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»Siche»«»«. ir» Mittwoch, 17. März 1»2» Gegrüudel ISS« «Mtz«<»Ichlckft: -Sam«»tmo»m»r: SSLS1 » «achiochwlch« ! SO 011. B-zugs-«ebühr Anz-Igvi-PrÄK-LM^ vtz»rd«ld Si» Mo ^ im.» -v nun dr»ü» »U«na, uch» okiu «chrittloii«», uno L »q»la»ichiM»A»ll» Druck» u. D-etan oon ^»»u» » M«ck»«»«! m Dr-uden PoMch»<»^»nlo >0VS Nachdru^ nur in» d»uM<d»r Vu»U»n->n->ad» .Dr»»dn»r Rnckir ' rvINMa Unn-N-'n^I- Scki-cstt«tck>> n»»rdr^ niN, u> .»«xikrt. Das schmWlche bade in Gens. Brasilier» erklärt sein unwi-errusliches Del« gegen eine Aen-erung -es Aales. Vor einer Wle-erherslellung -es französischen Linkskarkells. - Der englische Kaushallplan vor -em Unlerhause. Die Schluhsihung -er Vollversammlung. Klagelieder über das Genfer FiaSko. Genf, 17. März. In BülkerbundSkreisen war schon vor Beginn der Bollver- sammluna die Erregung sehr groß. da man erfahren hatte, daß über Nacht ein Telegramm der Negierung Brasiliens mit In struktionen für Mello Franco etngctrosfcn war: die Sitzung begann nach All Uhr. Der Präsident forderte Chamber» lain sofort nach der Eröffnung auf. seinen Ausnahmebericht zu erstatten. Chamberlain bestieg die Tribüne und forderte dt« Versammlung auf. zunächst die Erklärung Mello FraneoS cntgegcnzunehme». Mello Franko, »erla« sehr erregt eine längere Erklärung, ans der hervor» geht, datz er die a« L. Dezember 1VL4 der dcutt en N ' »nn- gegeuüber abgegebeu« schriftliche Erklärung «nr '"«""-eit als bindend anfieht» alS dies im Einvernehmen zwischen alle« RatSmitgliedcr« über a"c im Zusammenhang damit anfgewor- senc« Frage« mög.uh sei. Dem Vertragswerk von Locarno stehe Brasilien sympathisch gegenüber, aber dieses BertraaS- «erk müsse sichindenBLlkerbunbeiusiigen «nd nicht ««gekehrt, Brastlie« beansprnche als Vertreter amerikanischer Jatercssca et«e stärkere Veteiligmrg »er amerikanischen Mächte am Rat. Eine Un»for«»ng de» VölkcrbundSrateS d» 'e »ich« »it Rücksicht aus egoistische Einzelintercssen «nd übereilt vor sich gehe«. Gei« Veto gegen eine Verminderung des Rat» im gegeowärtige« Augenblick und in der geplanten Weise sei « «- »iderrnslich «nd endgültig. Auf die Ausführungen Mello FrancvS folgte eine von sichtbarer innerer Bewegung getragene Erklärung Estamberlain». Dieser stellt« fest, daß der AufnahmeauSschutz auf clle Fragen über den deutschen Aufnahmcantrag betahenbe Antwort abgegeben und die Annahme de- deutschen Ausnahme» antragc» einstimmig empfohlen habe. Deutschland habe von Anfang an «in« natürliche «nd vernünftige Bedingung au feine« Eintritt geknüpft: die Erlangung eines ständigen RatS» sitze«. der ihm mit Rücksicht ans seine graste Bedeutung in der Welt «nbcdiugt znkvmme. ES sei eine Pflicht der Loyalität gegenüber Deutschland, zu erklären, datz die bedauerlichen Mißverständnisse und Schwierigkeiten, dte sich bet de« Verhandlungen tu Genf auf beiden Setten gezeigt hätten, durch das Zusammenwirken aller Beteiligten a»S dem Wege geräumt worden seien. Lebhafter Beifall erhob sich, der sich zu einem Sturme steigerte, als Chamberlain den vbelmnt von Schwede« und der Tschecko-Slowakci vricS. die durch ihr Opfer die Beseitigung aller Schwierigkeiten ermöglicht hätte». Da» Werk von Locarno sei dadurch gerettet und dte Gefahr vermieden worben, datz Europa von neuem in zwei Lager ge» spalten wurde. Er fei bitter enttäuscht, dast trotz dieser erzielte» Uebereinstimmnng die Aufnahme Deutschlands nickt setzt vollzogen werben könne. Er scklvst mit de« AnSdrncke der feste» Uederzengnn-, dast die Vertagung zur Sichersten»«« de- deutschen Eintritts in de» Bölkerbnnd bei der nächste« Seift»» diene» »erde. Briand erklärte, die Mißverständnisse zwischen den Vertretern Deutschlands. Frankreichs und der anderen Ratsmächte schienen durch eine vollständig« gemeinsame Verständigung beseitigt, die durch die Vollversammlung und den Rat die Wethe hatte empfangen sollen. Sr sei tief von der Empfindung durchdrungen, dast man aus der heiklen Situation berauS- kommen werde, und dast dabei weder das Ansehen eine» Landes, noch insbesondere baS des Völkerbundes auch nur tm geringsten leiden merde. Briand warnte vor einer össentlichen tzerabmindernng des Völkerbundes alS Folge dieser sckm-rz« lichen Ereignisse. Es handle sich um eine EntwicklungS- krankhcit. Mit großer Bewegung erklärte der französische Premierminister weiter: Ich empfinde rS im höchsten Maste als eine Grausamkeit des Schicksals, dast die Zusammenarbeit mit Deutschland heut« noch verwehrt ist, aber alle, und zwar auf Initiative der deutschen Deputierten lstarker Applaus) seien dahin übcretngekommcn, dast der ehrliche und aufrichtige Friodenspakt, den wir in Locarno beschlossen haben, dar» unter nicht leiden darf. Briand forderte zur Reformierung und Veränderung beS Völkerbundes auf und pries unter stürmischem Beifall den HerzenSadel der deutschen Delegierten, der dazu geführt habe, dast daS Merk von Locarno ln dieser Krise intakt und unantastbar erhalten blieb, und weiter als uncrlästliche Handlung des Völkerbundes gegenüber Deutschland eine Art moralischer, voranSgreifendcr Ausnahme DcntschlandS in da- Werk des Völkerbunde» durch Annahme folgender Erklärung: Die Versammlung bedauert, dast die bis letzt «ns» getauchte« Schwierigkeiten e» nicht ermöglichen. daS Ziel ,n erreichen, für welche« Dentfchlanb nach Genf cingeladcn »vrde« war. Dte Versammlung spricht den Wunsch an«, baß diese Schwierigkeiten bi« zur ordentliche» September, Messt,« der vvlkerbnuöSversamminng überwunden fei« «erden, damit dann z« diesem Zeitpunkte die Anfnahme Deutschlands in de« Völkerbund vollzogen «erde« kan».* Dte Versammlung wird bet der Diskussion zu dieser Er klärung Stellung nehmen. Nach Briand sprach der gegenwärtige Vorsitzende de» BülkerbnndSratS, Alhii. Java«. der den von der deutschen Delegation zur Debatte o-'ssesst«'» Vorschlag auf sofortiae Schaffung einer belnnd«-^« Ctudtenkl mmisston »um Antrag erhob. Diese Kor». Mission solle bis zur Septembertagung der Bölccrbunds- versammlung ihre Aufgabe beendet haben. — Der schwedische Anstenministee Unde« bedauerte in ebenso entschiedenen wie kurzen Worten, dast tn der Hauptsache durch chauvinistische und Etnzclinter» essen das einzige Ziel der Märztagung de« Völkerbundes ge» scheitert sei. nämlich die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund und in den Rat. Caballero, Paraguay. verlas tm Namen von Chile. Kolumbien. Kuba. Guatemala. Nicaragua. Panama. Paraguay Venezuela und Uruguay eine verhältnismäßig scharfe Srklärnna gegen dte Haltung des brasitianische» Delegierte«, deren Anhalt bereit« gestern vormittag zur AenntntS Mello-Franeo» gebracht worden ist. Darin wird Brasilien ersncht. mit Rücksicht auf dt« gegen» wärttar schwiertg« Lage sich den Beschlüssen der Mehrheit nn- zuschliesten denn die amerikanischen Völker müssten zur Be friedung Europas beitragen. Motta, Schweiz. gab der tiefe« Bestürzung der Versammlung über daS Scheitern der Verhandlungen Ausdruck und erklärte u. a dast es ein« lebenswichtige Aufgabe des Völkerbundes sei die Aufnahme Deutschland« bis zur Geptembertaguna sicher,» stellen, da sonst ein Zusammenbruch de- Völkerbundes unter dem Wutgeschrei (?) der Völker erfolgen werbe. London. Holland, verschärfte diese Bemerkung, indem er daraus stinwteS. dast die Versammlung in der dte Vertreter von 48 Ländern zu» sammengekommen seien, nur etnige Brocken von dem. was in den vergangenen Tage» vorgegangen sei. erfahren hätte« Dte ttefe M i st st i m m u n a der für dte etnsttmmsae Aufnahme Deutschlands beaeisterten Vollversammlung sei deshalb allzu beareislich. Es fei ,« befürchten, dass eine Herabm'-d-rnna beS Ans-chens beS Völkerbundes, mindestens aber ei« Preltiae» verlost die Folae des SchelternS der Aufnahme Deutschlands sein werde. Nansen betonte, es habe sich weder eine Vollversammlung, noch auch nur eine formelle Ratssitzung mit den ausgetauchten Schwierig keiten zu befassen gehabt. Deshalb sei der Völkerbund selbst für daS im höchsten Grab« bedauerliche Scheitern seiner Auf gabe nicht zu tadeln. — Aehnlich äußerte sich -er estläudtschc Außenminister Pitt. Der chinesische Delegierte Chao-Jin-Chu bezeichnet e» als falsch, dast der Völkerbund dt« militärische Macht »um Maßstab de« EiuslusieS eine» Saude« mache, anstatt geographt sche und wirtschaftliche Erwägungen voranzustellen, und daß er den europäischen Interesse« eine unverdiente Ueberlegen- heit -»erkenn«. — Eomnen« sRumänien) spricht seine Ueder etnstimLnung mit de« Maßnahmen von vencsch während der Krise auS. Der Vertreter Dänemark«. Zahle, stimmte dem Vorschlag auf Bildung einer Gtudienkommission zu. beantragte aber eine Abänderung tn dem Sinne, daß der Rat nur vier Sitze in der Kommission erhalten soll. AlS letzter Redner forderte der Vertreter Albanien», unter Ansterachtlassuna der Satzung, dast die BölkrrbundS- oersammlung sofort über dte Ausnahme Deutschlands in den Völkerbund absttmme. Er brachte scdoch keinen dahingehenden Antrag ein. — Der Präsident stellt fest, dast kein Widerspruch gegen die Vertagung der Aufnahme Deutschlands tn den Völkerbund erhoben werde, und dast der Bölkerbnnd einstimmig damit di« vertag»»« be schlossen habe. Di« Versammlung nahm darauf einstimmig die von Briand vorgelegte, an Deutschland gerichtete Erklärung an. In seinem Schlußwort gab Präsident Tofta der Hoffnung AuS- druck, daß Deutschland bald tm Völkerbunde den ihm ge bührenden Platz «tnehmen werde, und erklärte um 1^0 Uhr nachmittags die außerordentliche Tagung de» Völkerbundes für geschloffen. (W. T. B.) ^ Sens. 17. März. Die dentsche Delegation reift heute abend 8 Uhr mit «ine« Sonberzng «ach Berlin »«rück. vid. Brasilianische Aetze «ege« Deuischlaud. Renyork. 17. März. Die Zeitungen Vrasilten» sind sich darin einig, dast Vrasssien die t» Genf eingenommene Haltung nickt ändern bürte. Einige Blätter verlangen den bannen HandclSboykott und dte Ablehnung deutscher Angebote bet Vergebung öffentlicher Arbeiten. (T.-U.) Der -egenerierle Völker-««-. (Bon unserem Genfer Vertreter.) Wir geben nachstehenden Bericht unseres Genfer Ver treter« wieder, weil er. obwohl er die Situation von gestern zeichnet, ein getreue» Lvicgelblld der tatsächlichen Genfer Zu stände btciet. Er gestattet zugleich einen Einblick in di« heil- loS vcrsahrcne Lag«, in die uns da« unbegreifliche Kleben der deutschen Delegation gebracht hatte, bl« durch di« brasilianisch« Erklärung da» Spiel in Genf ein unrühmliche» Ende erreichte. tDt« Redaktion.) Genf, de» 18. März. Der weltpolitische Skandal von Genf wächst sich au» unb flaut ab. Beinahe ktncmatographisch rollen die Tage ab: Optimismus . . . Zwischenfall — — tragische Episode . . . Pessimismus . . . Mutlosigkeit . . . Kater . . . neuer Optimis mus . . . neuer Zwischenfall und so weiter. Man muß nun nicht glauben, jedes dieser erwähnten Dinge hätte die Signatur eines TageS gebildet. Bewahre: der Kreislauf wiederholt sich zwölfmal des TageS. Wenn die Telegramme der Journalisten auf Optimismus kanteten, war schon der Zwischenfall eingctreten, unb wenn das Telegramm bet der Zeitung ankam. herrschte in Genf schon der Pessimismus. Zwischendurch ergab sich fast nie Gelegenheit zu Gedanken, die sich vom aktuellen Nnaonbiick abwendeten und etwa« Rückschau hielten, denn selbst dann, wenn keine Ereignisse einzuschäben waren, konnte dte Position de« all« Nerven au- ipan»enden JonrnalisieüVernseS — Verfolgter unb ver» folgender — nicht verfassen werden. Heute nachmittag, an einem wahrhaktiaen sommerwarmen Frühlingstage, sproßt c» wieder neue Hoffnungen, obwohl kur, vorher alS Bombe die litauische Erklärung gefallen war, Litauen wtdersetze sich mit säm" ''<>« anderen baltischen Staaten dem Ansinne»^ Polen (folgen reihenweise ernste Vorwürfe «nd Anklagen) einen Sitz zu geben. DaS ist ungefähr brr brasilianisch« Fall von vorgestern, der auch heute wieder droht. Die ganze vergangen« Woche leine voll« Woche rennen letzt die Minister der europäischen Staaten durch HoteldreM- türen) schließt ia einen Skandal sondergleichen ein» das steht man erst letzt so klar, da die AuSwtrkunaen haufenweise ge kommen sind. Erst ietzt erklärt man sich dte unnennbare ssälte. die den schönsten Frühling auS Genf vertrieb. Ll« Sir Eric Drummond empfing, batte man sich kaum dte Hände gereicht. Franzosen hier eine Grupve bildend, abgetrennt die Engländer, abgctrennt die Polen usw., e« war ein Neben- einander der nationalen Abschlteßung, wie e« Genf niemas- gesehen. Man sprach gedämpft unb nicht europäisch. DaS herrliche Büfett blieb unberührt und die Diener standen in Verlegenheit. Und „auSetnander* iing man sehr früh. Wärmer war kaum der Empfang Herrn CostaS. Schneller Abschied der Größen, die sich gegenseitig nickt mehr ertraaen konnten. Wer als aufmerksamer Be obachter dieser Tage durch Hotelhallen, Gemächer waudelte, dem mußte der «uverlöschbarc Eindruck einer Völkerbunds-Degeneration eingeprägt werden. U«S will scheine«, die «nrüdmUch« KristS deS nackten EgoiSmn», dar jede« AtomS de« GelfteS, der hier alle Zeitungsartikel beherrscht. Hab« kraß ans alle möglichen Mlststänbe hingewiclcn, die t« düster« Schatte« der Frage „WaS soll da werben?* natürlich «och dnnkler er- scheine« müsse«. Da» ganze degenerierte Enropa liegt i« Hohlspiegel Genf». Hier konzentrierte sich die Realistik von Pari», Warschau, der Stierkampfarena Madrid«, der politischen Richtlinien deS Imperialismus auS London und Rom, der Kaffee- und Tabakpslanzer Brasiliens, und diese« Gemisch vereint: da« konnte wohl nickt die hohe Idee de» Völkerbünde« sein. DaS war wohl eher dte Idee, aus der die stachlige, stechend« Frucht deS jetzigen Zustandes emnorgewacksen ist. Früchtekenner be haupten, sie hätten sie in Locarno schon gesehen, weil man sie dort ins Erdreich gelcat bätte: l« Locarno hatte «an die schwere KrisiS mit Bölkerbnndssstz-Versprechnngen über« pflastert, «nd diese Pflaster sind jetzt abznlöse». E» tut weh. Herr Briand schaut nicht mehr nach rechts und link», wen« er kommt unb geht. Am Sonntag ging er nicht, er schlich. Herr Chamberlain sitzt in der Sitzung und bekritzelt siebenmal sieben weiße Blätter, eines nach dem andern zer reißend. neu beginnend, daS Monokel nervös senkend und wieder einsteckend. Dte Brasilianer lächeln überseeisch und wischen den Schwelst ab. Herr Benesch als der Mann, der alle» kann, rührt sich entweder nicht oder reüssiert nicht. Der Pole kämvft ohne Eleganz. Die anderen schaue» zu mit offizieller Teilnahme und offiziösem Grinsen, da« die Mitte hält zwischen Sorge und neugieriger Spannung. Un durchdringlich Ist bloß Herr Jshit. auS bestem Fenster die weiße Fabne mit dem gewaltigen Glntball bängt. Dte deutscheFahne flattert nicht, sie hängt zu tief, vom erste» Stock, heran». Ganz oben im Hotel spielt die norweaisch« neutral. Zu oberst auf dem Dach, bei allen Hotel» der Dele- aationen. rauscht eine wuchtig große schweizerische: da» Kren» hat s-tnen besonderen Sinn. Freilich, d i e Krise scheint überschrttte«, die zwischen Seln und Nichtsein des Völkerbundes stand. Man batte sie an ihre« Höhepunkt beschworen, indem man dt« neuen Völker- bundSpaläfte beschloß. Dentschland ist ins Hintertreffen gerate« »nd paktier«. Gegen Deutschland ist eine Phalanx beö Hasse« entstanden. ES Ift ein FktedenSftörer. Unruhestifter, e» Ist kurz gesagt.