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„btt, welcher Diel Anzeigen gemacht hat, gar nicht mit einer „Gratifikation bedacht, vnd umgekehrt ein Diener, welcher wenig „oder vielleicht gar keinen Straffall angezeigt hat, dennoch in „Bewacht seine- im Allgemeinen ausgezeichneten Verhaltens grati- „ficirt wird." Zur Bildung eine« solchm bei dem Polizeiamte ebenfalls bestehenden Dispositions-Fond- erbitte der Rath die Zu stimmung der Stadtverordneten. Das Ausschußgutachten sagt dazu: „Einverstanden muß man mit den 3 Sätzen sein, welche der Stadttath als maaßgedend ausgestellt hat, ebenso muß man wohl darin mit dem Stadlrath übereinstimmen, daß durch die noch fort währende Vergrößerung unserer Stadt mehr Arbeitskräfte auch in dieser Richtung sich erforderlich gemacht haben als bis vor einigen Jahren dafür verwendet wurden. Wenn sonach die Anstellung eine- Wachmelsters, zweier Cor porate und 34 Diener sich rechtfertigt, so lasten sich auch gegen den aufgestellten festen Rechnungsetat, welcher dem des Polizei- amtS entspricht, Erinnerungen nicht machen und in gleicher Weise spricht die Billigkeit dafür, den transitorischen Aufwand (d. 40 Thlr. für 3 Diener) zu verwilligen, auch die zeitweilig für die jetzigen ältesten 10 Diener geforderte, auf jährlich 25 Thlr. für einen jeden derselben veranschlagte freie Wohnung den ersteren zu belasten. Der hierdurch erwachsende Mehraufwand ist durch die Rücksicht auf die öffentliche Wohlfahrt genügend gerechtfertigt und zwar um so mehr, als allerdings die in Aussicht gestellte Einrichtung der Wache trotz der Abschaffung der Denunciantengelder die kräftigere Durchführung einer wohlgeordneteren Aufsicht ermatten läßt, al bt- jetzt vorhanden war. ES soll nämlich nach amtlicher Mitthei lung de- Herrn Bürgermeister Koch die bisherige Einrichtung, wonach einzelne Diener gewisse Amtsverrichtungen stet- besorgen, in Wegfall gebracht werden, und hängt vielmehr die Vertheilung der Dienste in der Zukunft nur von dem Wachmeister, beziehend lich den beiden Corporalen ab, so daß sich ohne eine Benachthei- ligung de- Dienstes ein zu nahes Bekanntwerden der Diener mit den Personen, welche sie rücksichtlich Gewerbebetrieb- u. s. w. zu überwachen haben werden, verhindern lassen würde. Wenn nun nach Vorstehendem die neue Ordnung der Raths wache zu genehmigen ist, so wird es wohl auch unbedenklich schei nen, die bisher beanstandete Verwilligung zu Conto 9 des Bud gets der Jahre 1857 und 1858 nachträglich auszusprechen, da sich nicht verkennen läßt, daß die Anzahl der beibehaltenen Diener den Verhältnissen unserer Stadt entsprechend gewesen ist. Bei dem räumlichen Umfang von Leipzig wird auch jetzt die beantragte Gestaltung der Rathswache die Möglichkeit nicht ge währen, daß fortwährend die einzelnen Stadttheile einer Beauf sichtigung unterworfen sind. Diesem Uedelstand könnte abgeholfen werden, wenn die ohnehin die Straßen Leipzigs begehenden Polizeipatrouillen angewiesen würden, auch auf Verletzungen der wohlfahrt-polizeilichen Vor schriften ihr Augenmerk zu richten und Anzeigen der wahrgenom menen Ungehörigteüen bei dem Stadtrathe zu erstatten. Es würbe den Polizeimannschaften eine Überlastung hiermit nicht angesonnen, wohl aber vielfachen Uebelständen auf eine schnelle und sichere Weise abgeholfen werden können. — Der Ausschuß rächet daher dem Collegium: ») die von dem Stadttath beantragte Einrichtung der Raths- wache zu genehmigen, so wie die dazu gehörigen Mittel an jährlich 8894 Thlr. und beziehentlich 120 Thlr. zu verwilligen; d) ingleichen sich unter Ablehnung der Errichtung eine- Grati- ficationsfond- von 500 Thlr. au- den Strafgeldern zur Ver- willigung von Gratifikationen auf jedesmaligen Antrag des RathS bereit zu erklären; v) die nachttägliche Genehmigung zu Conto 9 des Budget- der Jahre 1857 und 1858 auszusprechen, ä) so wie bei dem Stadttath zu beantragen, daß die für hie Straßenpattouillen verwendeten Polizeidiener zugleich in er weiterter Maße zur Ueberwachung beziehentlich Anzeige der Verstöße gegen wohlfahrt-polizeiliche Vorschriften angewiesen werden. — Herr St-V. Meißner fragte, ob denn die Ablehnung eines Dispositionsfonds und da- Erbieten zur Bewilligung von Grati fikationen auf Antrag des Stadttath- so zu verstehen fei, daß der Stadttath nun wegen jeder einzelnen Summe sich an die Stadt verordneten wenden müsse? Wenn dies der Fall sei, wenn der Stadttath wegen jeder 5 Thaler, die er geben wolle, erst fragen solle, so sei er gegen den Antrag. Herr St-V. An schütz stellte hierauf den Antrag, einen GratificationSfond in der Höhe von 300 Thlr. anstatt der vom Rache verlangten 500 Thlr. zu ver- will'gen. Dieser Antrag fand Unterstützung. Herr Gt.-B. Back haus war geaen einm solchen Sond überhaupt, stellte dagegen, um den DieOm einm höherm Lohn zur Ausgleichung des Ver lustes an den früheren Einnahmen zu verschaffen, dm Antrag: „dm Dienern, welche ln ihrem früheren Einkommen durch die Sätze ihreL jetzigen Löhnung Einbuße erleiden, persönliche Zulagen zu geben uttdden Rach zu ersuchen, »eitere Anträge deshalb zu stellenAuch dieser Anttag wurde unterstützt. Der Bssichlsrstgtter bemerkte zum Anschütz'schen Anträge, daß ros Thlr. im Derhältniß zum Polittipersonal tmcher noch zu hoch erscheine«; es werde auch dem Stadttath nicht zu viel zugemuthet, wenn er sich wegen jeder Gratifikation an bas Col legium wende; dies sei auch in andem Fällen Regel und bliebe e- dem Stadtrathe unbmommen, die zu gewährenden Gratifikationen am Jahresschluß zusammen der Zustimmung der Versammlung zu unterstellen. In Betreff des von Herrn Backhaus gestellten Antrag- entaegnete er, daß auch den älteren Dienern eine Grati fikation gewährt werden könnte, wenn sie dieselbe verdient hätten. Die neue Organisation und die dazu erforderlichen Summen wurden darauf ebenso, wie die nachttägliche Verwilligung des Como 9 auf 1857 und 1858, so wie endlich auch die beantragte Verwen dung der Polizeipatrouille (Anträge a. e. ä.) einstimmig ge nehmigt. Der Ausschußantrag (ü.) wegen der Gratificirung der Diener wurde darauf mit 28 gegen 18 Stimmen angenommen, wodurch sich die Anträge der Herren St.-VD. An schütz und Backhaus erledigten. Herr St.-V. Dr. Vogel trug schließlich einen Bericht vor über die Regulirung der Fluchtlinie läng- de- Gartens der Super- intenbur. Die St -D. hatten früher diese Regulirung im Interesse des öffentlichen. Verkehrs und aus Schönheitsrücksichten verlangt. Der Rath findet jedoch den Aufwand zu bedeutend und will dem Uebelstande durch Abrundung der südwestlichen Ecke des Gartens abhelfen. Da- Bauamt, auf dessen Gutachten sich der Rath be ruft, war der Ansicht, daß wenn man die Mauer, welche den der Superintendur nächsten Theil des Garten- einfriediget, wegnehmen wollte, der Herr Superintendent kein Plätzchen haben würde, wo er sich ungesehen und ungestört dem Genüsse de- Gartens hin geben könnte, aber auch um deswillen die Mauer belassen werden müsse, weil sonst der Staub eindringen und sehr belästigen würde. Jener Bericht nun hielt die Ansicht der St.-V. fest, weil das Gartenhäuschen versetzt werden könne und auch jene Mauer den Staub nicht abhalte. Der darauf gestützte Anttag: 1) „bei dem früheren Beschlüsse zu beharren, 2) „zu beantraaen, daß der Ver- „lust, den der Garten der Superintendur durch Ausführung obigen „Beschlusses erleiden wird, durch da- daneben gelegene städtische „Areal ausgeglichen werde" wurden einstimmig angenommen. Das von Herrn St.-V. An schütz zum seinigen gemachte Gesuch Herrn Handwerks u. A. (über welches schon in früheren Num mern des Tageblattes berichtet ist) wurde als durch obige Be schlüsse erledigt angesehen. Hiermit wurde die Sitzung geschlossen. Zur Geschichte des Leipziger Handels. l. Artikel. Von dem Beginne desselben bi- zur Umwandlung der Leipziger Märkte in Messen. Leipzigs Bedeutung in der Handelswelt dürste den Versuch rechtfertigen, da- Beginnen seine- Handels und dessen mächtige- WachSthum eingehend zu verfolgen. Nicht übersehen werden darf, daß Leipzig, zumal in seiner ersten Kindheit, nicht eben vortheilhaft gelegen war, um zu einem Handelsplätze heran zu wachsen und wohl zu bemerken ist dabei, daß eS auf allen Seiten ignorirt wurde und fürchten mußte, eine unansehnliche, unbedeutende Landstadt zu bleiben. Der Kaiser hatte schon 1004 der Stadt Merseburg die Markt- und Aollgerechtigkeit verliehen; Naumburg bekam 1029 unter den Markgrafen Hermann und Eckard II. einen vom Kaiser bestätigten Markt; durch Zwickau ging eine große Han delsstraße nach Böhmen; an der Elbe bewegte sich der Hanvel über Torgau und Belgern und Leipzig schien von diesen Städten allen unberücksichtigt zu bleiben, selbst umgangen zu werden. Ja überall umher drohet« rege- Leben das nicht eben begün stigte Leipzig zu ersticken. Um 1004 zog Wiprecht von Groitzsch deutsche Colonisten aus Franken zur besftrn Bebauung de-Lande in seine Besitzungen und bei Kühren in Wurzens Nähe hatten sich Niederländer angesiedelt, welche Produktenhandel zu treiben begannen ; denn 1154 verbittet Bischof Gerung von Meißen ihnen: Brod, Bier und Fleisch zum öffentlichen Verkaufe zu dringen. Wie kommt es unter solchen Verhältnissen, wo Leipzig von allen Seiten umschlossen ist von handeltreibenden Orten, welche die Straßen ihres Verkehr- mit einander nicht durch dasselbe ge richtet haben, baß unsere Stadt dennoch in die Reihe der han delnden Städte einttitt? Der Umstand, daß durch das Christenthum auch in Leipzig bereits manche christliche Capelle und unter Otto dem Reichen na mentlich die Nicolaikirche erbaut ward, trug wohl das Seinige dazu bei, daß, wie dies Sitte jmer Zeit war, zu Gunsten der von nahe und fern zur Kirche gekommene« Gläubigen nach been digtem Gottesdienste ein Markt (darum gewöhnlich in unmittel barer Nähe der Kirchen) gehalten wurde, vornehmlich an hervor ragenden Festen und um die Osterzeit, wo die Gläubigen häufiger sich einfanoen z aber das kann uns nicht erklären, wie der Handel bei Leipzig blieb; den» je dichter die Bevölkerung des Landes ward und jemehr Kirchen in demselben entstanden, desto weniger