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1594 . welche- da- Festhalten de- Schröpfkopfes veranlaßt, Verursacht, nämlich durch die Wirkung des Luftdrucks auf den einen luftleeren Raum überdeckenden Körper. Ein an einem Spiegel angebrachter Zapfen von sechs Centimeter im Durchmesser wird, selbst wenn er mit mehreren Pfunden belastet wird, ohne Gefahr volle Monate festhaften bleiben, kann aber nach Belieben jeden Augenblick los gemacht werden. DaS Einzige, was man beim Ansehen des pneumatischen Zapfen- an eine nicht poröse Oberfläche zu beob achten hat, ist, auf die Scheibe zu hauchen, um sie mit einer ge ringen Schicht von Feuchtigkeit zu bedecken. Auch muß die Scheibe vollkommen eben sein. Sodann schraubt man den Kopf des Zapfens an, welcher um so besser hält, je mehr man ihn festschraubt. Wenn man den Zapfen losschraubt, so muß man ihn mit beiden Händen fassen. Weder die Temperatur des siedenden Wassers, noch die Feuchtigkeit greifen den Kautschuck der Scheibe an. Auch da- Stoßen der Wagen kann das Abfallen des Zapfens nicht be wirken. Ist der Kautschuck unrein geworden, so kann man ihn mit Seifenwasser abwaschen. Ein solcher Zapfen kostet 25 Ngr. In Leipzig sind dieselben bei Schneider in der Hainstraße zu be kommen. Wieck legt eine Anzahl von Bleistift- und Farbenstiftfabri katen aus der Fabrik von C. F. Walpuski in Nürnberg vor. Darunter befanden sich 1) verschiedene Sorten von Haltern zum Hinein- und Herausdrehen des feinen Schreibbleies, von welchen Haltern die Fabrik über 40 verschiedene Sorten, z. B. verbunden mit Federhaltern und Maßstäben, in Holz mit Elfenbein- und Metallgarnitur zu ungemein billigen Preisen liefert. Ferner 2) Farbenstifte in roth, blau, grün u. s. w., sogenannte erst» laevis, die nach der Versicherung des Vorzeigenden den sog. erets. xol^- oolor durchaus nichts nachgeben, aber sehr viel wohlfeiler sind, desgleichen 3) Stifte mit zwei Farben, 4) Stifte mit verschiedenen Maßstäben, 5) mit Federhaltern, nicht theurer als diese ohne Blei, 6) Kreidehalter mit Schiebzeug im Schaft, sehr zweckmäßig, 7) mit Radir- und Bleigummi, endlich 8) Aquarellstifte, die zur Zeit in 70 Farbentönen geliefert werden und sehr geeignet zu Anferti gung von Farbeskizzen sind, da sich die Striche mit dem nassen Finger auf dem Papier vertreiben lassen. Alle die verschiedenen erwähnten Fabrikate sind in Leipzig bei F. G. Mylius u. Mor. Alex. Lehmann zu erhalten. Soldatenleben im dreißigjährigen Kriege.*) Fast alle Völker Europa'- sandten ihre schlechtesten Söhne in den langen Krieg. Nicht nur einzeln zogen fremde Söldner den Werbetrommeln zu wie Krähen einer Wahlstatt; das ganze christ liche Europa wurde in den Kampf hineingerissen; in Compagnien und Regimentern zettraten die Fremden den deutschen Acker. Eng länder und Schotten, Dänen, Schweden, Finnen fochten außer den Niederländern, die vom Volk noch als Landgenossen betrachtet wurden, auf Seite der Protestanten. Aber noch bunter sah es in den kaiserlichen Heeren aus. Die romanischen Wallonen, Spa nier, Italiener, fast jeder slawische Stamm brach in das Land, am greulichsten die leichte Reiterei, Kosaken (1620 polnische Hülfs- truppen, sie wurden größtentheils vom Landvolk erschlagen), Stra- dioten (unter ihnen sicher auch Muhamedaner), und am meisten verhaßt die Kroaten. Es ist bezeichnend für die Stellung des Kaisers bei Beginn des Krieges, daß er fast nur slawische und romanische Krieger und nur romanisches Geld gegen die Deutschen zu setzen hatte. Durch sie wurde die nationale Erhebung nieder geschlagen; auch die Truppen der Liga bestanden vielleicht zur Hälfte aus Fremden. Fast jede- Heer war eine Musterkarte verschiedener Nationali täten, in jedem ein Durcheinander vieler Sprachen. Und der Haß der Nationen ruhte selten, während die Fahne flatterte. Zumal im Lager mußten die Regimenter sorgfältig nach Beschaffenheit ihrer kamradschaftlichen Gefühle zusammengesetzt werden, Spanier und Deutsche immer noch auseinander. Der Feldmarschall oder Quartiermeister wählte den Platz des Lagers wo möglich an fließendem Wasser, auf einer Stätte, die der Vertheidigung günstig war **). Zunächst wurde der Raum für den Feldherrn und seinen Stab ausgemessen. Dort erhoben stch die großen verzierten Zelte auf verbotenem Grund, der durch eine Barriöre und eingesteckte Spieße, oft durch Befestigungen von dem übrigen Lager getrennt war. In der Nähe blieb ein freier Platz mit der Hauptwache; weilte da- Heer längere Zeit im Lager, so wurde dort der Feldgalgen als Warnung-zeichen aufgerichtet. Je dem Regiment und Fähnlein wird mit Zweigen seine Stelle ab- . gesteckt, dann rücken die Truvpen ein, Glieder und Rotten werden geöffnet, die Fahnen jedes Regiment- werden in Reihen neben einander in die Erde gesteckt, dahinter liegt in parallelen Linien die Lagerstätte de- Fähnlein-, je fünftia Mann in einer Reihe, bei der Fahne^der Fähnrich, in der Mitte der Lieutenant, am *) Au« Fr«ytaa'- „Bilder au- der deutschen Vergangenheit." 2. Bd. (Leipzig bei Htrzel.) Pallhausen, Krtegßkunst zu Fuß; Kronspergev, Kriegß-uch a.m. O. Ende der Hauptmann, hinter beiden die Zelte der Oberofficiere und Beamten; der Feldscheer liegt neben dem Fähnrich, der Caplan in der Nähe de- Hauptmanns. Die Offeriere wohnen in Zelten, welche oft konische Form haben und mit Stricken am Erdboden befestigt sind. Die Gemeinen bauen sich auf dem angewiesenen engen Raum ihre kleinen Hütten von Stroh und Bretern. Neben der Hütte steckt der Pikenier seinen Spieß in den Boden, die Pi ken, Kurzspieße, Hellebarden, Partisanen und Standarten zeigen schon von weitem Rang und Waffe der Zeltbewohner. In den Hütten hausm die Soldaten häufig zu Zweien oder Vieren, bei ihnen Weiber, Dirnen, Buben und Hunde. So lagert Fähnlein neben Fähnlein, Regiment neben Regiment im großen Viereck oder im Kreise, das ganze Lager ist von breitem Raum umgeben, der zum Lärmplatz dient. Vor dem dreißigjährigen Kriege war es gewöhnlich, um das Lager eine Wagenburg zu schlagen, dann wurden die Train- und Bagagewagen in doppelter Reihe aneinander geschoben und mit Ketten oder Klammern zum großen Viereck oder Kreis verbunden, die nothwendigen Ausgänge freigelassen. Damals hatte die Reiterei zunächst an der inneren Seite der Wagm ihr Lager; für die Pferde waren neben den Hütten und Zellen der Reiter nothdürftige Verschlüge aufgerichtet. Dieser Brauch war veraltet, nur selten umschließen die Wagen das Lager, man ist bemüht, dasselbe durch Graben, Wall und die Feldgeschütze zu decken. An den AuSgängen sind Lagerwachen, außerhalb des Lagers werden Reitertrupps und eine Postenkette von Musketieren oder Schützen aufgestellt. Vor dem Zelt jedes Fähnrichs steckt die flatternde Fahne im Boden, daneben liegt eine Trommel der Compagnie, ein Musketier hält Wache, die brennende Lunte in der Hand, die Muskete wagerecht auf die Gabel gestützt. In solchem Lager hauste das wilde Volk in zügellosem Haus halt, auch im Freundesland eine unerträgliche Plage der Umgegend. Die Landschaften, Städte und Dörfer mußten Holz, Stroh, Lebens mittel und Futter herbeischaffen, auf allen Wegen rollten die Last wagen herzu, wurden Heerden Schlachtvieh eingetrieben. Schnell verschwanden die nächsten Dörfer vom Erdboden, alles Holzwerk und Dachstroh wurde von den Soldaten abgerissen und zum Bau der Hütten verwendet, nur die zertrümmerten Lehmwände blieben zurück. Die Soldaten und ihre Buben strichen plündernd und stehlend in der Umgegend umher, die Marketender fuhren mit ihren Karren ab und zu. Im Lager aber drängten sich die Krieasleute vor ihren Hütten und auf den Plätzen zusammen; unterdessen kochten die Weiber, wuschen, besserten Kleider aus und haderten unter einander. Häufig war Tumult und Auflauf, ein Kampf mit blanken Waffen, eine blutige Unthat, Schlägereien zwischen den verschie denen Waffen oder Nationen. Alle Morgen rief die Trommel und der Ausrufer zum Gebet, auch bei den Kaiserlichen; am Sonntag früh hielt der Regimentsprediger seine Feldpredigt, dann saßen die Kriegsleute und ihr Troß andächtig auf der Erde, auch war ver boten, während des Gottesdienstes in den Marketenderhütten zu liegen und Getränke zu schenken. Es ist bekannt, wie sehr Gustav Adolf auf fromme Sitte und Gebet hielt, aber auch seine Kriegs- attikel hielten für nöthig, dil Trunkenheit der Feldprediger zu be- dräuen. In dem freien Raume des Lagers vor der Hauptwache war der Spielplatz, mit Mänteln überdeckt, mit Tischen besetzt, um alle drängte sich die Gesellschaft der Spieler. Dort hatte das Karten spiel der alten Landsknechte der schnelleren Entscheidung durch Würfel weichen müssen. Oft war das Würfelspiel im Lager verboten, durch Rumormeister und Profoße verhindert worden, dann waren die Spieler heimlich hinter Hecken zusammen gekommen und hatten ihr Commisbrod, Waffen, Pferde, Kleider verspielt; so fand man aerathen, diese Leidenschaft unter Aufsicht der Lagerwache zu stellen. Auf jedem Mantel oder Tisch rollten drei viereckige Würfel, in der Feldsprache „Schelmbeine" genannt; jeder Gesellschaft stand ein Scholderer vor, ihm gehörten Mantel, Tisch und Würfel, er hatte in streitigen Fällen das Richteramt und erhielt seinen Antheil am Gewinn, oft aber auch Schläge. Denn häufig waren Betrug und falsche Würfel; manche Würfel hatten zwei Fünfen oder Sechsen, manche zwei Es oder Daus, andere waren mit Quecksilber und Blei gefüllt, mit zerschnittenen Haaren, Schwamm, Spreu und Kohlen, eS gab Würfel von Hirschhorn, welche oben leicht, unten schwer waren, Niederländer, die man schleifend rollen mußte, Ober länder, welche „aus der bayerischen Höhe" geworfen werden mußten, wenn sie gut fallen sollten. Und oft wurde die lautlose Arbeit durch Flüche, Gezänk und blitzende Rappiere unterbrochen. Und zwischen den aufgeregten Gesellen schlichen lauernde Handelsleute, oft Juden, bereit, die gesetzten Ketten, Ringe und Beutestücke zu schätzen und aufzukaufen. Hinter den Zelten der Oberoffickere und des Regimentsprofoßen, durch eine breite Straße von ihnen getrennt, standen die Buden und Hütten der Marketender in parallelen Querreihen. Marketender, Metzger und gemeine Garköche bildeten eine wichtige Gemeinschaft. Der Preis ihrer Waaren, der Speisen oder Getränke ward vom Profoß gegen eine Abgabe in Geld oder eine Naturallieferung — er erhielt z. B. von jedem Stück Rindvieh die Zunge — be stimmt. Auf jede- Faß, welches ausgezapft wurde, schrieb er mft