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> > 3910 Esel-pboW <Ws dem niedergekrämpteu Hute. In ihren Mund winkeln Keckktzn auftoätt- gerichtete SchweinSzähne, welch« die JünglinZe keß Strafe fühlbarer Hirse mit de, eigen«» Zähnen sefthalte» mußte,. Nachdem sw de« Depositor ihren Wunsch durch etttt tiefe stumme Vkkneigung -» erkennen gegeben- prügelte dieser sie erst zur Thür hinaus und dann wieder herein, worauf alsbald zum Act geschritten wurde, dem natürlich eine beträchtliche Anzahl Schönsten beiwohnten. Die Rapschnäbel mußten einen Kreis bilden, ba»n kämmte man ihnen mit einem ungeheuerlichen Kamme d«S Haar «rd schnitt eS mit der Warnung ad, dasselbe sauber uns rem zu hal ten und nicht, wie ein altes Pferd, über Brust und HalS herab hängen zu lassen. War dies geschehen, so ergriff der Depositor einen seltsam geformten Löffel, um die Ohren für die Lehren der Tugend rms Weisheit zu reinigen, und gleich darauf salbte er die Gesichter der Rapschnäbel mit Schuhschmiere, zur Vertreibung des MilchbarteS, in dessen Ermangelung die Schmiere mit einem ellenlangen hölzernen Rasirmesser abgeschabt wurde. Jetzt wurden dem Jünglinge vom Depositor die Laster und Fehler der Jugend au-einandergesetzt und zugleich erklärt, wie nur ein fleißiges Studium zu bessern, abzuschleifen und zu züchtigen im Stande wäre. Hierauf legte er ihnen einige Frage» vor, «eil aber deren verständliche Beantwortung durch die im Munde fest gehaltenen SchweinSzähne verhindert wurde, beehrte der Depositor die Jünglinge wegen ihres unverständlichen Grunzens mit der Bezeichnung von Schweinen und verabreichte ihnen verschiedne Hiebe mit feinem Stocke AiSdan» zog er aus einem Sacke eine besonders construirte Zange hervor, faßte jeden Einzelnen damit beim Halse und schüttelte ihn so lange, dis die Schweinszähne c.us dem Munde fielen, mit dem dabei ausgesprochenen Rathe, künftig Niemandes guten Ruf mit verleumderischen Reden zu benagen. Wären sie gelehrig und strebsam, sitzte er mahnend hinzu, so würden sie die Neigung zu Unmäßigkeit und Gefräßig keit eben so verlieren wie diese SchweinSzähne. Jetzt riß man den R .pschnäbeln auch die langen Ohren ab, alS Weisung, daß sie ohne fleißiges Studium stets nur Esel blei ben würden, und nachher feilte man ihnen die Nägel, zum Zei chen, daß die Finger nicht zum Raufen und Stehlen, sondern zum Arbeiten dienen sollten Auf die Stubendiele gelegt wurden sie hierauf, ebenfalls nicht gerade fein säuberlich, mit Hobel und Säge bearbeitet, um Alles zu beseitigen, was leiblichen und gei stigen Auswüchsen ähnelte, und endlich riß man ihnen auch die Hörner ab, um in den Jünglingen die bacchantischen Gelüste zu ertödten. Nachdem man den Rapschnäbeln hierauf noch eine Hand voll „Salz der Weisheit" und einen schmutzigen Topf voll „Wein der Freude" eingeflößt, wurde Jedem unter erbaulichen Mahnungen und lautem Segen ein Gefäß mit unreinem Wasser über den Kopf gegossen, und nachdem sie noch zum Zeichen der Demuth einen Fußfall gethan, durften sie sich entfernen. E>n überlustiger Schmaus beschloß die Festlichkeit und der Depositor erhielt außerdem noch ein besonderes Geldgeschenk. Alle Versuche, diesen Unbilden ein Ziel zu setzen, scheiterten an dem Widerstande, nicht nur der Schönsten, sondern auch der Pennale selbst, welche Letztere sich nicht die Gelegenheit entgehen lassen wollten, später Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Die Rectoren Rivinus und Jenichen, sehr energische Männer, traten mit großer Entschiedenheit dagegen auf, aber ohne nachhaltigen Erfolg. Bis zu welchem Grade von „akademischer Freiheit" die Studenten es damals gebracht halten, davon einige Beispiele. Zum Gottesdienste in dir Paulinerkirche war den Studenten eine Empore eingeräumt worden; anstatt aber hier sich frommen Betrachtungen hinzugebcn, hielten die jungen Leute sich im Schiff der Kirche neben den Weiberstühlen auf und störten die ehrbaren Jungfern durch weltliches Geschwätz und schlechte Witze. Der Scandal wurde endlich so auffallend, daß der Rector Rivinus durch einen Anschlag am schwarzen Bret dagegen ein^uschreiten für nöthig hielt. Zugleich wurden die Buchdruckergehulscn und Handwerksgesellen, welche, nach Höherem strebend, den verlassenen Kirchenstand der akademischen Jugend eingenommen hatten, trotz ihrer Protestationen von den untersten Spitzen der Universität mit energischen Hülfsmitteln hinunterge — gangen, aber da durch Nichts gebessert. Die Studenten griffen jetzt von ihrem angewiesenen Standpunkte die Jungfern mit Wurfgeschoß an, wozu sie sich namentlich kleiner Früchte, Kletten und Disteln be dienten. Erst durch die Relegation der Uebermütbigsten vermochte man die Ordnung wieder herzustellen, und die Jungfern waren wenigstens in der Kirche sicher. Daß die Studenten sich bisweilen zusammenrotteten, Leute in Häusern und auf den Gassen überfielen und bedrohten, Andere beim Spazierengehen auf die Füße traten, sie anravnten und schimpften, so wie daß, nach vielen gleichzeitigen Nachrichten, auch da- schändliche Saufen, Tumultuiren, gräßliche Blöken und Ab singen schandbarer Lieder nach geistlichen Melodien unter ihnen an der Tagesordnung war, veranlaßt« mehrere strenge landesherr liche Verordnungen, die aber einige Aufstände hervorriefen. Bei einem derselben verdarb eS mit den Studenten namentlich der Hauptmann de- Peter-viertel-, Friedrich Kreuchauf, weil er die soge»gW»te» Springstangen hatte in Anrventznoq bri»ge» lassen, wodurch ebne» Stusente«, Andrea- Kettlih aus Rück»arsdorf, das Bein zerschmettert worden war. Man brachte dem Haupt mann «ine Katzenmusik, u«d der Musterschreiber Propsthain, so wie der Stockmeiffer Schänmann uns der Schützenmeister Lippach, welche auf dem Brandvorwerke Bier getrunken und ein „Pfei- fichen Tobak geschmaucht", dabei aber über die Studenten schim- pfirt hatten, empfingen auf dem Rückwege zur Stadt eine tüchtige Tracht Prügel. Jetzt wurde aber auch die Bürgerschaft ärgerlich und das Ist hernach ein schlimmer Zustand! ohne weitere Re stexionen daran zu knüpfen — die Studenten drohten nach ver schiedenen faustrechtlichen Demonstrationen die Stadt zu verlassen, blieben aber da? Auf beiden Seiten fanden sich endlich sogenannte „gute Kerle" und der ganze Streit endigt« mit einer Versöhnung, sei der manches Glas geleert wuroe. Noch ernstlicher als dieser Lärm war der sogen. Schlaf pelztumult im Jahre 1726, weil an ihm nicht nur die Stu denten, sondern fast sämnuliche Leipziger Junggesellen Theil nah men. Au den noblen Passionen der damaligen ftudirenden Jugend gehörte nämlich auch die, in Schlafpelz, Nachtmütze, mit bren nender Thonpfeife im Munde und dem Degen unterm Arme auf den Gaffen und in öffentliche Versammlungen zu gehen. Da aber Handelsbeflissene, Gesellen und vielerlei loses Gesindel eben falls Gefallen an dieser Studentensitte fanden, und namentlich letztere beide Classen oft mit einer Nonchalance auftraten, daß sogar alte Herren darüber errötheten, so erschien ein Regierung-- rescript, welches die städtische und akademische Behörde auffordene, diesem Unfuge ein Ende zu machen. Die Folge war, daß am 26. Februar sämmtlicher Leipziger Junggesellenstand auf dem Markte zusammenströmre, von hier aus die Straßen durchtobte, das Gitter des schwarzen BreteS zertrümmerte und überall die angeschlagenen Placate abriß. Hierauf wurdcn dem Rector Je nichen, dem Senior vr. Klausing, dem Bürgermeister Lange und den Ralhsherren Zoller, Baudiß und Menser Fensterscheiben zer trümmert, und erst als die ganze Bürgelschaft unter den Waffen stand und viele Verwundungen statlgefuuden hatten, trat Ruhe ein. Der Grimm der Vertheidiger des Schlafpelzes ging so weit, daß nicht nur Brandbriefe auSgeworfen, sondern auch, ganz mit telalterlich, sowohl am Rathhause als am Paulino Fehdebriefe angeschlagen wurden, welche den akademischen und städtischen Senat mit Garaus bedrohten. Die hinkende Strafe aber kam hinterher. Acht Rädelsführer der Studenten wurden relegirt, die Unstudirten jedoch, welche in „akademischer Freiheit" mitgemacht hatten, erfreuten sich theilweise de- Zuchthauses, Gefängnisse- und der Landesverweisung, so wie zwei der Lautesten zugleich auch de- Staupbesens. In jene Zeit fallt auch ein interessanter Criminalfall, der trotz seiner traurigen Veranlassung doch manchen ergötzlichen Moment bildete. Der Student König war nämlich enttölpelt worden und machte einige Zeit nachher seinem Depositor den Vorwurf, er habe ihn beim Herausschütteln der SchweinSzähne so heftig mit der Zange angegriffen, daß ihm noch jetzt der Hals schmerze, und das werde er ihm gedenken Diese Aeußerung that König am öffentlichen Speisetische im WirthShause zum goldenen Arm und die Folge war, daß der Depositor g>ob wurde, beide Herren sich mit Ehrentiteln, wie Filz, Spuhlwurm und HundSvoigt tractirten und endlich einander mit den Gläsern unter dir Nasen stießen. Christian May, der Wirtb, gebot Ruhe und eS war nahe daran, daß die Streitenden zur Thür hinausgesteckt werden sollten, als durch Einmischung de- Schmiedemeisters Michael Tinder eine ge waltsame Versöhnung stattfand und die Streitenden einander die Hand boten. Sie verließen gemeinschaftlich da- WirthshauS, bald aber verbreitete sich die Nachricht, König fei von dem Depositor in seiner Wohnung, nahe am Grimma'schen Thore, erstochen worden. Sofort befahl die Behörde sämnuliche Thore zu schließen, um das Entkommen des ThäterS zu verhindern, der UniversitätS- actuar Christoph Sickel aber verfügte sich nebst dem Pedell Johann Ackermann und dem Gerichtsdiener Pohl an Ort und Stelle der That, wo der Entleibte in seinem Blute lag. Der Universitäts chirurg Georg Rother gab hier zu Protokoll, der Verblichene sei an einem Stiche durch beide lodos pulmonum gestorben. Der Thäter war noch vor Thorschluß entkommen, als Zeugen aber traten de- Tobten Stubendursche, der den Kampf im Nebenzimmer mit angesehen, und eine alte Frau auf, die durch das Schlüssel loch gelauscht hatte. Der Depositor war und blieb verschwunden, trotzdem daß man ihn durch einen Steckbrief bitten ließ, an Gerichtsstelle zu er scheinen. Deshalb besagte da- gefällte Urtheil, derselbe solle im Bilde ganz nach der Weise behandelt werden, wie eS nach H. 41 des Duellmandats geschehen sein würde — wenn man ihn hatte. Mit der Anfertigung de- lebensgroßen Portraits betraute man den alten Kunstmaler Samuel Weinigel; da dieser jedoch den Ent flohenen gar nicht gekannt hatte, Silhouetten und Photographien aber damals noch nicht extstirten, so kann man sich vorstellen, wie schwierig eS Meister Weinigeln geworden fein «üß, der Copi« Lehnlichkeit mit dem Original zu verleihen. Indessen erstreckte fich diese Schwierigkeit ja nur auf da- Gesicht, dagegen hattl