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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 21.06.1928
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1928-06-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19280621023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1928062102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1928062102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-06
- Tag 1928-06-21
-
Monat
1928-06
-
Jahr
1928
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Veschlllsse -er Anlerparlamenkarischen Union. Paris, 21. Juni. Tie in Versailles zusaunnengetretene .Konferenz der Interp.'rlamentarischen Union hat heute ihre Arbeiten ansgenvminen. Zu Beginn der ersten Vollsitzung begrüßte der französische Slbgeordnete Landrn alS Vor« sitzender mit besonderer Genugtuung da» Erscheinen de» deutsche» NeichotagsvertreterS, des ehemaligen Staat», sekretärs Dr. Oskar M e o e r, der unter starkem Beifall der Versammlung die Brüste de» Reichstags und seine Wünsche für eine» guten Ausgang der Arbeiten Uberbracht«. Vach einem Referat des französischen Senator» Dumvnt über die wirtschaftliche Abrüstung wurde einstimmig eine Entschließung angenommen, in der die Aushebung der dl« Einfuhr und Ausfuhr von Rohstoffen behindernden Berord» nungcn gefordert wird. Tie Zollsätze sollen nicht durch Steuern, wie es die Umsatzsteuer ist. hochgetrieben werden und in jedem Lande nur die Industrien schützen, die auch lebenS. und auslauschfähtg sind. Rach einem zweiten Referat des italienische» Abgeord neten Vtanchi über den Abschluß langfristiger Handels verträge wurde eine Entschließung aiigenommen, in der die Regelung der Handelsbeziehungen zwischen de» Staaten durch ein vollständiges Rest von Handelsverträgen, die möglichst langfristig sein sollen, gewünscht wird. Die nationale Wirt, schaft müsse sich in de» Rahmen der internationalen Wirt- Unlerbielung -er Stahlpreise. Ncunork. Ll. Juni. Die führenden amerikanischen Eisen- und Stahlsirmen haben eine SluSsnhrvereini» gung gebildet mi« dem Zweck, die Preise aus den Auslands märkten zu unterbieten. Diese Renbildung wird in Reuyork allgemein als ein Schritt gegen die deutschen S t a h l s a b r ik a n t c n betrachtet, die als die ernsteste» 'Wettbewerber gegen die amerikanische Industrie auf den Welt märkten angesehen werden. Das Ziel -er Wiener Wirlschasls- Verhanölungen. Wien, 21. Juni. In den wirtschaftSpolitischcn 'Verhand lungen zwischen Deutschland und Oesterreich, die am 18. Juni in Wien begonnen haben, sollen gemeinsame mirtschaftS- politische Linien festgelegt werden. Es wird ein plan mäßiges Vorgehen beider Länder bei Handels- vertragsverhanölnngen mit Dritten erstrebt, ferner ge meinsame Forderung der deutschen und österreichischen Wtrt- schaflsinleressen im AnSlande und Uebernahme der öster reichischen Interessen durch deutsche Auslandsvertretungen in den Ländern, in denen Oesterreich keine eigene Vertretung hat. Durch Abgrenzung gewisser ausländischer Absatzgebiete soll ferner für die Industrie und den Ausfuhrhandel beider Länder der wirtschaftliche Wettbewerb ge mildert oder möglichst ganz beseitigt werden. Deussch-französisches Trgilnzungsabkommen. Paris, 20. Juni. Die in der letzten Zeit in Paris ge führte» Verhandlungen über gewisse Acndcrungen, die sich in dem S e n t s ch - s r a n z ö s i s ch e n H a n d e l S a b k o m- in e n als notwendig erwiesen habe», sind beendet worden. Am Mittwoch unterzeichnet v. Hoesch und Posse einerseits nnd Briand anderseits zwei Protokolle., die diese zusätzlichen Abkommen festlegcn. Die Absen-ung -er neuen amerikanischen Kriegsüchlungsnole verschoben. Washington, 20. Jnnl. Staatssekretär Kellogg hatte während der letzten Tage Besprechungen mit dem italienischen und dem britischen Botschafter über den Kriegsächlungövakt, wird jedoch, wie mitgcteilt wird, die neue Note in der Kriegs- ächtnngssrage vorerst nicht absenden. sondern die noch be stehenden Meinungsverschiedenheiten durch mündliche Ver handlungen anszngleichen suchen, so daß eine spätere Aendernng des Textes der Rote nach Möglichkeit vermieden wird. schaft etnordnen. Dt« undedjngt« Anwendung brr Meist, begtinsttaungtzklausel wird al» «tn Mittel hierzu angesehen und schltsstltch Beschaff»«» eine» Normalschemaö sür die Zolltarife gefordert. Vor -em Grneralslreik 1» Griecherilan-? London, Li Juni. Nach Meldungen an» Athen fin» «och l««cr kein« Anzeichen sitr el« Adsiauen der Mretldewegnng vorhanden. »S»00» Arbeiter einsckiltestlich der «feu, bahuangesteltrn find der Streikbewegung tzeigetrete». viele -tlidte find ohne Vicht und Waffer. Das >rbeiterr»«ite« hat der Re,ier«»g «rnent seine Kardernnge» Unterbreitet. Di« Regier»«» kündigt in einer neue» Erklär»»« jedoch a«, hast st« beadfichtige. die Streikbewegung durch Militär zu bekämpfen. Sie hält »ach rufe vor daran fest, daß der Streik auf kommunistische Einflüffe zurückzusührcn sei. Die Regierung habe Beweise dafür, daß der Streik der erste Akt einer kommunistischen Revolution sei. Die AnSrnsung des Generalstreiks in Athen und Piränü wird für morgen er wartet. TschangtsolinS Tod nochmals bestätigt. Wie aus Tientsin gemeldet wird, wird ans dein Hauptguartier der mandschuri- schen Armee nunmehr der Tod TschangtsvlinS bestätigt. Paris, 21. Juni. Im Senatsausschuß für ansivärttge Angelegenheiten erstattete am Mittwochnachmittag Senator de Iouvcnel ein Referat über die Frage des Paktes znr Aechtung des Krieges. Der Ausschuß billigte den l^runü- satz dieses Paktes mit dem 'Vorbehalt, daß die Verpflichtungen der Mitglieder des 'Völkerbundes diesen gegenüber in keiner Weise vermindert werden. Abgebrochene Dorlragsreise eines U. S. A.-Professors. Scott nnd die Alleinschuld DentschlanbS am Kriege. Berlin, 2l. Juni. 'Nachdem der amerikanische Völkerrechts- lehrcr, Prof. Leolt, bereits an drei deutschen Universitäten Borlräge über völkerrechtliche Probleme gehalten hat, sollte er vorgestern auch in der Heidelberger Universität einen 'Vor trag über die Grundrechte der Staaten halten. Inzwischen waren aber in einer Anzahl deutscher Zeitungen Artikel er schienen, die auf die ehemalige Haltung Seottö gegenüber Deutschland nnd vor allem znr Kriegsschuldfrage hinwiesen und die Frage an ihn richteten, ob er auch heute noch zu seinem damaligen Spruch iAlicinschnld Deutschlands) stünde. Infolge dieser Artikel hat die Heidelberger juristische Fakultät mit Prof. Scott Rücksprache genommen. In einer Erklärung heißt es: „Das Ergebnis war bedauerlicherweise, daß Herr Scott sich mit Rücksicht auf seine damalige amtliche Stellung außerstande erklärte, zu diesem Gegenstand aiifklürcnb Stel lung zu nehmen nnd es für richtig hält, von den Vor trägen A v st a n d zu nehmen." Spaltung -er englischen Arbellerparlei. London. 21. Juni. Der sozialistische „Glasgow Forward" veröffentlicht den Wortlaut der Kundgebung des Führers der Unabhängigen Arbeiterpartei, Marion, und des Sekretärs der Bergarbeiter-Gewerkschast, Evok, a» die Arbeiter Groß britanniens. Darin heißt es, die Unabhängige Arbeiterpartei hege seit geraumer Zeit Zweifel an der Aufrichtigkeit der Führung der britischen Arbeiterbewegung. Deshalb sei es notwendig, erneut an die Grundsätze zu erinnern, auf denen die Partei ansaebaut sei. Der Kamps gegen de» Kaptta. li Sinns müsse fortgesetzt werden. Nur durch ihre eigenen Bemühungen könne die Arbeiterschaft den vollen 'Verdienst Ihrer Arbeit erhalten. Die heutige Arbeiterpartei stelle nicht mehr eine Partei der arbeitenden Klasse dar. Alö Sozialisten könnten die Unabhängiacn nicht die Interessen des Kapitalis mus vertreten und stellten sich deshalb zum offenen Kampf. Sin Soldat — Sprecher des Unterhauses. London, 21. Juni. Das Unterhaus wählte am Mittwoch Kapitän Fttzroy einstimmig zum Sprecher. Selbst von Arbctterseitc wurde der erste Soldat als Untcrhaussprechcr lebhaft begrüßt. Sertliches und Sächsisches. V«»verbrauch un- Gaspreiv-Tarise. Die deutsche Wirtschaft, Industrie, Gewerbe und HauS« halt.joüen immer mehr die Tatsache beherzigen, daß dem Ga» tn der Wärmewtrtschaft gegenüber vielen anderen Energtearten unbedingt der Vorzug zu geben ist. Besvnders müßten sich die Hausfrauen möglichst bald des alte» Kvhlen- heroes entwöhnen und zum Kochen, Brate», Backen, Plätten, ur Warmivassererzeugnng »sw. das Gas verwenden. Rur et vielseitiger Anwendung des Gases in allen Haushalten und Gewerben wird es den Gavwerken möglich sein, eine entsprechend« Gaüpretspvlttik zu treiben. Tie Gasversorgung Ostsachsens Aktien, -gescllschaft <Gosag), Hauptbüro und FerngaSwerk tn Heidenau, führte vor etwa zwei Jahren einen Grnnd- gebiihren-Tartf ein, der sich unter den wirklich gaSverbranchen- üen Abnehmern gut bewährt hat. Auf Grund dieser Tarif- ersahrnngen will die Gvsag ab Juli d. I. ihre Tarife wett beweglicher gestalte», indem sie die Anschluß» und Grund, gebühren etwas senkt und als Gaspreis erfreulichermelle einen sehr günstigen Staffeltarif einführt. Nebenbei ist et» Kleinstabnehinertartf mit einer sehr niedrigen Grundgebühr geschaffen worden. Dieser Tarif kommt sür solche Abnehmer in Betracht, die naturgemäß nur einen sehr geringen Monats gasverbrauch haben. Infolge der in letzter Zeit eingctretenen KvhleiipretS-, Lohn- und Gehaltösteigeriingen, mußte leider auch eine kaum merkbare Erhöhung einkalkuliert werben. —* Zum Tode des Bürgermeisters Hackebeil, Gottleuba. Wie einem Teile der Leserjchast fchvn kurz »ntgeteilt, verstarb am Mittwoch im Alter von erst 08 Jahren Bürgermeister Hackebeil, Gottleuba. Der Verschiedene hat sich um die Entwicklung des Kur. nnd Bergstädtchens große Verdienste erworben, und es bestand zwischen ihm und der Einwohner schaft ein Treueverhältnis, wie es schöner und inniger kaum gedacht werden kan». Das kam beispielsweise zum Ausdruck, als der un» Entschlafene am 10. November 1!>24 sein 23jäl>. rigeö Vürgermeisterjubiläum in Gvttleuba feiern konnte. Hackebeil hatte, von Oederan kommend, als junger Mann die Leitung der Stadtgemeinde übernommen und mancherlei praktische Verbesserungen und Verschönerungen im Städtchen durchgesührt. Er hat sich mit Erfolg dafür eingesetzt, das, Gottleuba an den Eisenbahnverkehr angeschlossen wurde, uni> hat sich um den Van der großen Heilstätte bemüht. Er ist für den Ausbau der Gasfernversorgung und der Elektrizitüts- zentrale tätig gewesen und hat i» der Kriegs- und Zwangs- Wirtschaft seine Arbeitskraft auch über de» eigentlichen KrciS der Wirksamkeit znr Verfügung gestellt. Es braucht kaum er wähnt zu werden, daß Hackebeil auch mit großer Tatkraft bestrebt gewesen ist, die schweren Folgen der Unwetterkata strophe im vorigen Jahre nach Möglichkeit zu mildern. Der Gebirgsverein für die Sächsische Schweiz verliert in Bürger- meister Hackebeil ein langjähriges arbeitssreudigcs Vorstands mitglied. —* Sächsischer Elbgausängerbund. Die auf dem 60. Sän gertage in Weinböhla neu gewählte Bundesleitung hat sich tn der Sitzung vom 18. dS. Mts. wie folgt zusammengesetzt: 1. Vorsitzender: OrtSrichter Franz Becker, Kötzschenbroda: 2. Vorsitzender: Kaufmann Karl Ewald. Freiberg: 1. Schatz meister: Kaufmann Max Weiser, Dresden: 2. Schatz, meister: Ober-Verwalinngö-Inspektor Ottomar K antzsch - mann, Weißer Hirsch: 1. Schriftführer: Buchhalter Eduard Richter, Dresden: 2. Schriftführer: Kaufmann Paul Störl, Kreischa: BiindeSchvrmcister: Kirchenmusikdirektor Richard Büttner. Pirna. —* Wiederherstellung des Grabmals für Robert Bolk- mann in Budapest. Robert 'Volkmann, dem seine Ge- bnrtsstadt Lommatzsch im Jahre 1910 ein Denkmal an der Stadtkirche errichtete, ruht auf dem Kerepcschcn Friedhof in Budapest. Sein Grabmal, das völlig zerfallen war, wird unter Mithilfe der Stadt Budapest und des Grafen Janos Zichn in einen würdigen Zustand versetzt. Am Mittwvch, dem 23. Juli d. I., abends 7 Uhr, werden 80 Sänger aus Dresden. Leipzig. Essen, Berlin, Lommatzsch, Riesa, Großenhain, Meißen usw. am Grabe Volkmannö stehen, den Meister mit seinem „Abcnülied" ehren, seine letzte Ruhestätte mit Lorbeer und Blumen schmücken und dem Rat der Stadt Budapest auch von dieser Stelle ans Worte des Dankes sagen. —* Einzelhandel und Autolädcn. Die Sächsische Einzelhandels-Gemeinschaft, geschästöführendcr Vorsitzender Professor Tr. Kästner, M. d. L., hat sich in einer Eingabe an die zuständigen Ministerien dafür eingesetzt, daß auch die sogenannten Antoläden, die immer mehr, namentlich in ländlichen Gegenden, fcstzustellen sind, der Manberlagcr- steuer, deren Erhöhung bereits ebenfalls beantragt und zu erwarten ist, unterworfen werden. u. S. A.-Aussuhrtrust gegen die deutsche Industrie. Gerichtsverhandlung im Aiberl-Thealer. „Der letzte Schleier", von Wheatlen. Eine ungeheuer aufregende Gerichtsverhandlung hat am Mittwochabend im Nlbert-Theater stattgcsunden. Nachdem man zwei Akte Theater gespielt hatte, wobei es sich um einen Jnwelendiebstahl handelte, war die sensationelle Angelegen heit so verwickelt und verschleiert, daß man den Ariminalsall vor das Schwurgericht bringen mußte, um ihn aufzuwickeln und zu entschleiern. Nach der Panse füllte sich -er Gerichts« saal mit einem erwartungsvollen Publikum auf bezahlten nnd unbezahlten Plätzen bis zum Brechen. Auch der Prcsse- tisch war bis zum Biegen besetzt. Nach g Uhr erschien der hohe Gerichtshof nnd nahm unter dem Vorsitz des Herrn Beuden, eines würdevollen Herrn mit Adlernase, an dem die rote Robe und die weiße Allongcperllcke sehr dekorativ wirkten, die Verhandlung gegen den Prokuristen der Ju- welensirma Jcffrics. Sons L Co.. Mr. Crawford - N a g l, auf. Er war natürlich unschuldig. Man konnte das um so mehr glauben, da er es wiederholt selbst sagte. Leider benahm sich der Kronanwalt Mr. Stampe gar nicht entgegen kommend, sondern wollte ihn durchaus verknacken. Er be handelte Mr. Crawford hartnäckig als Geldschrankknacker, wo dieser liebenswürdige Jüngling doch weiter nichts getan hatte, als mit Hilfe des ihm bekannten Stichwortes regel- und kunst gerecht den Tresor zu eröffnen, um für seine Schwester lum pige paar tausend Pfund herauSzunehmen. Dabei war aber auch der „Rubin des schwarzen Prinzen" abhanden gekommen und einige Kronjuwelen, die der Firma Jessries anvertrant waren. Das Zengenverhör gestaltete sich fürchterbar auf regend. Das volle Haus stürzte ans einer Sensation in die andere. Herr Jessries - W i l l t selbst benahm sich, wie immer, sehr vornehm. Aber aus dem Schlamm der Londoner Ver brecherwelt. wo er am schlammsten ist. tauchte der Pole Kroto. sinskn - I ä h n i g ans und verwickelte sich in die vor Gericht mit Recht so beliebten Widersprüche. Dann erschien der stadt bekannte Geldverlciher Samuel Green-Fe ist und brachte mit seinem hebräischen Stil des Auftretens einige Sonnen blicke der Heiterkeit in die dunkle Geschichte. Pikant wurde dce Verhandlung, als Mrs. Moleöworth - W i l k c. Filmschau spielerin mit zauberhaftem Pelz, über ihre zarten Beziehun gen zn Mr. Crawsord aussagte. Tie Ocsfentlichkett brauchte nicht ausgeschlossen zn werden. Der Kronanwalt hatte sich's in die Krone gesetzt, den Fall mit dem Rubin des schwarzen Prinzen restlos anszuklären. und verlangte die Vernehmung der Schwester des 'Angeklagten, Frau Elltnor Parkyns- Fuchs. Tie Anwesenden kannten die entzückende Dame schon ans ihrer vornehmen Häuslichkeit, in der sie sich indessen wegen zu starker Gewissenöbelasiuiig nicht wvhlgcfühlt hatte. Um es kurz zn sagen: Ellinor, die schöne Frau jsie trug ein schwarzes, hochmodernes Kleid, wo links und rechts was 'runterhüngt), befand sich in den Klauen eines Erpressers. Sie benahm sich infolgedessen begreiflicherweise sehr gepreßt. Doch entpreßte ihr der Kronanwalt vor den Vertretern der Presse das furchtbare Geständnis. Unter diesem Druck stieg die allgemeine Spannung auf 100 000 Volt. Tenn jetzt griff der berühmte Advvkat Morrison-V a l b e r a ein, der eigens als Gast aus Wien gekommen war, um Verletzten Schleier zu heben. lTas ist bekanntlich seine Spezialität.) Wir ge stehen, daß wir lange keinen so seinen Mann mit so gebildeter Aussprache und herzgewinnender Vornehmheit und Ruhe in Behandlung gewiffensgebtssener Klienten gesehen haben. War c» schon eine Lust gewesen, zu beobachten, wie er Ellinor, die er schon früher von einem kleinen Mordverdacht gereinigt hatte, als hilfloses kindliches Gemüt getröstet, wie er den Er presser überrumpelt und ihm die sür seine gewinnbringende Berufstätigkeit angcfertigte Photographie der Mord tat l!) entlockt hatte, so war cs eine Höchstleistung forensischer Strategie, wie er nun den vorletzten Schleier zerriß. Aber erst gab es noch eine wilde Szene, als die Justizsoldaten, die reichlich herumstanben, Mr. Reeves - B e r h o e v e n den im Zuschauerranm anwesenden Berufsverbrecher, bis in die Gar derobe verfolgten, wo er unter zwei blinden Revolverschttssen unverletzt zusammenbrach, um nun vors Tribunal geschleppt zu werden. Er leistete den Armen der Justiz erheblichen Widerstand. Auch als ihm nun Mr. Morrison, der große Entschleiere! Morrison, bis auf seine nackte Verbrecherseele entlarvte, benahm er sich nicht der Würde des Gerichts an gemessen. Mit Hilfe der vergrößerten Photographie und seiner noch größeren Beredsamkeit gelang es indessen Mr. Morrison, bas ganze Gewebe dieses ScnsationsprozesscS aus zudröseln und tn den letzten Maschen den Erpresser Neeveö und den Polen Krotosinsky als die wahren Geldschrank knacker und die Diebe des RubtnS im Malthescr- kreuz zu offenbaren. Ohne Beratung des Gerichtshofes wurde der Angeklagte Mr. Crawford frctgesprochen »nd die beiden Verbrecher sofort verhaftet, um sic vor der Wut des Publikums zn sichern. Während sich auf dem Berhandlungs- platzc die Prozcßbctclltgten herzerwcichenb umarmten, brach das Publikum, von diesem größten bisher In einem Theater gezeigten SensatlonSprozeß in flebrische Erregung versetzt, In spvntane Kundgebungen ans, nach dem Wort unseres Schiller: „Des Beifalls langgehemmte Lust." Allerdings gab es einige Enttäuschte, die gehofft hatten, daß der „schwarze Prinz" mit dem wtederbeschafften Rubin sich zeigen würde <wie tin „Dunklen Punkt" der Neger), doch konnten die Miß vergnügten die allgemeine Begeisterung nicht dämpfen. Im Kassenraum wurden einige Kritiker, die es wagten, von „Grenzen der Kunst" und so zu sprechen, von der aufgeregten Menge gelyncht. Herr Bernstein, der verdienstvolle Manager des an. und aufregenden Abends, konnte die Ge müter nur damit beruhigen, daß er versprach, den „letzten Schleier" bis ans weiteres jede» Abend wieder hebe» und die Gerichtsverhandlung allabendlich wiederholen zn lassen. Dr. Felix Ztmmermann. Kunst und Msteuschaft. Flomödie. Man muß cd jedenfalls dem fruchtbaren französischen Dramatiker Louts Berneuil nach der gestrigen Erst ausführung seines vieraktigen Lustspiels „Kops oder Schrift" mit 'Neid zwar, aber doch mit Vergnügen erneut bestätigen, daß er versteht, sein Publikum gut zu unterhalten, jo sagar bis zu gewissem Grade warm zu machen und tiefer zu interessieren. Wieviel die deutsche Biihnenbearbeitung von Robert Blum dazu beiträgt, entzieht sich unserer Kenntnis. Sicher ist, daß der Verfasser durch die gradlinige Art, mit der er, alle possenhafte Verwicklungen verschmähend, auf den Kern der Sache losgeht und wie er trotzdem bis -um letzten Akt über die Lösung des Konflikts im Unklaren läßt, nicht einen Augenblick die Teilnahme des Zuschauers erlahmen läßt. Er freulich, daß er alles Heikle mit graziöser Unbefangenheit und nicht um seiner selbst willen sagt und tut. Ueberraschend, wie er der Geschichte von dem alternden Grasen und Lebemann und dem zum Chansondichter und -sänger entarteten Sohne eine neue Seite abzugewtniien weiß. Der Gedanke, daß die letzte der gräflichen Amouren die Geliebte des eigenen Sohnes ist, ist schon in anderen Hirnen aufgeblitzt. Die neue Wen dung, die Berneuil den Dingen gibt und die den Erfolg des Stückes bestimmt, ist die, daß besagte Geliebte keine Kokotte ist. Einer Pariserin wagte der Dichter solche Aufgabe aller dings nicht anzuvtt'trauen. Eine Studentin der Medizin aus Rumänien, ei» Naturkind, triebhaft, aber treu, ist dazu a»s- ersehen. Sie weckt, als die väterlichen Wechsel sich sür Parts als zu klein erweisen, das Mitleid des Chansonniers, der sein nächtlich ErsiingencS mit ihr teilt. Sie rettet ihn durch treue Pflege auS schwerer Krankheit. Sie möchte ihn auch vor der Heirat retten, zu der der Vater den Sohn zwingen will, und sich zu diesem Zwecke dem allen Herrn „hinacbcn", der ihr Immer nachstetgt, dessen wahren Namen sie aber nicht kennt. Sie hofft damit zugleich das finanzielle Elend zu enden, das sie und den Geliebten zn erdrücken droht. Aber sie bringt cS nicht fertig. DaS Souper mit dem alten Grafen mit dem „Ich kann eS nicht" und dem schließltchcn Geständnis ihrer Lage ist der Höhepunkt des Stückes tm dritten Akt. Die Ahnungslose, die dem Vater die Geschichte des eigenen Sohnes erzählt, steht vor der Umwandlung ihres Verfolgers wie vor einem Rätsel. In naiver Freude an seinen Geschenken will sic gar den letzte» Svns des hcrbcigecilte» Geliebten durch „Kopf oder Schrift" über ihr Schicksal entscheiden lassen. Ebenso rasch aber ist sie bereit, von neuem dtc Armut mit ihm zu teilen. Da erscheint der Papa — niemand kann bas Wort so schön aussprcchcn wie Wolf Kerstcn — und wie er sich aus der Schlinge zieht, ist der letzte Trick, den der Verfasser nnsspielt. — Merkwürdig, daß unsere Darsteller, die doch fast mehr Franzosen als Deutsche zu spielen habe», ans ihrer ehr- lichen deutschen Haut so wenig heraus könne». Nur Martin Costa als Gerichtsvollzieher war ein guter Pariser. Ott-
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