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Scene. Dle Wiederaufnahme diese- in seiner Einfachheit so sehr Wirkungsvollen Lustspiel- in da- Repertoir ist mit lebhaftem Dank anzuerkennen und giebt der Hoffnung Raum, daß nicht allein auch die beiden stet- mustergültig bleibenden Trauerspiele de- Dichter-, sondern auch so viel als möglich die unschätzbaren Perlen unserer anderen Classtker jetzt, wo unser Schauspiel-Personal so viele tüchtige und treffliche Kräfte enthält, die gebührende Berücksichtigung finden werden. — Die Darstellung der „Minna von Barnhelm" war bezüglich der meisten Einzelnleistungrn eine gute, in einzelnen Rollen sogar eine vortreffliche. Au letzteren ist vor Allem die Franzi-ka de- Fräulein Berg zu zählen. Die mit Recht sehr beliebte Darstellerin documentirte mit dieser Rolle abermals ihr schöne- Talent für da- Fach der feinen Schauspiel-Soubretten; ihr Spiel war durchgehend- so leicht und anmuthig, daß da- Publicum oft zu den lebhaftesten Beifallsbezeigungen hingeriffen wurde. Ein trefflicher Riccaut war Herr Laddey; das elegante Französisch, das Herr Laddey spricht, kam ihm hier sehr zu statten ; besonder- aber möchte ich eS hervorheben, daß eS der Dar steller verstand, durch die Zudringlichkeit und Windbeuteleien de- AbenteurerS stet- da- noble Wesen des französischen Chevalier- vom aneisn r-Aivas durchblicken zu lassen. — Herr Pauli gab den Just mit all der Derbheit und deutschen Biederkeit, deren hauptsächlichster Repräsentant diese Figur im Stücke ist. Es ist diese Leistung gewiß zu dem Besten zu zählen, waS der tüchtige Darsteller bi- jetzt hier gegeben hat, und gern kann man deshalb von dem starken Versprechen im ersten Acte, da- eine kleine Lücke zur Folge hatte, absrhen. — Die Titelrolle gab Fräulein Mayer. Ueber Leistungen dieser Art ist es schwer, ein öffentliches Urtheil abzugeben. ES war diese Minna keineswegs ungenügend oder gar absolut radeln-werth, aber auch nicht so, daß sie wirklich befriedigt und eine rückhalt-lose Anerkennung gerechtfertigt hätte. Fräulein Mayer zeigte Gewandtheit im Spiel, wie überhaupt, daß sie im Technischen fleißig gearbeitet hat und hierin schon über die eigent liche Anfängerschaft hinaus ist, doch schien mir bezüglich der Auf fassung, de- Geistigen im Allgemeinen, bei dieser Wiedergabe noch so Manche- zu fehlen. Die Minna ist nicht eine Dame der großen Welt, sondern ein adelige- Fräulein vom Lande, dem der feine gesellige Anstand, die Anmuth und Liebenswürdigkeit ange boren, nicht anerzogen ist ; dabei ist sie tief empfindend und un fähig, ihre Gefühle zu verbergen, mit einem Worte, da- Urbild eine- edlen deutschen Mädchen-, da- nur naiv, aber fern von aller Coquetterie sein muß. Sobald hierin die feine Grenzlinie nur einigermaßen überschritten wird, kann manche Situation, manche- Wort in der Rolle unnatürlich, um nicht zu sagen un weiblich werden. Die Aufgabe überstieg jedenfalls die Kräfte, über die Fräulein Mayer zur Zeit noch gebietet, und ich bin daher überzeugt, daß die übrigen- begabte und strebsame Dar stellerin in einer weniger schwierigen Rolle gewiß auch höheren An forderungen vollkommen genügen wird. Auch Herrn Wenzel- Tellheim schien mir nicht auf derselben Höhe zu stehen, wie die andern bis jetzt von diesem trefflichen Darsteller gegebenen Lei stungen. Daß dieser Tellheim immer eine sehr respectable Gestal tung blieb, versteht sich von einem Manne von so viel Talent und künstlerischer iBilbung von selbst; er schien nur mit der Rolle, wa- geistige Verarbeitung betrifft, noch nicht ganz fertig zu sein, und ich vermuthe daher, daß er sie erst kürzlich, und zwar etwa- in Eile studirt haben mag. Da- öftere Versprechen, namentlich im fünften Act — ein Unglück, da- beiläufig auch Fräulein Mayer einige Male begegnete — dürfte ein weiterer Beleg für diese Annahme sein. ES steht zu erwarten, daß schon bei der nächsten Wiederholung de- Lustspiels diese Mängel ganz in Weg fall kommen, ebenso daß dann wohl auch die mannichfachen Un ebenheiten und Lücken im Ensemble der Darstellung ausgeglichen sein werden. — Gehr anerkennen-werth war der Wachtmeister durch Herrn Stürmer und die Dame in Trauer durch Fräulein Huber vertreten, wie auch Herr Denzin als Wirth eine sehr ergötzliche Leistung gab. Ferdinand Gleich. Ein sehr zeitgemäßer Vorschlag. (Aingesendet.) ES giebt in der ganzen Welt kein bevorzugtere- Geschöpf al ben neuzeitlichen Landwirth. Ihm schlägt Alle- zum Vortheil au-, Krieg und Frieden, Revolution, Mißwachs und volle Ernten, schlechte Wege wie Eisenbahnen, von den Telegraphen gar nicht zu reden, die eigenb- dazu erfunden zu fein scheinen, damit jede kleine Preissteigerung in irgend einem Winkel der Welt sofort an die große Glocke komme und der Gpeculation ja nicht entgehe. Bei ganz leidlicher Ernte, schönem Futter, reichlichem Obst und Gemüse gehen die LebenSmittelpreise fort und fort in die Höhe, und wenn dieser unliebsame Fortschritt noch weiter geht, wie e- allen Anschein hat, so wird der Consument bald selbst im be schleunigten Tempo fortschreiten, d. h. davonlaufen müssen. WaS ist da zu thun? — Man beherzige da- Nachstehende, da- nicht dümmer ist als manche andere „zeitgemäße Vorschläge." Theuerung der Produkte und Werthlostgkeit de- Gelbe- sind Ein- und Dasselbe, nur verschieden auSgedrückt. Also da- Geld wird täglich werthloser. Und wer einen schönen blanken Thaler ansieht und sich recht lebhaft vorstellt, wie wenig sich heut zu Tage damit au-richten läßt, dem wird die Wahrheit diese- Satze- unschwer einleuchten. Wenn ein anderer Gedrauch-gegenstand mit der Zeit seine Dienste versagt, d. h. werthloS wird, so werfen wir ihn ohne Besinnen weg. Warum könnten wir eS mit dem Gelde nicht eben so machen? Also schaffe man da- Geld ab, weil sich damit nicht- Ordentliche- mehr kaufen läßt. ES wäre diese Maß regel ein Fortschritt und ein Rückschritt zugleich, müßte folglich allen Parteien genehm sein. Hat man da- unbequem gewordene Mittelding erst beseitigt, so stellt sich ohne Weitere- ein rationellerer Güterverkehr von selbst her. Aber der wesentliche Vortheil dabei ist der, daß nun der Städter viel eher dem Bruder Landwirth die Preise wird stellen können, und wenn Jener sein Beste- eben so gut wahrzunehmen versteht, als dermalen dieser, so müßten sich die Preise ungefähr so normiren: eine Pfeife Tabak für eine Metze Kartoffeln, eine Kanne Butter für eine Tasse Kaffee, ein Paar Stiefelsohlen für einen Scheffel Roggen u. s. w. Die ungemeinen Vortheile dieser neuen Einrichtung sind so einleuchtend, daß man denken sollte, ein Jeder müsse sofort nach Lesung diese- Artikels sein Geld zum Fenster hinauswerfen. Ich. Anerkennung. ES ist schon oft ausgesprochen und anerkannt worben, daß in unsrer Stadt viel menschenfreundlicher Sinn herrscht. Davon haben wir in neuester Zeit wieder einen sehr erfreulichen Beweis erhalten. Ein hiesiger Bürger, der nicht genannt sein will, feierte in diesen Tagen sein 25jLhrigeS Bürger-Jubiläum damit, daß er auf seine Kosten eine Speisung der bei hiesiger Armenanstalt eingeschriebenen Armen veranstaltete. Gewiß ein loben-- und nachahmungSwerther Act, zumal bei den jetzigen Nahrungsverhältnissen! * » » Die Leipz. Zeit, schreibt vom 12. September. Am 17. März d. J-. ward zu Stötteritz obern TheilS die verw. PostwirthschaftS- inspector Dellbrück geb. Hahnemann, welche daselbst ansässig und Abend- vorher noch wohl und heiter gewesen, bei verschlossenen Fenstern und Thüren in ihrem Bette todt aufgefunden und, obgleich die Vermuthung eine- unnatürlichen Lode- derselben auftauchte, bald darauf beerdigt, da der herbeigezogene Arzt da- Gegentheil erklärte. Da nun aber in ihrem Nachlasse eine nicht unbedeutende Summe (ca. 10,000 Thlr.) in StaatSpapierm vermißt ward, so wurden wegen dieser Nachforschungen angestellt und am 6. Juli in Dresden ein Mann, welcher einem Juden eine silberne Uhr mit goldner Kette, die als die de- verstorbenen Postwirthschaft-inspector- Dellbrück anerkannt wurde, und in einem Banquierhause daselbst mehrere der vermißten Staat-papiere verkauft, verhaftet. Derselbe, welcher sich anfänglich Schiefer au- Döbeln nannte und die Papiere in einem Holzschuppen gefunden haben wollte, war der in Stötteritz wohnhafte Karl Gottlob Schiefer, vormals Brauer, jetzt Viktua lienhändler, welcher früher einmal in dem Hause dir Dellbrück ge wohnt und bereit- dreimal Zuchthausstrafe, zusammen 12 Jahre, verbüßt hatte. Er ward zur Einleitung der Untersuchung an da- hiesige KreiSamt abgeliefert, woselbst er am 10. d. MtS. zugestan den, die Dellbrück ermordet zu haben, und zwar sei, al- er sich Nacht- in der Dellbrückschen Wohnung befunden, um die (seitdem zum Theil wieder erlangten) Staat-papiere zu stehlen, die Dellbrück erwacht und aufgestanden, worauf er dieselbe an die Bettstelle ge worfen und sodann vollend- erwürgt habe.