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Anzeiger. Amtsblatt des König!. Bezirksgerichts nnd des Raths der Stadt Leipzig. M 81. Freitag den 22. März. 18K1. Bekanntmachung. Da für die hiesigen Einwohner die genaue Bekanntschaft mit den für die Stadt Leipzig von uns und dem Polizeiamt erlassenen Wohlfahrt-- und sicherheit-polizeilichen Anordnungen von besonderer Wichtigkeit ist, so haben wir dieselben in eine Sammlung bringen lassen. Indem wir die- hierdurch bekannt machen, bemerken wir, dass gebundene Druckcrcmplare davon auf dem Rathhause bei dem Nuntiuö Teich zu 15 Ngr. käuflich entnommen werden können. Leipzig, den 18. März 1861. Der Rath der Stadt Leipzig. . . Berger. Bekanntmachung. Da- von dem StiftSrath v. Johann Franz Born für einen in Leipzig geborenen, die Rechte studirenden Sohn g) eine- Beisitzers der hiesigen Juristenfacultät, oder da deren keiner vorhanden, tr) eine- Beisitzers des vormaligen hiesigen Schöppenstuhls, oder da ein solcher auch nicht wäre, , e) eines Rathsherrn allhier, und wenn deren ebenmäßig keiner zu finden, 6) eines hiesigen Bürgers > gestiftete Stipendium ist dermalen erledigt und soll anderweit von uns vergeben werden. Wir fordern daher die hiesigen Studirenden, welche nach den obigen Bestimmungen des Stifters einen Anspruch auf den Genuß dieses Stipendiums zu haben vermeinen, hiermit auf, sich unter Bescheinigung ihrer stiftungsmäßigen Qualifikation längstens bis zum >0. Mai dieses JahreS auf hiesigem Rathhause in der Rathsstube schriftlich zu melden. Leipzig den LI. Mürz 1861. Der Rath der Stadt Leipzig. . Berger. Schleißner. » " ">W», Ne-e des Abgeordneten Dr. Hegner bei der allgemeinen Debatte über das Budget deS Departements deS Innern. In Sachsen soll der Grundsatz gelten, daß vor Allem ein Rechtsstaat in jeder Hinsicht eines gesetzlichen Zustandes bedarf. Willkür darf weder von Oben noch von Unten kommen. Nichts ist aber dem allgemeinen Wohl schädlicher, als eine zu ängstliche, Alles bevormundende bureaukratische Vielregiererei, die sich in Alles unbefugt mengt und Alles nach eigener Schablone zustutzen will. Die Zeiten sind vorbei, wo die Regierungen die Richtung bestimmen können, in welcher die Entwickelung eines Volks, eine- Staats vor sich gehen kann. Da- Volk hat aufgeh Lrt eine fügige plastische Masse zu sein, die beliebig geformt, modellirt, geknetet, werden kann, wie e- der Regierung beliebt- Hat nun auch die Regierung die Macht, die Entwickelung eines Volk-, eines Staat- einige Zeit zu hemmen, auf die Dauer hilft eS ihr nicht-, der fliegende Zeiger der Zeit läßt sich nicht zurückstellen und wer dies versucht, wird endlich von seinem unwiderstehlichen Schwünge unwillkürlich mit fortge- riffen. Heute haben wir eS mit dem Chef de- Ministerium- de- Innern zu thun, dessen Thaten zu prüfen. Der Herr Minister von Neust wird meine Offenheit ehren, wenn ich hier mit Frei- muth die Ansicht, die über ihn im Volke herrscht, kundgebe, die gerade in ihm die Ursache der vielen sächsischen Unzuträglich keilen sieht und ich freue mich, ihm Gelegenheit zu geben, im Angesicht de- Landes sich hierüber aussprechen zu können. Da< Losungswort de- Herrn Minister- von Neust ist da- Selfgovernment. Bei den obersten Adtheilung-chefS der Ministerien wird diesem Princip Rechnung getragen; diesen läßt der Minister vollständige Freiheit und vollständige Selbstständigkeit und alle diese Beamten müssen da- ehrend anerkennm. Aber leider steht eS nach Unten hin traurig auS, waS vielleicht da- Treiben hoher Politik und die ungeheuren wichtigen diplomatischen Sorgen übersieht. In den Provinzen treten nun meistentheilS die Herren Präfecten al- ängstliche bureaukratische, oft quälende Vormünder de- Dölk aus; da fehlt jede Spur de- von dem Chef, Herrn Minister von Neust, so hochgepriesenen Eldorado de- Selfgovernment-, da ist keine Spur von der Achtung der Autonomie der Gemeinde, in bereu Leben und Selbstständigkeit sich die Behörden ohne Roth mengen. AengstlicheS Bewachen jeder Freiheit, große Furcht vor dm Regungen und Strömungen der Zeit, vielzuviel polizeiliche kleinliche Einmischungen der KreiSdirectionen (mit denen ich bei der speciellen Debatte zu sprechen habe) in die städtische Verwaltung, namentlich in die Polizeiverwaltunq, der man da- Leben sehr schwer macht. Da- vielzuviel überängstliche Bewachen der Preßangelegen- heiten, worüber die öffentliche Meinung bitter klagt, macht der Staatsanwaltschaft viel Noth. Wenn ich nun, zu Ehren sei'- gesagt, zu der richterlichen Selbstständigkeit und Männlichkeit unserer Staatsanwälte da- Vertrauen habe, daß diese entschieden jeden Ein griff in da- Heiligthum der Justiz zurückweisen und von keiner Seite sich werden gebrauchen lassen, die Justiz zur Magd der Politik zu machen, so ist bei ängstlichen unselbstständigen Indivi duen solch ängstliches Ueberwachen und Ansinnen immer bedenklich, namentlich einer hohen Behörde gegenüber. Die allzugroße Bevormundung erzeugt im Volke Unzufrieden heit , die in jetziger Zeit, wo man vielleicht bald dir ganze DolkS- kraft als Schutz und Hort der Monarchien nöthig braucht, sorg fältig vermieden werden muß. Die Hauptursache dieser Unzufriedenheit ist nun eben jene- napoleonische Präfectenthum. Da- Anklammern an diese- Muster, an diese sogenannte Glücklichmacherei, die Alle- auSquetscht, wie eine Citrone, um sie verbraucht wegzuwerfen, wobei man mit dem Dichter anSrvfen könne, Mohr hat seine Pflicht gethan, Mohr kann gehen, diese- Anklammern an die napoleonische Politik ist mir früher nicht aufgefallen, in einer Zeit, wo unsere Regierung mit den Napoleo- niden liebäugelte und zwar mit der Macht, welcher man früher persönlich schmeichelte und die jetzt plötzlich und gebieterisch der Reaction in Europa Halt gebietet, die sie früher erst geschaffen, der Macht, die sich jetzt die Aufgabe stellt, da- Programm von 1848, was sie erst vernichtete, jetzt zur Wahrheit zu dringen, ich meine dasselbe Programm, wo jetzt der Absolutismus Hülfe und Rettung suchte. Beweise für da- Hinschielen nach Paris von Seiten unserer Regierung find die früheren Verordnung*« an verschiedene Preßorgane: ja nicht- gegen die Napoleoniden aufzv- nehmen. Ein allgemein verehrter Professor, der in Sachsen lange Zeit segensreich gewirkt und mit wahrem Prophetenauge voraus» gesagt, wa- unS die Napoleoniden bringen würden, wurde de-halb in Strafe genommen, al- er diese überstanden, entsetzte man ihn