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Anzeiger. Am«att dkS Siimgl. B-zirlSgcrichls »nd der AM« drr Stadt Leipzig. M 237. Sonntag dm 25. August 1861. Bekanntmachung. Zur Herstellung der neuen Schleußenanlage des unteren TheileS der Sophienstraße werden circa 23V Scheffel Altenburger Graukalk und , 46V Cubikellen reiner scharfer Ziegelmauersand gebraucht. — Wir fordern Diejenigen, welche diese Lieferung zu übernehmen gesonnen find, hierdurch auf, die Bedingungen auf dem Rathsbauamte einzusehen und ihre Gebote bis rum SO. August ». e. daselbst versiegelt abzugeben. Leipzig, den 25. August 1861. Des Raths Baudeputation. Bekanntmachung. Die an der zur Ausführung kommenden Schleußenanlage des unteren TheileS der Sophienstraße erforderlichen Maurer- und Steinmetzarbeiten sollen auf dem Wege der Submission vergeben werden. Die betreffenden Herren wollen die Zeichnungen und Anschläge auf dem Rathsbauamte einsehen und ihre Forderungen bis zum SO. August «. S. daselbst versiegelt abgeben. Leipzig, den 25. August 1861. Des RathS Baudeputation. Der Straßenraub in Leipzig. Daß drr ungeheure Staub, welcher sich so oft auf Leipzig- Straßen und Plätzen entwickelt, höchst lästig und für viele Per sonen geradezu beschwerlich ist, darüber kann es nur Eine Stimme geben. ES lag also auch nahe, den Ursachen diese- UebelS nach zuforschen und auf Mittel zur Abhilfe desselben zu denken, und daß die- in reichstem Maße geschehen, dafür zeugen die öffentlichen Blätter unserer Stadt, in deren Spalten der Staub schon seit längerer Zeit eine Rolle spielt. Auch tue Stadtverordneten haben der Sache ihre Aufmerksamkeit geschenkt, der Skadtrath sicherlich nicht minder, und endlich hat auch die königl. Kreisdirenion un ter dem 23. Mai d. I. eine Verordnung an den Stadtrath in Bezug auf die Noth des Straßenftaube- erlassen, welcher ein den in Rede stehenden Gegenstand betreffende- Gutachten eine- Sach verständigen (de- M^dicinalassessors bei der gedachten k. Behörde) beigeqeben war. Dieses Gutachten, aus welchem seiner Zeit auch in diesem Blatte ein Auszug mitgetheilt worden, eröffnet? uns armen Leip zigern eine ziemlich düstere, ja für ängstliche Gemächer schreckliche Perspective. Es wurde in demselben die Behauptung aufgestellt und zu begründen versucht, daß die Materialien zur Ehaussirung und Pflasterung, welche in Leipzig benutzt werden, so empfehlens werth sie auch sonst sein mögen, bei Vernachlässigung weiterer Fürsorge „gerade einen der Gesundheit besonder- nachtheiligen Staub zu liefern im Stande sind." Die Bestätigung dieser Be hauptung sollte namentlich in dem Ergebniß einer directen Beob achtung an den Gesundheitsverhältnissen der hiesigen Einwohner liegen. Nun sei die Häufigkeit der Erkrankungen der Augen in Leipzig eine ganz ungewöhnliche, und Lungenkrankheiten kämen ebenfalls außerordentlich häufig vor und hätten namentlich in den letzten Jahren in bedenklichster Weise zugenommen. In der in nern Adtheilung de- JacobShoSpitalS habe vom September 1855 bis August 1856 die Zahl der tuberculos Befundenen etwa- über 10o/o der Gesummt-Krankenzahl de- Jahre- betragen, bi- zum Jahre 1859 habe sich diese- an sich schon beträchtliche Verhältniß aber verdoppelt, und ein solches Verhältniß sei ein kolossale- und geradezu schreckenerregende-. Wenn nun auch nicht anzunehmen, daß der Staub die einzige Ursache davon fei, so habe doch derselbe in den letzten Jahren notorisch sehr beträchtlich zugenommen und sei einer der wesentlichsten Gründe der Verschlechterung de- allge meinen Gesundheitszustandes der Stadt Leipzig, ja e- stebe zu erwarten, daß die schlimmen Folgm dieser Schädlichkeit im Laufe der Zeit immer umfassender werden müßten. Den Forderungen der öffentlichen Hygiene in dieser Hinsicht könne nur durch ein umsichtiges, wohlüberlegte- System genügt werdm, und wenn dazu auch erheblich« Opfer sich nöthig machten, so dürfe man diese doch nicht scheuen, da sie sich mit jedem Jahre nur beträcht lich vermehren würden. Der Stadtrath forderte nun seinerseits über die Staubfrage ein Gutachten de- StadtbezirksarzteS vr. Sonnenkalb, und diese- liegt jetzt in einer Broschüre öffentlich vor*) Es ist nun von nicht geringem Interesse, hier Ansichten und Nachweisungen zu finden, welche dem Inhalte de- ersten Gutachtens fast in allen Stücken direct gegenüberstehen, zugleich aber kann es nur «inen befriedigenden Eindruck machen, wenn Herr vr. Sonnenkalb die Befürchtungen wegen der nachtheiligen Wirkungen des Staube- auf die Gesundheit der Einwohnerschaft nur mit sehr bedeutenden Einschränkungen gelten läßt. Zuvörderst bemüht sich Derselbe nachzuweisen, daß da- in Leipzig zur Herstellung des Pflafters und der nicht gepflasterten öffentlichen »Wege benutzte Material das beste sei, wie man denn in allen Gegenden und Ländern, wo man Straßen baut, oft unter großen Opfern die härtesten Ge steine (Quarz rc.) zu diesem Zwecke zu erlangen strebe; auch sei die- erfahrungsgemäß schon seit Jahrhunderten geschehen, aber noch nie der Beweis geUefert worden, daß eine Vermehrung der Tuderculose die Folge davon gewesen**). Da- Gutachten geht dann auf die Augen- und Lungenkrank- beiten specieller ein, und auch hier befindet sich der Verfasser des- selben mit dem de- früheren in direktem Gegensatz. So wir) von ihm die tröstliche Mittheilung gemacht, baß die hiesigen Aerzre, welche fast ausschließlich sich der Augenheilkunde widmen, die Ver sicherung gegeben, sie wüßten von einer ungewöhnlichen Häufigkeit von Augenkrankheiten in Leipzig nichts, und eben so wenig sei ihnen ein direkter Einfluß de- angeblich in so hohem Grade hin herrschenden Staube- auf Erzeugung von Augenkrankheiten de- kannt. Außerdem wird au- den Archiven der hiesigen Augen Heil anstalt nachgewiesen, daß, mit Berücksichtigung der Zunahme der Bevölkerung (zur Zeit 78,000 Einwohner), die Augenkrankheiten, namentlich der niedern Classe, gegen früher abgenommen haben. WaS die Lungenkrankheiten betrifft, so wird vor Allem darauf hingewiesen, daß die in dem früher» Gutachten aufgeführten Beob achtungen (Vermehrung der Lungenschwindsucht von 10 o/o auf 20o/o) nur im JacobShoSpital gemacht worden sind, und daß e- angemessen gewesen wäre, in richtiger Würdigung der einschlagen den Verhältnisse da- diesfallsige Unheil auf da- letztere allein zu erstrecken, vorurtheilSfrei den betreffenden Ursachen nachzuspüren und überhaupt ein klare- Unheil darüber sich zu verschaffen, „wa- *) Der Straßenstaub in Leipzig. Eine medicinalpolizeiliche Skizze von Prof. vr. Sonnenkalb, StadtbezirkSarzt. Leipzig, Förftnersche Buchhandlung. **) Die intereflanten Einzelnheiten. welche die Schrift über diesen Punct enthält, können hier nicht weiter berücksichtigt werden, und em^ pfehlrn wir de-halb die Schrift selbst nachzulesen.