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Dresdner Nachrichten : 23.06.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-06-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192806239
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19280623
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19280623
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-06
- Tag 1928-06-23
-
Monat
1928-06
-
Jahr
1928
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 23.06.1928
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Aufenthalt tn Warschau Las Korrtborprovlem nur al» »ein« Berkehrsfrage" hingestellt, die mehr oder weniger leicht durch verkehrspolttische Abmachungen zu lösen sein würde. Kann inan sich daher wundern, wenn die polnische Presse voll von Hoffnungen ist auf »wohlwollendes Verständnis" einer deut schen Linkskabtiietts gegenüber den Handelsvertrags» und Ostlocariiv-Wunsche» Warschaus. Erkennt heute das deutsche Volk nicht die Gefahren der polnischen Expansionspolitik für den deutschen Osten und verhält eS sich ihnen gegenüber weiter sorglos und so optimistisch wie di« rote» und rosaroten Welt» beglückungsschwarmer. dann wird eS auch hier wieder einmal oor ein »Zu spät" gestellt werden. ES hat sich überaus bitter an der Nation gerächt, daß sie vor dem Kriege den polnischen Nationalismus und die daraus für die Ostmark entspringen den Gefahren mit einem Achselzucken abgetan hat. Die Links parteien sind auf dem besten Wege, dieses für Deutschland oerhängniSvolle Spiel zu wiederholen. Man darf aber hoffen, daß die nationalen Elemente im Volke stark genug und willens sind, den gesunden Lebenswillen der Nation aufzupeitschen zur Erhaltung der deutschen Ost grenzmarken nnd Wiedergewinnung der dem Mutter lande von Polen geraubten Gebiete. Großzügig muß das S i c d I n n g S p r v b l e in in Angriff genommen werden, nm der Abwanderung aus dem Osten entgegenzuarbeiten und nm das deutsche Volkstum in den Ostmarken gegen die Polont sierung zu stärken. Es gilt, Litauen so eng wie möglich mit Deutschland zu verketten, um die gefährliche Union Warschau-Kvwno zu verhüten, die Ostpreußen erdrücken würde. Und der Welt muß immer wieder ins Gewissen ge- liämmcrt werden, daß -er Kampf für die Revision der deut schen Ostgrenzen nicht nur ein Kampf für unbedingte deutsche Lebensnotwendigkeiten, sondern besonders auch ein Kampf für wahre Sicherung des Friedens im östlichen Europa gegen polnische Gewaltpolitik ist. Marschrichtung: Weimarer Koaliliou. Schlechie Aussichten: die Bayrische Dvlkspartei lehnl ab. - Bor einer Kabinetts bildung durch den Zentrumssührer Gusrard? Der neue Austrag Kindenburgs. Das Ende der größten Außtand- Konzession. Karriman kündig! fein Mangan-Abkommen. Berlin, 2-'. Juni. Eine der größten Indnstriekonzessioncn, die Svwietrnßland an ausländisches Privatkapital ver geben hatte, ist mit einem großen Verlust für den amerika. nischen Finanzier Harriman zum Erlöschen gekommen. ES handelt sich nm die Tschiaturi-Gruben in Südrnßland. die Manganerze fordern, früher einmal in deutschen Händen waren, von Rußland in der Form einer Konzession an Harriman verpachtet wurden und setzt wieder an Sowjet rußland znrückfallen. Im Konzcssionsvertrage war Harriman die Verpflichtung zu großen Kapitalinvestitionen und be sonders kostspieligen Bahnbanten auferlegt worden. Harriman verpflichtete sich außerdem zu einer großen lausenden Ab gabe an Svwjetrußland. Ans der anderen Seile enthielt der Vertrag für Sowjetrnßland keinerlei Risiko, nnd ins besondere hatte Rußland die Freiheit, andere Manganerz vorkommen tn Konkurrenz mit der Tschiatnri-Konzession anszubeutcn. Diese Vereinbarung hat zusammen mit der Entwicklung des Manganerzmarktes, der durch Ncber- vroduktion einen Preissturz von 20 Prozent erfuhr, die Kon zession Harrimans entwertet. Mit der Kündigung der Kon zession entstehen für beide Vertragspartner schwierige Fragen, da Harriman rund 30 Millionen RM. in die Konzession hin eingesteckt hat, die den Wert der Anlagen für Sowjetrußland wesentlich erhöht haben. Harriman fordert jetzt Ent schädigungen. Für die Russen entsteht das Problem, ob sie die Konzession in staatlicher Regie weiterführen sollen, wozu das Geld wahrscheinlich fehlt, oder ob sich ein neuer Konzessionär findet. Harriman hat nach den Meldungen des .Ostexpreß" auch mit deutschen Interessenten zu rechnen, weil die Deutsche Diskontogesellschast und die Gelsenkirchener Bergwerks A-G. Vorbesitzer der Tschiaturi-Gruben waren und Harriman mit dieser ein Abkommen für eine ErtragS- beteikignng abgeschlossen hatte. Die Liquidation der Tschiatnri- Konzession wird also noch weittragende Folgen für alle Be teiligten haben. Vergleich Soöenskern—Mahraun. IDrahlmeldung unterer Berliner Lchrlttlettung.s Berlin, 22. Juni. In der Berufungsinstanz wurde heute vor dem Landgericht der politische Beleidigungsprozeß ver handelt, den der Hauptschristleiter der „Deutschen Zeitung" Major a. D. von S o ö e n st e r n gegen den Hochmeister des Jungdentichen Ordens Artur Mahraun und den Hauptschristlciter P a st e n a c c i angestrengt hatte, und zwar sühlte sich der Privatkläger durch zwei Artikel im „Jung, deutschen" beleidigt, in denen behauptet wurde, daß Sodeu- stern in Versammlungen vor Vaterländischen Verbänden er klärt habe, es müsse eventuell durch Arbeiterentlassnngen in den großen Werken ein Linksputsch inszeniert werden, um io dem Reichspräsidenten die Gelegenheit zu geben, aus. Grund des 8 43 der Reichsverfassung eine Art Diktatur cin- zurichteu. In der .Hauptverhandlung. die am 22. Juni 1027 vor dem Schöffengericht stattsand, bestritt Major von Toden- stern die Wahrheit dieser Behauptung, und nur der Haupt zeuge. der Kaufmann Käse ha ge, bestätigte die angebliche Acußerung, während eine Reihe von Zeugen, unter denen sich Oberst von Luck, Major von Stephani, der Leiter des Berliner Stahlhelms, befanden, auf die angebliche Acußerung von Sodensterns sich nicht entsinnen konnten. Mahraun hatte außerdem gegen Major von Lodcnstern wegen einer Reihe formaler Beleidigungen iu. a. war ihm in der „Deutschen Zeitung" Denunziation vorgeworfen wordens Wider klage erhoben. Mahraun wurde damals zu 300 Mark Geldstrafe und Major von Sodenstern zu 180 Mark Geld strafe verurteilt. Während Major von Sodcnstern das Ur teil annahm, hatte Mahraun Berufung eingelegt. Zur heutigen Verhandlung waren außer dem Haupt- zeugen Käsehagc von Mahraun noch zwei weitere Zeugen, ein Kaufmann Bettels und ein Kaufmann Everts- Hagen, geladen worden, die die angeblichen Aenßerungen von Sodenstcrn bestätigen sollten. Außerdem waren wieder der Ordenskanzler Bornemann vom Jungdo, Oberst von Struensee, Oberst von Luck. Oberst Bode und Major von Stephani als Zengen erschienen. Ter Vorsitzende regte bei Eintritt in die Verhandlung an. ob nicht noch ein Vergleich zwischen den Parteien möglich sei. Rechtsanwalt Kuntz und Justizrat Hahn erklärten, daß ihre Mandanten grundsätzlich zu einem Vergleich geneigt seien, wobei betont wurde, daß die Vorgänge, die zum Prozeß geführt hätten, politisch nicht mehr aktuell seien. Nach kurzer Verhandlung zwischen den Parteien außerhalb des Gertchtssaales wurde folgender Vergleich abgeschlossen: Der Privatkläger einerseits und der Privatbcklagte ander seits erklären: Ans Grnnd der Verhandlung erster Instanz und mit Rücksicht aus die inzwischen erfolgte Erklärung der Vorgänge in anderen Prozessen wollen wir die in gutem Glauben gegenseitig erhobenen Vorwürfe nicht weiter aus, rechterhalteu. Soweit formale Beleidigungen gefallen find, »erde« sie mit dem Ausdruck des Bedauerns znrückgeno«, «e«. Die Kosten werden gegenseitig aufgeteilt. General v. Äeerlngen -t». Kolbcrg. 22. Juni. In der Nacht vom Mittwoch zum Donnerstag starb auf dem Gute Batzwitz im Kreise Greisen- berg in Pommern General v. Heeringen im Alter von 77 Jahren. General v. Heertngen, sonst in Magdeburg wohnhaft, wellte zur Erholung bei seinem Schwiegersohn, »ein Baron Genfft v. Pilsach. Berlin, SS Juni, «mtlich »ird «itaeteilt: Abg. Müller, Kranke« berichtete heute abend 7 Uh, dem Herrn «eich-, Präsidenten eingehend über die ven ihm in de« letzte« Lage« »ege» der RegternngSbildnng geführte« Berbandlnnge«. die hente z« dem Ergebnis gelangt feien, daß die Regier»««», bildung aus der Grundlage der Großen Koalition als ge» scheitert angesehen werden müsse. Abg. Müller schloß daran einen Bericht über seine heute begonnene« Bemühungen «m Bildung einer Regierung anf der Grundlage einer kleineren Koalition. Der Herr Reichspräsident dankte Herr« Müller sür sein« bisherigen Bemühungen und ermächtigte ihn. seine Verhandlungen zur Regierungsbildung ans der Grundlage einer kleineren Koalition sort-useße«. Die Lage in Berlin. tDrahtmeldung unserer Berliner Lchriftleitung.) Berlin. 22. Juni. Nachdem nun die Verhandlungen über die Große Koalition endgültig gescheitert sind, wird lebhaft die Frage erörtert, welche Möglichkeiten nun noch verbleiben. Der Abg. Müller-Franke», dem jetzt auch von demokrati scher Seite bescheinigt wird, daß ihm jedes Geschick dazu fehlt, für Regierungsverhandlungen den Leiter abzugeben, will trotz aller Aussichtslosigkeit den Versuch unternehmen, eine Wei marer Koalition auf die Beine zu stellen. Er begab sich heute abend zum Reichspräsidenten v. Hindenburg, der ihm die Ermächtigung erteilte, seine Verhandlungen jetzt der Bitdung einer Regierung aus verkleinerter Basis zuzn- wenden. Hier sind aber die von der Bayrischen Volkspartei ausgehenden Schwierigkeiten so stark, daß man vielleicht nicht einmal erst in ernsthaste Verhandlungen eintreten wird. Die Bayrische Volkspartei lehnt eine Weimarer Koalition ab. Da zwischen dieser Partei und dem Zentrum bekanntlich seit einiger Zeit eine Arbeitsgemeinschaft besteht mit dem Zweck, Bayrische Volkspartei und Zentrum im Laufe der Zeit wieder zu einer großen Partei des deutschen Katholizismus zu ver schmelzen, kann das Zentrum, wenn es diese Arbetts- gemeinschast nicht gefährde» will, sich einer Weimarer Koalition ebenfalls nicht anschließen. Deshalb hat heute der Zentrumssührer v. Gusrard dem Abg. Müller-Franken er klärt, daß eine ganz neue Lage geschaffen sei, über die sich das Zentrum erst in eingehender Beratung schlüssig werden müsse. Diese Beratung, die erst am Montag stattsindet, wird aller Voraussicht nach feststellen. daß eine Weimarer Koalition nicht in Betracht kommen könne. Gusrard hat heute nachmittag der ZentrumSfraktion über die Beratungen des Fraktivnsvorstandes berichtet. Die Gcsamtsraktion des Zentrums ist sür Montag abend 8 llkr einbernscn. Zugleich wird am Montaa der Reichspartcivorstaud des Zentrums mit den Vertretern der Reichstags» und Landtagsfraktion zu der ncugeschassencn Lage Stellung nehmen. An der heutigen Sitzung nahmen als Vertreter der Bayrischen Volkspartei die Abgg. Leicht und Rauch teil. Zum Scheitern der Großen Koalition schreibt die Bay rische Volkspartei-Korrespondenz, man müsse diesen Ausgang bedauern, denn unter allen Kompromißlösungen wäre die Große Koalition immer noch die erträalichste gewesen. Die Korrespondenz stellt sest, daß das Wort Weimarer Koalition in Bayern einen schlechten Klang habe. Eine Weimarer Koalition, die im Geruch stünde, Bayern mcbiatisieren zu wollen, wäre eine Verbin dung. an der die Bayrische Volkspartei niemals teil- uchmen könne. Die durch das Scheitern der Großen Koalition geschaffene Lage stelle den LandcsaiiSschuß der Bayrischen Volkspartei vor besonders schwere Entscheidungen. Der Verlaus dieser Sitzung werde für die Entscheidung der Reichstagsfraktivn richtunggebend sein. Dem Abg Müller-Franken dürfte kaum etwas anderes übrig bleiben, als dem Reichspräsidenten seinen Auftrag, ein Kabinett zu bilden, zurückzugrben. denn der Versuch Müller- Franken» auf andere Verhandlung-weilt »och eine Große Koalition zustande zu bringen, wäre von vornberein zwecklo. Der Stärk« der Fraktionen nach würbe der Reichspräsident dann einem Deutschnationalen den Auftrag geben müssen. Da aber von einem Deutschnationalen nur eine Regierung gebildet werden könnte, wie sie btS zur Auslösung des Reichstages bestand, kann eine solche Beaustragung, „in, i» Wirklichkeit in Betracht kommen. Der ReichSprüsiden durfte daher sofort einen Vertreter der brittstärksten Fraktion nämlich des Zentrums, und. wie man anntmmt, den Fr» tionSvvrsitzeiidcn der Zentrumssraktion, Herrn v. Gusrard selbst, mit der Kabinertöbildung betrauen. Dieser würde „u nächst wohl ebenfalls versuciwn, eine Regierung der Großen Koalition zustande zu bringe». Ob Herrn v. Guerard, der als BerhandlungSsührer sicherlich geschickter als Herr Müller Franken ist. diese» Vorhaben gelingt, läßt sich natürlich um, nicht Voraussagen. In manchen parlamentarischen Kreiien glaubt man, -aß ein solcher Versuch erfolgversprechend ie Man stützt diese Ansicht auch darauf, daß Herr v. Guera d bei der Vvlkspartei aus größeres Entgegenkommen hassen könnte, schon weil er es war, der noch i» letzter Minute vor suchte, eine der Bolkspartei zusagende Lösung der Preußen- fragc herbeizusütiren. Sine «nbere Meinung in parlamentarischen Kreisen «ein dahin, daß der Beauftragte des Reichspräsidenten jetzt ver suchen müßte, ohne Bindung an Fraktionen sein Kabinett mi, Parlamentariern z« bilden, die bestimmte politische Grundsätze vertreten. Die Aussichten einer solchen Lösung sind aber äußerst gering. Die größte Wahrscheinlichkeit hat deshalb die Kombination, daß nach dem völligen Scheitern des Aba. Müller-Franken der Zentrumsführer v. GuSrard mit de», Auftrag, ein Kabinett zu bilden, betraut wird. Recht inior- essant ist im übrigen dte Ariltk der Demokraten an Mittler-Franken. Der „Demokratische Zeitungvdienst" schreibt heute u. a.: „Tic Befürchtung, daß die von dem Führer der Sozialdemokraoo begonnenen Verhandlungen das Ende nehmen würben, das sic genommen habe», ist von demokratischer Seite schon vor Tage» zum Ausdruck gebracht worden. Ss geht eben einfach nicht so. wie diesmal wieder verfahren wurde. Herr Hermann Müller hat die Schwierigkeiten zum Teil ja geradezu künstlich heranfbeschworen. Verhandlungen mit LL Abgeordneten auo fünf verschiedenen Fraktionen sind ein Unding, wenn sie dac Ziel haben, eine Regierung zu bilden. Es ist doch unmöglich, daß man alle die Punkte, die man In vier Jahren im Kabincll und in den interfraktionellen Sitzungen auSkäinpfen muß, vo» vornherein erledigt. Dieses Rätsel hat noch niemand löst» können, und dieses Kunststück werden auch andere Politiker als Herr Müller nicht fertig bekommen. Man muß doch auch ein Gefühl dafür haben, daß diese Verhandlnngsmethode nicht gerade sehr würdig ist. Sie trägt mindestens nicht dazu bei. die Arbeiten des Reichstages draußen volkstümlich zu gc stallen." Zur Bildung einer Weimarer Koalition erklärt der Demokratische ZcttnngSdienst: „In demokratischen Kreisen bestehen gegen eine Betei ligung an einer Weimarer Koalition sehr schwere Bedenke,, Man braucht in einer solcher Koalition bie Bayrische Volke vartei, nnd es ist überhaupt noch gar nickst einmal sicher, ob die Banrische Volksvartei setzt zu einer solchen Beteilig«',, bereit ist. Dann aber gibt eS auch eine ganze Reihe von Fragen, in denen die Parteien der Weimarer Koalition gegen die Demokraten standen und stehen würden." Man sieht sti», daß selbst die Demokraten, die -er befreundeten Sozialdemo kratie durch dick und dünn folgten, jetzt vor so viel Ungeschick lichkeit von seiten des Herrn Müller-Franken ansanac». stutzig zu werden. Wenn aber schon die Demokraten ab- svringcn, dann wird Müller-Franken wohl am besten seine Bemühungen cinstcllen. Am 12. Juni hatte er vom Reich.,- Präsidenten den Auftrag der Neubildung erhalten, hcuic schreiben wir den 22. und erreicht ist noch nichts trotz so aus gedehnter Verhandlungen in der 'Zwischenzeit. Eine Erklärung -er Deutschen Dolksparlei. Berlin, 22. Juni. Von volksparteilicher Seite wird zu dem Ergebnis der Verhandlungen über die Große Koalition folgendes mitgeteilt: „Die Fraktion der Deutschen Volks- partet hat sich von Beginn der Beratungen an ernstlich be müht. die vorhandene» Schwierigkeiten gegenüber der Bil dung der Großen Koalition zu beseitigen und an dem Zu standekommen einer neuen Negierung mitzumirken. Aus weiten Gebieten der Außen-, Wtrtschafts- und Sozialpolitik ist die Annäherung, teilweise die Uebercinstimmung der Aus- fassungcn der verschiedenen Parteien unter entgegenkommen der Mitwirkung der Deutschen Bolkspartei gelungen. Wir haben aber bedauern müssen, daß die Sozialdemokratie mit großer Hartnäckigkeit einige Fragen von mehr agitato rischer Bedeutung in den Vordergrund geschoben hat Die Feier des 1t. August steht jedem Deutschen frei. Einer gesetzlichen Festlegung für die Formen dieser Feier hätte die Deutsche Volköpartei zu gestimmt. Tie Einführung eines neuen gesetzlichen Feier tages mit dem Zwange zur Arbcitöruhe aber kann nicht als dringlich anerkannt werden. Für die vorbereitenden Ver handlungen mit dem Herrn Verhandlungsführer Müller- Franken hat die Deutsche Volkspartet keine besonderen For derungen angemeldet. Leider aber hat der Herr Verhand lungsführer die beteiligten Parteien eingeladen, ihre Forde rungen für das künftige Regierungsprogramm geltend zu machen. Es war vorauszusehen und ist auch ctngetreten, daß sich daraus eine solche Fülle zum Teil widerstrebender Programmpunkte ergab, so daß sich dte Verhandlungen zwar tn bie Länge zogen, aber nicht aussichtsreicher gestalteten. Allerdings hat bie Deutsche Bolkspartei darauf bestanden, tm Reiche und tn Preußen eine gleichartige Regicrnngs- koalition zu erreichen. Dabei waren für sie keine Prestigefragen maßgebend, sondern allein sachliche Gesichtspunkte. Die heute vom ganzen Volke lebhaft geforderte Aufgabe der Staats- und Ver mal t u n g s r e f o r in, nm nur das eine zu nennen, setzt eine Zusammenarbeit von Reich und Preußen voraus, denn darin liegt der Schlüssel zu der Lösung des Problems. Auch von Anhängern anderer Parteien wurde diese Regelung be fürwortet. Das war der einzige Punkt unter den bekannten vier Programmpunkten, den die Deutsche Bolkspartei ans- geworsen hat, und an denen hauptsächlich die Bemühungen der Großen Koalition gescheitert find. Leiber haben sowohl der preußische Ministerpräsident wie die preußischen Fraktionen des Zentrums und der Sozial demokraten keine Geneigtheit bekundet, baldigst dte Verhand lungen zu einer Umbildung der preußischen Regierung auf- zunchmen. Im Gegensatz hierzu steht bie erfreuliche Haltung der Demokratischen Partei, die sich bemüht hat. zu vermitteln. Die Deutsche Volköpartei hat nicht gefordert, das, die preußische Losung sofort vollzogen werde, wohl aber, daß sic sofortige Bereitwilligkeit für eine baldmögliche Umbildung er klärt und ihre Grundlagen festgestellt würden. Das Entgegen kommen der Deutschen Volkspartei hätte es wohl verdient, daß man zur Erreichung dev großen Zieles tm Reiche nicht mit sormaltsttscheu Etnwänben gekommen wäre. Nach alledem mnßteu bie Verhandlungen sür die Große Koalition im Reiche scheitern. Für das, was sich aus der jetzigen Sachlage ergibt, must die Deutsch« Bolkspartei die Verantwortung ablehnen und wird die weitere Entwicklung mit Ruhe betrachten." Be-enken -er Demokraten. Berlin, 22. Juni. Die demokratische Reichstagsfraktion nahm in ihrer Sitzung am Freitagnachmittag den Bericht dcS Fraktionsvorsitzenden Koch-Weser entgegen. Erneut kam die Auffassung zum Ausdruck, daß die Methode falsch sei, vor der Regierungsbildung eine Einigung der Fraktionen auf ei» bestimmtes, ins einzelne gehende Programm erreichen zu wollen. Weiter wurde dargelegt, daß die demokratische Ncichs- tagSfraktion gegen eine andere als die Negierung der Großen Koalition die schwersten Bedenken, vor allem auf dem Gebiete der Schul- und .Kulturfragen, hat, zumal dadurch auch der Fortschritt auf dem Wege zum Einheitsstaat, zur Ftnanzresorm nnd zum Kleinrentnergesctz erschwert wird. Trotzdem wird sich dte demokratische Fraktion ans staatspolttischen s!) nnd parlamentarischen Gründen den neuen Verhandlungen nicht verschließen, dringt aber, im Interesse des Parlamentarismus, auf eine beschleunigte Fortführung der Besprechungen. Die S.P. D. bittlgl die Verhandlungsführung. Berlin, 22. Juni. Die sozialdemokratische Reichstags- fraktivn nahm iu kurzer Fraktionssihung den Bericht dcS Abg. Müller-Franken über die interfraktionellen Verhandlun gen entgegen. Sie erklärte sich mit seiner VerhandlungS- führnng einverstanden. Das neue Relchskagshandbuch ferttggefkellt. Berlin, 22. Juni. Das Büro des Reichstags hat jetzt daS neue Reichotagshandbiich mit de» Persvnalanggben der Ab geordneten ferliggestellt. Das Neichstagshandbuch wird »och bis Ende deS Monats der Oeffentlichkett übergeben werden. 130 neue Parlamentarier sind in ihm verzeichnet, Der jüngste Abgeordnete ist diesmal ein Kommunist Aonrad Blenkle, der 1001 in Berlin geboren ist, also im Alter vo>, 27 Jahre» sicht. Nach ihm kommt der Nationalsozialist Josef Wagener, und an dritter Stelle der bisherige Benjamin des Reichstags, der demokratische Abg. Lemmer. Die beide» Senioren des Reichstags sind auch diesmal wieder der 82jäli« rige sozialdemokratische Alterspräsident Bock und der 80jäh< rtge Zentrumsabgcordnete Herold. s »«Riclicn« dONM>U8t«k »ItdevNkrt de! bä»S«n- »i. 0»em- (Odscsäuscunggn. 8oci- bcsanon, tt>iecsriMl) »na v»rml«»»»ppk«n
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