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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 14.04.1906
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-04-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19060414016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1906041401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1906041401
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-04
- Tag 1906-04-14
-
Monat
1906-04
-
Jahr
1906
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 14.04.1906
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lande. Oesterreich-Un-arn. Portugal. Rußland, Schiveden-Nor- »«a«n. der Schtveiz und Spanien vertreten waren und an der auch da» Deutiche Reich tettoahm. Die Verhandlungen führten zur Aufstellung de- Entwurfs eines UedcrelnkonimenS, in dem d»e Regierungen sich verpflichteten, für einen entlvrechnden Schuh der nützlichen Vögel in ihrem Gebiete Sorge zu tragen, und -war war daS Mindestmaß des Schutzes, der überall den Vögeln l» Zukunft -u teil werden sollte, sestgelegt. im übrigen sollte den Einzelregierungen der Erlaß von weitergehenden Schub- Vorschriften unbenommen fein. Auf diese international« liebe» elnkunst muhte natürlich auch in Deutschland Rücksicht ge- nommen werden. Ihre Fertigstellung und Unterzeichnung durch die Regierungen zog sich aber jahrelang bin. Jedesmal, wenn später im Reichstage die Revision des deutschen Voaelschutz- gesetzes in Anregung gebracht wurde, muhte aus die Bedingung des Zustandekommens der internationalen Konvention verwiesen werden. So blieb die Novelle zum deutschen Vogelschubaesede bis ietzt unerledigt. Nunmehr hat ober der Bundesrat den Ent- wurs sestgeftellt. und es ist anzunehineii, dah der Reichstag ihn im grohe» ganzen zustimmen wird. Ob allerdings seine Ge schäftslage die Erledigung noch im lausenden Frühjahr gestatten wird, bleibt abzuwarten. Di« Marekko-Arag« in der französischen Dcputiertenkammer. Wie bereits kurz gemeldet, hat der französische Minister des Aeuheren, Bourgeois, die eilte Gelegenheit ergriffen, um der Deputiertenkammer nähere Mitteilungen über die Ergeb nisse der Konferenz von Algeciras zu maclien. Er führte dabei aus: Die Entscheidung der Konferenz zeigt, dah dieses Ergeb nis dank gegenseitiger, reiflich überlegter und in loyaler Weise bewilligter Zugeständnisse unter durchaus für olle ehrenhaften Bedingungen hat erreicht werden können und ohne dah etwas, was Frankreich angeht, aufgegeben worden wäre von der Frucht feiner früheren Anstrengungen, der Würde seiner aegcn- wärtlgeu Stellung und der Sicherung seiner Zukunst. Bour geois bespricht im weiteren die von der Konferenz gefahren wirtschaftlichen Beschlüsse und erklärt: Wir haben in der Tat kein Opfer bringen müssen, um uns mit der Einmütigkeit der Mächte im Einklang zu befinden. Aber zwei schwierige Fragen blieben noch zur Entscheidung, die Schaffung einer Staats bank und die Organisation einer Polizei in den Häsen. Indem Frankreich besondere Vorteile bei der Bank beanipruchte, suchte es nicht rein finanziellen Interessen zu dienen, sondern es forderte einen legitimen Anteil an Einfluh und Arbeit an dem für unser afrikanisches Reich unentbehrlichen Werke der Her- stellung der Ordnung und der Sicherheit in Marokko. Die Frage der Polizei-Organisation war ui unseren Augen noch von größerer Bedeutung. Bourgeois erinnert sodann an die vor der Konferenz entwickelten Gründe für die Forderung der Ihsbertraaung der Organisation der scherifischen Polizei an Frankreich und Spanien allein Als das jetzige Kabinett zur Regierung kam, waren zwei Fragen, die der -Bank und die der Polizei, noch zu lösen. Er habe sich hierbei von demselben Geiste leiten lassen, wie sein Vorgänger. Frankreich hatte, fährt der Redner fort, keinen Hintergedanken, es wünschte aufrichtig «inen glücklichen Ausgang der Konferenz in dem Bestreben, so nicht allein seiner eigenen Politik zu dienen, sondern auch und besonders den höheren Interessen der Zivilisation und des Friedens. Frankreich hatte deutlich die Hauptpunkte bezeichnet, bezüglich deren es ihm nicht möglich sei, nachzugeben, und dabei erklärt, dah es bereit sei, die zu anderen Punkten gewünschten Zugeständnisse zu prüfen. Bourgeois gibt dann einen kurzen Ueberblick über die Generalakte vom 7. April und sagt, man könne daraus ersehen. Laß die klare und einfache Sprache Frank- reichs von allen gehört und verstanden worben sei. Der Teil der Akte, fährt er fort, welcher die Organisation der Polizei be treffe, nehme die gewünschte Rücksicht auf Frankreich und Spanien und gebe Frankreich die Möglichkeit, diese Organisation in völliger Ucbereinstimmung mit derjenigen Macht durchzustihren, deren Interessen tatsächlich mit denen Frankreichs in Marokko solidarisch seien. Bourgeois fährt fort: Wenn also die Bestimmungen der Generolakte uns mit den Wünschen Frankreichs in Einklang zu stehen scheinen, so sind wir nicht murder glücklich, sestzustellen, daß ihre Ergebnisse von allen Nationen mit den Gefühlen ange nommen worden sind, welche jeder gerechte Ausgleich einzu- flöhen nicht verfehlt. Das besondere Interesse Frankreichs in Marokko ist seit dem Schlüsse der Konferenz tn den klarsten und befriedigendsten Ausdrücken anerkannt worden. Bourgeois erinnert dann an die Worte des Fürste» Biklow im dcutfchen Reichstage über die historischen Rechte Spaniens und Frank- reichs in Marokko und ihre besondere Erfahrung hinsichtlich der Organisation der Polizei, sowie daran, dah Fürst Bülow mit den Worten geschlossen habe, das Ergebnis der Konferenz sei in gleicher Weise für Deutschland und Frankreich befrie digend und für alle zivilisierten Staaten von Nutzen. Redner setzt hinzu: Wir wollen keine besser« Definition eines Uebcr- einkommens suchen, von dem wir stets gesagt haben, dah wir es so wünschten, dah es gerecht und derartig sei, daß es weder einen Hintergedanken, noch eine schleckte Erinnerung hinter- lasse. Bourgeois zollt dann der Hingebung und Geschicklichkeit der französischen Vertreter Anerkennung und wiederholten Dank und sagt, er würde einer Pflicht der Gerechtigkeit und Dank- barkeit nicht genügen, wenn er nicht unter den Ursachen des glücklichen Ausganges der Konferenz des hohen Blickes und der groben Unparteilichkeit des Präsidenten gedächte, sowie der Sorge für olle in Betracht kommenden Rechte, welche stets alle nach Algeciras wie zu einer Art von Schiedsgericht be rufenen Mächte erfüllte und welche in verschiedenen Phasen der Konferenz glückliche Vorschläge für eine Einigkeit finden lieh und zwar namentlich von seiten der Vertreter Italiens, der Vereinigten Staaten und Oesterreich-Ungarns. Zu diesen glücklichen Ursachen gehöre ferner das gegenteilige Vertrauen, welches nicht ausgehört habe, Frankreich und Spanien zu ver binden, und endlich die unerschütterliche Festigkeit, mit welcher der beständige Verbündete Frankreichs. Rußland, und das bc- freundete England in gleicher Treue nicht anshörten, die Ge setzlichkeit der Sache Frankreichs zu unterstützen. Der Minister schließt: Ich möchte schließlich in einigen Worten den hoben sittlichen Wert des in Algeciras vollbrachten Werkes Hervorbeben. Sämtliche Mächte haben, indem sic nach so langen und schwierigen Beratungen dahin gelangt sind, sich über die Bedingungen einer für alle ehrenvollen und au: Vcr- nulfft und Billigkeit gegründeten Abmachung zu einigen, den Willen kundgetan, ihre besonderen Anschauungen den Not- toendigkeiten eines guten, allgemeinen Einvernehmens unterzu- ovdnen und für die Zukunft der Welt die Ruhe und das Ver- trauen zu sichern, die der normale Stand der internationalen Bezichungen aewähn. In eben diesem Geiste ist die N gicrung den Arbeiten der Konferenz gefolgt und wird gewiß die republi kanische 'Demokratie deren Ergebnisse auslegea. Frankreich vernnocyte dort die Fcst.gkeit seiner Bündnisse und seiner Freund schaften auf di- Probe zu steilen, zu welchen sich wertvolle Sym pathien' gesellt haben. Frankreich schöpft aus dieser Lage um io höhere Kräfte, als es dieselben lediglich in den Dienst der Zivilisation, der Gerechtigkeit und des JrndenS zu stellen beab sichtigt. lAnhaltender Beifall.! Nach der Erklärung Bourgeois' betont Telasvsse die vor gegen ein Entgegenkommen, das Frankreich acgcnüber einer russischen Anleihe zeigen würde. Cochin widerspricht dem und drückt Zeine Genugtuung über das Zusammengehen Frankreichs und Spaniens in Algeciras aus. Rvuanct sagt, Frankreich dürfe sich nicht vor Rußland demütige». Bourgeois erhebt hiergegen Widerspruch und sagt, Frankreich habe nie vor irgend einer Macht eine gedemütigte Haltung eingenommen. Hieraus wird die Beratung geschlossen und der geforderte Kredit für die Teilnahme an ver Konferenz von Algeciras einstimmig von den 527 Anwesenden genehmigt. . i Siae deutschfreundliche Kundgebung Roosevelts. Im Weihen Hause zu Washington empfing Präsident Roose- velt in Amerika anfässige ehemalige Soldaten des deutschen Heeres unter Führung des Botschafters Freiherrn Sv-ck v. St« rnburg. Nach einer herzlichen Begrüßung der Deut schen ergriff der Präsident sodann das Wort zu einer Ansprache, um mit erkennbarer Wendung gegen die auch in der Union zutage tretenden deutschfeindlichen Bestrebungen mit Ausdrücken der höchste» Anerkennung des deutschen Volkes und Kaiser Wilbelms ,»u gedenken. Prcisident Roosevelt hatte bereits kurz nach der Ersieluvg detz tlebrreinkommens von Algeciras dem deutschen Bollchatter Freiherrn Speck v. Sternburg sagen lassen, er habe ihm Mitteilungen zu machen, von denen er wuniche, dah sie in Amerika, in Deutschland und aus der ganzen Erve vernommen würden. Es empfehle sich vielleicht, dah er diese Worte an einen deutschen Verein, und am besten einen Verein aller Soldaten, richte. Daraus «mpsing nunmehr der Präsident den vom.deut schen Botschafter geführten Newyorker Verein deutscher Offiziere des Beurlalchtenstandes und eine Deputation des d e u tI ch e n K r i e g« r b u nd e s. Nachdem der Botschafter dem Präsidenten alle Herren vorgestellt hatte, begrüßte dieser sie durch .Handschlag und einige freundliche Worte. Herr Roose- vclt hielt dann ungefähr folgende Ansprache: „Meine Herren! Ach heiße in Ahnen zunächst meine Mitbürger vom deutschen Kriegerbund willkommen. Das tue ich mit großer Freude, denn keine Nation lieferte unS bessere Bürger als die deutsche! Ach begrüße auch die Angehörigen der Reserve der ruhmreichen deutschen Armee, die Sie, Herr Botschaster. der Sic sich uns durch Ähre herzliche Freundschaft für Amerika lieb und wert gemacht haben, als alter Soldat mir vorstellten. Es sollte unsere beiderseitige Ausgabe sein, die engen Bande, welche Deutschland und Amerika verbinden, immer sester zu knüpfen! Ach erblicke darin eine Hauptaufgabe unserer Diplo matie. um so mehr, da nirgends aus der Welt gröhere Bewunde rung für Deutschland und seinen erhabenen Herrscher gehegt wird als hier bei uns! Ach schweife kaum zu weit ab. wenn ich durch Sie, Herr Botschaster, dem Deutschen Kaiser und dem deutschen Volke zu den Errungenschaften in Alge- ciras gratuliere! Uns Amerikaner betrafen die Verhand- lunaen nur insofern, als wir .gleiches Recht sür alle wünschte» Dafür aber trat zuerst Teutschland ein »nd setzte die Aner kennnng dieses Rechtes schließlich durch. Ich darf mit der ganzen Menschheit wohl zum Schluß den Wunsch aus ein dauerndes Einvernehmen zwischen dem mächtigen Kaiserreich Deutsch la n d und der mächtigen Republik Frankreich aussprechen.' Bei der persönlichen Vorstellung der einzelnen Reserve ossiziere durch den Militärattache, Maior Körner bekundete der Präsident von neuem seine oft beobachtete Kenntnis deutscher, liier naturgemäß militärischer Verhältnisse. So fragte er ge sprächsweise: „Ihr Taktiker, ja, wie heiht er doch, der mit fran zösischem Eniigrantennamen — ach, richtig. Verdy du Bernois!" Dann wieder sprach er zu einem Kavalleristen von der Bredow- scken Attacke bei Mars la Tour, dabei das deutsche Wort „Todes ritt" gebrauchend und sich erinnernd, daß die Brigade aus Kürassiere» und Ulanen bestände» hat. Schließlich meinte er lachend zu einem Landwehrriltmeister Müller, sein Name könne kein seltener sein, da er einen Rittmeister Müller auch bei seinen Rauhreitcrn gehabt halte. Deutsches Reich. Ueber den voraussichtlichen Ausgang der Steuerreform erfährt die „Nene mil-polit. Korrew ", dnh i» ähnlicher Weise wie seinerzeit beim Zolltarif mit einem Kom promiß zwischen der Regierungsvorlage und den vorläufigen Be schlüssen der Komniilsion gerechnet wird. Von vornheresti scheint man allerdings die Jcchrkartensteuer »nd die Relchserbschnstssteuer von einem solchen Kompromiß ansschliehcn zu wollen, bilden ja diese beiden Positionen mit einer Gciamtveranschlagung von rund 100 Mill. Mk. das Rückgrat der ganzen Steuerreform. Von den benötigten 256 Millionen sollten, nach mahgebenden Zentrnnis- stiiinne», 25 Millionen durch die Zollüverschüssc nach dem neuen Tarif und weitere 25 Millionen durch ungedeckte Matriknlnr- beiträge der Einzelstaaten beschafft werden. Dicke Auffassung wird vom Ncichsschatznmt bestätigt. Von dem Fehlbeträge von 72 Millionen, den die Konnnissionsbeschliisse gegen die Regie rungsvorlage aufweise», bliebe somit eine Differenz von 22 Milli onen. Zur Deckung dieses Ausfalls ist ziemlich allgemein der Ausfuhrzoll nuf Kali und Lumpe» mit 8 Millionen, tue Mailch- raumstener niit 5 Millionen und eine Wehrsteuer. die nach mäßiger Schätzung 15 Millionen bringen soll, in Aussicht genom men. Wenn ancy in Zentruiiiskreiscn gegen die Erhöhung der Biersteuer mancherlei Bedenken weitcrbesteyen, so darf doch bestem Vernehmen nach damit gerechnet werde», daß das absolut erforder liche Kompromiß an dieser Frage nicht scheitern wird. Anderer seits aber scheint man dort auch entschlossen, der Rechte» keine weiteren Konzessionen auf dem Gebiete der Reichserbschastsstener zu machen. Bezeichnend für den durch die E r k r a n k u n g des Reichskanzlers geschaffenen Ernst der Lage ist. wie die genannte Korrespondenz weiter ausführt, die ausdrückliche Versicherung vieler Parlamentarier, auch der verschiedensten Rich tungen, daß das Gelingen der Steuerreform zu einem guten Teile an die Perfonen des Fürsten Bülow und des Staatssekretärs Frei herr» v. Stengel geknüpft sei, zu deren Geschäftsführung allein man vollstes Vertrauen habe. Es müsse rin ganz besonders geeigneter etwaiger Nachfolger im Kanzleramte sein, dem der Reichstag die Mllionencraebnissc der Steuerreform ohne erneute Bedenken in die Hand legen würde. — Die Tragweite des immerhin noch recht prekären gesundheitlichen Zustandes des Fürsten Büloiv — es handelt sich um die trotz ärztlicher Be mühungen nicht völlig hergcstellte Bewegnngsfähigkeit der Beine — wird dadurch in das düstere Licht gerückt, in dem Wissende den Anfall des Kanzlers am 5. April von Anfang an sehen wollten. Juristische Vorbildung für Gefängnis- dircktorcn soll in Zukunft bei allen größeren preußischen Strafanstalten verlangt iverden. Bereits in dresem Jahre wird dieser Grundsatz bei den Strafgefängnissen in Berlin, Plötzensee »nd Tegel, dem Untcrjuchungs-gcfäiianis in Berlin und den Ge- sängnissen in Hannover, Kasfcl, Düsseldorf, Wohlau und Bochum zur Durchführung gelangen. Diese Anstalten haben einen solchen Umfang und eine fv große Bedeutung gewonnen, daß ste gegen über den anderen Gefängnissen eine Sonderstellung ernnehmcn. Durch die grohe Zahl der Einzelzellen und die in Plötzensee, Hannover und Bochum bestehenden großen Jugendstativnen ist die- Schwierigkeit und Verantwortlichkeit ihrer Leitung bedeu tend erhöht. Es erscheint daher geboten, an die Spitze dieser Anstalten Direktoren zu stellen, welche eine akademische Vor bildung »nd insbesondere die Befähigung sür den höheren Justiz, oder Verwaltungsdienst besitzen. Diese Stellen werden nur einem Anfangsgchalt von 4200 Mark und einem nach 15 Jahren zu erreichenden Höchstgehalt von 6600 Mark ausgestaltet. Außer dem erhalten die Direktoren der vier in und bei Berlin liegen den Anstalten eine Funklionszulage von 600 Mark. Auch aus die übrigen Strafanstalten wird, den Kieler „Neuest. Nachr." zufolge, der Grundsatz der akademischen juristischen Vorbildung nach und nach ausgedehnt werden. Der Gouverneur von Deutsch - Ostafrika Graf von Götzen hat die Heimreise nach Deutschland angetreten. Ungarn. Ter Gemeinderat von Budapest be schloß, falls der König nach Budapest kvmmen werde, in Corpora zur B c g r ü ß u n g d c s Kö n i g s zu erscheinen, um dem Tanke für die glückliche Lösung der Kiste Ausdruck zu geben. Rußland. Der M inisterrat hat beim Kaiser um die Ermächtigung zur Einberufung einer Konferenz nachgesucht zum Studium des Uebcreinkommcns zwischen Rußland, Deutsch land, Oesterreich-Ungarn und Frankreich behufs gegenseitigen Schutzes für Werke der Literatur uno Kunst. In der Konferenz soll der Handelsministcr den Borsitz führen. Die Konferenz soll zusammengesetzt sei» aus Vertretern der Ministerien des Hofes, des Aeußeren, des Inneren, des Unter richts, der Akademie der Wissenschaften und Künste sowie ans Vertretern der Literatur und der Kunst. Knust und Wissenschaft. ff Das Gastspiel der Damen Ulrich, Diaeono, Gasny. der Herren Waldeck und Wierth im Neuen Theater inLeipzig in Scribes „Ein Glas Wasser" hat den einmütigen Beifall des Publikums und der Presse gefunden. Die Vorstellung wurde vor ausverkauftem Haufe und unter zahlreichen, höchst ehren vollen Auszeichnungen der Dresdner Künstler gegeben. H Der Knnstsalon Ernst Arnold bleibt am ersten Osterseierlag geschlossen, ist aber am zweiten Feiertage, wie Sonntags üblich, von 11 bis 2 Uhr geöffnet. An Neuaus stellungen sind zu verzeichnen: Werke von Hans Thoma, Franz Stuck, Otto Biltz, Schulze^Naumbura, G. Müller-Breslau, Franz Hoch, Hans v. Volkmann, 'Adolf Hengeler, Walter Lcistikow, H. Grande-Tüpke und H. Tüpke, Paul Baum, Otto Fischer u. a. m.. sowie auch noch mehrere Zeichnungen und farbige Blätter von A. v. Menzel. An Plastiken sind vertreten: Medardo Rosso, R. Pötzelberger. H. Hultzfch. Ernst Moritz Geiger, C. Rocder. Seffner, Uphues u. a. m. Professor Rudolf Meyer hat eine größere Kollektion moderner Plaketten und Medaillen ausgestellt ff Zur Leipziger Thraterfraae bat das »ollegiu« auf Antrag des Rates beschlossen, die Verpachtung der städtischen Theater auf die Zeit bis zum 30. Juni l9l4 aus- zu ich reiben. Die Uebernahme soll möglichst bis zum 1. September d. I. erfolgen. Dem neuen Pächter wird die Aus- baltuna der jetzt noch laufeiiden Verträge zur Pflicht gemach,. Im allgemeinen btewen die Pachtbcdingungen die alten, doch sollen dem neuen Pächter finanzielle Erleichterungen m Höhe von 52 000 Mk. gowährt werden. 7 Das mehrfach angekündigte Schlußwort zu „Hiliaenlei" von Guflav Freimen ist nunmehr erschienen. Es richtet sich nicht gegen die, die das Buch künstlerisch beanstandet haben, sondern gegen die Laien und Priester, die den Dichter in seine,! Absichten mißverstanden I-aben. Den ..Leuten des alten Glaubens", die gesagt haben, das Bild deS Heilands in „HiUlgenlei" und was sonst an Religion darin ist, sei ganz falsch, erwidert er: .Eure Zeitschriften und Bücher lehren abgestandene, saure Dinge. Euer Verstand ist im Punkte der Religion vcrfchloffen und dunkel. Und es gibt Füchte unter Euch, unehrliche Anhänger des alten Glaubens, die in der großen, duldsamen Herde ihr gutes Brot finden". 'Den modernen Theologen, die der Ansicht find, es fehle dem Heilandsbilde Frensscns an historischer Wahr- heit, wirft er vor. daß sie es mit keiner Partei verderben wollen. Sie zweifeln nicht an der Menschlichkeit Christi, lvolle» aber das „Geheimnis seiner Persönlichkeit" geachtet wissen. Diesen hält Frensfe» entgegen: „Haben die germanischen Völker die Klarheit und Tapferkeit gehabt, die „Mutter Gottes" und die anderen katholischen Halbgötter und Heiligen ohne Furcht vor de» „Geheimnissen ihrer Persönlichkeit" zu prüfen und ab- zulehnen: so werden sorgenvolle und ängstliche Gelehrte »ich, hindern, daß auch der letzte Gottmcnsch, ver noch zwischen den Menschen »nd der ewigen Macht steht, gründlich untersucht wird, daß wir endlich sie selbst und sie allein anbcten. Er jeloer, der wahrhaftige Held, wäre der legte, der solche Untersuchung ver böte. Er ist ein Mensch gewewn und nicht mehr. ... So wie im deutsche» Wald von alters her eine unzählige Menge von Bäumen stand und steht, und olle immer wesensgleich gewesen sind und auch jetzt sind, kein einziger Wunderbaum unter ihnen — denn daß einer goldene Blatter gehabt hat. wird für ein Märchen gegolten —, aber alle. >cdcr sür »ch, ein großes Wun der dcr^Schopf'ung: so ist cs auch mit dem gewaltigen Menschen- heer. Sie sind alle vom Weibe geboren und unter das Gesetz der Schöp'uug gestellt und gehen, unterwegs nach Wahrheit und Schönheit suchend, ins Grab. Und daß cs so ist. meine ich. dient zur Ehre Gottes. Er ist nicht ein Tändler und ein Spieler, wildern ein Herr großer, ernster Gesetze und ruhiger Entwick lung, langmülig uns zuiehend wie eine Mutter, die mit ruhiger Seele ihren Kindern zuhvrt, die sich in der Ecke in der Däm merung unglaubliche Geschichten erzählen. Sie weiß, dies Er zählen wird ein Ende nehmen, wenn die Kinder größer werden." Den anderen, die ihn tadeln, weil er eine neue Lehre verkünde, einen „Jejuskull", hält er entgegen, daß sein Buch kein Buch einer „dicken Wahrheit" sei, sondern ein Buch voll von schwerem Suchen, das in eine neue Zeit hineinspähe, wie in Morgen grauen. Und für die letzten Widersacher endlich, denen zuviel Sinnlichkeit in „Hilligenlei" steckt, fpricht er die mutigen Worte: „. . . Die Sinnlichkeit ist nicht Sünde, sondern ganz im Gegen teil ein Schmuck des Lebens, eine Gabe Gottes, wie Frühling und Sommer wird. . . . Der Standpunkt der Bürgersleute aber ist eine Lüge: denn die bürgerliche Sitte ist nicht ehrbar, wie sie behaupte», sondern teils liederlich, teils grausam ... Es müssen Wege gesucht werden zu einer besseren Gerechtigkeit und Sittlichkeit. Solange aber dieser jetzige widernatürliche Zustand dauert, soll man daS, was Anna Boje und unzählige ihrer Schwestern mit Angst und Bitterkeit und zerrissenem Gewissen tun, nämlich außereheliche Liebe genießen, nicht härter be urteilen. als unsere Richter Mundraub beurteilen. Ich meine, daß diese Mädchen sittlich höher stehen, als die Ehefrauen, welche, im Besitz von Mann und Kind, über die Sünde ihrer Schwestern richten und ihnen nicht helfen, und über dies Buch schelten, das ihnen helfen will." Von Äenderuiwen und Zugeständnissen endlich will er nichts wissen: einige Besserungen, zumeist Kür zungen, sollen später kommen. — Soweit Frenffen. Die Offenheit und der fast trotzige Mut, mit dem sich der Niederdeutsche in die- sein „Schlußwort" zu seinem einmal fixierten Standpunkt be- kennt, berühren ohne Frage sympathisch. Und doch möchte man im Interesse des Dichters wünschen, es wäre ungeschrieben geblieben. Denn das Wort: „Bilde Ätinstler. rede nicht", gilt noch immer: Frenssen trägt mit seinen Aussührungen das Buch selbst aus dem stillen Reich der Poesie in das Gewühl und Gezänk des Tages. Man bat nun erst recht das üble Gefühl, daß es dem Autor des „Jörn Uhl" nicht um ein absolutes Kunstwerk in seinem „Hilligenlei" zu tun war, sondern um eine verkappte Tendenzschrift. Und dieses Absichtliche schwächt den Eindruck des Romans, abgesehen von seinen sonstigen Schwächen, erheb lich ab. Daß der Epilog den Gegnern des „Hilligenlei-Rummcls, oer von den übereifrigen Freunden des streitbaren Pastors in Szene gesetzt wird, der sich eben beim besten Willen nicht als literariicher Heiland ausspielen läßt, weil er nicht viel mehr als ein recht begabter und geschickter Schriftsteller ist. der mit den Größen wie Wilhelm Raabe gar nicht in einem Atem genannt werden darf, — daß dieser Epilog solchen Widersachern neue Waffen in die Hand gibt, bleibt das Bedauerlichste an der Sache. ff In einer merkwürdigen „Bearbeitung" wird Schillers §Don Carlos" seit wenigen Tagen am Ncw-Amsterdam- Theater zu New York gespielt. Der Autor dieser amerika nischen Fassung ist Richard Manssield, der bedeutendste amerika- nifchc Schauspieler, der auch die Titelrolle spielt. Vor ungefähr 49 Jahren aus Helgoland von einer deutschen Mutter geboren> l>at sich der Künstler, wiewohl er vollständig amerikanisiert ist. eine große Vorliebe für deutfcheS Wesen uni> deutsche Kunst er halten, die ihn dazu führt, wenn irgend wie möglich deutsche Bühnengestalten zur Darstellung zu bringen. Vor zwei Jahren bot, wie die .Fköln. Volkszta." meldet, Manssield eine englische Uebertragung von Alt-Heidelberg, die ungeachtet mancher Schwächen eineFülle desJnteressanten aufwies. Weniger glücklich war Manssield mit Schillers Jugendwerk, welches bisher in Amerika nur eine einzig« Aufführung erlebt hakte, und -war vor mehr als einem Jahrhundert. Der «Schauspieler Dunlap hatte das Stück am 6. Mai 1899 im alten Newyorker Park-Theater zu seinem Benefiz zur Darstellung gebracht. Mansfields „Don Carlos" ist ein Attentat auf Schillers Stück, das in unbarm herzigster Weise zugoschnitten worden ist. Aus dem Freiheits- drama ist ein Liebes-Melodramo geworden, an Stelle der Ge- dankensreiheit die Liebesfrciheit getreten. Die nach amerika nischer Ansicht langweiligen philosophischen Ideen Posas sind weggesallen und nur die Liebcsgofchichte. die Intrige und die tragische Entwicklung sind geblieben. Von Posa bleibt nichts übrig als der Vertraute und Helfer von Carlos in seiner Liebesaffäre. Die Zahl der redenden Personen ist von 20 aus 17 gestrichen worden, und sogar der grimmige Alba ist zu einer Art Nebenfigur geworden, von den Frauen ganz zu schweige». Um dem Star Gelegenheit zu einem effektvollen Austritt zu gebe», l-aben sich die Bearbeiter auch die Freiheit genommen, die erste Szene zur zweiten zu machen. In dieser Weise könnte man noch Dutzende von Beispielen der Vergewaltigung bringen. Dem Publikum schien dieser Knabe Carlos drei volle Akte hin durch immer fürchterlicher zu werden, bis sich Manssield mit einem meisterhaften Stück Rhetorik an der Leiche seines Freundes minutenlangen Beifall holte, die Bravourarie des Tenors. Die Newyorker Zeitung „Sun" nennt den „Don Carlos" nach dieser Bearbeitung ein „Jugendwerk zweiten Ranges eines klassischen Dramatikers zweiter Ordnung, eines Dramatikers, dem jede Bübneuaewändiheit so weit abging, datz das Stück direkt zusammenacscbnittcn werden muß. um es in einen Theaterabend zu pressen!" ff Die Bukarest er deutsche Liedertafel hat i» erfreulicher Weise durch rastlos nationales Streben crrcichi, um stch einen „deutschen Sängerbund in Rumänien" zu scharen, dessen Leitung sie in ihren Händen bä», und der etwa 200 aus- übende »nd 1000 unterstützende Mitglieder zählt. Eine Probe seines Könnens iistrd dieser Sängerbund im e-cptember dieses Jahres ablegen, wo in Bukarest das 5. Bundesfest aus An laß des 40jährigen Regie rungssubiläu ms König Karls l. slaltsindet. Es wird voraussichtlich eine imposante Kundgebung für die Dynastie und oas gastfreundliche Land werden, bei der der deutsche Sang seinen altbewährten Ruf zu wahren wissen wird. Die „Bukarester deutsche Liedertafel" steht bei der gesamten Presse der rumänischen Hauptstadt und allen Freunden des Gesanges seit Jahren in hoher Achtung, und das kunstsinnige Äönigspaar selbst hat mit Anerkennung und Lob nie gekargt. Das Fest verspricht ein Ehrentag für dos deutsche Volkslied zu werden, das natürlich in erster Linie zur Geltung komme» soll. Dresdner Nachrichten. -ir. IVL. Teile S. Sonnabend, 14. Avril 1VVS
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