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Dresdner Nachrichten : 22.05.1875
- Erscheinungsdatum
- 1875-05-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187505221
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18750522
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18750522
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1875
-
Monat
1875-05
- Tag 1875-05-22
-
Monat
1875-05
-
Jahr
1875
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 22.05.1875
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Eine »nruniie I>ir da» »Lchstliigige LUch-i- «n der Inserate wittz nicht gezedei». «uiwdrtigc vnnonee«> «allrüge von UN» unbe» tannle» girmcn und Per sonen tilscrire» wir nur oeaenPlänumerando» Aadl UNK durch Brtei- markeu »der Palieinjad- tu»,,. Neu» Silben loste» iS P«ae. Jnieroir ,2t die Montags - Nummer »der nach eniem geiila»« die Peiiljeilc 2Ü PIge. Nr. 142. Zwanzigster Jahrgang. Mltrcdatteur: Für datz Feuilleton: M4" ür. Lurill l»>vrv^. Dresden, Tounabcnd, 22. Mai 1875. Politisches. Eine friedliche Lösung der Arbeiterfrage sollte die Aufgabe d«S wirklichen Menschenfreundes sein, nicht des Politikers. Daß die politischen Parteiführer sich diese Eulturaufgabe seit Jahren unrecht mäßig angceignet, hat derselben nur gqchadet. Die ungeheuer leicht erregbare Menge hat sich za zu allen Zeiten von irgend einem ehr. geizigen Führer bUnolings leiten lassen, der Kühnheit und Geschick besaß ihr eine Besserung ihrer Lage vorzuspiegeln. Mit Theorien und Systemen, wie sie auch lauten, wird diese Besserung nie erreicht werden. Wie für viele Krankheiten kein rechtes Heilmittel existirt und die Natur sich selbst Helsen muß und wirklich hilft, so giebt cs für die sociale Frage keine radikal heilende Arznei. Wer es mit dem Arbeitcrstand gut meint, der warnt ihn vor den Aerztcn, die ihm Hilfe versprechen, die unmöglich ist ; es sind nur Eharlatane, meistens betrogene Betrüger. Bildung inacht frei und in einer edlen Frei heit, nicht in der Zügellosigkeit liegt das Wohlbefinden des Arbeiter- standeS und jeden Standes. Zur wahren Freiheit gehören aber Selbstbeherrschung, Mäßigkeit und Achtung vor dem Gesetz, welches die Ordnung verbürgt. Die Zeit und der unaufhaltsame Fortschritt lasten nach und nach die Blülhe zur goldenen Frucht werden. Mit künstlicher Hitze läßt sie sich nicht erzwingen und unreif vom Zweig gebrochen, gedeiht sie uünmer. ttcberzengt sich der vernünftige Arbeiter erst daoon, so wird er den falschen Freund vom wahren unterscheiden lernen. Der Tag kann nicht mehr fern sein, wo der Arbeiter in der 'Nahe das findet, was er weit ab gesucht hat. Nicht die kirchliche Partei ist cs, die zwar ehrlich bemüht ist, den Arbeiter vor sittlichem Fall zu bewahren, ihn aber wie ein unmündiges Kind mit süßlichen Liedern und Sprüchen speist, wo er nach kräftiger 'Nahrung verlangt. Jin Bund mit thr verlernt er die Freude an der Natur und am eigenen frohen Schaffen und Denlcn! Oder sind es jene Arbeiterfreunde in silbergrauen Glaedhandschuhcn. die, in Jesuitcnaustalten erzogen, von der Reitbahn zum Arbeiterverein gehen? Nein, dieser österreichische Fürst Alvys Liechtenstein und seine Freunde haben kein Herz für das Volk und können es nicht haben. Der 'Arbeiterstand ist ihnen eine wohlfeile Armee und soll ihnen die Macht liefern, den emporstrebenden Bürger zurückzusühren auf die mittelult rliche Stellung. Der unscheinbare Mann im feuchten, dumpfigen Comptoir mit der sorgengrsurchlen Stirn und dm frühcrgrautm Haaren, das ist der Arbeiterfreund! Vom Arbeiterstand hat er sich durch unermüd lichen Fleiß und durch Sparsamkeit in glücklichen Zeiten zum Kapi talisten cmporgearbcitet. 'Nicht air ausländische Regierungen hat er gegen Wucherzinsen dies Geld verliehen uno mit diesem Zinsgenuß Ehre und Lebensgenuß erstrebt. Immer neue Maschinen hat er erworben, immer neue Vervollkommnungen ersonnen und erworben bis eine Industrie, die das Vaterland bisher nicht kannte, durch ihn erstand und einen ungeahnten Aufschwung nahm. Dinge, die früher vom Ausland bezogen wurden, lieferte er besser und billiger und trotz der Maschineichilfe gewannen fleißige Hänee bei ihm lohnende Beschäftigung. Die zufriedenen Arbeiter erkennen das Verdienst des Arbeitgebers dankbar an und wählen ihn zum Vertreter in die gesetzgebende Versammlung. Was kann solcher Mann anders sein, als ein kahnrr Verfechter der Wahrheit, der Freiheit und des geistigen Fortschr ttcs? Solche Leute passen den Rückschrittlern natürlich nicht und müssen fallen! Das Manöver ist immer dasselbe und plump genug; aber so traurig cS ist, an die bösen Leidenschaften in, Menschen appcllirt man nie vergebens! Von allen Seiten flüstert man den Arbeitern Gehässigkeiten zu; die nothwendigc Strenge ge gen Trunkenbolde und faule Arbeiter wird zur Härte gestempelt. Sein Neichthum wird übertrieben und jeder Bissen und Tropfen Wein den Neidischen aufgezählt u. s. w. Die Arbeiter lassen sich Hetzen, verlangen Aurheil am Lebensgenuß, höheren Lohn und ge ringere Arbeitszeit. Seufzend giebt der Fabrikant nach. Ter bessere Lohn geht aber säst nur dem Wirthshaus zu Gute und statt die günstigen Verhältnisse zum Sparen zu benutzet,, wird weniger und nachlässiger gearbeitet. Pressante Aufträge sind nicht auSzu- führen, da die Arbeitszeit nicht verlängert werden, dem Wirthshaus- Elubblebcn nichts geraubt werden darf. Das Fabrikat wird schlechter und damit der Absatz geringer. Herabsetzung der Löhne ist unmöglich, denn in den selten Jahren hat sich der Arbeiter an Genüsse gewöhnt, die er nicht mehr entbehren kann. Der Fabrikant ist bankerott und die Arbeiter werden brodlos. Die Geschickteren finden im Ausland lohnende, aber strenge Beschäftigung, die Unge schickteren wandern aus und arbeiten im Elend amerikanischer Ur wälder und die Faulsten greisen zum Bettelstab. Die frommen Freunde geben ihnen zwar ein Almosen, die vornehmen Freunde weisen höhnisch auf irgend einen Glückspilz aus dem Volke, dein ein blindes Geschick wohlgewollt und auf den sich der Arbeiter nur zu gern Hetzen laßt. Wir wollen das Thema nicht weiter ausspinnen; die Nutzanwendung liegt nahe! Der Arbeiterstand sehe ein, daß nicht bloS die bürgerlichen und die fürstlichen Gründer die jetzige Nothlage verschuldet haben, daß er selbst, allerdings verleitet, viel dazu bcigctragcn hat, die redlich erworbenen und ehrlich verwalteten Vermögen zu zerrütten. Friede zwischen Capital und Arbeit, denn es sind Geschwister, die nur böse Menschen aufeinander gehetzt haben und durch diesen Zwist zu Grunde gehen! Gehorsam gegen die Obrigkeit und gesetzlicher Sinn aber vor Allem! Der deutsche Staat und unser engeres Vaterland Sachsen gewähren allen Ständen vor dem Gesetz gleiches 'Recht und gleichen Schutz. Der Arbeiter hat ein Vaterland und hat Ursache, cs zu lieben und liebt es auch trotz aller weltbürgerlichcn Reden seiner Hetzer. 'Nicht der rohe Bursche freilich, der im Frühling wie ein Thier herumtobt, aber der bildungsfähige Arbeiter, den mir mit stillem, frohen Gesicht von den waldigen Berghöhen herabblicken sehen auf die blühenden Wiesen. Echt deutscher Sinn, das sei die Losung aller Stände. Am 1100 Pfund schwere Schwert in die Faust gedrückt worden und die, sechs Arbeiter vollendeten das Werk mit einem „Nun danket Alle Gott!" Echte Frömmigkeit im edlen Sinn, aus dem Herzen drin gend und durch den Verstand geläutert, das ist's, was zur Versöh nung des Staates mit der Kirche und zur Lösung der socialen Frage führen wird. ; ' Schon mildem dir Kirchenfürsten ihre Sprache. In der Er widerung der Bischöfe und in der Kölner Geistlichen-Versammlung klingt ein nachgiebiger Ton, den wir freudig begrüßen. 'Nicht der Jesuitenorden ist gefährlich, sondern der Lügengeist des Jesuitismus, der Bund der Knechie, die uns zu Knechten machen wollen.. lieber Knechte will auch kein edler Fürst herrschen, und Georg von Grie chenland ist fest entschlossen, dem Beispiel des Königs Amadeus zu folgen und der Krone freiwillig zu entsagen. „Ich will so ehr lich wie Amadeus handeln!" hat er zu Eonduriotis gesagt; wahrlich ein schönes Fürstcmvort! 1 Mal iff dem StanübilK de« Hermann ans dem Tentkerae da« > Menschen ansmerksam geworden. ' LacaleS und Sächsisches. — Der König von Sachsen besuchte vorgestern Nachmittag in Berlin auf einer Spazierfahrt auch das Etablissement „Flora" in Charlottcnburg. Gestern Morgen begab sich König Albert mit Sr. 'Mas. dem Kaiser nach dem Tcinpclhoser Felde zur Truppenbesichti gung und besuchte sodann das Berliner Museum. Nachmittags E 3 Ühr fand bei dem König von Sachsen im kal. Schlosse ein Dejeuner statt, an welchem der Kaiser und die königlichen Prinzen, soivie der kgl. sächsische Gesandte o. Nostitz-Wallwitz thcilnahmeu. Die Ab reise des Königs Albert erfolgte R§4 Uhr; Se. Maj. der Kaiser be gleitete seinen hohen Gast zum Bahnhof. König Albert traf Abends 7 '/z Uhr in Dresden ein. — Hinsichtlich der gestern in unserem Berichte über die Stadt verordnetensitzung behandelten Stadtrathswah! ist zu bemerken, daß die aufrückendcn Herren Näthe nur bezüglich der Gehalte an dere Stellen einnehmen, daß die Geschäftsbräuchen aber nach ivie vor bei den bisherigen Persönlichkeiten bleiben. — Sehr erfreulich ist die Nachricht des Herrn StadtratheS Or. Stübcl, daß in unserer Stadt die vollständige Beseitigung der Trottoir-Abschrägungen in Aussicht gestellt ist. Die thats äch- lichc Bewahrheitung wird hoffentlich nicht lange auf sich warten lassen, denn bis dahin schwebt noch manches Bein und mancher Arm in Gefahr. — Laut oder mindcrkant spricht man in hiesigen, wohlunter richtet sein könnenden Kreisen über die cigcnthümliche Todesursache des Particuliers S. Es war nicht leicht, bei einem Manne, der in den glücklichsten Familienverhältnissen, geachtet von schien Mitbür gern und in solider Wohlhabenheit den Tod aufsuchte, die Motive dieses traurigen Entschlusses zu ergründen. Nunmehr soll aus einem hinterlassenen Briefe, der zum Tröste der Hinterlassenen verfaßt scheint, hervorgchen, daß Herr S. das Opfer eines amerika nischen Duells geworden ist. — In dem zu Pfingsten verstorbenen Finanzcalculator a. D. Juch tz er hat sich eine Persönlichkeit nach dem unbekannten Jenseits auf die Reise gemacht, welche besonders in früheren Jahren durch ibre gesunden humoristischen Einfälle sich einen großen Kreis von Verehrern geschaffen hatte. Bekannt ist namentlich sein Lied von dem Leipziger Ltadtscloaten Barcheivitz, der die Schlacht von Dres den dadurch gewann, daß er ans Napolcon'S Befehl „Morcau'S Berne" wegschoß. Auch au dem humoristischen Wochenblatte „Die Seifenblasen" bctheüsgle sich Jüchtzcr in hervorragender Weise Jüchtzer hatte erst in späteren Jahren sich der Beamtencarrure zu gewendet, in der er cs zum Finanzcalculator gebracht hat. Er bil dete mit dem jetzt noch im Voigtlande in Pension lebenden Tag, bekannt wegen seines riesigen Appetits und seiner ausgezeichneten Leistungen als Schlittschuhläufer, das originellste Paar von Ealcu latur Beamten, — ein Stand, den der Lolkswitz zwar in eine un auflösliche Verbindung mit dem Schmucke des Schooner Grundes gebracht hat, der aber, waS Pflichttreue, Ehrenhaftigkeit und Ju telligeuz anlaugt, zu den gediegensten der sächsischen Bureaukratie gehört. — Wenn wäscht man Häuser ab? 'Natürlich — wenn sic schmutzig sind. Aber wann darf man sie abwaschen? — nur Dienstags, Mittwochs, Donnerstags und Sonn abends und nur bis Vormittags 0 Uhr. So will es ein polizei liches Verbot, welches eben wieder durch polizeiliche Bekanntmachung anfgefrischt wird. Zuwiderhandlungen werden nach 8 366 unter 10 des Neichöstrasgesctzbuchs mit Geldstrafe bis zu 60 Mark oder mit Haft bis zu 14 Tagen geahndet. — Die Umpslasterung der Ostraalleestraße findet trotz der nunmehr beginnen sollenden Zufuhr der für die Industrieausstellung bestimmten Objecte doch noch statt und zwar wird schon vom 24. d. M. ab die Strecke von der Kgl. Münze bis zur Stallstraße für allen Wagenverkehr gesperrt. — Einem SchiffSmanne, Namens HerniS, auS Tangermünde, ist vorgestern Abend beim Ausladen einer Zille am Packhose die rechte Hand in die am Krahn befindliche Kette gekommen und sind ihn, dadurch zwei Finger abgcquetscht worden. Der Verletzte wurde deshalb im Krankenhause ausgenommen. Gestern Mittag gingen zwei vor einem Rollwagen ge spannte Pferde aus einem Gehöfte der Blumcnstraße, worin der Wagen gerade mit Waarenkisten beladen ivurde, durch und liefen herein bis zum Kreuzungspunkt der Blumenstraße und Blnscwitzer- straßc, wo ein Fuhrmann sie aufhielt. Unterwegs waren einige Kisten vom Wagen herabgefallen, die aber wieder erlangt worden sind, sollst ist ein Schaden dadurch nicht verursacht worden. — Am Donnerstag Abend nahm ein Polizist am Elbquai einen alten Mann in Beschlag, der, wie er selbst angab, ohne alle Existenzmittel, seinem elenden Dasein in der Elbe ein Ende machen wollte. Durch seine auffallenden Gcberd«» war man auf den armen — Am Donnerstag Abend ist aus der Augustusbrücke eme Frauensperson von ungefähr 40Jahren todt aufgefunden und nach dem Trinitatiskirchhof geschafft worden. Ein Schlagsluß hat ohne Zweifel ihrem Leben ein Ende gemacht, lliach 'Notizen, die sich in einem in den Kleidungsstücken der Leiche befindlich gewesenen Notiz buch vorgesunden haben, ist die Person identisch mit einer ledigen Näherin Namens Stephan aus Radebeul, welche hier aus Arbeit gewesen und der auf dem Heimweg nach Radebcul der Unfall zuge- stoßen ist. — Aus einer verschlossenen Wohnung an der Ostraallee, welche mit Nachschlüsseln geöffnet worden sein muß, sind vorgestern Nach mittag in Abwesenheit des Logisinhabers ca. 200 Mark gestohlen worden. Das gestohlene Geld hat sich in einem verschlossenen Be hältnis; befunden, welches von dem Diebe mit einem Beile, das iv dem betr. Zimmer gelegen hat, aufgesprengt worden ist. — Die Ehefrau eines hiesigen Gastmirths hat vorgestern Abend den Versuch gemacht, sich durch den Genuß von in Bier auf gelösten Streichhölzchenkuppcn zu vergiften, es ist ihr aber nicht ge lungen, diesen Zweck zu erreichen, da ihre Angehörigen sofort ärzt liche Hilfe in Anspruch genommen haben, durch welche die tödtlichea Folgen abgewendet worden sind. — Wir verdanken Herrn Henry Stern aus New-Bork welcher sich gegenwärtig in Dresden aufhält, die folgende kurze Erzählung des Sckiffbrncks deS „Schiller": Am 27.April New- Bjert bei regnerischen! Wcller verlassend, segelten wir drei Tage lang in Gesellschaft der „Bothnia" von der Cnnard-Linle. Die llcocifahrt war unfreundlich und fast stürmisch. Freitag den 7. d. M. Abends 8 Uhr umfing uns plötzlich dichter Siebe!. Der Gang des Schiffes wurde verlangsamt und das Senkblei auSge« worden. Vergebens spähte ich um »Uhr nach dem Leuckstthurm« von Sciliu, der nahe sein mußte. Immer imturcvrringUchcr ward i er Nebel. ' . IO Ubr stießen wir hart an Felsen an und nun folgten vier weitere Stöße. Die Befehle des Eapitains blie ben mir unverständlich. Ein vom zweiten Bootsmann flottge- macl tes Boot Enterte. Ein anderes, vom ersten Bootsmann los gelöst, ging ohne Bassagicle ab. Die Drohung des hcrzueileuven Capitalns wurde übeihört. In denvelben Augenblick ertrankm mehrere Matrosen und Reisende. Daö von dein zweiten Offizier tPolcmaniO au, Belebt des Capitalns niedergelassene Rettungs boot ging iniolge Ucberiüllung mit 30 Menschen unter. Die Wogen fegten über das Teck und jeder Schwall nahm Opfer mit. Zwischen il 12 Uhr band ich mich an baü Tauwerk des Haupt mastes fest und sah bald den Bischoisleuchtthurm deutlich. Schüsse und Raketen, die wir abieuerten. sollen als gewöhnliche AnkuniiS- slgnale mißverstanden worden sein. Nun raste die See aus'S Neue über das Deck und der Nebel warb wieder dichter. Der Hintere Schornstein stet und zerschlug zwei Seitenboote. Der Eapstaln riet die Leute zu sich heran auf seine Brücke, die hoch ans dem Wasser ragte. Um zwei Uhr rlß die Fluth mit dem Pavillon circa 30 Menschen hinab, lauter Passagiere erster Classe. Ihre Webrufc klangen herzbrechend. Jede neue Welle riß auch von der Brücke Mensche» hinweg. Um drei Uhr standen noch der Eapstaln. der Obel Ingenieur und der Doctor dort. Bald darauf aber verschwanden auch sie. Kein lebendes Wesen war mehr auf dem Deck, über welches die Fluth herein- und hinauS- rauschte. Nur am Hauhtmast hingen zehn, am Vordcrmast dreißig Menschen. Um fünf Uhr Morgens konnten wir wieder den Lcuchtthurm sehen, aber unsere Hilferule verhallte» ungehört. Ich traute der Festigkeit des MastcS nicht länger und löste daS Seil, mit welchem ich daran befestigt war. 7 Uhr Morgens brach der Mast und ich und iämmtliche Genossen fielen mit ihm hinab. Halb bewußtlos fand ich mich auf der Wasserstäche wieder, glück lich durch die Fluth vom Schiff vlnweggesührt. und erwischte eine Hcizstange und d.äd darauf cineu Ledcrkoffcr, durch dessen Henkel ich die Stange steckte. So hielt Ich mich brusthoch über Wasser. Drei ' -ierlcl Stunden trieb ick' mm mit der Fluth, diS lch ein Boot erdlickte, welches ich anrief. Zuerst nahm dieses Boot Herrn Leo Weste aus Philadelphia auf, zunächst einen SchiffSheiccr, kann mich. 'Rach mir wurden Map Goldberger und nock' drei 'Ankere der Fluth entrissen. Der Vordermast soll noch d.ei Viertel Stunde» länger gehalten haben und drei bis vier Menschen durch andere Rettungsboote gerettet worden sein, 'glicht genug kann mau zum Lobe unserer Erretter sagen, die für unser Leben bei der wilden See das ihre auf das Spiel setzten. In St. Mary erreichten wir das Land und fanden sorgfältige Pflege. Das Boot. welches der Bootsmann geführt, war m Tresco gelandet. Der Capt. Dorrian Lmith. Gouverneur der Insel, der aincrikanische Eons.-AgentBurto», der deutsche Conseil Benfielc und seine Familie machten sich um die Erretteten doch, verdient. Die Einwohner von Scllly benahmen sich vorzüglich und die Zollbeamten bemühten sich um die gestrandeten Leichen und Effecte». Ich muß liachholeu. daß der Capital» und die Beamten des „Lchilicr" ihre Pflicht bis zuletzt treu erfüllten. Von der» Vertreter der Damvisch.-Gesellschaft In Plymouth kann ich das nicht sage», da er, statt in Pevzanee zu bleiben, noch Sonnabend Nackt hätte hanteln müssen. Als tief unglückliche Schiffbrüchige hatten wir 'Anspruch auf größte Rücksicht seitens der Dampfsch.-Gescllschaft. Ich konnte von dem Agenten nicht die Mittel erlangen, zu meinem Bruder nach Paris zu gehen. Mar, gab mir cm Billet nach Plhmvuth und 35 Schill., mit welche» ich Paris nicht hätte erreichen können. wenn ei» Herr A. E. Ford aus Lviibon, der mich gar nickst kannte, mich nickst ircuiidlichst unterstützt hätte. Der Corresponkeiit des „NewPork Hcrald" ist Zeuge der Incoutanz des Gcscllsck'aftsaaenten ge wesen. Jede Auskunft über mir bekannt gewesene Mitreisende aus dem „Schiller" bi» ich zu beantworte» gem erbötig. Henrv Ster». — Morgen. Sonntag, Nachmittag wird unsere alte und im g-wöhnliche» Verlauf der Tage stille und ernste Berg- veste König sie In wieder ein Bilv deö regste» Lebens fröhlicher Wanderer entsalten, da die königlicke Commau- dantur auch für die diesjährige Sommer - Saison die Ge nehmigung zu einem sonntäglichen ConeertcycluS ertheilt hat. dessen Entree-Erträge hauptsächlich dem Fond des lo segensreich in unser«» engeren Vaterlante wirkenden Albert.Vereine zuflic- ßcn sollen. Wie In den früheren Jahre» werden wiederum Tau sende in den herrlichen Promenaden eiiiherwcmdel» oder bei gün stigem Horizont sich an der wunderbar reizenden Aussicht er quicken. Giebt eS doch auch untcr allen Felsenhöhen der Schweiz keine einzige, die in so kurzer Zeit so bequem und so gänzlich ge fahrlos besucht werden könnte. alS der Köolgstei». Allen Tou risten und sonstigen Besuchern, die sich specleller mit der Um gebung dieses lieblichen Plateaus befreunden wollen, empfehlen wir bas in her hiesigen Buchhandlung von Burdach erschienene Schrtttchen: v. Gutbier, Panorama vom Aönigsteln, schwarz ?L Pf., colortrt I Mark. — Vor einiger Zeit brachten wir eine karze Notiz über eine von
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