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wir glaubtn und hoffen weniger, darum Haden wir auch weniger zu beweinen. Meine stärkste Rechtfertigung ist aber, mein ab normer Zustand als Zuchtbausgefangener. Manches Leben ist schwerer zu erwählen ol der Tod; es ist schwerer, e» in der Idee zu wä gen, und nachdem man es gewogen hat, zu sagen: Ja, ich will es leben! Werde ich heute ausgeliefert, so sage ich dem Kriegsgericht offen mein todeswürdiges Vergehen; und wenn sie mich nach drei Tagen htnausführen und stellen mich auf den Sandhügel, so glaube ich» daß ich die Kraft haben würde, ruhig zu sterben. Wenn man mich aber heute in Ketten wirft und in Finsterniß und kein Licht der Sonne und kein Ton mehr zu mir dringt, oder man schneidet das letzte Band der Liebe durch, daß mich noch mit der Menschheit verbindet, sagt: Du bist von jedem Verkehr mit Deinen Lieben für immer ge schieden: nimmt mir auch meine Bücher, die trö stenden, versöhnenden Geister; kurz, macht mich zur Maschine, der zur ewigen Qual das mensch liche Gefühl bleibt, so werbe ich verzweifeln und hoffentlich bald sterben. Es tritt dann ein, was Shakespeare sagt: Darin ihr Götter u. s. w. Von diesem Standpunkte ausgehend, bitte, be« urtheile mich; ich werde nie eine Niedrigkeit be gehen, um mir ein einträgliches Leben zu sichern; aber ich werde auch jede Thorheit vermeiden, durch die ich es verscherzen könnte; ich werde nie anders als wahr sein, nicht immer aber delicat. Wohl fühle ich, daß Du manchem Seelen schmerz ausgesetzt bist- gegen den mich die Zucht- hauSmauern schützen, gegen den ich mich innerlich selbst noch absichtlich verpallisadire; weil ich es nothwendig muß, will ich in meiner jetzigen Le- LenSsphäre existiren; der Zwang macht sie schon eng, der Wille muß sie noch enger machen, damit er nur noch etwas zu schaffen hat; ich muß die Außenwelt vergessen, um sie nicht zu entbeh ren und in vergeblichem Sehnen zu vergehen. „Bilde Dich", ist jetzt mein Trost und Wahl spruch. (Fortsetzung folgt.) Vermischtes. EinS der unerhörtesten Verbrechen wurde in dem nicht weit von Breslau abliegenden Dorfe Karlowitz verübt. In der Nacht vom 24. zum 25. Decemver kam der Tagearbeiter und Wehr mann zweiten Aufgebots Anton Franke stark an getrunken nach Hause. Seine Frau war kurz vor her mit einem Kinde niedergekommen. In einem Anfälle heftiger Wuth stürzte Franke auf die im Bette liegende Frau her uÄ> tödtete sie und ihr NeugeborntS Kind. Der Unmensch soll sich dabei einer Axt bedient haben. Bald nach Verübung der That entfloh der Verbrecher in der Militär, kleidung, welche er als Soldat H«S' 10. Infante rie. Regiments trug. In der Nacht vom 26. zum 27. d. M. ist er zurückgekehrt und durch da- Fenster in seine Wohnstube gedrungen, wo er di« Nacht über schlafend zubrachte. Am andern Mor gen gelang es ihm abermals zu entkommen. Er nahm ein Kopfkissen und seine Civilkleider mit und begab sich nach Breslau. Hier wurde er im Laufe des Freitag- (27.) angeblich von seinem Hauswirthe erkannt, als er die gegenüber der Oderthorwache aufgestellten Bilder betrachtete. Der Wirth requirirte sogleich Mannschaften und er wurde nach dem hiesigen Jnquisttoriatsgebäud« abgeführt. — Die oberste Polizeibehörde in Paris hat eine genaue Untersuchung über die daselbst seit 34 Jahren stattgefundenen Selbstmorde angestellt. In diesem Zeitraum ist die Zahl derselben aus 9000 gestiegen, ungefähr 300 in jedem Jahr. Aus einer vergleichenden Tabelle hat sich ergeben, daß die Selbstmörder in der Kraft des Alters sich gewöhnlich durch Anwendung von Feuergewehr, Frauen, Kinder und Greise meist durch den Strick oder durch Kohlendampf entleibt haben. Aus 511 mit besonderer Sorgfalt konstatirten Fällen der Art geht hervor, daß 100 Personen ihrem Leben aus Liebesleiden, j48 wegen unheilbarer Krank heiten oder aus Lebensüberdruß, 69 wegen schlech ten Wandels, 100 aus Armuth und Nahrungslo- sigkeit ein Ende gemacht haben; bei 94 waren die Motive unbekannt. Von diesen 511 Selbstmör dern haben 65 sich aus Fenstern oder von Dächern hinabgestürzt, 66 sich erhängt, 45 sich mit schnei denden Instrumenten, 48 mit Feuerwaffen umgc- bracht, 31 haben sich vergiftet, 86 durch Kohlen dampf erstickt, 170 sich ertränkt. In Schwyz spürte man am 5. Februar, un gefähr 20 Minuten vor 11 Uhr, einen bedeuten, den Erdstoß. Ein warmer Regen war in der Nacht vorausgeganaen, und den ganzen Tag herrschte beinahe Fruhlingstemperatur. New-Aork, 28. Jan. Zufolge Berichten au» Neugranada vom 22. Dec. und Gatun vom 8. Jan. geht der Bau der Panama-Eisenbahu gut voran, wenn auch nicht sehr schnell. 600 Ar beiter sind beschäftigt, 300 mehr werden erwartet. Sie werden gut bezahlt, erhalten 40 Doll, per Monat nebst Verpflegung und ärztlicher Hülfe und keinen Abzug für die Zeit einer Erkrankung. Die Arbeiter und Aufseher sind an drei verschie denen Punkten stationirt, bei Manzanilla, Island Guten und Mount Arrowroot. Alle erfreuen sich einer guten Gesundheit. In drei Jahren hofft man die Bahn zu vollenden.