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71. Jahrzang. A» Menö-Ausgabe «Mwoch, 1». Juli 1«7 Gegründet 18S« Vrabtaosckrtsi, Stachetchto» Vooobo» E»nrIsr-<1>,r-TammeImim«er, 2SS41 Nur für Nach»a«Ioräch»> 20 Oll 1S0MK. D-zug--««bühr MLLSL Dl» Am«iir« w»rb»7, na» Boldmark brrrckn»!-. dir -Nilvattto« » »an br«ti» Anz-igm-Pr-»-: LN NÄ«,7."ÄKS:'Ä»'' »Miirdalb Ä0Psg. osserlenaebüln A>Ma. 4I»»w. Auitrüae ar»«n Borai»»d«»abia. Schrtsll»tl,nq m>d Ham>>s»s<b2ft«>»II«, «l«rt»»k»atz» 3S 42 Druck». Vrrlaa von vtootck ck N«t»ardi in Drerdr» Vakickrck-Konto lOSS Dre»»e« Nackdrn» nur mii drnllicker Quellrnanaabr i.Drrrdnrr Na»r/> rulüilia. Unverlan«»» Lckrisiltück» wrrdrn nick» anNxioadrt. PazWenverbrüderung mtt Polen. Der alte Plan einer deutsch-polnischen Parlamenlarier-Konferenz wieder ausgenommen. Der Entwurf eines Kan-elsprovtforiums mit Frankreich serliggeslelll. — PalSftina nach -em Er-beben. Der Lan-tag zur Unwellerkalaflrophe. Das Werk -eufscher LinkspoMiker in Warschau. Berlin, IS. Juli. Seit einiger Zeit ist eine deutsch-polntp Parlamentarterkonserenz in Berlin geplant, nachdem bcrrliS einige Abgeordnete und Journalisten deutscher Link Spar- teten in Warschau polnische Politiker gesprochen haben. Für die Berliner Konferenz haben polnische Abgeordnete ver schiedener Parteien ihre Teilnahme zugesagt. Ein festes Datum für die Konferenz ist noch nicht vereinbart. Die Polen stelle» für die Verhandlungen die Bedingung, dag territoriale Fragen nicht einbezogcn werden. Die Krage deS Korridors darf als» nicht berührt «erden. Der -eulsche Warschauer Gesan-ke in Berlin. Berlin, 18. Juli. Der deutsche Gesandte in Warschau, Rauscher, weilt wieder in Berlin zur Berichterstattung Über den Stand der deutsch-polnischen Verhandlungen, die in letzter Zeit auf dem Gebiete de» NtederlassungS- rechts einige Fortschritte gemacht haben. — Halbamtlich wird bestätigt, daß Gesandter Ulrich Rauscher im Zusammenhang mit den deutsch.polntschen Verhandlungen hierhergekommen ist, und baß man in der Frage der Niederlassung zu einer erheblichen Annäherung gekommen sei. Damit ist aber «och' nicht gesagt, daß nunmehr die Verhandlungen über die Zoll srag« alSbald beginnen «erden, befinden »ir n»S doch jetzt t» einer Zeit der großen Sommerurlanb«. Korsanty aus -er Skarboferme abderusen. Kattowitz. 18. Juli. Auf Veranlassung der polnischen Regierung ist Korfantn von dem Posten des AussichtSratS- Vorsitzenden für die polnische Abteilung der sranzösisch- polntschen Jndustriegcsellschast Skarboferme. die seit der Abtrennung Ostvberschlesicns den ehemaligen preußischen Staatsbesitz verwaltet, abbcrufen worden. An Stelle Kor- santvS ist Ingenieur Widomski, Abteilungsleiter im Finanzministerium, im Einvernehmen mit der Regierung getreten. lT. U.) Endlich ein Kandelspakl mil Frankreich? Paris, 18. Juli. Nach dem »Petit Partsten" haben ti« deutsch.französtschcn HandelsvertragSverhandlungen in den gestrigen Spätabenbstunden zu einem Uebereinkommen über einen vorläufigen Vertragsentwurf geführt, der von den französischen Unterhändlern bereits unterzeichnet worden sei. Wie bas Blatt weiter erklärt, wollten die deutschen Delegierten nicht eher unterzeichnen, als sie durch die R e i ch S- regierung hierzu ermächtigt seien. Sie hätten deshalb nach Berlin telegraphiert. Sobald die Antwort eingetroffen sei. werde die deutsche Delegation ebenfalls unterzeichnen. Die »»« der deutschen Delegation in den letzte» Tagen vorgebrachte« Forderungen seien, wie das Blatt weiter be richtet, «on der französischen Delegation angenommen wor den. DaS Blatt beglückwünscht Bolanowskt und die franzö fischen Unterhändler, daß cs ihnen gelungen sei, daS Abkom men noch vor Parlamentsschluß abznschließen. Im Gegensatz zum »Petit Parisicn" ist das »Petit Journal" sehr pessimistisch und sucht hierfür restlos die deutsche Delegation und die deutschen Forderungen verantwort, lich zu machen. — Der »M a t i n" will auf Grund gestern etn- gezogener Erkundigungen wissen, daß die auSctnandergehende« Meinungen der beiden Delegationen nicht abschen ließe«, wann »nd wie eine Vereinbarung zustande komme« könne, sT. U.) Noch keine Nachricht im Auswüriigen Ami. Berlin, 18. Juli. Beim hiesigen Auswärtigen Amte liegen Nachrichten über den Abschluß des t^utsch-franzftsischen Handelsprovisortu ms noch nicht vor. Es wird aber angenommen, daß wahrscheinlich heute schon die Unterzetch- nung des Abkommens erfolgen kann. Einzelheiten über den Inhalt des Abkommens werden noch nicht mitgetetlt, wenn aber gesagt worben ist, daß wir Frankreich die Einfuhr eines Weinkontingents von 4118 980 Hektoliter zngeftanden Hütten, so wirb demgegenüber erklärt, das stimme nicht. Kein Verzicht -er Besatzung aus Schieß übungen. Berlin, 18. Juli. Der Kommandant der 4 französischen Kavallertcdtvision hatte dem Regierungspräsidenten von Trier mttgcteilt, baß an fünf Tagen im Juli auf dem von den Franzosen bestimmten Schießplatz von Pellingen bei Trier Artillerie- und Jnfanterieschteßübungen stattstnden würden. Auf Vorstellungen der Regierung, dieses Scharf- schießen, wenn überhaupt notwendig, entweder nur vormittag» oder nachmittags abzuhalten, hat der General der Trier- regierung mitgetetlt, die Schießübungen würden vormittag» von 8 bi» 12 Uhr abgehaltcn werden. Die dentschen Behörden habe« wegen dieser Schießübungen an» eine« Platz, der gar kein Schiebplatz ist, sondern mitte« im bebaute« Gelände liegt, ernent Verhandlungen mit der Besatzung ei«g«leite1, «m zu erreichen, daß die Schießübungen in Wegfall kommen «nd der Platz wieder frei wird. Dresden, den 18. Juli 1927. Die furchtbare Unwetterkatastrophe im Qsterzgebirge hatte auch Veranlassung gegeben, sofort den Zwischenausschuh des Landtages zu einer Sitzung etnzuberufen, di« heute im großen Saale -eö LandtagsgcbäudcS stattsand. Auf dem Tische des Hauses sind zahlreiche Bilder aus dem Unglücksgebiet ausgelcgt. Die Tribünen sind schwach be setzt, La erst tn letzter Stunde bekanntgegeben worden war, daß die Verhandlungen öffentlich seien. Präsiden» Schwarz eröffnet -ie Sitzung 1 Uhr und führt sodann folgendes auS: »I« östlichen Erzgebirge hat eiue Unwetterkatastrophe Verheerungen augerichtet, wie sic trauriger und furchtbarer kau« ansgedacht werden können. Wir sichen an der Bahre »»» IS« tödlich Verunglückten. Ganze Familien fanden mitte« in der Nacht in hcreinbrcchenden tosenden. Finten «nd in zusammenstürzendc« Häusern ihren Tod. Aber auch in treuester Pflichterfüllung «nd freiwilliger Hilfeleistung fanden eine große Anzahl braver Männer ein tragisches End«. Hunderte von Familien sind ihrer gesamte« Hab« ««» ihres gesamte« Gutes beraubt. Sic siebe« vor einem Nichts! Zn« Felder zcrgeu de« Weg, den die unheimliche« Fluten nahmen. lDie Mitglieder des Landtags haben sich zum Zeichen ber Trauer von ihren Plätzen erhoben.s Am Namen des Landtags spreche ich hiermit in erster Linie de« Angehörigen der so grausam aus dem Lebe« Gerissenen das tiefste Mitgefühl aus. Zu gleicher Zeit aber gebe ich daS Verspreche«, daß der Landtag alles tun wird, um den Hinter, bliebenc» und sonstigen Geschädigten durchgreifende «nd schnelle Hilfe zu bringen." Mtnislerpräsi-enl Keld» schließt sich den Worten der Teilnahme namens der Negierung an und spricht allen denen, die unter eigener Lebensgesichr sich zur Hilfe bereit gefunden haben, herzlichen Dank auS. Die Regierung habe sich sofort in das UoberschwemmungSgebiet begeben. Der erste Anblick sei ein furchtbares Bild «lewen» tarer Zerstörung «nd Verwüstung gewesen. Mau werde in der Geschichte der Menschheit lauge «ach» blättern müsse», um ein Unglück feststellen z« können» baS mit so elementarer Wucht über die Beoölkernng hercingebrochen fei. Die Bevölkerung habe sich zunächst in einem Zustande der Erstarrung befunden. Die Presseberichte seien eher tn ab- gcschwächter Form erschienen, als -atz sie übertrieben hätten. 0 Wie konnte eine solche Katastrophe entstehen? Die Regierung habe sofort Schritte eingeleitet, daß von Fachleuten der Versuch gemacht werde, ein Urteil darüber ab zugebcn, wie es möglich gewesen sei, daß das Unglück mtt so verheerenden Wirkungen kam. Das jetzt abgegebene Urteil sei gewiß noch nicht lückenlos, aber es lasse immerhin er kennen, auf welche Ursache das Unglück -urückzufiihren sei. sDer Ministerpräsident verliest dieses Schriftstück.) Die Niederschlagsmengen seien bedeutend größer gewesen, alS man bei derartigen Katastrophen in den Flußläufen bisher beobachtet habe. Ein Hvchwassermeldcdicnist hätte erfolglos sein müssen. ES feie« Stauseen bis zu acht Meter Höhe entstaube». Diese Vorgänge hätten sich abwärts immer wiederholt. Ein zelne Talsperren würden nur einen bedingten Schutz ge währen. Nur «i« ganzes Softem von Talsperre«, ans die Haupt» «nb Ncbentäler verteilt, könne di« unterhalb liegende« Fiußftrecke« sicher«. Das seien aber Anforderungen, »i« bei den so dicht besiedelten Tälern nicht erfüllbar seien. Die Erhebungen über die Schäden seien noch nicht ab- geschlossen. Allein im Müglitztal feien 27 Eisenbahn, brücken von den Fluten weggeschwemmt worden. An den Bahnhofsgebäuden und ihren Nebcnanlagen seien schwere Schäden entstanden. In ähnlichem Umfange seien die Bahn- linten von Pirna nach Gottleuba und nach Groß cotta beschädigt worden. Auch die Straßen und Weg« seien schwer beschädigt, ebenso die Flußbetten. Diese sollten un- gesäumt zunächst provisorisch befestigt wcrden. Am schmerz lichsten sei -er Verlust zahlreicher Menschenleben. Biele Mtl. Nonen betrage der Verlust an Privateigentum. I« ganzeu seie« mehr als 10» Gebäude der Ver nichtung anheimgefalle«. Bet dem großen Umfange des Anglück» habe e» die Regierung für erforderlich gehalten, einen Staatvkommtfsar «tn- zusetzen. Die Regierung habe sofort Mittel zur Versüaung gestellt. Auch Retchvmittel seien bercitgestellt worden. Nach dem sich Hab« übersehen lassen, daß die Schäden so groß seien, daß dt« öifentltchen Körperschaften allein nicht in der Lage seien, den Wiederaufbau burchzuftthreN, habe die Regierung beschlossen, eine allgemeine Sammlung in die Wege zu leiten. Die sächsische Regier««» gedenke eine« Betrag von 10 Millionen znr Unterstütz««» zu stelle«, «m die erste« Schäden z« beseitige«. Bisher sei alle» getan, was menschenmöglich gewesen sei. Die unersetzlichen Schäden an Menschenleben könne man freilich nicht heilen. Hier werde man nur mit stummer und stiller Trauer helfen können. ^ Präsident Schwarz gibt die Anträge bekannt, die von de« Kommunisten, den Sozialdemokraten und der Wirtschafts partet eingegangen sind. Abg. Renner lKornm.) unterstreicht die Ausführungen de» Ministerpräsidenten über die Größe des Unglücks und be grüßt eS. daß die Regierung einen Betrag von 10 Millionen Mark zur Verfügung stellen wolle. Aber auch die Reichsregie rung müsse denselben Standpunkt einnehmen. Aus die private Sammeltätigkeit könne man sich nicht in großem Maße stützen. Der Ministerpräsident müsse dem Landtage schon in de» nächsten Tage« ein Ausbauprogramm vorlegen. Der Redner bedauert, daß ber Roten Arbeiterhilfe die Sammel tätigkeit verboten worbt» sei. Präsident Schwarz wirft die Frage auf, inwieweit da» Reich verpflichtet sei. hier einzugreifen. Aus den Einnahmen des Landes seien die erforderlichen Mittel nicht zu beschaffen. Der Redner stellt anheim, sich mit dem Reiche in Verbindung zu setzen, um »ie Mittel ans be« Weg« einer Anleihe z» beschaffe«, alsperren hätten das Unglück nur mildern, aber nicht beseitigen können. Bet der Durchführung der HilfSmaß- nahmen müsse jeder bureaukratische Einschlag beiseite gelassen werben. Ministerialrat Dr. Sorger äußert sich zu -er Frag«, ob der Bau von Talsperren in der Lage gewesen sei, die Katastrophe herabzumindern. Hierüber seien die Untersuchun gen noch im Gange. Er möchte aber betonen, daß diese RieberschlagSmenge» »ber alle bisherige» Beobacht«»»«» «nb Berechn»»»«« hinanSgegange« seien. Die Untersuchung habe bereits bas Ergebnis gezeitigt, daß daS Unglück nicht allein durch die Höhe der Niederschläge hervorgerufen worben sei, sonder» vor allem dadurch, daß Stämme, Hölzer usw. ein »ollkowweneS Versetze« ber Flnßtäler . hervorgerufen hätten. Dies« Anstauungen durch Holzver- setzungen seien plötzlich wieder zum Durchbruch gekommen. Beim Wiederaufbau müsse man tm Auge behalten, daß die von altcrSher viel zu engen Brücken erweitert und bte Wehre von festen Wehren in bewegliche umgesetzt werden, ferner, daß die Häuser von den Flußläufen weggenommen werben. Das seien Maßnahmen, die zweifellos eine Herab« mtnderung der Schäden Hervorrufen würben. Miuisterprästbent Helbt bemerkte, daß man erst die Schä- de» fcststellen wolle. Dann werde man auch mtt dem Reiche verhandeln. Eine Zersplitterung ber Sammeltätigkeit sei un erwünscht. Der ZwtschenanSschntz beschließt einstimmig, bi« Regier««» »« ermächtige«, »ie erforderliche» Hilfsmaß nahme« sür die von be« Unglück betroffene Vevölke, "" rnng «inznlcite« «nb anSrcichendc Mittel hierfür zur Verfügung »n stelle». Ans die vorliegende» Anträg« so» in »er nächste« Vollsitzung des Landtages zurück« gekommen «erbe«. Dann befaßt sich der Zwischenausschuh noch mit einer Acnderung des Gesetzes über dt« LandeSpfonbbrief» a «sta l t. Stfenbahu-Nraftwagenlinien zum Soch- «assergeblek. Die Reichsbahn eröffnet bis zur Wtederinbetriebnahme ber im östlichen Erzgebirge durch Hochwasser zerstörten Eisen« bahnlinten zunächst folgende vier Eisenbahnkraftwagenltnien zur Personenbeförderung unter Einsetzung ber von ihr zu diesem Zweck von der staatlichen sächsischen Krastwagenver« waltung gemietete« Betriebsmittel: 1. Ptrna—Krietzschwitz—Langenhennersdorf—Bahra— He llcndorf—Gottleuba: 2. Ptrna—Rottwerndorf—Neunborfr 8. Ptrna—Zehista—Berggießhübel: 4. Heidenau—Lockwttz—Kreischa—Glashütte. Der Verkehr wird tn vollem Umfange ä» den bekannte« Bedingungen beS staatlichen sächsischen KraftwagenbetrtebeS chnellsten» ausgenommen werben. Der Fahrplan ber Per« önenkrastwag,«Unten wird dem bisherigen Eisenbahnfahr- plan angepaßt. Dt« genauen Fahrzeiten werben noch bekannt« gegebe«.