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1156 ihrem Berufe entzogen gewesen; um so lieber sahen wir sie wieder auf der Bübne in einer Rolle erscheinen, deren duftige Poesie dem Naturell Fräulein Lebner- ganz besonders zusaqt. Die Rolle kommt ihrer ganzen Anlage nach in dm ersten Acten nur wenig zur Geltung, auch glaubten wir in dm ersten Gcenen noch Spurm von Angegriffensein der Darstellerin zu bemerken; in dm Haupt- scenen war da- aber vollständig überwundm und Fräul. Lebner wußte in denselben, besonder- in der letzten, ihrer schönen Auf gabe durchaus gerecht zu werden. — Von den übrigen in mehr hervortretenden nm besetzten Rollen beschäftigten Darstellern ge denken wir noch de- Herrn C. Kühn, der dm Laerte-, bi- auf ein etwa- zu starke- Herausgehen in der größeren Seme mit dem König, anerkmnm-werth wiedergab. F. Gleich. Zur Tageschronik. Leipzig, dm 16. März. Auf dem währmd der Messen als Töpfermarkt dienenden Theile der Promenade — unweit der Neu kirche — erschoß sich heute früh i/,6 Uhr ein junger Mann. Es ist bi- jetzt nicht gelungen, die Persönlichkeit desselben zu ermitteln. Der Entleibte war ziemlich anständig gekleidet. Um die Ermit- teluna seiner Persönlichkeit zu erschweren, hatte derselbe au- seiner Wäsche die Zeichen herausgeschnitten. GeffentUche Gerichtssitzung. Unter Vorsitz des Herrn Gerichtsrath vr. Schilling gelangte am 16. d. M. eine von dem Vertreter der k. Staatsanwaltschaft, Herrn Staatsanwalt Barth, erhobene Anklage wider den aus Mociska bei Brody gebürtigen Schneider und beurlaubten Soldat Isaak Hersch, auch Cbamah genannt, zur Verhandlung. Der Angeklagte war eines Vormittags in der Michaelismesse v. I. mit einem Zweiten, Namens Salomon, im Verkaufsgewölbe eines Merseburger Kleiderhändlers erschienen und hatte ebenso wie sein Begleiter um verschiedene Kleidungsstücke gehandelt, ohne indeß zu kaufen. Er blieb etwas länger als Salomon im Gewölbe zurück und als er sich dann entfernte, nahm er »»n» kayon und unter den Augen der Ehefrau de- Kleiderhändlers einen dahänqenden, 24 Thlr. taxirtm Damenmantel mit fort. Die Kleiderhändlers frau dachte im ersten Augenblick, der Mann wolle sich des besseren Lichte- halber den Mantel haußen auf der Straße besehen, als sie aber merkte, daß derselbe seinen Weg mit dem Mantel weiter nahm, wurde es ihr klar, daß es demselben um etwas andere- als um die bloße Besichtigung des Mantels zu thun sei. Sie rief ihren Ehemann herbei, lief dem Unbekannten auch sofort nach. Als letzterer dies wahrnahm, beeilte er sich in seinen Schritten, wurde jedoch auf den Zuruf des inzwischen herbeigekommenen Kleiderhändlers aufgehalten und durch einen Polizeidiener festqe- nommen. Des Mantels entledigte er sich hierbei durch Wegwerfen auf die Straße. Bei seinen ersten Vernehmungen hatte der Fremde sich Gerson, oder deutsch Hellpern, genannt, auch einen auf den Namen Gerson lautenden Paß der Lemberger Behörde producirt. Später und so auch bei der Hauptverhandlung gab er aber seinen richtigen Namen an und erklärte, daß er Isaak Hersch, deutsch Chamatz, beiße, aus Mociska gebürtig sei, in dem zu Tarnopol garnisonirenden k. k. österreichischen Infanterieregiment Herzog Nassau diene, auf 6 Monate Urlaub nach Brody erhalten habe und mit dem ihm von dem dortigen Einwohner Gerson geliehenen Passe ohne Genehmigung seiner Dienstbehörde nach Deutschland und speciell nach Leipzig gereist sei, um hier Handelsgeschäfte zu treiben und sich etwas damit zu verdienen. Obschon er selbst zu gestand, daß er mit nur 12 Ngr. hierher gekommen sei, davon auch 5 Ngr. für eine Paßkarte verausgabt habe, so meinte er doch, daß schon viele Andere ebenfalls ohne Geld hierher gekommen wären und doch Geschäfte gemacht und Geld mit fortgenommen hätten. Die Mittel zum Handel hätte er durch fremde Unter stützung zu erhalten gehofft. Die vorgelesenen Rückäußerungen der betreffenden Behörden in Brody und Tarnopol bestätigten die Angaben, welche der Ange klagte zuletzt über seinen Stand und Namen gemacht hatte, mit Ausnahme, daß Gerson demselben den Paß nicht geliehen, sondern diesen verloren haben wollte. Hiernächst erfuhr man aber auch, daß Hersch bereits eine reiche Erfahrung hinter sich hat und schon von Manchem zu erzählen weiß. Sechsmal hat er bereits wegen Diebstahls während seiner Dienstzeit Strafen erlitten,. zweimal darunter durch Spießruthenlaufen von je 3 und 4maligem Auf- und Abgassenlaufen durch 300 Mann. Die Ansichnahme de- Damenmantels in jmem Kleidergewölbe stellte Hersch nicht in Abrede; die diebische Absicht dabei aber gab er wenigsten- direct nicht zu, wollte vielmehr in trunkenem und bewußtlosem Zustande gehandelt haben. Allein soviel gestand er doch selbst zu, daß er meinte, er könne den Mantel wohl in böser Absicht genommen haben, denn eS komme manchmal ein schlechter Gedanke über dm Menschen. Die Einrede der Trunkenheit ferner fand durch die Zeugenaussagen gar keine Bestätigung, vielmehr ging aus diesen hervor, daß Hersch zur Zeit, als er in da- Verkaufsgewölbe ge kommen und hier gehandelt hatte, bei vollem Bewußtsein gewesen war und erst von Zeit seiner Arretur an Trunkenheit simulirt hatte. Der Gerichtshof verurtheilte ihn unter Berücksichtigung der Rückfälligkeit zu 9 Monaten ArbeitShiuSstrafe, wovon jedoch 2 Monate und 2 Wochen dem Angeklagten wegen der durch da längere Außenbleiden der Rückantwort von Brody ohne sein Ver schulden verlängerten Untersuchungshaft als verbüßt angerechnet werden sollen. Die Vertheidigung Hersch- hatte Herr Advocat Kleinschmidt übernommen. Verschiedenes. ** Am 10. März ist endlich Wagners Tann Häuser in Paris zur ersten Aufführung gekommen. Szarvady schreibt der Köln. Atg.: „Die Oper wurde ausgelacht, auSgezischt und auch an schrilleren Tönen hat es nicht gefehlt. Die Sänger wurdm durch mißliebige Bemerkungen und durch höhnische- Ge lächter unterbrochen" rc. Man will wissen, der Banquier MireS in Paris sei ein geborener Berliner. Der Umstand, daß er eigentlich Meier heißt, hat wohl zu der Erzählung Anlaß gegeben. Europa zählt 57 Städte, welche mehr als 100,000 Einwohner haben; eine davon hat über 2 Millionen, eine über 1 Million, eine fast eine Million, fünf haben 4—500,000, eine 3—400,000, acht über 200,000 und siebenunddreißig 100—200,000 Bewohner. Sieben von diesen Städten sind Residenzen und Seehäfen zugleich, 17 nur Residenzen und 29 Seehäfen. Von denselben kommen auf Preußen 3, Oesterreich 6, das übrige Deutschland 3, auf Frankreich 7, auf Großbritannien 12. — Nach den neuesten be kannten Zahlungen hat London 2,950,000 Einwohner, Paris 1,525,535, Petersburg 494,656, Wien 476,222, Berlin 438,961, Neapel 413,920, Madrid 301,660, Lissabon 275,286, Brüssel 263,481, Amsterdam 243,755, Pefth und Ofen 186,945, Rom 180,359, Turin 179,635, Hamburg 171,696, Kopenhagen 143,591, Vmedig 118,172, Dresden 117,750, München 114,734, Stock holm 101,502. Ocffentliche Prüfungen Montag den 18. Marz. Modernes Gesammt-Gymnasium: Vorm. 4. lat. El. Religion, Cornelius Nep., Englisch, Mathe matik, Declamiren durch die Herren vr. Zille, vr. Bräu tigam, Friedling, vr. Weiske. - 2. Realclasse Religion (mit der 4. lat. El.), Algebra, Kauf«. Rechnen, Französisch, Declamiren durch die Herren vr. Zille, Dörfer, vr. Bräutigam. Nachm. 3. lat. El. Cicero, Virgil, Griechisch, Englisch, Deutsch durch die Herren vr. Smitt, vr. Gelbe, Westley. Teichmannsche Lehr- und Erziehungsanstalt: Vorm. 8—10 Uhr Elaste I. Religion, Arithmetik, Französisch. - 10i/r—11i/r Uhr Gymnasiale!. II. Lateinisch, Griechisch. Nachm. 2i/r—5 Uhr Elaste I. Religion, Französisch, Englisch, - Singen. Erste Bürgerschule: Dorm. 8—12 Uhr Knaben-Elaste IV e und V». Zweite Bürgerschule: Vorm. 8—12 Uhr Knaben-Classe VI und Mädchen-Classe VI. Dritte Bürgerschule: Vorm. 8—9*/, Uhr Knaben-Classe III» Herr Thomas. - 91/2—11 Uhr Knaben-Classe IIId Herr Krumbiegel. - 11 Uhr Gesangprüfung mit der IV. und III. Knaben- Elasse Herr Papier. Nachm. 2—Z1/2 Uhr Knaben-Classe Ille Herr Seltmann. - 31/2—5 Uhr Mädchen - Classe III» Herr Caspar!. RathS- und Wendlersche Freischule: Vorm. 8—91/2 Uhr Knaben-Classe I. Herr vr. Wetze! und Herr Schierholz. - 91/2—11 Uhr Knaben-Classe II. Herr vr. Bielitz und Herr Schierholz. - 11—IV/2 Uhr Knaben-Classe I. und II. Herr Höpner. Nachm. 2 — 4 Uhr Knaben-Classe III. Herr Sommer und Herr Höpner. Armenschule: Vorm. 8—10 Uhr Knaben-Classe IVe Herr Rochlich und Herr Janicaud. - 10—12 Uhr Knaben-Classe IVd Herr Burckhardt und Herr Rochlich. . Nachm. 2—4 Uhr Knaben-Classe IV» Herr Leo und Herr Janicaud. - 4—6 Uhr Knaben-Classe me Herr Seydel und Herr Rochlich. ^