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Mittwoch, August 192S .Dresdner Nachrichten Nr. Z61 Sette 7 Eine eltsame Mobtlmachunasgeschlchle. Wir S. M. S. »Leipzig" de« Kriegsausbruch erfuhr. Bon Kapitänleutnant H. Ketlhack. Tiefblauer, durchsichtiger Tropenhtmmel. Mtt üppigem Urwaldgrün und Palmenmäldern bedeckt sielen die Ausläufer der Sierra Madre zum schneeweißen Strand ab. an dem sich die lange Dünung des Stillen Ozean» in weißer Brandung brach, unendlich wett südwärts, soweit da» Auge reichte; ein herrliches, lenchtendeS Farbenspicl. Die Berge, die sich unfern der Hüne Hüller und höher türmten, waren in dichte Wolken» schieier gehüllt. Die entluden sich des Nachts in prasselnden Wolkenbrüchen, auS denen ohne Unterbrechung Blitz auf Blitz in seurige» Schlangen zuckte. Das ganze Gebirge gleich dann einem Flammenmeer. Nach Norden hin weitete sich der Strand zur geschützten Bucht, an der Mazatlan lag, einer der wenigen mexikanischen Hafcnplätze am Pazifik. Man schrieb Ende Juli 1914. Fast seit Jahresfrist ging der Kamps um die Stadt zwischen de» Aufständischen und de» be- lageric» reguläre» Truppen: eine Episode nur in de» zahl» reichen Nevvlutionen, die der festen Negierung eines Pvrstrto Tiaz folgten. In diesen Tagen nun sollte die Entscheidung fallen: der Sturm aus die Siadt stand bevor. Zum Schutze der Engländer und zur Wahrung ihrer Interesse» hatte sich vor Monaten schon ein internationales Geschwader znsammengesnnden, Amerikaner, Japaner und Engländer. Da» Deutsche Neich war durch de» kleinen Kreuzer „Leipzig" vertreten. Anfangs stumme Beobachter, mar nunmehr der Zeitpunkt gekommen, wo die Schisse eingrcisen muhte», ui» bei den kommenden Kämpfen um die Eroberung Mazatians daS Leben der Fremden zu schützen. In einer Kommandantcnsihuilg ans dem amerikanischen Flaggschiff war beschlossen worden, jedes Schiss solle die Angehörige» der eigenen Station an Bord nehmen. Nur 799 Chinese», die nicht unterzubringen waren, wurden kurzerhand aus eine kleine Insel geschasst, wo sie, mit ein paar Sack RciS versehen, ein Nobinsondasein fristen mußten. In diesen Tagen nun, da in Europa das Ungewitter schon schwer und unabwendbar am Himmel stand, glich das Deck der „Leipzig" allem anderen eher, als einem Kriegsschiff, lieber vierzig NcichSangehörige, davon drei Viertel Francn und Kin» -er, bevölkerten das Schiss, das sich bemühte, den Aufenthalt sür seine Zwangsgäste so angenehm wie möglich zu machen. Wenn der Abend sank, wandelte sich die Schanze zu einem Nachtlager von Granada, da die Glut des sonnendurchhitzten Schisssinnern ein Schlafen in den unteren Räumen unmöglich machte. Der Tag des 1. August 1914 ging so zur Nüste. Friedlich spiegelten sich die vielfachen Lichter des internationalen Ge schwaders in den dunklen Wassern der Meede, wiederum standen schwarz die schweren Gewitter über den fernen Bergen und malte» im Flammen der ununterbrochen zuckende» Blitze ge- sveniterhaft die Umrisse der nahen Küste und die Türme der Kathedrale von Mazatlan in die finstere Tropcnnacht. In den Straßen Berlins und der anderen deutschen Städte drängten sich in diesen Stunden Hundcrttauscnde und aber» mals Hunderttausende in fieberhafter Ausregung und ver schlangen gierig den Inhalt der Extrablätter, die in rasender Folge erschienen; schlug die Begeisterung höchste Wogen, wenn mit ehernem Tritt, blumcngcschmückt, die stolzen Regimenter der Garnison ans dem Wege zum Bahnhof vorbeimarschierten oder bekannte und geachtete Persönlichkeiten die eiligst vor- übcrsnhren. erkannt wurden. In den Marincgarnisonen lagen die Geschwader und TorpedvbooiSslvttillcn abaeblcndet und klar zum Gefecht, in der Ostsee entwickelte sich gar bereits die erste Kricgöhandlnug, die Beschießung LibauS. In allen Weltmeeren hatten die deutschen Kreuzer Mobilmachungsbefehl und Kriegstelegramme erhalten — nur dorthin, nach Mexikos Westküste, schien keine Kunde von dem Riesengeschehcn daheim, dem LuSbruch des Weltbrandes, gedrungen. Mit vereinten Kräften arbeiteten dort Freund und Feind von morgen an einer Sonderausgabe, die sie als Wichtigstes zu betrachten schienen. Und des Rätsels Lösung? Technische Unvollkommenheit! Die schweren Gewitter, die allabendlich über der Rüste des Golfs von Kalifornien lagerten, trugen die Schuld, daß acht Tage lang schon Mazatlan von aller Welt abgeschuiiten war. Ohne Anschluß an das Telegraphennetz-war der Platz, und da mit alle dort befindlichen Schisse ans den Funkverkehr mit San Diego, dem nächsten Platz der Vereinigten Staate», an- gewiesen. Die außerordentlich starken Lnststörungen, her- vorgerusen durch die ununterbrochen zuckenden Blitze, hatten ausgerechnet in dieser entscheidenden Woche jeden Nachrichten austausch unterbunden. Ruhig schlummerten Besatzung und Flüchtlinge an Bord der „Leipzig , als kurz vor Mitternacht, die den 2. Auaust herauf führte. der Funkvsstzier mit einiger Zuversicht den sich schneller alS sonst verziehenden Gewittern nachschaute. Heute mochte cs angehen, die seit Tage» ausgespcichcrtcn dienstlichen Funk- sprüchc an San Diego lvS zu werden und drahtlosen Verkehr aufzunehmcn. Er sollte recht behalten. In den frühen Morgenstunden herrschte im Funkraum fieberhafte Tätigkeit. Ein Telegramm jagte daS andere, ward in fliegender Hast entziffert und durch immer wichtigere über- holt. Die gesamten Fnnksprüche der letzten Woche, die sich oben in Sa» Diego angcsammclt hatten, wurden übermittelt. Um 4 Uhr morgens hielt der Kommandant alle Nachrichten de» Admiralstabs in der Hand, die, beginnend mit politischer Span nung zwischen Dreibund und Zweibnnd, drohender Kriegs gefahr und der Kriegserklärung Oesterreichs an Serbien, den Befehl zur Mobilmachung und den AuSbruch der Feindselig keiten gegen Rußland brachten. Binnen wenigen Minuten fielen beim Kommandanten die wichtigsten und folgenreichsten Entscheidungen. Bei Tages anbruch wurde der noch nichts ahnende amerikanische Admiral unter einem Vorwand ersucht, sich der deutschen Flüchtlinge an- zunehmen, die sogleich den Kreuzer verlassen mußten. Drei Stunden nach Erhalt der schicksalsschweren Fnnksprüche lies „Leipzig" bereits ans Mazatlan ans, sämtliche Decks klar zum Gefecht, und begann ihre KriegSfahrten, die sic später mit dem Kreuzergeschwader zusammcnstthrien und dessen Sieg und ruhmvollen Untergang teilen ließen. Wohl niemals ward ein Kriegsschiff in so unglaublich kurzen Stunden aus sriedlichster Tätigkeit ohne segliche vor bereitende Nachrichten mitten in Krieg hinein und in den Zu stand versetzt: „Klar Schiss zum Gefecht!" Bermifchfes. Sin neuer -enlfcher Kreuzerlyp in -er Reichsmarine. Die beiden in Wilhelmshaven und in Kiel im Vau begriffnen neuen Kreuzer der Ncichsinarine „U" und „0" werden nach den allcrmodernsten Grundsätzen gebaut werden und einen von dem zuletzt gebauten Kreuzer „Emden" grundverschiedenen neuen Tnv darstellen. Sic nähern sich dem englischen „Windhundtyp" und werden bedeutend länger und schmäler sein als die bisherigen Kricgsschifsbauten. Durch Anpassung an die Wellenlinie und sehr verringerten Wasscr- widerstand sollen, abgesehen von der größeren Schnelligkeit, auch die Betriebskosten erheblich geringer sein. Bei beiden Kreuzern handelt cS sich uim Bauten im Rahmen des Versailler Vertrages. Der Dornier-Super-7- o». England hat vor kurzem das zurzeit größte Verkehrsflug zeug. das 2ü Personen befördern kann, in Dienst gestellt. Im Herbst aber wird Deutschland über das grüßte Flugboot der Welt verfügen. Aus der Dvrnierwerst in Manzell bet Friedrichshascn nähert sich der D v r n i e r - S u p e r - W a l seiner Vollendung. Dieses Flugboot, das eine Forlentwicklung des Dornicr-Wal darstelll, wird zwanzig Fluggästen Raum bieten und über eine vicrköpsige Besatzung, nämlich zwei Pi loten. einen Bordmonteur und einen Bunker versagen. Die Maschinenanlage wird aus zwei Motoren mit insgesamr 1899 P5 bestehen. Die geräumige Kabine wird allen Rvmsvrk eines PullmanwagenS, auch Schlafgelegenheit, bieten. Tie Funkanlage des Flugbootes ermöglicht drahtlosen Tele, graphcnverkchr während des Fluges. Die neue Maschine ist in erster Linie für den Hvchseevcrkchr, sür dos Ucberfliegen weiter Scestreckcn bestimmt und könnte beispielsweise im Mittelmeer ans den nach Nvrdafrika und Acgnpten führenden Linie» Verwendung finden. Mit den Prvbeslügcn dürste noch im Herbst dieses Jahres begonnen werden. Dammbruch bei Dessau. Infolge der mit aller Wucht anstürmciidl'n Wassermasscn der Mulde entstand am Montag an der Schleuse bet dem Werk Ntesan ein Dammbruch, der sich in bedenklicher Weise zu ver- breilarn droht. Ten vereinten Anstrengungen der staatlichen Ordnungspollzei von Dessau und Vitterseid sowie der Technischen Nothilfe aus Dessau und den Bemühungen der Bewohnerschaft der angrenzenden nnhaltischen und preußischen Ortschaften gelang cs, in später Abendstunde den Tamm- brnch der Mulde bei Dessau zu schließen. Gleich wohl ist der Schaden, der durch die Ucberschwcmnuing der Mulde-Aue, die bisher von den letzten Uoberschwenunungo» verschont geblieben war, außerordentlich groß. Preicgeaebvne Kin-ev. In einem Vortrag im Ruffischen wissenschaftlichen Institut in Berlin berichtete Professor S. Go gell, der selbst viele Jahre a» führender Stelle in der modernen Jugendpflege ge standen hat, über die Fürsorge für die verwahrloste Jugend in Rußland. Zunächst habe die bolschewistische Revolution alle privaten Fürsorgeeinrichtungen zerstört. Erst allmählich wurde ein amtliches System von „Aufnahmckommiffionen". „Klassisi- zcerungspunkten" aufgebant, das die gefährdete und verbreche rische Jugend im ganzen Lande erfassen soll. Diese Fürsorge- Institutionen sind jedoch bis heute im Abnchmen begriffen, während die Kriminalität der Jugend ungeheuer zunimmt: auf 1999 Kinder entfielen 1»l4 9 kriminelle. 1»l7 11. 19l9 bl. l921 71. Nach vorsichtigsten sowjetrussischen Schätzungen beträgt die Zahl der verwahrlosten Kinder in Rußland jetzt 2,9 Millionen. Professor Gogel macht dafür in erster Linie den Vernichtungskampf gegen die Familie in Rußland durch die Ehcgesetzgebnng und die ganze Richtung ber Gescllschafts- moral verantwortlich. Eine tnlernalionale Briefmarken.AuKslellunq. Marken im Werte von 69 Millionen werben in der Inter nationale» Vriesmarkcn-Ansstcllung zu sehen sein, die am 16. Oktober in Ncuyork eröffnet werden wird. Es soll die größte Ausstellung von Briefmarken werden, die bisher ver anstaltet wurde. Unter den wertvollen Marken, die gezeigt werden, befinden sich die seltensten Marken der Welt, darunter die 1-Cent-Britisch-Gunana von 1856, die 1922 für die Niescn- summc von 146 999 Mark verkauft worden ist. Eine neue Klasse von Marken werden die Lustpostmarken darstellen, unter denen auch die Marken sür Briefe aus dem belagerte» IForcletiun« stehe «ilchft« Seikr-1 /V^jttwock ckea 4. ^uxust «benck» 8 Bkr cker beliebt« die» — Oasispiel — Xeu >Im »»ml NmH » UUn»IIae Neunoecl,»»»«« »ILUoe „fkilkllng im Lllgsu" I Sie kerrl »»»tUeUoeetlo« MMd lllirrsN -MN I Lretmulis io Sacklueu! ttoule KNNvocli > VNr vis bsksnnls SsttLOksu 8ek«eir8sksu8elien Kerlen kii!it1«ovk: 8ekvsirer8b.l! l.ini,n 18,8. 10. re Volkslümttebsr «ir i — «s»eu. <NI» 5- UN» voilk >8»>rNonXeüino i. ü. 8 M. UI. »teLullvI,»« iiic dik Ta ei In Pig. «m ich»»»«» bei »«»«s.Eidcücillr. nur I». ru,»«», « enU » UUe W oralst k»»I,still ilrioinstl' »«Hl. U»«I Vst,» „» I st»»« »n »stk r«il»»l>« Ißstk Llillkili imlm tkll! 3 iillst. 1. IstSrtlM lüilll il. Ivvrlvn, <>oia-, Silber-, § v«r»iid«'rle btolnllvnron! 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