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Concert in Form einer Gesangs-Scene für die Violine von L. Spohr, vor getragen von Fräulein Bertha Haft aus Wien. Lieder mit Pianoforte, gesungen von Frau Joachim. a) Winterlied, von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Mein Sohn, wo willst du hin so spät? Geh’ nicht zum Wald hinaus, Die Schwester tind’st du nimmermehr, O bleib’ bei mir im Haus. Da draussen ist’s so kalt, so rauh, und heftig weht der Wind; Bist ganz allein im weiten Wald, o bleib’ bei mir, mein Kind. O Mutter, Mutter, lass’ mich ziehn, Trockne die Thrän’ im Blick, Die Schwester find’ ich ganz gewiss Und bring’ sie uns zurück. Bis ich sie find’, ist doch kein’ Käst, ist doch kein’ Ruhe hier; Den Schnee und Wind bin ich gewohnt, bald kehr’ ich heim zu dir. Die Mutter sah ihm lange nach, Er ging zum Wald hinaus ; Der Wind ward still, die Nacht verging, Doch er kehrt nicht zum Haus. Und der Schnee zerschmolz und der Wind verweht, kam wieder Sonnenschein Und Blut’ und Blätter überall: die Mutter blieb allein. 'Aus dem Schwedischen.) b Wehmuth, von Robert Schumann. Ich kann wohl manchmal singen Als ob ich fröhlich sei, Doch heimlich Thränen dringen, Da wird das Herz mir frei. So lassen Nachtigallen, Spielt draussen Frühlingsluft, Der Sehnsucht Lied erschallen Aus ihres Käfigs Gruft. Da lauschen alle Herzen, Und Alles ist erfreut. Doch keiner fühlt die Schmerzen, Im Lied das tiefe Leid. Eichendarff. c) Minnelied (aus Op. 71), von Johannes Brahms. Holder klingt der Vogelsang, Wenn die Engelreine, Die mein Jünglingsherz bezwang, Wandelt durch die Haine. Ohne sie ist Alles todt, Welk sind Blüt’ und Kräuter, Und kein Frühlingsabendroth Dünkt mir schön und heiter. Köther blühen Thal und Au, Grüner wird der Wasen, Wo die Finger meiner Frau Maienblumen lasen. Traute, minnigliche Frau, Wollest nimmer fliehen, Dass mein Herz gleich dieser Au Mög’ in Wonne blühen.