorstehende Michaelismesse bis spätestens Mittwochs den LS. September ». e. an die, in der Reichsstraße über den Fleischbänken 1 Treppe hoch befindliche Einnahme, und zwar in demselben Verhält nisse, wie in den vorhergegangenen Hauptmeffen, abzuführen. Leipzig, am 17. September 1855. Der Ukath der Stadt Leipzig. Berger. Bekanntmachung. Die hiesigen Grundstücksbesitzer und resp deren Stellvertreter werden hierdurch erinnert, sowohl die wegen ein heimischer, als auch wegen Meßvermiethungen vorgkschriebenen Miethvernuderuugs-Anzeigen für den Termin Michael dieses JahreS, oder dafern dergleichen Vermirthungen seit Ostern l. I. rucht vorgefallen sind, die diesfalls erforderlichen Kacatfcheine bei Vermeidung der geordneten Strafen ungesäumt an die Einnahme des hiesigen Stadtfchulden-TilgungSfondS in der ReichSßraße über den Fleischbänken 1 Treppe hoch abzugeben. Leipzig, den 17. September 185L. Der Math oer Stadt Leipzig. Berger. Welche Sehen-Würdigkeiten bringt uns die Leipziger Michaelismesse? Diese Messe scheint nicht so reich an Sehenswürdigkeiten wer den zu sollen, wie die vorige; doch unter dem Wenigen ist so manche- Gute. Eine für uns ganz neue Kunstreicergesellschast, meist au- Nordamerikanern bestehend, unter Direktion de- Mstr. Belting, hat ihren CircuS auf dem Roßplatze ausgestellt und soll einlge sehr tüchtige Künstler und Künstleünnm zu ihren Mit gliedern zähle«. Nordamerika hat uns in der neuern Zeit gym nastische Künstler von bedeutendem Rufe gesendet, und so dürfen wir gewiß auch hier recht Gute- erwarten. Auf demselbm Platze wird Herr Schulz mit einer zahlreichen Künstlergesellschaft gym nastische Künste aller Art, darunter auch Künste au- dem Gebiete der edrln Reitkunst produciren. Da- hier so beliebte Marionet tentheater von Bonneschki, ein- der besten, die wir jetzt haben, optische Panoramen, ausgestellt von Herrn Nikolai, die Mena gerie vonEginolf und KnltlingerS Naturaliencabinet werden außerdem auf dem Roßplatze zu sehen sein. Im Hotel de Pruste zeigt Herr Meier optische Panoramen (Harzansichten) und auf dem Königsplatze Herr v. Ahlenfeld ein große-Panorama von Koustantinopel nebst mehreren andern Panoramen. ' Ahlenfelds Panorame» gehören zu dm vorzüglichsten, die je gezeigt worden sind, wie mau schon daraus ersehen kann, daß sie von dem be rühmten LandfchastSmaler Gacchetti gemalt und überall mit dem größten Beifall ausgenommen worden sind. . — . Vermischtes. A«S Hannover wird der „Wes. Ztg." berichtet: In dem zunächst der braunschweigischen Grmze gelegenen hannoverschen Dorfe Mackensen und in dessen braunschweigischem Rachbardorfe Dassel find in dm letzten Lagen nickt weniger als 17 Fälle von Vergif tung durch Mutterkorn vorgekommm. Die Krankheit äußert sich bei dm von ihr Ergriffenen durch Mattigkeit im ganzen Körper, Unlust z«r Arbeit, sodann durch rin Gefühl von Taubheit und Knebeln in Händen und Füßen, und zuletzt treten heftige Krämpfe, welche besonders die BeugemuSkeln der Hände und Vorderarme, der Füße und Unterschenkel ergreifen, hinzu. Mit ihnen sind solche Schmerzen verbunden, daß die Patienten laut jammern uud schreien; bei einigen Kranken steigerten sich die Krämpfe bis zum TriSmuS und Tetanus und fehlten bei diesen auch die Symptome, welche auf ein tiefere- Ergriffensein des Gehirn- und de- Rückgrat- deu teten, nicht. Die Entwickelung der durch den Genuß von mit Mutterkorn vermengtem Roggenbrod entstandenen Krankheit trat zuweiten am dritten, zuweilen aber auch erst am vierten, sechsten oder achten Tage ein. Die Patienten sind durch den thätigen Bei stand de- vr. meä. Kremling zu Dassel sämmtlich gerettet worden. Al- bemerken-werth ist noch hinzuzufügen, daß in den Jahren 1770 und 1771 die Vergiftung durch Mutterkorn in Nord deutschland, namentlich aber in und um Celle epidemisch austrat und sich so tödtlich zeigte, daß in Celle allein von 600 Kranken S7 starben. AuS Amerika kommt die interessante Nachricht, daß die be kannteste und berühmteste, nach sockalistischen Regeln eingerichtete Gesellschaft, da- Phalanstsre von Neujersey, sich nach dreizehnjährigem Bestände auflöst. Dke Bimdtner Zeitung hat diese Anstalt von Augenzeugen sich beschreiben lassen. „Sie be stand au- einem großen casernenartigen Gebäude mit vielen An bauten und war stet- von über 100 Personen bewohnt. Diese besaßen al- gemeinsame- Eigenthum 700 Acker fruchtbaren Lande-, jedoch hatte da- Geld zum Ankauf der Besitzung größteutheil- von Capitalisten genommen werden müssen, die nicht selbst Mitglieder der Gesellschaft waren und die Pfandrechte an der Besitzung sich reservirten. Die innere Regierung diese- PhalanstSre bildete ein gewähltes, besoldete- Comits, da- zugleich über die Auf nahme neuer Mitglieder entschied. Die Familien im Hause hatten eigene Zimmer, die unverheiratheten Leute wohnten zusammen, nur nach den Geschlechtern getrennt, in großen Schlafsälen, die Mahlzeiten «arm zu bestimmten Stunden gemeinschaftlich, die jungen Mädchen, in einer eigenthümlichen, halb männltchen Tracht bedienten dabei. Jeder arbeitete, wa- ihm unter den gerade auf