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F Leipziger Tageblatt und Anzeiger. 180. Donnerstag den 29. Juni. 1854. Tagesbefehl an die Communalgarde zu Leipzig, den 23. Juni 1854. Auf Feuerallarm rücken vom 1. Juli d. I. Mittag- 12 Uhr an das zweite und dritte Bataillon aus. Da- zweite Bataillon beseht die Brandstätte, das dritte stellt sich in der Nähe derselben als Reserve auf. Da- erste und vierte Bataillon treten nur dann erst in Dienst, wenn nach dem Au-rücken der beiden erstgenannten im Feuer- dienst stehenden Bataillone Appell geschlagen werden sollte. , In Bezug auf die E-cadron verbleibt e- bei dm bisherigen Anordnungen. Auf Generalmarsch rückt übrigens, wie sich von selbst versteht, die gesammte Communalgarde nach wie vor aus. Das Commando der Communalgarde. H. W. skeumrister, Kommandant. Lst billige Wirthschast — gute Wirthschast? ES ist eine weit verbreitete Meinung, daß die Wirthschast gut sei, welche recht billig geführt werde, und wird diese Ansicht aammtiich bel Gemeindeverwaltungen nicht selten so weit an die Spitze de- Regimentes gestellt, daß die Behörden, welchen die Leitung und Controle de- GemeindehauShalteS anvertraut ist, AlleS »ufbiM», «u um sv wenig al- irgend möglich au-zugeben und sich so die G«O -der Vorgesetzten Behörden und der Gemeinde mitglieder refp. zu erwerben und zu erhalten; — e- ist aber auch die Behauptung, daß die billigste Wirthschast sehr oft die theuerste sei und daß die theuerste Wirthschast mit den wohlfeilsten Leuten geführt werde, eben so richtig als die, daß nicht selten der wohl feilste Kauf der theuerste ist, gleich wie auch in der Regel die ärmsten Leute darum am theuersten kaufen, weil sie nicht au- erster Quelle vom rechten Kaufmann in großer Quantität das Beste erhandeln können, sondern dem Höker in die Hände fallen, und für viele- Geld, obwohl nach ihren Kräften in vielen einzelnen kleinen Posten auSgegeben, da- Wenigere und Schlechtere erkaufen müssen. Zweck diese- Aufsätze- soll nun sein, über diese zwei Meinungen zu sprechen und da- Wahre oder Irrige davon durch einige aus dem Leben gegriffene praktische Betrachtungen aufzusinden. Hierbei wird im voraus versichert, daß dieselben ganz all gemein gehalten sind, we-halb man sie auch so aufzunehmen und nicht specielle Beziehungen zu vermuthen hat. Weil man die Erfahrung gemacht haben will, daß Eorporationen, Gemeinden, Behörden rc. sehr oft und leider nur zu oft in aller Art theurer bauen und wirthschaftm al- Privatleute, und die- au- dem Grunde, weil e- hierbei nicht selten an der erforderlichen Aufsicht und Con- ttole fehlen soll, und weil die Arbeiter den verderblichen und höchst tadeln-werthen Grundsatz zur Geltung brachten: „e- gehe auf Regiment- Unkosten" und käme nicht viel darauf an, ob bald etwa- Rechte- zu Stande komme*); — weil man ferner zu beob achten gehabt hat, daß jede- einzelne Gemeindemitglied ei« Recht darauf zu haben glaubt, daß e- gleich anderen mit Communarbeit vers,hm und bedacht werden müsse u. s. w., — hat man seine Zuflucht zu dem Mittel genommen, alle solche Arbeiten und Lei *) Die schlimmsten Erfahrungen hat man in jener Zeit der Bewegungen gemacht, al- »an sogen, brodloft« Arbeitern Verdienst gab. Diese wollten w zu sagen au- Profession saullenzen, denn sie dachten, da- gehöre sich so. — Aehultch soll e- hier und da in einzelnen Gemeinden mit de» sogen Eommuu- oder Rachs-Arbeitern noch jetzt gehen. Erfahrungen im Großen hat man in Frankreich mit den Staats-Arbeitern gemacht. stungen so weit möglich an den Mindest-Fordernden zu ver dingen. Man stellt daher eine Licitation an, veranlaßt dadurch eine Concurrenz und «artet eS ganz ruhig ab, daß ein Gewerb- treibender den anderen herunterdrückt, und schließt endlich mit dem Billigsten ab, wen« man auch im voraus die Ueberzeugung hat, daß der Mann etwas nicht verdiene« kann. Ein solche- Verfahren verdient doch sicher kein Lob; es ruinirt nicht blos die GewerbSthätigkeit, erzwingt schlechte Arbeit, und demoralisirt beide Theile, die Arbeitgeber sowohl als die Arbeit nehmer. Jede Behörde muß so viel Sachkenntniß haben, beurtheilen zu können, was äußersten Falls für die oder jene Arbeit zu bezahlen ist — und da- muß sie geben, schon darum, um für die ihr unter gebene Gemeinde ein gutes und brauchbares Stück Arbeit auch wirklich Herstellen lassen zu können. Dieser Satz ist auf alle Fälle anwendbar, und hätte eine Behörde hier wirklich die erforderliche Einsicht nicht — nun so wäre sie nicht das, was sie sein soll und muß, und das wäre freilich schlimm! — Von vielen Beispielen nur eins. Isi s wohl recht, wenn z. B. das Fuhrlohn für her zuholende Steine und dergl. so weit herabgeorückt wird, daß der Fuhrmann, um nur irgend bestehen zu können, es wieder am Futter für seine Pferde fehlen lassen muß? Gicbt man so nicht die unmittelbare Veranlassung zur Thierquälerei und Entsittlichung derer, welche sich diese- schweren Vergehens schuldig machen? Mit welchem Bewußtsein kann man dann wohl gegen diese- Vergehen obrigkeitlich einschreiten! ? Mit Häuserbauten ist's ähnlich. — Hat man aber etwa- zu verkaufen, z. B. Holz, dann macht man eS umgekehrt und fällt in den entgegengesetzten Fehler; dann denkt man recht zu thun, wenn man recht theuer ist, dann will ichan für den Staat, für die Gemeinde rc. den höchsten Satz erreichen und verkauft nicht nach feststehender Taxe, sondern durch Auktion, um so den Werth de- zu Verkaufenden auf da- Höchste zu treiben. Ich kann aber einer Behörde gegenüber ein solche- Verfahren ebenfall- nicht loben; denn nicht selten mag eS Vorkommen, daß einzelne Beamte und Ofsicianten sich, um al- gute Wnan-männer zu gelten, verleiten lassen, die Preise auf jede Weift und haupt sächlich dadurch in die Höhe zu schrauben, daß sie entweder Andere zum Bieten anstellen oder selbst Gebote thun. Freilich haben diese e- so in der Hand, die Waare für Viele in solcher Weift zu ver teuern, daß sie gar nicht kaufen können. Wa- geschieht dann in den meisten Fällen? Sie, die Beamten, erstehen solche wohl gar auf eigene Rechnung und treiben dann später damit Privathandel, wobei sie de-halb nicht schlechte Ge-