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71. Aehrqang. ^ LZ« '»«SM Montag, 1». Juli 1SLS Gegründet 18SS Vncktant«-»M, V»nilftr»«-»r. : 2VS-01. «ur Mr «achl^ipräch,, 20011. D-zugs-D-bühr UzLLL<W Dt» D»»»ta»« ««»d»n nach «oldmar» v»r»chn»>', 0t» »tntoaMa« >1 m« drett» Anzeigenpreis«: L"LÄ."«! LLSi'VÄ^ 'Uk»rkold 2Ü0 Pk>. Osserienaebükr io Plc, Aua«. AuNrüo» neqen vorouadezns'i slell»! SchrtMaikma and Lau,ig«schLN«f>,! «aet»»ilk,„ SSe-IL. Druck u. Dirlan von UI»»>ck » »»«chnrdi m Dr»»d»v. Poftscheck-Honlo 10SS Lr„ü»». Dachdn»» nur mii d»uMch»r Qu»ll»nnnoad» .Dreadner Nnckr ' ,uIiiMa Unnrrlannl» SckrMAtck« wrrdrn nick 'Uidewadrt. Herriot Met eln Kabinett der Linken. Die Aeglerungsbil-ung erschwert -urch die Verantworlungssche« -er Caillaux-Stürzer. Sozialistisches Mitzlrauensvoium für Doncour.-Der Lan-bun- sür -ie Ar-eiksgemeinschast -er Aechlen.-For-erungen -er Lan-arbeiker. Das Ergebnis -er bisherigen Derhan-lungen «Durch Funksv^uch.) Paris, IS. Jnli. Havas zufolge bestätigt eS sich, daß im Lause des Abends Herriot ein Kabinett «ns der Grundlage derBereinignngderLinken gebildet haben wird. Rach k» umlaufende« Gerüchten ist etwa mit folgender Verteilung tcr Portefeuilles zu rechne«: Herriot: Ministerpräfidinm und Außenministerium; de Monzie: Finanzministcr; Reuö Slcnonlt: Jnftizminister; ChantempS: Inneres; D »lädier: Unterrichtsministerium »der Finanzministe- ri»m; Dumeönil: Marine «nd vielleicht Qneuille: AScrbau. Außerdem sollen in das Kabinett eintrete«: Pain« le»K, der das Kriegsministcrinm oder daS UntcrrichtS- miniftcrium übernehmen wird, AndrL Hesse als Kolonial» minister. Louchenr als Handelsminister «nd Le Troc» quer als Minister für össentliche Arbeite«. Herriot foll außerdem beabstchtigen, Jonrdai« als Pcnstonsminister bei,»behalten. Es wird behauptet, das, der Senator Henry Chöron als Budgetminister in Anssicht genommen worden sei. lW.T. B.j Pessimistische Auffassung in Paris. Paris, 19. Juli. Die Aussichten sür die Regierungsbildung -urch Herriot werden recht ungünstig beurteilt. Herriot hat gestern abend erklärt, er werde heute morgen noch ein bi» zwei Persönlichkeiten, darunter Potncar6, sprechen, bevor er sich mit -er eigentlichen Bildung werde beschäftigen können. Um 2 Uhr nachmittags werde er den Präsidenten der Republik über den Stand der Verhandlungen unterrichten. Der all» gemeine Eindruck geht dahin, das, Herriot zunächst versuche« werde, ein Kabinett unter Einbeziehnng weiterer Rechtsgruppe« ans der Basis einer Einig««« über die Kapitalabgabe oder doch einer Art der Kapitalabgabe zu bilden. Zunächst dürste sich HerriotS Million dahin richte«, «ie sichPoincar 6 ,« der etwaigen Mitarbeit stelle« wird. In einer Reihe von Rechtsblättern wird vor allem gegen die Betrauung HerriotS mit der Regierungsbildung und gegen die Uebernahme der Ministerpräsidentschast durch ihn pro» testiert. Das „Echo de Paris" weist daraus hin, daß Herriot als P a r t c i s ü h r e r nicht in Frage komme. ES sei möglich, daß Herriot die Bildung seiner Regierung glücke, aber er werde kein Bertrane« genieße«. Frankreich brauche aber gerade jetzt eine Regierung, die all gemeines Vertrauen finde. Das genieße nur eine Regierung >der nationalen Einigung» an deren Spitze nicht Herriot steht. „Avenir" ist der Ansicht, Herrtot sei heute bet seiner Regierungsbildung ebenso behindert wie vor drei Wochen. Tie Presse der gemäßigten Rechten glaubt, daß Herriot schon nach den ersten Versuchen darauf verzichtet habe, eine Regierung der nationalen Einigung zu bilden und daß er sich darauf beschränken werbe, ein Kabinett der radikalen Union, also der Union der bürgerlichen Linken, ziistandezubringen, daS die Unterstützung der Sozia» liste» finde. Hierbei werde vermutlich PoinearS als Finanz» «inister in Frage kommen. Auch der größte Teil der Links» presse erkennt an, daß die Mission HerriotS sehr schwierig sei. Tic „Ere Nouvelle" schreibt, eS gäbe keine Majorität ohne Herriot, aber Herriot habe selbst nicht die Majorität. Der .Quottdlcn" sagt, dem Lande könne nur eine ausgesprochene demokratische Politik helfen. Der in Paris erscheinende »New Bork Herald" ist der Ansicht, baß eine nene Inflation «nocrmeidlich sei, gleichgültig» ob eine Regierung gebildet «erde oder nicht. Dle Sozialisten argen Dekeiligung an -er Regierung. Paris, 10. Juli. Der Vorstand «nd die VarlamentS- sraktio« der Sozialistischen Partei haben «ach mebrftündiaer Beratung die ihnen von Serriot «»gebotene Teilnahme an der Negierung in einer Entschließ«»« abgclcbnt. in der er klärt wird, daß die Partei entsprechend dem Beschluß ihres letzten Parteitages an keiner von einer anderen volttischen Partei gebildeten Negierung teilnehmen könne- Weiter wurde in einer Entschließung, die sich mit der möglichen Unterstützung der Regierung beschäftigt, die Unterstützungs- Politik nur soweit in Aussicht gestellt, als die Negierung die in den Programmen der Kongreße von Grenoble und Cler- mont-Ferrand ausgestellten Mindestforderungen erfüllt. DaS bedeutet soviel, daß die Sozialisten die Wiederaufnahme der Nnterstütznngspolitik davon abhängig mache«, daß die neue Regierung die Kapitalabgabe in ihr Programm anfnimmt. Diese Vorlage wurde aber bekanntlich in der Kammersitzung vom 10. Juli mit großer Mehrheit abgelehnt. Die Aussichten HerriotS für die Neubildung des Kabinetts haben infolge der Haltung der sozialistischen Gruppe beträchtlich abgenommen. Die Lage wird als äußerst schwierig bezeichnet. Auch -ie Verbln-urrg mll Maria gescheilerr. Paris, 10. Juli. Der Kammerpräsident hat gestern nach» mittag ununterbrochen mit politischen Persönlichkeiten zur Lösung der Kabinettskrise verhandelt. Nach den letzten Ein» drücken zu schließen, stößt Herriot aus große Schwierig» ketten. Am Abend hatte er eine bedeutsame Unterredung mit dem Führer der Demokratischen Union. Marin. Dieser gab bei Ansgang der Unterhaltung die «nerwartete «nd len» sationelle Erklärung ab. daß nach seiner Ansicht die Wieder, anfrichtnng des Franken «nter einem Kabinett Herriot keine Fortschritte mache« «erd«. Diese Erklärung MarinS läßt de« sichere« Schluß z«, daß eine Verständigung zwischen seiner Grnppe «nd de« Radikalsozialisten zur gemeinsame« Lös««« der Krise, wie sie am Nachmittag «och allgemein voransgesagt wurde, ge, scheitert ist. Die parlamentarische Situation wird dadurch äußerst kompliziert. Ein Kabinett der nationalen Einigung, von dem immer wieder die Rede ist. erschetnt ausgeschlossen, ebenso ein nur nach rechts erweitertes KonzentrationSkabinett. dem die Sozialisten nicht konsequent ihre Unterstützung zuteil werden ließen. Eine ausreichende Mehrheit wird Herriot nur dann aufbringen, wenn ihm die Neubildung des Kartells gelingt. Aber auch diese Möglichkeit erscheint nach dem Beschluß der Sozialisten gering. Die Auswirkung an -er Börse. Starke Abschwächnng der Frankenvalnte». Berlin, 19. Juli. Im Zusammenhang mit de« Stnrz beS französischen Kabinetts wnrden hente vormittag in London biSznWSsranzösisch« Franken sür ei« Pfund Ster, ling gezahlt, gegen 198,78 am Sonnabend. Auch der belgische Franken war wesentlich schwächer «nd stellte sich ans 917.89 gegen 209 am Sonnabend. I« Berlin nannte «an im Freivcrkcbr von vnrea« z« Bnrea« zunächst eine« Kurs von London gegen Paris mit WO. bann 9W. nnb später pendelte« die Snrse. die genannt wnrden, zwischen LSI «nd 985. Diese Kurse bedeute« «ine Verschlechterung des sranzösische« Franken um etwa 18 Pro» zent b«S Wertes. Voncour -arf Frankreich nicht mehr in Genf vertreten. Ein Beschluß des sozialistischen ParteivorstanbeS. Paris, 1». Juli. Der erweiterte Vorstand der sozialisti schen Partei hat sich mit der Uebernahme der Vertretung Frankreichs beim Völkerbund durch Paul Bon- eour besaßt. Ein Antrag Leon BlumS. der verlangt, daß ! tie Uebernahme einer Vertretung im Völkerbund durch s Sozialisten von der Exekutive der Internationale geregelt »erden solle, erhielt 21 Stimmen. Ein Abänderungsantrag Wracke. welcher fordert, daß ein Sozialist die Vertretung jeder liirqerlichc« Regierung ablehne« müsse, wnrde mit grobe« Mehrheit angenommen. Sofort nach Bekanntgabe dieses Beschlusses hat der sran- lösliche Sozialist Nenaudel, der sich mit Paul Boncour solidarisch erklärte, seine Demission als Delegierter der fran- Mchen sozialistischen Partei beun Internationalen Exekutiv» koniitee erklärt. Die I. M. K. K. un- -er RelcksVehrelal. Berlin. 19. Juli. Die Rote« deS Generals Walch befasse« m «ich«, wie bisher angenommen wurde. auch mit dem öeichswehretat «nd der Krag« der Berbänbe. Die «»ge des ReichSwehretckkS ist von der Interalliierten Militär» kontrollkommission überhaupt nicht zum Gegenstand einer Bor» stellung gemacht worben. Die Frage des Zusammenhanges zwischen Verbänden und Reichswehr kan» als erledigt gelten, nachdem erst kürzlich die Aufnahme von Leuten, die nicht auf gesetzmäßigem Wege eingestellt sind, in -ie Kasernen, Ausbildungsplätze un- in die Truppenteile diese» durch eine besondere Verfügung des RetchSwehrmintsterS auf daS strengste untersagt wurde. Ferien in -er Reichskanzlei. Berlin, 19. Juli. Die Besprechungen de» Reichskanzlers Dr. Marx mit dem Vorsitzenden -eS BerwaltungSrateS der Deutschen Reichsbahn, v. Siemens, über die Voraus» setzungen für die Genehmigung der Wahl Dr. Dorp- müllerS zum Generaldirektor der Reichsbahn baden beute stattgefunden. Darauf folgte eine Sitzung deS Reich», kabtnetts. Wte es beißt, wird -er Reichskanzler noch am Donnerstag seinen mehrwöchigen Erholungsurlaub antreten. Die Frag« der Bestätigung des Generaldirektor- der Reichs» bahngescllschaft dürste noch vorher erledigt werden. Die sonstigen schwebenden Personalfragen dürsten aus seden Fall bis nach dem Urlaub des Reichskanzlers vertagt werden. ES gilt da» besonders won den beiden Posten des Staats, sekretär» der Rctchsmnzlet und deS Pressechef- der ReichS- regterung. Der „Lanseskadl Danzig" erste Fahrt. Am Sonntagmittag ist das Motorschiff „Hansestadt Danzig" nach glücklicher Fahrt, von Swtnemünüe über Zoppot kommend, tm Hafen von Pillau eingelaufen. Als das Schiff die Reede von Danzig erreicht hatte, fand eine festliche Kund» gebung statt, bei der vom ScnatSpräsidenten Tr. Sahm und Ministerialdirektor Dr. Gleichmann, der tm Namen der Rcichsregicrung und der preußischen Staatsregierung sprach, in längeren Reden die Bedeutung der neueröffneten See» Verbindung zwischen Stettin und Königsberg über Danzig als Ausdruck des tatkräftigen Willens des deutschen Volkes, Ost» Preußen und Danzig einen freien Weg zum Reiche zu schaffen und dauernd zu erhalten, gewürdigt wurde. In den gleichen Gcdankengängen bewegten sich die Reden, die während deS Aufenthaltes des Schiffes im Zoppoter Hafen von Ober bürgermeister Dr. Laue und nach seiner Ankunft in Pilla« von Vizepräsident Dr. Herbst gehalten wurden. Reichs verkehrsminister Dr. Krohne hatte durch Funkspruch einen Glückwunsch übermittelt, der noch während der Fahrt von der Schiffsleitung beantwortet wurde. » Mit der ersten Fahrt des neuen der RetchSregierung «nd der preußischen Staatsregierung je zur Hälste gehörige« MotorschncllfchiffeS „Hansestadt Danzig" ist der neue Pet« sonenschtsfsverkehr Swinemünbe — Danzig- Ostpreußen eröffnet worben, der nach langer Unter, brechung die Seeverbtnbung zwischen dem Reiche und -er Freien Stabt Danztg wieder herstellt. Das neue Schiff saßt etwa 1000 Personen. Es besitzt 60 Kabinen mit 120 Bett- Plätzen und ist auf bas modernste eingerichtet. Der Speise- saal faßt über 100 Personen. Rauchsalons, Promenadendecks mit Licgestühlen und bequeme Ausenthaltsräume sind vor handen. Das Schiff besitzt zwei Dieselmotoren mit zusammen etwa 250 k>.8. und hat eine Fahrgeschwindigkeit von 18 Seemeilen in der Stunde. DaS neue Schiff verließ am Sonnabend abend 7Z0 Uhr pünktlich, dicht besetzt mtt Passa gieren sowie einer Anzahl geladener Ebrcnaäste tu voller Flaggengala Swinemünbe, von -er Bevölkerung sowie den Badegästen mtt begeisterten Zurusen und Glückwünschen be gleitet. Im Augenblick der Abfahrt von Swinemünbe brachte die Besatzung des dort liegenden deutschen MartneschulschisfeS „Großherzogtn Elisabeth" ein dreifaches Hurra auf Brie gute Fahrt auS. Zahlreiche Segelboote, Ruderboote und kleine Pinasseu kreuzten am Sonntagmorgen bereits in der Danziger Bucht und waren dem neuen Schiff entgegengefahren. Eine ge mischte Staffel der Danziger und Zoppoter Schwimmvcreine schwamm dem Dampfer entgegen und begrüßte ihn mtt einem kräftigen „Gut Naß! Hurra!" aus dem Wasser heraus. Auf der Steaivttze deS Zoppoter Seestcges hatte sich ein« tausend- köpftge Menge zur festlichen Begrüßung etngefunden. Der Steg selbst prangte in Girlanden», Blumen, und Flaggen« schmuck in den Danziger. Zonvoter und deutschen Farben. Unter den Mästen befanden sich zahlreiche Vertreter beS Dan. ziger Senats, des MaaistratS und der Kurverwaltuna de» OstseebabeS Zoppot, der Danziger Niederlassung deS Nord- deutschen Lloyd, der Studentenschaft der Danziger Technischen Hochschule, verschiedene Männergesangvereine, sowie die Kapelle der Schutzpolizei. Kurz nach der Abfahrt deS Dampfers von Zoppot fand auf dem Hinterdeck die feierliche Uebergabe deS Gastgeschenkes der Freie« Stadt Danzig durch den ScnatSpräsidenten Dr. Sahm an daS Schiff statt. TS ist ein Oelbild, auf dem die Mottlau und die Türme deS Rathauses und der Marienkirche sichtbar sind. ScnatSprä- sibent Dr. Sahm schloß seine bet der Uebergabe gehaltene herzliche Ansprache mtt den Worten, welche auch bet der Taufe deS Schiffes gesprochen worden sind: „So sahre hi«, »« stolzes Schiss, ans freiem Meere «nd verbinde Dentlche «it Dcntschen!" Ministerialdirektor Gletchmann betonte als Vertreter de» RetchSverkehrSministerS Dr. Krohne in seiner Erwiderung, baß eS die Bestimmung dieses Schiffes und seine- Schwester, schiffe- „Preußen" sei. recht vielen Dcntschen die Gelegenheit zum vcsnche und zum Kennenlernen des dentsche« Osten« z« »erschaffe«, und den Danzigern und Ostvreußen eine so schöne Reisemögltchkett nach dem deutschen und preußischen Mutter, lande zu verschaffen. Möge sie immer so reichlich wahrge- nommen werden, wte wir eS heute zu unserer Freude sehen. Mögen die Schiffe in den Danziger HohettSgewäflern immer so gern gesehene Gäste sein wte heute, wo unserem Schiff — ein unvergeßliche- Erlebnis für uns — aus vollem Herzen freudig zugejubelt wurde! — DaS Bild wurde darauf feierlich tm Salon beS Schiffes anacbraebt. Bet der Ankunft in Pillau hatte sich eine festliche Men. schenmenge am Anlegeplatz etngefunden. Bet der Einfahrt bildeten Dampfer und Passaaiere den Gegenstand lebhafter Ovationen. Vizepräsident Dr. Herbst als Vertreter de» Oberpräfldenten der Provinz Ostpreußen begrüßte da» Schilf. Ihm erwiderte im Namen beS preußischen Minister» für Handel und Gewerbe Ministerialrat Dr. Sommer. DaS Hoch am Schlüsse seiner Rede galt Ostpreußen und dem beut- schen Baterlande. Nach der Ankunft hatte der Norddeutsche Lloyd zu einem FrttbOtick an Bord etngeladen, bet dem Direktor Petzet die erschienenen Gäste begrüßte.