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Anzeiger Elbeblatt für Riesa, Strehla und deren Umgegend. Wochenschrift zur Belehrung und Unterhaltung. 4. Freitag, den F e f e fr ü ch t e. Einen Beleg für die Zweckmäßigkeit der Schwurgerichte finden wir in August Ludwig von NochauS „Reisclcbcn in Südfrankreich und Spanien", er ist aus dem Volksleben hcrauögcgriffen und widerlegt auf das Schlagendste die von unfern zahlreichen Reaetionaren gegen das märzerrungene Institut der Geschwornen geschleuderten Vorwürfe. „An jedem Donnerstage werden auf dem Con« stitutionsplatze in Valencia (in Spanien) unter freiem Himmel die Streitigkeiten geschlichtet, die das kunstreiche Bewässerungssystem, mit welchem die Araber die Ebene von Valencia anSstattcten, ziemlich häufig" unter den Landbewohnern hervor ruft. Die Bewässerung nämlich macht den Reich« thum der Gucrta; jede Schmälerung des Wasser« autheils, welcher dem Landmanne zükommt, wird als Betrug oder Diebstahl bestraft. In einer Ecke des ConstitntivnsplatzcS standen 20 bis 30 Bauern im Kreise versammelt. In der Mitte des Ringes befanden sich die beide» streitenden Par« teien vor dem Spndicns oder Wassergrafen, der in gewissen Zwischenräumen ans dem Volke vom Volke gewählt wird, und dessen Aussprüche in er« fler und letzter Instanz entscheiden, so daß nicht einmal eine Berusungan den König gegen dieselben möglich ist. Die Partheien stritten sehr lebhaft mit einander über gewisse Thatumstände, indem sie sich bald an den Wassergrasen, bald an die Um« flehenden wandten um ihnen ein Zeichen des Bei falls zu entlocken. Doch der Wassergraf verzog keine Miene, er stand auf seinen Stock gelehnt da, als ob er der ganzen Scene fremd sei, während die Zuhörerschaft mit Auge und Ohr an den Lip« Pen deö Redenden hing, aber gleichfalls ohne durch Wort oder Miene Zustimmung oder Mißbillig auS- zßdrücken. Die Partheien nahmen wechselsweise 11. Januar 1850. wohl zwanzigmal das Wort, sie sprachen mit Ge läufigkeit und Eifer, und zugleich mit dem größ ten Anstand in Gebärde und Ausdruck. Der Ästi ger setzte den Versicherungen deS Beklagten mehr mals die entschiedenste Verneinung entgegen, aber immer in schonenden Wendungen, und als der Beklagte, vermuthlich im Bewußtsein seiner schlech ten Sache, einmal anfing hitzig zn werden, genügte eine Handbcwegung des Richters, um ihn zu ver hindern, daß ec sich vergesse. Gewiß ist eS,^ setzt der aristokratische — nehmt euch ein Beispiel" daran ihr blinden Gegner der Demokratie — Verfasser hinzu, daß das Landvolk ich seit vielen bnndert Jahren bei dieser Justiz ehr wohl befindet, und daß sie ihm bis aus den -eutigen Tag vollkommen genügt. Und so ist es überall, wo daö Volk sclbst die' Handhabung von Recht und Gesetz hat, zum Beweise, daß es nicht viel mehr ist als eine bare Albernheit, wenn man sich auf das Interesse deS Volkes beruft, um di« Widernatürlichkeit der geheimen Justiz zu beschö nigen. Wer die Schlangenwindungen unseres geheimen und schriftlichen Gerichtsverfahrens kennt, wird sich selbst sagen, wie viele Monate und Jahre ein Wasserprozeß brauchen würde, um sich durch den gcld« uud markauSsaugcndcn Wust der Actcnschms«- rerei vis zum letzten und allerletzten Urtel durch zuwinden, bei dessen Inhalte die Partheien gewöhn lich beiderseits die Hände über den Kops zusam menschlagen und bereuen, daß sie nicht fünf haben gerade sein lassen wollen. Der Deutsche im AuSlande. Der in unser» Blätter» schon einmal erwähnte geistreiche Verfasser „deS ReiselvbenS in Südfränk« reich und Spanien" hatte in Pari» die größte