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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.06.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-06-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19050630026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905063002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905063002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-06
- Tag 1905-06-30
-
Monat
1905-06
-
Jahr
1905
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vezugS-PrelS bi d« HauMrp«dUto» »4« da« >««ga»»» Pelle» abgeholt: vterteljährltch u« L.—, bot zwrtmaltg« täglich« Zustell»», tu» Hau» 3.7L. Durch di« Post bezöge» für Deutsch land a. Oesterreich vierteljährlich LLO, für die übrigen Länder laut Aeitunq-preisliste. Diese ««»«er kostet auf allen Bahnhöfen und III I bet de» Zeitungä-Vertäufern V Aedattion ««» Gr-edttto«: 1b3 8«»sprrch« LL2 Johanoi-gaff« L Haupt-Filiale DreSstenr Marieustraße 84 (Ferusprrcha Amt I Nr. 1713t, Haupt-Filtals Berlin. TarlDnocker, Herza O8ayr.Hofbuchhandlg, Lützolvstraßr 10 iAerusprech« Amt VI Nr. 4S0tk Abend-AuSaabe riWM TaMM Handelszeitung. Amtsblatt des HSnigl. Land- und des LSnigl. Amtsgerichtes Leipzig, -es Rates und des Volizeiamtes der Ltadt Leipzig. ««zeigen-VretS dle Sgcftraltene Petitzelle 2S Familien- «nd Stellen-Anzeigen 20 Finanzielle An »eigen. GefchSfUau zeigen nnter Text ov« a» besonder« Stelle nach Tarts. Dt« 4 gespaltene Reklanrezetl» 78^. «uuahmeschlutz für ««zeigen: Ldend-AuSgade. von»itiag» 10 Uhr. Roege».«n»gab«: nachmittag» 4 Uhr. Na zeig en find stet» an di» Expedition zu richten. Srtra-Veilage» tnnr mit der Morgen. Lu-gab«) nach besonder« Vereinbarung. Die «rpedtttaa ist wo<i>entag» unuut«brochen aeäffnet von srüp tt bi» abend» 7 Uhr. Druck und Berlaavon U. Polz tu Leipzig (Inh. vr. L, R. L W. «lt-kbardt». Herausgeber: vr. Victor Sliukhardt. Nr. 328. Freitag 30. Juni 1905. 99. Jahrgang. Var Wchtigrle vom Lage. InKattowitz haben dieMaurer einen all- gemeinen Aus st and begonnen. (S. Deutsches Reich.) * Aus Lodz wird berichtet, das; seit vorgestern massenhafte Verhaftungen vorgenommen worden seien-, Arbeitcrhaufen aus Dombrowa und Zagorze ziehen auf Sosnowice. (S. den Artikel.) * Nach den Telegrammen aus Odessa sollen die Truppen die Oberhand über die bombardierte Stadt gewonnen haben; die M entere i hat auf die Be- sabung anderer Schiffe übergegrissen. * Japan hat den Generalkonsul Otagiri in Schanghai zum Bevollmächtigten für die Friedens konferenz ernannt. (S. den Artikel.) vir Weirreltteiaer Mrplvcke. Zum lippischen Erbfolgestreit wird der „Zentral deutschen Korrespondenz" von offiziöser Serie aus Detmold geschrieben: „Graf Erich zu Lippe-Biesterfeld-Weißenfeld hat gegen den letzten Beschluß des lippischen Landtages, der den zu erwartenden neuen Schiedsspruch als Landes gesetz festlegt, in einem längeren Schreiben Protest er hoben. Dieser Protest hat in der deutschen Presse eine große Beachtung gefunden, besonders, weil in ihm die Klage erhoben worden ist, daß durch den Beschluß des Landtages „die Linie Weißenfeld schlechter dastehe, als der geringste Mann au» dem Volke, dem fein Recht im Prozeß unverkürzt gewährt wird." Die Erklärung kann die Annahme Hervorrufen, daß der lippische Land- tag durch seinen Beschluß ein offenbare» Recht ignoriert oder gar gebeugt habe. Das ist nicht der Fall. Richtig ist, daß die Weißenfelder Linie zu den thronfolgeberechtigten Agnaten de» lippischen Gesamt hauses gehört und daß ihre Ansprüche an sich hinter den Biesterfelder Ansprüchen stehen, den Bückeburgischm aber unbedingt vorangehen. Richtig ist ferner, daß das Schiedsgericht nur die Parteien Biesterfeld und Sclxmmburg kennt, nicht aber die Partei Wcißenfeld. Das mag an sich bedauerlich sein und diesem Bedauern ist im Landtage auch von verschiedenen Seilen Ausdruck gegeben, denn es wäre natürlich allen Seiten erwünsch ter, wenn durch den neuen Schiedsspruch das ganze Bündel der Thronfolgefragen auf einmal erledigt wor den wäre. Daß das nicht erreicht worden ist, liegt aber daran, daß der Bundesrat die Angelegenheit ver fassungsmäßig nur unter der Firma „Streit zwischen zwei Bundesstaaten" vor sein Forum ziehen konnte. Wenn aber die Weißenfelder bei dem Schiedsgericht auch nicht als Partei vertreten sind, so werden deshalb ihre Rechtsansprüche in gar keiner Weise durch das Ver- fahren berührt, und cs ist tatsächlich unrichtig, wenn Graf Erich in seinem Proteste schreibt: „Es soll über die Rechtsansprüche der Weißenfeldcr mit entschieden werden, ohne daß ihr Gelegenheit der Vertretung ihrer Ansprüche einqeräumt worden ist." — Das könnte der Fall sein, wenn das Schiedsgericht die Frage zu beant worten hätte: „Wer ist in Lippe zur Thronfolge be rufen?" Herr Graf Erich als Interessent müßte es aber doch ganz bestimmt wissen, daß die Frage nicht so lautet, sondern daß das Schiedsgericht zu entscheiden hat, o b die Biesterfclder Linie und wer von ihr zur Thronfolge berufen ist. Wird der erste Teil dieser Frage bejaht, so gehen ja die Biesterfclder Ansprüche den Weißenfeldischen sowieso voraus, und es bleibt der Weißenfelder Linie Vorbehalten, ihr Recht bei einem etwaigen Aussterben der Biesterfclder von neuem gel lend zu machen, wenn anders der gegen wärtige Graf-Regent ihre Successions- rechte in dem Falle, daß er Fürst wird, nicht durch Landesgesetz fest legen läßt, um ähnlichen unerquicklichen Thron kämpfen in ferner Zukunft vorzu beugen. Der verstorbene Graf-Regent beabsichtigte das schon im Jahre 1898. Daß das Gesetz scheiterte, lag an dem Einspruch deS Bundesrats hiergegen und an der konfliktsscheuen Landtagsmehrheit, die sich dem Veto deS Bundesrats beugte. Wird die Frage der Successionsfähigkeit der Biester felder durch daS gegenwärtige Schiedsgericht aber ver neint, so scheiden lediglich die Biester felder aus dem Streite aus und derStreit geht zwischen Weißenfeld und Bücke burg weiter, wobei die Weißenfelder an sich den Vorrang haben. Das alles ist im Landtage ausführlich dargelegt worden, so daß Graf Erich das wissen müßte. Im übrigen ist Graf Erich nicht etwa der Chef der Weißenfelder Linie. Das ist Graf Georg und dieser hat durchaus nicht gegen den Schiedsvertrag protestiert, sondern hat sich damit be- gn>"'gt, in würdiger Weise beim Bundesrat in Erinne rung zu bringen, daß das Schiedsgericht die Rechte seiner Linie in keiner Weise berühre." ver Mlrtana in 0emrck-5ii<lmrtalrilra. Die Lösung deS Rätsels in der Angelegenheit Moreugas findet die „Nationalzeitung" in der Melpung der „Deutsch- Süvwestafrikanischen Zeitung" vom 3l. Mai, wonach Morenga auf deutsches Gebiet zurückgekehrt sei und die englische Grenz polizei nur IlO schlappe Hottentotten festgenommen habe. Demnach sei die ganze amtliche Meldung von Morengas Entwaffnung unrichtig gewesen. Er sei von der Polizei behörde des Ngamibezirks offenbar überhaupt nie entwaffnet worden und habe nur wieder einmal ein kleine» ckLsser- croiser über die Grenze beliebt. Die Zeitung spricht ihr Be fremden darüber au», daß derartig« unrichtige Nachricht« übermittelt werben konnte«, und meint, bi« eaglische Behörde de« Ngamibezirks habe bi* wnferiqen hinter» Dicht unv die Entwaffnung MorengaS nur al» trügerische Zeremonie behandelt. Die Haltung der englischen Behörden an der Grenze sei überhaupt ein Hohn auf jede» Rasseaefllhl, und eS sei eine Untersuchung am Platze, ob die Pflichten der Neutralen nicht zu unserm schweren Schaden gröblich ver letzt würden. Reuters Bureau meldet aus Kapstadt: „Nach einem Tele gramm aus Steinkop hat Petrus Christians den Major von Kamptz bei den KaraSbergen überrumpelt. 15 Deutsche wurden getötet und 28 verwundet. Einem Gerücht zufolge sollen die Eingeboren« sechs Geschütze erobert haben; doch ist die- unbestätigt." Vermutlich gilt die» auch für den übrigen Teil der Meldung, die jedenfalls ebenso tendenziös entstellt ist wie jene anderen Kapstadter Meldungen über deutsche Nieder lagen, die alsbald von deutscher Seite amtlich dementiert wurden. Vie marManirche frage. Auch gestern hatte Fürst Radolin mit dem Minister präsidenten Rouvier eine Unterredung gehabt, die in dem Grade unverbindlich ist, daß heute di« „Agence HavaS" schreibt: In den Wandelgängen der Kammer wird ge glaubt, daß die zwischen Deutschland und Frankreich auS- getauschten Noten erst in einiger Zeit veröffentlicht werden. Eine einfache Veröffentlichung der Noten wäre nicht genügend, um di« öffentliche Meinung aufzuklären und d»e bekundeten Symptome der Beruhigung in ihr rechtes Licht zu setzen. Die Noten gehen tatsächlich von ver schiedenen Gesichtspunkten aus und die einfache Veröffent lichung de» Wortlaut« könnte ungmaue Anschauungen über die gegenwärtige Lage Hervorrufen. Um die Lage genau dar zustellen, müßte di« Regierung auch Mitteilungen über die ergänzenden Unterredungen machen, die bei oder nach Uebergabe der Noten stattfand«, deren freundschaftlicher TondieSpannung beseitigt habe und die Möglichkeit einer demnächstigen Ver ständigung zwischen den beiden Mächten habe durchblicken lassen. Da aber die Besprechungen zur Zeit noch fort gesetzt werden, liegt eS in der Absicht deS Ministerpräsidenten abzuwarten, bis die Verhandlungen eine entscheidende Form angenommen haben, ehe er eine amtliche Mit teilung über die Angelegenheit veröffentlichen läßt." Aus einer Mitteilung des „TempS" geht abermals hervor, daß die französische Regierung den Konferenzvorschlag bisher nicht definitiv und formell angenommen hat. Von deutscher Seite war der Gedanke aufgeworfen worden, daß vielleicht der Sultan von Marokko den Mächten ein Programm mitteilen könnte. Diese Idee, die nur eine Anregung war, wird nach dem „B. T." auf französischer Seite für nicht besonders praktisch gehalten, da man fürchtet, die Verhandlungen könnten dadurch in einen Engpaß geraten. Im Pariser „Journal" wird behauptet, Deutschland sei insofern zurückgewichen, als es „die für Frankreich aus der Grenznachbarschaft Algeriens resultierenden Privilegien" anerkannt und seine allgemeinen Anschauungen über daS Reformwerk gebilligt habe. — Nach einer Pariser Depesche wird Herr Iaurss, der Unvermeidliche, am 9. Juli nach Berlin reisen, wo er einen Vortrag über den Frieden halten will. Die Reise erfolgt, wie es heißt, auf Grund einer Ein ladung der Berliner Sozialisten. JaursS wird in dieser Versammlung die enge Union zwischen dem französischen und dem deutschen Proletariat gegen jede kriegerische Politik dar legen und sich über die euroqäische Krisis äußern. Vie Meuterei in aen rurrircbe» ffriegLbäken. Ueber die Matroscnrevolte in Odessa, die in Libau ein« furchtbare Nachahmung gefunden zu haben scheint, wird aus Petersburg gemeldet, daß der Ober- kontmandierulde der Schwarzen Meer-Flotte und der H'äia«, Admiral Tschvchrin, nach, Odessa abgercist ist! Nach einem Telegramm aus Sewastopol sind die Schiffe, die gestern abend 8 Ubr nach Odessa abgegangen sind, die Linienschiffe „Tri Swjatitelja", „Dwjenadsat-Apostolow", „Rostislaw" und „Sinope", der Kreuzer „KasarSky" und einige Torpedoboote. Die Flotte wird vom Vizeadmiral Krieger befehligt. ES liegt außerdem das folgende Tele gramm vor: * Odessa, 30. Juni. Gestern nachmittag fand die Be erdigung des Matros« Hmeltschuk statt. Der Sarg wurde von acht Matrose», Kameraden des Verstorbenen, getragen. Voran ging die Geistlichkeit und eine zahllose Menge folgte. Auf dem Wege, den der Zug nahm, war weder Polizei noch Militär. Die Beisetzung erfolgte auf dem Militärfriedhof. — Abend« wurden in da« städtische Hospital mehrere Person« eingeliefert, die bei den Un- ruhen in den letzten Tagen verwundet wurden. Dem „Daily Expreß" wird aus Odessa gemeldet: Der „Potemkin" liegt auf der Rhede mit ans die Straßen gerichteten Kanonen. Die Leiche de« an Bord gelöteten Matrosen Omeltschuk liegt auf dem Quai; tausende von Aufrührern ziehen daran vorüber und schwören Rache. Signalwachen stehen neben der Leiche, um auf daS geringste Zeichen, welches sie geben, daS Bombardement beginnen zu lassen. Der Hafenadmiral erbot sich, als Geisel an Bord des „Potemkin" zu gehen, um die Stadt zu retten, doch haben die Meuterer auf das Anerbieten noch nicht geantwortet. In den Straßen knattern dieSalvenderKosaken. Der bisher angerichtete Schaden wird aufläMillionenberechne t.—Der „Daily Telegraph" meldet: Der „Potemkin" setzt das Bombardement der Stadt fort; bisher seien noch keine Kriegsschiff« der Schwarzen Meeresfivtte au- Sewastopol in Sicht. — Eine ZeitungSdepesche ans Odessa selbst besagt: Den Truppen gelang eS endlich, spät abends die Oderhand über die aufständische Bevölkerung zu ge winnen. Die Stadt steht teilweise in Flammen. Man erwartet einen schweren Kampf mit dem „Potemkin" und der Schwarzen Meerflotte. Auch die Mannschaft des „Nacha" meuterte und machte gemein- same Sache mit der des „Potemkin", da sie den Kapitän und die Offiziere auSlieferte. Die überlebenden Offiziere des „Potemkin" wurden an Land gesetzt. Nach einer Meldung soll der Kreuzer der Freiw.lligenflotte „Saratow" im Hafen von Odessa ebenfalls verbrannt worden sein. Seit dem Beginn des Krieges mit Japan waren in den russischen Zeitungen immer wieder Tagesbefehle der ver schiedenen höchsten Chess von Marineteileu zu lesen, die ganz merkwürdige Lichter auf die Zustände und Verhältnisse in der russischen Flotte warsen. Am schärfsten äußerte sich der Oberbefehlshaber der Schwarzen Meer-Flotte, Vizeadmiral Tschuchnin, der augenscheinlich die Absicht hatte, mit allen Mitteln die herrschende Verlotterung zu bekämpfen und aus dem ihm unterstellten Geschwader eine wirklich kampffähige Truppe zu machen. Eigentlich blieb kein Teil deS geiamicn Dienstes in diesen Befehlen unberührt, und überall zeigten sich gleichartige Gebreche», die im Grunde alle aus der selben Quelle, dem vollkommenen Mangel an Pflichtgefühl und MannSzucht bei Vorgesetzten und Untergebenen, ent sprangen. Kein Wunder, daß eS in Sewastopol sogar zu einer offenen Meuterei in den Kasernen kam. die mit Waffengewalt unterdrückt werden mußte. Nack diesen Vorgängen, so schreibt die „Köln. Ztg.", sei eS nicht unerklärlich, daß jetzt die ganze Besatzung^' eine» Panzerschiffes gegen ihre Vorgesetzten meutert und daß bei der Seeschlacht von Tsuschima Admiral Nrbogatow durch seine eigenen Mannschaften zur Uebergabe ge zwungen worden sei« soll. Es tritt der Umstand chiuzu, daß die russischen Matrosen aus der Landbevölkerung rekrutiert sind und von vornherein mit Widerwillen in den Seedienst gehen. Wer die Geschichte des russischen HeereS genauer kennt, weiß, daß, neben den zahllosen Beweisen von eiserner Zucht und festester Haltung in sehr schwierigen Lagen auch viele Ereignisse zu verzeichnen sind, wo jede Manneszucht verloren ging und die schwersten Ausschreitungen gegen die Vorgeietzten vorkamen. In allen Feldzügen Ruß lands ist daS nachzuweisen, und der Grund liegt wesentlich in dem Charakterzug der Slawen, in Liebe und Haß keine Grenzen innezuhalten, von einem Extrem in das andere zu fallen. Man braucht gar keine sozialistische Ver hetzung anzunehmen, um eine Erklärung für derartig« Meutereien wie jetzt auf dem Fürst Potemkin zu finden. Die neuere Marinegeschichte weiß, seitdem die all gemeine Wehrpflicht rn den meisten Marinen besteht, weniger davon. Vor hundert Jahren hat noch ein ganze» englisches Geschwader in der Themse gemeutert und einen Monat lang den Fluß gesperrt, bis jeine Niederwerfung gelang. Am Kap vollzog sich das gleiche, und in Westindien erschlug die Besatzung einer Fregatte sämtliche Offiziere und lieferte daS Schiff den Spaniern aus. Hervorgerufen waren diese Ausbrüche durch grausame Behandlung und schwere Mängel in der Sorge für Ernährung und Besoldung. ver generalrtteilr in ss«rrirch?olev. Aus Lodz wird über Warschau berichtet: Auf den Bahnhöfen der Lodzer und Kalifcher Bahn werden von allen Ankommenden die Pässe gefordert und per sönliche Untersuchungen vorqenommen. Seit gestern erfolgen Massenverhaftungen, bisher Feuilleton. s, Die beiden Hallermunds. Von A. Dom. Nachdruck Verbote». Gerda rief plötzlich, indem sie sich schleunigst hinter die Gardine zurückzog: „Merker» Galawagen, und der Bediente auf dem Bockl Machen die wahrhaftig schon Brautvisiten, Karla scheint ja alles sehr eilig zu haben I " Der Major hatte die Türklinke bereit» erfaßt. Er wandte sich um. „Also, nicht zu Hause! — ich werde es draußen sagen!" „Jo, der Wagen hält!" berichtete Gerda halb hinter dem Vorhang verborgen. „So viel ich sehen kann, hat Karla ihr neues, braune» „Schneiderkleid" an, — ja, jetzt biegt sie sich vor, — und ihren Zobelpelz und Toque, den sie zum Geburtstag bekommen hat!" „Komm' vom Fenster fort, Gerda!" — befahl die Mutter. — Loni saß da, wie eine Statue, sie atmete kaum, aber sie wollte auch um alles in der Welt nicht bedauert sein, und Mutter und Schwester fühlten da» wohl. Mit v«r- doppeltem Eifer handhabte die Majorin die Nähmaschine, Uber ihre Streifen gebeugt faltete Gerda mit flinsien Fingern den Stoff. Es klopfte, der Bursche kam und brachte die Korten der Brautleute. Die Majorin nickte nur leicht mit dem Kopf. „Legen Sie die Karten in die Schale, Müller" — sagte Gerda. „Zu Befehl", schnarrte Müller und wandte sich mili- tärisch auf den Hacken um. Noch eine Weile arbeiteten Mutter und Tochter schweigsam weiter. „Ich will den Kaffeetisch decken!" sagte Loni, und erhob sich schwerfällig. „Kommt Franz zum Kaffee, Gerda?" „Nein, etwa» später, er holt mich zum Spaziergang ab, er kann heut' nicht so früh abkommen. So, und dies ist nun auch fertig, Mama, soll ich noch den andern Streifen anfangen?" „Jetzt nicht, — lege nur alles sorgfältig zusammen, dieser weiche Cachemire verdrückt sich zu leicht. Ich denke mir, daß der Anzug sehr hübsch aussehen wird, für dich. Und daß der Schneider die Jacke dazu macht, wird dem Ganzen viel Chick geben!" So sprach die Mutter, sich scheinbar in ihre» Kindes „Visitenanzug" mit ganzem Interesse versenkend, während ihr Herz blutete beim An- blick ihrer „Nettesten", deren Kummer sie tausendfach mit- empfand, obwohl sie zur rechten Aussprache de» Mit leides nicht kam. Loni batte zuviel von dem energischen, etwa» verschlossenen Charakter der Mutter geerbt, und diese beiden Gleichheiten stießen einander ab. Zu einem rechten Verständni» der beiden kam es selten, ein Au», druck, ein unbedachtes Wort, eine Bewegung ost, zündele den Funken, der dann allerdings nur ein schnell ver fliegende» Knatterfeuer auflodern ließ, aber Loch oft. mals mit Asche bedeckte und erstickte, was warm und sehnend in beider Herzen aufstieg. Die Majorin erhob sich, zupfte sich die Fädchen vom Kleide un- stülpte den Holzkaften über die Nähmaschine. Und während nun Gerda vorsichtig und mit Sorgfalt die Stoffe zusammenlegte und fortpackte, folgte die Mutter Loni in das Eßzimmer. „Ich habe mir überlegt, Loni, — ein neues Kleid müßtest du doch wohl gleich mitnehmen. Wir schaffen das auch noch. Geh' und mache dich zum Aussehen fertig, wir wollen den Stoff bei.Heß und Löwenstein aussuchen. Di« Taille lasse ich dir gleich dort anfertigen, den Rock machen wir selbst!" Ein warmer Blick aus Lonis Augen traf die Mutter. Er galt der sorgenden Mutterliebe. Und wenn da» Mädchen in ihren tiefverletzten Gefühlen sich am liebsten daheim vermauert hätte, anstatt sich auf der Straße zu zeigen, so zögerte sie dennoch keinen Augenblick, dgm Wunsche der Mutter zu folgen. , AIS die beiden Damen ihre Einkäufe beendet hatten, war auch der kurze Novembertag zur Neige gegangen. Sie näherten sich wieder ihrer Wohnung, als die Merkur- sche „Brautequipage" ist raschem Trabe der Pferde, an ihnen vorübersauste. In der engen Straße, in welcher sie sich befanden, lvar ein „nickt sehen wollen" gänzlich ausgeschlossen. Loni gewahrte, wie sich die Braut ordent. lich aus den Polstern erhob, sie wollte also gesehen wer- den, indessen ging die Begegnung so blitzschnell vorübe«, daß ein Grüßen, selbst wenn man e» beabsichtigt- hätte, ganz au»geschlossen war. Die Majorin nahm den Arm ihrer Tochter und stützte sich ein wenig darauf. Sie gingen schweigend eine Weile, jeder seinen eigenen Ge danken nochhängend. Dann betraten sie den Marktplatz, den sie quer zu durchschreit^» hatten, um nach ihrem Hause zu gelangen. Mittlerweile war es immer dunkler geworden, und da die GaSlampen in Hildhausen nicht zu so früher Stunde angezündet wurden, legten die Damen die letzte, kurze Strecke langsam, vorsichtig zurück. „Daß nun dieser Bülow auch gar nicht einmal versucht hat, sein Betragen zu entschuldigen, abzuschwächen. Gründe zu heucheln!" meinte die Majorin. „Das konnte er doch wohl nicht, Mama! Seil Be- tragen spricht für sich selbst! Seitdem ich von Gerda die Einzelheiten der Verlobung erfahren, sehe ich klarer. Ich verstehe jetzt manches, was mir unverständlich erschien, er kenne auch Herrn von Bülows Wesen besser. Ich ahnte nicht, daß er von Anfang an ein doppelte» Spiel gespielt. Die Einsätze waren Karla Merker und ich; eine Ahnung davon erwachte in mir zuerst auf dem Balle. Korla Mer ker benutzte die Gelegenheit gründlich, die mich an die Seite des Prinzen Cunibert bannte, und die reiche Erbin war doch wohl zu unwiderstehlich in diesem Fall." „Du hast Recht, Loni, und ich glaube, von dem Stand punkt aus kommst du am leichtesten darüber hinaus. Ich weih nun auch zufällig, daß Bülows VermögenSver hältnisse sehr armselig sind, daß seine zwei Schwefle»* durch Handarbeiten und Malereien und so Zeug, er- suchen, die karge Witwenpension der Mutter em we"K zu bessern. Bülows Mutter ist eine geborene Sedev'd ih» Bruder nimmt ein» hohe Stellung im Genera'.icw em
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