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f) Christkind. Das einst ein Kind auf Erden war, Christkindlein kommt noch jedes Jahr. — Kommet vom hohen Sternenzelt, Freut und beglücket alle Welt. — Mit Kindern feiert’s froh den Tag, Wo Christkind in der Krippe lag. — Den Christbaum zündet’s überall, Weckt Orgelklang und Glockenschall. — Christkindlein kommt zu Arm und Reich, Die Guten sind ihm alle gleich. — Danket ihm denn und grüsset es fein, Auch Euch beglückte Christkindlein. 4. Der Mutter Geist. Ballade von Talvj aus dem Altschottischen. — C. Loewe. Herr Dyring ritt wohl durch das Land Und freit eines zweiten Weibes Hand. Führt heim die Braut, die er sich erfreit, Das war eine böse und grimmige Maid. Sie trat in den Schlosshof, da standen umher Die sieben Kindlein und weineten sehr. Die Kindlein standen in Furcht und Leid, Mit zornigem Aug’ schaut auf sie die Maid. Sie gab den Kindlein nicht Brot noch Bier, Sollt Hunger und Hass nur - haben von mir. Sie nahm den Kindlein die Bettlein neu: Sollt liegen alle sieb’n auf nackter Streu. Nahm ihnen das grosse Wachslicht neu, Sollt liegen allnächtlich am finstern Ort. — ’S war spät in der Nacht, Und der Kindlein Gewein Drang bis zur Mutter Ins Grab hinein. Und als es vernahm unter der Erde die Frau: Ich muss gehn und nach meinen Kindern schaun! Und stöhnte zum Herrn mit brünstigem Flehn: Lass Herr mich zu meinen Kindern gehn! Sie bettelt so sehr, sie bettelt so lang Bis der Herr ihr endlich gewährte den Gang. Sie hob sich und schwang sich mit starkem Gebein, Das spaltet Gemäuer und Marmorstein. Und als sie sich nahte dem Hofe alsbald, Der Hunde Geheul die Luft durchschallt. Und als sie kam an des Schlosses Thor Ihre älteste Tochter stand davor. — „Was stehst du hier, liebe Tochter mein? Wo sind deine kleinen Brüder und Schwesterlein?“ Bist wahrlich ein Weib so schön und fein, Doch bist du nicht liebe Mutter mein. „0 wie sollt ich sein schön und fein? Tief in der Erd’ ist mein Kämmerlein.“ Meine Mutter war weiss, mit Wängelein rot, Doch du bist bleicher als der Tod. „0 wie sollt ich sein weiss und rot? Bin ja schon so lange kalt und tot.“ Und als sie kam in die innerste Hall’ Da lagen die Kindlein und weineten all. — Sie kleidet das Eine und reinigt den Rock, Sie kämmt und glättet des Andern Gelock, Das dritte wiegete sie auf ihrem Knie, Das vierte eyte und streichelte sie. Das fünfte nimmt auf den Schoos sie und Arm, Das sechste herzte am Busen sie warm. Und wandt’ sich zur Tochter und sprach zu ihr: „Geh, heiss Jung Herr Dyring kommen zu mir.“ Und als der Jungherr trat ins Gemach, Mit zornigem Mute sie also sprach: — „Ich liess dir in Fülle Bier und Brot, Meine Kindlein sterben vor Hunger und Not! Ich liess ihnen blaue Bettlein neu, Meine Kindlein liegen auf nackter Streu! Ich liess eine Menge grosser Wachslicht’ dir, Meine Kindlein liegen im Finstern hier! So oft ich kehre zu dir zurück, Sei Sorg und Angst und Fluch dein Geschick, Und du, o Hündlein, wache mir du, Dass keiner den Kindlein ein Leides thu. — Und wenn sie hörten knurren den Hund, So reichten sie den Kindlein Nahrung zur Stund. Und vor dem Geist bei des Hundes Gebell Bekreuzten und segneten sie sich zur Stell. Und wenn scheu sie das Hündlein heulen sahn, So schauderten sie vor der Toten Nah’n. 6. a) Heimlicher Liebe Pein. Mein Schatz, der ist auf die Wanderschaft hin, Ich weiss aber nicht, was ich so traurig bin; Vielleicht ist er tot und liegt in guter Ruh, Drum bring ich meine Zeit so traurig zu. Als ich mit meinem Schatz in die Kirche wollt’ gehn, Viel falsche, falsche Zungen unter der Thüre stehn; Die Eine red’t dies, die Andere red’t das, Das macht mir gar oft die Aeuglein nass. Volkslied von C. M. von Weber. Die Disteln und die Dornen die stechen all’ so sehr, Die falschen, falschen Zungen aber noch viel mehr, Kein Feuer auf Erden, ach, brennt also heiss, Als heimliche Liebe, die Niemand nicht weiss. Ach Gott, was hat mein Vater und Mutter gethan! Sie haben mich gezwungen zu einem ehrlichen Mann, Zu einem ehrlichen Mann, den ich nicht geliebt! Das macht mir ja mein Herz so betrübt! Ach, herzliebster Schatz, ich bitte noch eins, Du möchtest auch bei meinem Begräbniss sein, Bei meinem Begräbniss ins kühle Grab, Dieweil ich Dich so treulich geliebet hab’.