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n. - - ^ und A n z e t g e r» /^>f- ' — - . - - .. ..— SSS. Sonnabend, den 25. Decemder. j- . l / N ; 1847 SS « 1 h « « ch t s b t l » e « vop L. Serloszsohn. (Fortsetzung und Schluß.) S. Dort ist das ganze Erdgeschoß erleuchtet. Der Banquier Neuling erwartet große Gesellschaft. Die Empfangsalons find parfumirt, die Girandolen blitzen, wohlthuende Wärme durchwallt die Räume, irr die Fensternischen hat der Gärt ner einen ganzen Frühling von Sträuchern und Blumen gezaubert. Vorher haben Vater und Mutter der einzigen Tochter des Hauses, Eveline, bescheert. Das reiche Mädchen er hielt Alles, wonach ihr Herz nur verlangen konnte; der Aelternliebe war eS gegeben, fich in der Freigebigkeit zu überbieten. Zu unterst von all' den Geschenken befand sich auch eine hlaue Börse und in dieser zehn Stükf MU LouiSdor's. — ^ ^ r Eveline hat den Aeltern mit Thränen in den Augen ge dankt, sie hat gerührt an ihrem Halse gehangen, und in freudiger Erregung zieht fie sich jetzt auf ihr Zimmer zurück, wohin die Dienerin all' den neuen Reichthum an Gar derobe und Schmucksachen geschafft hat. DaS junge Mädchen sitzt hier am Tische, überblickt noch einmal mit leuchtenden Augen die kostbaren Geschenke, — in der Hand hält und wiegt fie die Börse mit den Goldstücken; dann lehnt sie sinnend das schöne Haupt auf den Arm, den die schwarzen Locken überfluthen; sie überlegt, welchen Lieb- lingSwunsch sie etwa noch zu erfüllen habe, zu welchem An kauf wohl diese Summe noch zu verwenden wäre. Sie wählt, prüft und verwirft. Endlich springt sie, von einem Gedanken getroffen, aus und ruft freudig bewegt: „Jetzt weiß ich es! Ich habe es!" Sie wirft rasch einen Mantel um, eilt durch den Vor saal und fliegt die Treppe hinab. — Im Erdgeschosse des Hinterhauses wohnt ein Kupfer stecher. Der Mann hat sich und seine Frau bisher redlich und bescheiden durch seinen Fleiß und feine Geschicklichkeit ernährt. Aber seit einem Jahre etwa schon leidet er an einem hart näckigen Augenübel, das ihn zu jeder Arbeit unfähig macht. Die herbste Noth ist über ihn gekommen; was die Frau er« wirbt, reicht kaum hin, den Hunger zu stillen, — er schul det den MiethzinS von einem Jahre und jetzt, wo sein Zu stand sich bessert, wo er die Hoffnung hat, hergestellt, zu seiner Beschäftigung wieder zurückzukehren, hat ihm der Ad ministrator des Hause- angekündigt, daß hier seines BleibenS nicht länger sei, daß er auSgesetzt und ausgepfänvet werden würde. Sein sämmtlicher HauSrath fällt dem Gläubiger zu. Wo soll er eine neue Wohnung, wo Obdach finden, mittellos, wie er ist? Dies wußte Eveline; die arme Frau hatte es ihr selbst unter Thränen geklagt; aber fie war damals selbst zu schwach zum Helfen, und den Vater, dessen Mildthätigkeit sie gar zu oft in Anspruch nahm, wagte fie um diese immerhin bedeu tende Summe nicht anzugehen. Jetzt war ihr das Mittel zur Hülfe gegeben. Mit frohlockenden Blicken stürmte fie m die Stütze des armen Künstlers, drückte der Frau acht Goldstücke in die Hand und verschwand, ohne einen AuSruf der Verwunde rung, ein Wort des Dankes abzuwarten, wie ein guter Engel. Die noch übrigen zwei Goldstücke erhielt eine Aufwär terin, Mutter von drei Kindern, die in demselben HauS, in einer Dachstube wohnte. „Die armen Kleinen,". dachte Eveline, „haben gewiß heute keinen Weihnachrsbaum und keine Christ-Bescheerung, — auch fehlt es ihnen an warmer Winterkteidung. Diese Summe ist für die Frau ein Schatz — und ich, ich kann sie nicht besser anwenden. — Nachdem sie sich auch dieser Gabe entledigt, eilt sie die Stufen zu ihrer Wohnung hinaufl Achemlost steht Ae vor der Lhüre zugleich mit einem jungen schönen Manne, der eben im Begriffe ist, einzutreten. Er küßt der Erröthenden die Hand und blickt ihr in die schönen Augen, so tief und innig, als lese er darin die edle Regung, die so eben das Herz des guten Mädchens erfüllte. Er ist einer von den Gästen am heutigen Abend, und, wenn wir es errathen wollen, Evelinen wohl der theuerste. Das junge Mädchen aber ist so froh und freudig be wegt, als überströme sie eine namenlose Seligkeit. Scheltet mir nicht so maßlos und uneingeschränkt die Reichen. — Die Reichen, wenn sie ein gutes Herz ha ben, sind doch nur die Schatzmeister der Armen. — Und so wollen wir denn wünschen, daß alle Reichen gu ten, mildthätigen Herzens seien, wie Eveline. 10. Zwei junge Männer, in warme Paletots gehüllt, schrei ten vor mir einher. Ich belausche folgendes Gespräch: Der kleinere und, der Stimme nach zu schließen, Aeltere sagt im blafirten Tone: „ES ist mir fatal; — ich muß heut noch in eine Buchhandlung gehen und einige elegante Bücher kaufen. Du weißt, ich bin dem Hause Verbindlich keiten schuldig; die Tochter ist eine Träumerin, eine Aesthe- tische: der kann ich nichts Anderes schenken, als Bücher. „Kauf doch eine Prachtausgabe," versetzte der Jüngere und Größere, „von Schiller oder Göthe, mit Stahlstichen. Fräulein Thekla hat, ich weiß eS, die kleine Gesammtaus- gabe auf grauem Papier mit schlechten Lettern. Ich bin uberzeugt, daß Du ihr eine Freude damit machst." — „Hm!" brummt der Erste, „Schiller oder Göthe — meinst Du! — Du räthst also wirklich: Schiller oder Göthe!?" „Du hast doch wohl Schiller und Göthe gelesen?" — „Freilich — Hab' ich; es ist mir sauer genug gewor den; aber eS ist nur dämm, wenn man in Gesellschaft ist,