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Dresdner Nachrichten : 02.03.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-03-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187403020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18740302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18740302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1874
-
Monat
1874-03
- Tag 1874-03-02
-
Monat
1874-03
-
Jahr
1874
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 02.03.1874
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Vr,»» > 7 M» „I der ärdeißii«« 'Maneiesiratc l». Abon- , nemcnieprei« vierleliölir- IiihE/Rgr.. durch d,e Pdft Ld N«r. Mn»elne Nummer» > N»r. 23000 Srd>. Wir dl« Rück»ad« «luge laodter Ranuirripte macht sich die Redactlou nicht verbindlich. Inseraten-Anna!, me and- Wirt«: n»»»»»»t«i» au>I V«,I,r in Hamdurz. «er Itn, Men. Leldjlg. »asei. «rcdlan, tzraiilsurr a. M. — «ach »«»-» in Berlin, reifttzta, Viten. Hmndnrg, Sraiüfnrt a. M., Mün chen. — v»ad» id Lo. in Zranlsnrt a. M. — kr. «ul«t tn ildemnt». — Na- Saill.r » Va. tn Pari«. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. .Druck und Eig^nthum der Herausgeber: Liepsch öc Reichardt in Dresden. Verantwortl. Redakteur: Julius Reichardt. t:-- 'ir.isrc lil iittg^.i.unkk'. l"? Nft'/?§nn1aüz 'l? ^iittozs 1^ Uln. In ' l^.r «'he - loste-. - ^.N'- --- ln tz ?lbd . , Nchr. Le', i'eirium einer -.n- snNki;e!'. ? tilre:'.' '"'^1 I', 2'.i. tLiisl'.eio. ' ^ - Zkilc.! t-ene' t^lNoitlic sttr B»tz »iüchslt Ecjc^el neu dcv Insci'ote kr:rd nicht geaeücn. ^n?ioörti>ie Annoncen« AufU'.igc oon unS nnbe- k inuien ixirnien n. Pco ko.rcn insrrircn wir nur qcqcit Ptöttumcrand.' ?,cililu'.lg durch Bril marken oder Posteinzn!- l-niF. ^ Silben kosten I'y Nftr. Auslvarttqc kouiicil der o.aiiluua nll l» aus ci,ie Dresducrs;irma anweii'cn. Die Exp. Nr. 61. Neunzehnter Jahrgang. MItredacteur: vr. Lmll »»ere^. Für bas Feuilleton: Lack«»« N»rtm»nn. Dressen. Montag, 2. März 1871. TageSgeschtchte. Deutsches Reich. In der Sitzung des laudwirthschäftlichen Kongresses in Berlin erschien auch der Kronprinz und wurde lebhaft begrüßt. Derselbe ließ sich die elsaß-lothringischen Congreßmitglieder ««stelle» und unterhielt sich in freundlichster Weise mit denselben. Der deutsche Botschafter in Paris, Graf Harry von Arnim, 'Md in Kurzem von seinem Posten zurücktreten. Sein Nach folger wird der Fürst Chlodwig von Hohenlohe-Schillingsfürst, früher bairischer Ministerpräsident, Mitglied und erster Vicepräsi- ident des Reichstages. Die amtliche Ernennung wird aber, wie die des jetzigen Botschafters zu London, Graf zu Münster, erst nach den, Reichstagsschluß publicirt werden. Graf Arnim soll den Gesandten des deutschen Reichs in Con- stantinopel, Herrn von Eichmann, ersetzen. (Letzterer war bis vor Kurzem preußischer Gesandter in Dresden.) > '' Wie mehreren Blättern telegraphirt wird, ist bei Durchführung der Justizreform im gleiche eine Ersetzung der Schwurgerichte durch Schöffengerichte nicht in Aussicht genommen. Auf Anordnung des Appellationsgerichtshofes von Posen soll, wie die „Ostd. Ztg." aus Ostroms meldet, ein Hilfsgefangenwürter (zur ausschließlichen Bedienung des Erzbischofs Ledochomski ange nommen und verpflichtet und demselben in der unmittelbaren Nähe des Letzteren ein Zimmer angewiesen werden. Der Erzbischof hat gegen diese Maßregel Verwahrung eingelegt und soll'neuerdings in sBnlin vorstellig geworden sein, ihm seinen Diener zu belassen, event. -diesen als Hilfsgefangenwürter zu verpflichten. Die „Westfälische Ztg." enthält aus Barop-Hombruch fol gender Schmerzensschrei: „Jeder Lohntag will sein Opfer haben. »Die letzte Sonntagsfeier wurde Abends geschlossen mit Demolirung .von-Hiirthslokalen und Verwundung des Gensdarmen durch Re- .volverschuß, Austheilung von Messerstichen und ungezählten Hieben. (Da diese Uebelthaten täglich zunehmen, so müssen die ruhigen Be wohner wünschen, daß der hiesige Bezirk in Belagerungszustand er- t klärt (!) und das Tragen von Messern und Revolvern verboten werde, und zwar auf so lange, bis das Strafgesetzbuch gründlich .revidirt ist. Solche Zustände sind eine Schmach für einen civilisir- etnStaat." (Oesterreich. Aus Pest wird gemeldet: Der Ministerrach ( /hat dr seiner Sitzung vom 27. v. M. sein Demissionsgesuch abgefaßi 'und unterzeichnet. Ostavie«. Die Meldungen von der spanischen Grenze lassen ckeinen Zweifel mehr übrig, daß der Angriff des Generals Moriones Auf die karlistischen Stellungen abgewiesen worden ist. Alle Ver buche ^desselben, die Linien der Karlisten zu durchbrechen, sind miß lungen. Die Flotte wurde durch das stürmische Wetter am Don nerstage zur Rückkehr nach San Sebastian genöthigt. Der General Loma hat sich von Tolosa (in Guipuzcoa) nach San Sebastian zu rückgezogen. China. Nach Meldungen aus Hongkong vom 30. vor. Mon. soll die chinesische Regierung den fremden Gesandten in Peking die Mittheilung haben zugehen lassen, daß sie in Tientsin den Ausbruch eines gegen die Europäer gerichteten Aufstandes befürchte und daß sie für den Schutz der Fremden keine Garantie übernehmen könne. Die Behörden in Hongkong hatten Befehl erhalten, Kriegsschiffe nach dem Nordm zu senden. »s- - Locale- «vd Sächsisches. r—Die sächsische Regierung hat sich bedingungslos zur Auf lösung des k. Oberappellationsgerichts zu Gunsten eines.obersten Reichstribunals verstanden und diesen Entschluß in Berlin angezeigt- — Vorgestern ist die Deputation der 2. Kammer zur Be dachung eines Einkommensteuergesetzes mit ihren Berathungen zu Ende gekommen, vr. Gensel wird nunmehr den Bericht hierüber feststellen, der unmittelbar nach Wiederzusammentritt des Landtags zur Berathung kommen kann. Es heißt, daß zwischen Deputation und Regierung ziemlich alle Differenzpunkte beseitigt sind. — Auch die sächsischen Abgg.Koch (Buchholz) und vr. Pfeiffer «ahmen an den Bemühungen zur Wiederherstellung der liberalen Reichspartei theil.sic habenjedoch, da diese Neubildung nicht zu ermög lichen war, sich derjenigen Fraktion angeschlossen, welche in der Richtung nach links der liberalen Reichspartei und ihren Anschau- '«ngen verwandt ist, der nationalliberalen. Die nationalliberale Partei nimmt in der That im Reichstage die Stellung einer liberalen Mittelpartei ein, und umfaßt alle die Elemente, welche unter anderen Verhältnissen in einem linken Centrum Platz finden würden. (Es wäre wünschenswerth, daß auch die hiesige nationalliberale Partei sich in jeder Beziehung der gemäßigten Richtung anschlösse, welche «inen großen Bruchtheil der nationalliberalen Fraktion des Reichs tags bildet. D. Red.) — Da die Räumlichkeiten des Ministeriums des Innern für bke wachsenden Geschäfte nicht mehr ausreichen, so ist für das sta tistische Bureau das ehemals Hedenus'sche, jetzt dem Prinzen Georg . gehörige, auf der Langestraße liegende Haus gemiethet worden. Die ^Übersiedelung des statistischen Bureaus dahin findet in 14 Tagen patt; in die bisher von ihm innegehabten Räume wird die Rech- MMgSeipedition des Ministeriums des Innern verlegt. > ^ Leipziger Landkreis, Reichstagswahl zwischen Vr. Heine (Fortschritt) und Bracke tSoz.-Dem.) In Lindenau erhielt vr. 'Heine 431, in Plagwitz 393, Bracke 339 und 66 Stimmen - Die Predigten des neuerdings an der Annenkirche vnge- .pellten Pastors vr. Tic. Dibelius haben sich eines überaus zahl- I reichen Zuspruch- zu erfreuen und schon hört Man es lebhaft bekla gen, daß dieser ausgezeichnete Kanzelredner nür einen Sonnhag um den anderen predigt. Wenn dabei Diejenigen, welche zeiHer ge lohnt warcp, daß Pastor Böttger in der Regel alle VornjrittagS- rpredigten hielt, den Vorwurf erheben, daß die neize Einrichtung des sonntäglichen Wechsels auf den Wunsch des neugewählten Predigers. erfolgt sei, so thun sie Letzterem entschieden Unrecht. Soviel uns j in Räcknitz. In den Zittauer Anzeiger gesetzte »Annonce seine Ehe- bekannt, ist diese Einrichtung lediglich auf den Wunsch des Kirchen- siattin M beleidigt hielt, weil ihr darin Ltcudtncr das Betreten Vorstandes erfolgt, und da Letzterer nach tz 20 der Kirchenvorstands und Synodalordnung füglich nicht berechtigt ist, die Amtsthätigkeit der Geistlichen zu regeln, so darf man wohl annehmen, daß hierzu auch der Superintendent bez. die Äircheninspection ihre Genehmi gung ertheilt haben. Die Besucher der Annenkirche dürften sich übrigens mit der getroffenen Einrichtung, zu welcher der Kirchen vorstand gewiß seine guten Gründe gehabt hat, vollständig aussöhnen, sobald zu Ostern der neugewählte Archidiaconus vr. Frommhold in die Sonntags-Vormittagspredigten mit eintritt. Auch er ist ein sehr begabter Kanzelredner, den man in Chemnitz höchst ungern ver liert und zu dessen Wahl sich die Annengemeinde mit vollem Siechte Glück wünschen kann. — Es wird der Bau einer Viaductstraße von der Marien brücke nach dem Albertsbahnhofe zur Entlastung der Straßen der inneren Stadt und der Wilsdruffer Vorstadt von dem Güterverkehr, der vom Centtalgüterbahnhofe nach der Neustadt stattfindet, drin gend nöthig. Diese Angelegenheit wird außer dem von uns neulich erwähnten Projekte einer Pferdebahn vom Postplatze nach dem Briesnitzer Schlage, eventuell nach dem Dorfe Briesnitz in der am nächsten Donnerstag, den 5. März, stattfindenden Versammlung des Bezirksvereins der Wilsdruffer Vorstadt und der Friedrichstadt zur Besprechung gelangen. — Meist wird darüber geklagt, daß die Staats- oder Gemeinde bauten zu langsam gefördert werden, hinsichtlich des Neustädter Gymnasiums hörten wir aber verschiedene Klagen wegen des Ge- gentheils, also über zu große Hast! Das Gymnasium kom mende Ostern programmmäßig eröffnen zu können, hat man zum schnelleren Trocknen des Putzes Kien- oder Koakskörbe aufgcstelll, um so auf künstlichem Wege zu erreichen, was in der kurzen Zeit aus natürlichem Wege nicht mehr möglich sein dürfte. Der nach den Bestimmungen des städtischen Bauregulativs zwischen der Fertig stellung des Putzes und dem Beziehen der betreffenden Räume inne liegen sollende Zeitraum von einigen Monaten kann also hier, wie es scheint, nicht innegehalten werden. Das ist auffällig und die Frage, die uns von Leuten, die ihre Kinder Ostern in dieses Gym nasium zu schicken gesonnen waren, vorgelegt wurde, ob dabei nicht für die Gesundheit der die Räume dmnr üelebenden Schüler und Lehrer zu fürchten sei, scheint un« eine nicht ungerechtfertigte. — Doch möchten wir immerhin den in solcher Weise Besorgten zu be denken geben, daß man hoffentlich auch an geeigneter Stelle die Ge fährlichkeit etwaiger Ueberhastung kennen und in Betracht ziehen wird und wenn nicht volle Sicherheit über dm gesundheitsgemäßen Zustand des Gebäudes vorher von kompetenter Seite gegeben werden kann, die Eröffnung des Gymnasiums noch sistirt wird. — Kleine Ursachen, große Wirkungen, der alte Satz bestätigte sich an einem dieser Abende in einer Restauration der inneren Stadt. Beim Hereintreten in das Zimmer ließ ein bärtiger Herr, dessen musikalischen Namen kein Lied und Heldenbuch meldet, die Thür offen und erregte dadurch den sicherlich gerechten Zorn einiger im Zimmer kneipender Herren. Es entspann sich ein Wortwechsel, der in diesem Falle besser klang, wie viele andere, denn eine schöne oft gerühmte, von unseren weltbedeutenden Bretern herab oft gehörte Baßstimme ertönte mitten hindurch, an welche sich noch eine gleich falls in kleineren Partieen oft gehörte elegische Tenorstimme an-, schmiegte. Aber trotz des harmonischen Klanges, kam es zu schla - gen den Erörterungen, die sehr heftig gewesen, sich nahe 2 Stunden lang bis zur vierten Morgenstunde fortgesetzt und Einigen der maßen an's Gefühl gegangen sein sollen, daß sie einige Zeit brauchten, sich wieder aus dem angegriffenen Zustande heraus zufinden. — Gestern früh passirte einem Pferdebahnwagen das Malheur, auf der großen Kurve vor dem Stadtwaisenhause auszugleisen, wo bei er über das Trottoir hinwegschoß und mit ziemlicher Gewalt an das Gebäude anrannte. Wer um diese Zeit, wie es an den Wochen tagen von Hunderten von Schulkindern geschieht, diese Stelle passirt hätte, würde jämmerlich zerquetscht worden sein. Wir theilen dies mit, um das Publikum auf die Gefahren, die das Gehen neben den betreffenden Wagen hcrbeiführen kann, hinzuweisen und möchten es für angezeigt halten, daß die genannte Kurve, die seit Verbreiterung der Straße keine Nothwendigkeit mehr ist, beseitigt würde. — Duelle und kein Ende! Am Sonnabend wurde in einem Tanzlocale Leipzigs eine Anzahl Studenten bei einer Paukerei be ttoffen und abgefaßt. ^ — Am 27. Februar früh ist der in Großpostwitz wohnhafte Fabrikaufseher Franz Springer aus Altcndorf bei Trautenau auf dem Wege nach der Hainitzer Fabrik in die Spree gegangen und darin ertrunken. — Ocssentliche Gerichtssitzung am 28. Februar. Unter Ausschluß der Oeffentlichkeit fand statt die Verbannung wider den Dienstknecht Karl Gottlieb Müller aus Neuburgk we gen Unzucht mit Personen unter 14 Jahren. Der Angeklagte wurde sreigespro-chen. — Geheim wurden außerdem noch verhan delt die Einsprüche in Untersuchungssachen Ernst Julius Schicke- danz' in Kleinnaundorf wegen Vergehen wider die Sittlichkeit und in Privatklagsachen der Auguste verehel. Schubert wider Ernst LouiS KuMalh hier. Die Urtheile in beiden Angelegen- tzvolp Dienst........ ... Derselbe soll ihn nun etneSTages so gemißhandelt haben, baß er (Löwe) nur noch habe hinken können; durch Hinwerfen auf die Erde habe Henke r Löwen httstenlabm aemacht. Damit begab sich Löwe, welchem a.«gebucht von seinem Herrn noch ein Flegel und grober RunkS a asgrbrurnmt worden sein soll, zum Wilsdruffer GcrichtSamte un d dcnuisclrte Hcnkcr. Da die Lowe'schc Anzeige durchaus nicht «gerechtfertigt erschien, so wurde Löwe in beiden Instanzen abge wiesen rnv in die Kosten verurthrilt. — Ganz ähnlich glnq'S dem Hausbesitzer Gotthelk Wilhelm Heinrich Lehn zu Zittw», der uns Grund einer von seinem Schwa ger. dem h^isenbahnfthaffnrr Sruss Wilhelm Steudtner der ehegcspvnslichcn Wohnung verbot. Diese Wohnungsvinc»- lirung Slcntlnec'S trat aber zugleich auch die „lieben Schwieger eltern". »Natürlich erfolgte in beiden Instanzen Freisprechung. — Schlechter kam die Glasarbciterin Emilie Kabaum in Radeberg weg. Im ersten Rechtsgange frcigesprochen, wurde sic heute zu 4 Thlr. Straie verurtbcilt. Sie hatte nehmlich über eine Fa- brikschwesicr Hulda Sicbcrt gegen eine Dritte geäußert: die Hulda ist doch eine rechte alte H—. Das ließ sich Hulda natür lich nicht gefallen, schon wegen des PräbicatS: alt, und hatte beute das »Bergungen ihre Gegnerin bestraft zu sehen. - Heinrich Oskar Weißbach aus Welschbuse war bei einer Keilerei mit Tanz vergnügen colossal zugedeckt worden und hatte seine» Zorn, der' durch die empfindlichen »Beulen noch mehr ausgestachelt wurde, besonders gegen zwei Jünglinge aus Banncwitz: Ulrich u. Tittcl M geworfen. Gegen diese ging iem Straiantrag; da es sich je doch durch Zeugenaussagen berausstelltc. daß die beiden »Banne-: witzer Bürger ganz unschuldig seien, so wurden sie sowohl vom.- ersien Richter, als auch vom FünsrichtcrcoUcg ireigesprochen. — A »gekündigte Gerichts-Verhandlungen: Heute, den 2. März, Vormittags 9 Uhr, Hauptverhandlung wider den Kaufmann Friedrich Robert Heymann aus Mittweiba wegen Betrugs. — Witterungs-Beobachtunn am 1. März, Mittags. Barometerstand nach Otto so Bösolt hier: 28 Paris. Zoll 3 L( (seit gestern gestiegen 1'/2 L.s. — Thermometer nach Reaumur:? 5 Grad über Null. — Die Schloßthurmfahne zeigte Südost-- Wind. .^Himmel: trübe. > . ' . Feuilleton. Ein italienisches Ehrislusdrama ist erschienen) ein kleines Büchlein in gelbem Umschläge, auf dessen Vorderseite! das Vildniß Jcsuö Christi in Farbendruck prangt. »Auf der Rück-) feite stehen die inhaltsschweren Wortei Volksausgabe, Preis:- iiinsundzwanzlg Centesimi, Austage: iünszigtausenv Exemplare., Daß ein Dichter Christus zum Helden eines Stückes wählt, hat nichts Auffallendes. Aber daß ein Buchdrama, in sünfzigtausend, »Abzügen zu dem Spottpreise von zehn Neukreuzern unter das- Volk dringt, von einem Ende Italiens bis zum andern gelesen) wird — dieser Eriolg ist überraschend. Sein Verfasser heißt Fe iler Govean — ein in der italienischen Literatur wohlbekannter Name. Im Vorworte erzählt er kurz die Geschickte seines Dra-, maö. Sie erklärt tveilweise dessen ungeheure Verbreitung, denn Papst Piuö IX. selbst hat sür die beste Reclcnne gesorgt. Der Dickster reichte das Stück, nachdem er cS vollendet, dem Direktor in Mailand ein, der es sofort mit großen Kosten in Scene setzte. Der Präfect las und billigte cs. aber aus die Ankündigung der »Aufführung hin erhob ein ultramoutanes Journal großes Wehe- geichrei. Dem Präfectcn ward bang ob seiner Freisinnigkeit, und er schickte das Manuskript nach Rom an Minister Lanza, der da mals noch das PortcicniUe deS Innern trug. Lanza verbot die Aufführung — Dichter und Direktor hatten das Nachsehen. Ei nige Wochen später pilgcrten zwei Deputationen von Mailand, nach »Rom. Sie überreichten dem Papste ein Album und neun- zehnhundertzweiundsiebzlg Lire und folgendem Motto: „Zur- Sühne sür die Beleidigungen, welche das gottlose Drama von Govean Jesus Christus, dem Erlöser der Welt, zugeiügt — die Katholiken Mailands." PiuS IX. nahm huldvoUst die vielen Un terschriften und das »Bischen Geld entgegen und sagte in seiner Dankredc: „Der Schutz des heiligen »Ambrosius hat es mehr als irgend eine menschliche »Macht verhindert, daß dies Drama in Mailand ausgeiührt würbe." Nun wollte ganz Italien das „gott lose" Stück lesen, das den heiligen »Ambrosius zu einer Unter redung mit Minister Lanza bemüht haben sollte. Der Erfolg konnte nicht zweifelhaft sein. Der erste Act spielte im Hause der Maria »Magdalena. Die schöne Sünderin ist in großem Style aufgesaßt. Sic besitzt große Reichthümer, hält Taubenpost und eigene Couriere, liest Plato'ö „Phädon" und einpiängt nur vor nehme Besuche. PontiuS »Pilatus macht ihr Len Hof, ebenso rer Hohepriester Kaiphas. Letzterer tührt sich mit den Worten ein: „Ich komme nicht mit weltliche» Absichten, sondern aus religiösen Beweggründen." Magdalena erscheint, strahlend in Schönheit und Pracht, aber sie ist melancholisch, müde und gciangweilt. Um sie zu zerstreuen, erzählt ihr »Pilatus von dem Sohn des Zim- mcrnianncs, von seinen samten, milden Lehren, von den Heilun gen, die er vollbringt, von dem unwiderstehlichen Zauber, den er auf das arme Volk, aus Frauen und Kinder ausübt. Magdalena lauscht, im Innersten erschüttert; wieder allein, rust sie ihre Scla- tztrme» zusammen, giebt ihnen die Freiheit, verschenkt ihren Schm«k und geht, um Jesus aufzusuchen. Der zweite Act be ginnt mit einer lebhaften Volküsccne. »Alle möglichen Händler und »Verkäufer schreien durcheinander. »Magdalena und Claudia Procula, die Gattin des »Pilatus, kommen verkleidet, um Jesus predigen zu hören. Äesuö erscheint und ipricht zu der Menge. Seine Rebe ist a»AMn schönsten, dem Gefühle wohltbuenbstcn Stellen der EvanffW« zusammengesetzt. Magdalena kniet nieder und küßt den Saum seines Gewandes; Jesus wendet sich zu ihr und sagt die bekannten, wunderbar tieislnniaen Worte: „Dir wird viel vergeben werden, denn du hast viel geliebt." Der dritte Siet bringt die Versuchung. Einsam und verlassen sitzt Jesus auf den!- Berge und hält einen in seiner rührenden Einfachheit ergreifenden Monolog Dann naht der Versucher — natürlich nickt Satan, sondern der greise Hohepriester »Annas. Er will Jcsuö sür Zwecke der »Priesterschaft gewinnen. Voll Hoheit weist JesuS das Psaf- scngezücht zurück, und wutbschnaubend stürmen die Priester von dannen, um ihn zu verderben. Jcsuö weiß, daß ihre Rache Ihv ereilen wird; er nimmt »Abschied von der schluchzenden Magdalena: „Engel deS Himmels." rust er. „sammelt ihre Thränen und tragt sie durch die reinsten Sterne zu meinem Vater hinauf." Ter vierte Act, dramatisch der bewegteste, spielt im Gcrlchtssaale des Pilatus. Die Priester fordern den Tod des Nazareners; sie haben das »Volk mit Geld bestochen und schildern Jesus als einen poli tischen »Verbrecher, als Aufwiegler und Empörer. »Pilatus, von den Bitten Magdalena'? und iciner Gattin gerührt, will Jesus begnadigen, aber der Pöbel verlangt die Kreuzigung: Die Ge fahr, am Schlüsse in das mittelalterliche Paisionsspiel zu gcrathen, bat Govean sehr geschickt vermiede». In einer elenden Hütte ain Fuße Golgathas haben sich die Jünger ängstlich zusammenge drängt; Maria Magdalena kommt, ui» daS Entsetzliche zu berich ten. Mit herbem Hohne wirst sic ihnen ihre Feigheit vor. „Wo warst ihr, starke Männer, als er dreimal unter dem Kreuze zu sammenbrach? Wo warst ihr, als ich den Schlag des Hammers hörte, der vier Nägel, einen nach dem andern, einschlug?" „Sein Tod wird gerächt sein, und wir werden in seinem »Namen die Erde beherrschen." „Land gegen Land. Volk gegen Volk!" mur meln LeontiuS und CarinuS. Magdalena sähst erschreckt empor, und von Ihren Lippen klingen die vernichtenden Schlußworte: „O PetruS, wenn ihr jetzt, da er kaum tovt ist, schon seine Worte fälscht — was werdet ihr nicht später thun?" Diese letzten Zeilen und einige schmerzliche Klagen, die Jesus selbst über seine Jünger ausstößt — sie haben die Ultramontanen zum Grimm gereizt.
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