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7». Jahrgang. ZK 2S7 Gegründet ISS« «radtanIchrV» »«chrtchl«, V«n»spr»ch«r-S«mnn»tmunm«, SS Sai Nu» Mr Nachtft^prLch», 20 011. »<m> l. dt» I». 8»nt ISA» d«i läalich iwrimal,«»» Aut>»llun, tr»t «au» I.b0Mar». vkAUJs* >Del)UI)r PoNb„uii»vr«>» itir Monat Juni s Mark odn« PostzuN»Uunl>»r,»diU>» l» PI,»»«,. Di» Niueta»n w»rd»n nach Sotdmard v»»«chn«t. dt« «intnawa, A) nun or»N, Anzeigenpreise: Pta- Öft«rl«na»dudr Iv Psa Auow. Äultrttq» auk«rtialb 2do Pta. »int ll»na»>uch« odn» A»t>lam»z«tl« ISO P>a., n.nrn Vornu»b»»at>I. Donnerstag, Iv. Juni 1V2S SchrtNI.ttun» uno «aupig»ichait»n»I>, «art»»Itr»>,» SS »2 Drnch u. Dirtaq oon Utaplch » Nrich^l m Dr»»d»n- Pvltlch»ch-Aonl^ 10SS Lr»»d»n. Nachdruld nur mtt drutlich«» vuellenanqad» .Dr»»I>n»r Nachr^' lulitlliq Unvrrt-nw» SchrUtllüch» werden nicht nuldrwahrt. n,mi,utuiliitinii«imM-.mu:ituultuiuluu.uiiitiutuuu.iii. M k-eslauranl Ltacit 60IK3 ittüHHUtUi 0re8ljen8 sttbefükmls Ks8l8lütt8 k^sinsts Kücfis — Vol>iz,srfigs Sisi-s: ! llzünctmor k/IotNSsoc-Scku, Doitmunclsc Union : krn»« N0g»I jun f tN tNMUII KLi-iL Zie bntscheidung des ReichsbahngerWs. Die Verbindlichkeit -es Lohnschiedsspruchs für die Reichsbahn wirksam. Die Hannoveraner Professoren fordern Abberufung Leffings. — Brasilien bleibl im Völkerbund. — Tschechisch-italienischer Zwischenfall. Die Reichsbahn unlerslehl dem Schieds verfahren. (Durch Funklpruch.I Berlin, 0. Juni. Wie erinnerlich, hatten im vorigen Herbst die Eisenbahncrgcwerkschasten bet der Deutschen ReichSbahn- gesellschast Vorstellungen wegen einer Erhöhung der Löhne sur die Arbeiter erhoben, doch kamen die Verhandlungen nicht zu einem Abschluss weil die Reichsbahn mit Rücksicht auf ihre sitiiaiizlagc damals eine Bewilligung von Mchrlöhnen nicht verantworten zu können glaubte. Es wurde deshalb von den Gewerkschaften das N e i ch S a r b e i t S m i n i st e r t u m an- gerufen, das einen Schiedsspruch fällte. Die Rcichsbahn- gcscllschast erkannte diesen Schiedsspruch nicht an. Sie berief sich auf das Reichsbahn gcsctz. und als der NeichS- arbcitSminister die Berbtndlichkeitserklärung de» Schiedsspruchs aussprach, w e i g e r t e sich die Reichsbahn, dem Spruch des Ministers sich zu unterwerfen. Die Angelegenheit beschäftigte seinerzeit auch den Reichstag und die Reichsbahn- gescllschast erklärte sich bereit, daS Reichsbahngert cht in Leipzig ein Urteil in dieser Frage fällen zu lassen. Mehrere Monate hindurch hat nun daS Rcichsbahngericht auf dem Wege der schriftlichen Verhandlung die Frage unter sucht, ob die Reichsbahn, gegen die inzwischen von den Gewerk schaften der Weg der Zivilklage beschritten worden war, als grüsite deutsche Arbeitgeberin sich der SchlichtungSvrdnung siigc» müsse oder nicht. In Leipzig ist nun daS Urteil zuungunsten der Reichsbahn gefallen. In dem Urteil dcS genannten Ge richts heißt es: Die VerbindlichkeitSerklLrung von Schieds sprüchen über die Arbeitsbedingungen der RcichSbahnarbciter steht nicht im Widerspruch mit dem NeichSbahngcsetz und der Gesellschaftssatzung. Demgemäß ist die am IS. Januar b. I. vom NcichSarbcitsministerium ausgesprochene Berbindlich- kcitscrklärnng wirksam." Die Reichsbahn unlerwirfl sich -em Urteil. Berlin, 9. Juni. An der Entscheidung des Reichsbahn gerichts ersahre» wir von der Reichsbahn, daß für die Deutsche Neichöbahngcsellschast dieser Streitsall damit er, lcdigt ist. Sie wird sich nach Zustellung der Entscheidung mit den Tarisparteie» wegen Durchführung des seinerzeit ge fällte« Schiedsspruches in Verbindung setzen. Hilfloses Bureaukralenlum. Berlin, 9. Juni. Neichsinnenminister Dr. Külz hat aus eine deutschnattonale Anfrage, in der daraus hingewtesen worden war, daß bei einem Umzuge der Kommunisten durch Eharlottenbura ein großes Schild mtt der Aufschrift »Rieder mit der Justizhnre!" vorangetragen wurde und daß di« Polizei erklärt hätte, die Mitsührung dcS Schildes nicht «er» bieten zn können, folgende Antwort erteilt: Nach der angestcllten Ermittlung wurde Anfang Mai bet einem kommunistischen DemonstrationSzuge tn Charlottenburg tatsächlich ein Schild mtt der Aufschrift »Nieder mit der Justiz, hure!" mttgeführt. Eine Zivilperson, die sich als Reichstags- abgeordneter vorstcllte, wandte sich an den diensttuenden Polizciosfizier wegen Beschlagnahme des Schildes. Der Polizetofsizier, im Zweifel über die rechtlichen Voraus setzungen für eine solche Maßnahme, erhielt aus Anfrage bet einem Kommissar der politischen Abteilung des Polizeipräsi diums die Auskunft, eine Fortnahmc des Schildes könne nur aus Verkehrs-, Sichcrheits- oder ordnungspolizeilichcn Gründen crsolgcn. Ob solche Vorlagen, könne von dort aus jedoch nicht entschieden werden. Der Poltzeiosfizier hast darauf von einer Fortnahmc des Schildes abschcn zu müssen geglaubt. Der prcnbische Minister des Innern hat mitgetcilt, daß er das Verhalten der Polizcibeamten nicht billige «nd das Ent sprechende veranlaßt habe. Die zweite Schlacht um Krudenburg. Wenn cs nicht ein so tieftraurtgeö Zeichen für die Un- chrlichkett unseres politischen Kampfes wäre, dann könnte eS lediglich erheiternd wirken, die Mannen um Theodor Wolfs» die „Franks. Ztg", und nicht zuletzt die Leute um Crispicn, Dittmann und Roseufeld als reckenhafte Paladine Hinden- burgS und höchlichst besorgte Schützer seiner Autorität als Reichspräsident um ihn geschart zu sehen. Die gemachte Loyalität und Biederkeit dieser Wächter der Uebervarteilichkeit dcS Reichspräsidenten aber hält sie nicht davon ab. mit allen Mitteln widerlichster Propaganda für den Volksentscheid und damit an einer politischen Aktion zu arbeiten, die. wenn sie ge- ltngt. Hindenburg notwendig und anerkanntermaßen den Boden unter den Küßen nehmen muß. Ucber die Folge des Volksentscheids kann keine noch so gut gespielte Entrüstung über ein angebliches Hineinztehen Hinbenburgs in den politi schen Kampf htnwegtäuschen. Gewiß, die vollendete Ver fassungstreue Hindcnburgs, seine über jeden Zweifel erhabene korrekte Amtsführung haben seit Jahresfrist das Kampf- geschret auf der Linken zum Schweigen gebracht, das sich vor der Wahl nicht genug tun konnte an persönlichen Angriffen und der politischen Diskreditierung Hinbenburgs im In- und Auslande. Aber das ist wahrlich kein Verdienst der Linken. Daß Hindenburg nicht die geringsten Angriffsflächen bot, daß er Locarno unterschrieb, daß er den ständig wiederholten und trotzdem immer wieder vergeblichen Bemühungen um die Hereinziehung der Sozialdemokraten in die Negierung freie Bahn lieft, daß er sogar seinen einstigen Gegner bei der PräsidcntschastSwahl, Marx, um die Uebernahme des ReichS- kanzlerpostcns bat. ließ ihn Ruhe vor denen finden, die ihn einst meist sogar über das durch politischen Anstand gebotene Maß bekämpften. Sie standen hinter ihm. solange seine Meinungsäußerungen ihren politischen Zielen entsprachen. Nun aber Hindenburg sich veranlaßt gesehen bat. das Wort zur Verteidigung des von ihm vertretenen Staates gegen die gefährlichste moralische und rechtliche Erschütterung seiner Grundlagen zu ergreifen, nehmen sie den ganzen Wortschatz einer verlogenen demokratischen Phraseologie zu Hilfe, um dem ersten Staatsbürger des Reiches -aS Recht freier Meinungsäußerung abzusprcchcn und eine Autorität zu ver teidigen, die nach ihrer Ansicht höchstens die einer Strohfigur sein darf. Wo waren dt« Schützer der Autorität Hinbenburgs, alS Anfang deS vorigen Monats das Reichsbanner in Berlin zu seiner Demonstration gegen die Flaggenverordnung aufmar» schirrte, als während der Rede eines ZcntrumSabgoordnetcn der Ruf: „Meineidiger Hindenburg" ertönte, als kurz darauf der Ruf: „Nieder mtt Hindenburg" erscholl, in das die Menge immer wieder so johlend einstimmtc, -aß -er Redner nicht mehr zu verstehen war? Wo blieb der Schutz Hinbenburgs, als der Reichsbannerführer und Oberpräsident in Magdeburg, Hörsing, Hindenburg und der Neichsregierung Vcrfassungsbruch vor- warf? Der Chor der „Schützer" der Autorität Hin-enburgS schwieg. Gewiß, man konnte damals vielleicht noch diese Vor fälle für Entgleisungen einer aufgestachcltcn Menge halten, heute aber kann mau nicht mehr im Zweifel darüber sein» daß sie dt« erste Frucht einer unheimlichen unterirdischen Wühlarbeit der Sozialisten und Kommunisten waren, die systematisch auch gegen den Reichspräsidenten betrieben wurde, obwohl mau sich bei den Sympathien HindenhurgS in der Masse deS Volkes hütete, seinen Namen dabei zu nennen. Nie- mand in -er demokratischen Presse, die die Fürstenfrag« auf das politische GletS geschoben hat, niemand in den marxistischen Parteien, dte die Angelegenheit für geeignet hielten, sie zu einer großen politischen Aktion von überragender Bedeutung für di« künftige politische Entwicklung auszunutzen, war sich ein«n Augenblick darüber im Unklaren, daß Hindenburg ein Gcsctz. bas gegen alle RechtSgrundsätze deutsche Staatsbürger enteignet und die Vorstufe einer neuen revolutionären Be wegung ist, jemals unterschreiben könnte. Dte Präsidenten krise wäre die notwendige Folge eines siegreichen Volksent scheids. Jeder, der sich für den Volksentscheid etnlctzte, mußte mit ihr rechnen und hat mtt ihr gerechnet. Und ivenn cs die Sozialdemokratie auch vermieden hat. den Reichspräsidenten in der ganzen maßlosen Agitation zu nennen, um verärgerten bürgerlichen Mitläufern, aus die sie rechnet, nicht vorzeitig den nrahren politischen Zweck ihrer Machenschaften offenbar werden zn lassen, so ist doch seit etwa zwei Monate» schon die Tendenz -er sozialistischeu Presse unverkennbar, die Autorität deS k kine Hintertüre für Deutschlands Eintritt in Genf. Brasilien bleibt im Völkerbund. Genf, v. Jnni. Brasilien wird, wie nnn bestimmt ver laute», zu der Scptembcrtagnng des Völkerbundes keinen Vertreter entsenden und sich bis dahin in der Frage der :siatöcrwciterung volle Zurückhaltung anscrlegen. Die ktttscheidung über die Ausnahme Deutschlands in den Völker bund »vird also im September ohne die Teilnahme SlrasilienS fallen. Jedoch wird Brasilien eine» nicht ständige«, wieder wählbaren RatSsitz erhalten. Durch diese Lösung ist der in den letzten Tagen allgemein erörterte Aus tritt Brasiliens aus dem Völkerbunde vermieden «nd «sin Teil der Hindernisse, di« dem Eintritt Deutschlands j« den Völkerbund bisher cntgegenstanden. beseitigt. Dölkerbundsral und Ralsrefvrm. Eine zweite Tagung der Stndicnkommissson? - Gens, 9. Juni. Der Bölkerbundsrat behandelte heute nachmittag in kurzer geheimer AnSsprachc die Frage der Ratsreform «nd die eventuelle Einberufung einer zweite« Tagung der Studie,, kommission. D ie Vertreter Brasiliens und Spaniens ergriffen dabei nicht das Wort. Dagegen gilt eS als wahrscheinlich daß Mcllo Franco in der öffentlichen Sitzung am Donnerstagoormittag eine kurze Erklärung abgcbcn wird. Das italienische Ratsmitglicd soll im gleichen Zusammenhang« die bereits in der Studien- konmitssion abgegebene Erkläruirg erneuern, daß Italien n it der Erhöhung der Gesamtzahl der Natsmitglteder auf vierzehn unter der Voraussetzung ciuverstan-dcn ist, daß über diese Zahl nicht hinausgegangcn wird. Nach -er gegenwärtigen Art der Behandlung der Ange legenheiten im Bölkerbundsrat erscheint cs möglich, daß morgen bereits die Schlußsitzung des VölkcrbundsratS statl- sindet. Die Arbeit -er AbrüflungskommWon. Genf, 9. Juni. Dem Militärausschuß der Ab- rll st u n g S k o m m i s s i o n lag für seine heutige Beratung der Lyncht ic.nco Niedaltlvuokouiiteeü vor, in dem die ver schiedenen, innerhalb des Ausschusses zutage getretenen Ans kisungen Uber den Einschluß der Sccstrcttkräfte und über die Begriffsbestimmungen der Land- rüstungcn formuliert sind. Die französischen Sachvcr- ständigen gaben dazu eine Erklärung ab, in der sic grundsätz lich auf der gemeinsamen Erörterung -er Begriffe -er FriodenSrüstungen zu Lande und zu Wasser beharren. Sie wurden darin hauptsächlich von Italien und von Japan unterstützt, die die Bedeutung der Flottenkräste jeder Art für die Mobilmachung de» Landes betonen. Bei der für Donnerstag zu erwartenden Abstimmung wird wahrscheinlich die englische Auffassung, die bekanntlich eine scharfe Trennung beider Begriffsbestimmungen von FriedcuSrüstunge« z« Lande und zu Wasser will, in der Minderheit bleiben. sWTB.s Die französische Kabinettskrise. Pöret bleibt vorläufig Kinanzminifter. Paris, 9. Juni. Die Gerüchte von einer Kabinetts umbildung. dte heute vormittag hartnäckig tn Umlauf waren, erweisen sich, ivie aus bcm im Laufe -eS MinisterratS ver- öffentlichtcn Kommunique hervorgeht, zunächst als un» b egründe t. DaS Kommunique schließt »war nicht aus drücklich dies« Möglichkeit aus. 6S enthält aber di« Fest- stellung, daß verschieden« vom Kinanzminifter vorgeschlagen« Maßnahmen einstimmig beschlossen wurden, Di« wichtigsten -er Maßnahmen sind folgende: 1. Einstellung der Ausgabe von Couponheftcn. 2. Bevorstehende Aufhebung deS Gesetzes über die Kapitalflucht durch ein besonderes Dekret. 8. Streichung der Lvuchcur-Steuer svvm 4. Dezember 1926s in Höhe von vier Milliarden für da» kommende Steuer- fahr. Es wird mitgeteilt, daß die Einrichtung der Amorttsa- tlvnSkasse definitiv auf den 16. d. M. festgesetzt ist. Das allgemein« Interessen konzentriert sich noch sturmer aus die ministeriell« Lage. Es besteht kein Zweifel darüber, daß Per et gestern «nd heut« wiederholt seine De mission angeboten «nb wieder zurückgezogen hat. Bon einem Teile der Presse wird der Finanzminister wegen seines Ver haltens heftig angegriffen. Die Presse fährt im übrigen fort, -te Möglichkeit eines Kabinetts der nationalen Einigung zu besprechen. ES wird behauptet, baß Ber» Handlungen zwischen -en Gruppenführern bereits tm Gange sind. Als Ministerpräsident des neuen Kabinetts wird Brtand genannt. Daneben taucht auch heute der Name Barthous auf. Schließlich meldet man. daß der General- gouverneur von Marokko. Steeg, sich heute nach Frankreich begeben habe. Die Abreise StccgS dentet man als ei« un trügliches Zeichen für die herannahcnbc Kabinettskrise. Der gcgcmvärttgc Gciieralgouverncur hat noch nie ein« Krise vor. übergehen lassen, ohne sich dem Präsidenten d:r Republik für die Bildung der neuou Negierung zur Verfügung zu stellen.