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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 07.12.1926
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1926-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19261207018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1926120701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1926120701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-12
- Tag 1926-12-07
-
Monat
1926-12
-
Jahr
1926
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 07.12.1926
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V. ' - ' ' ' ' : vtrarko-. 7. vyember 1SLS — »vrerduer Ttachtichtev" — Ar. S7Z rette Z Tschitscherin über seine Außenpolitik. Schlärunaen vor der Berliner Presse. Da» «ui» de»tfch,r«tfilche «erhitltnt». Verlt«. a. De». Der russische Volkskommissar für Auö- wärtiacS, Tschitschcri». empfing heute in der Berliner russi. scheu Gesanötschaft Vertreter der Preise, vor denen er Au». Mittungen Uber die russische Außenpolitik macht«. Tschitscherin betonte zunächft di, brsenstve Haltung Rußland». Den Sindruck, das, die sowsetrussischen Divlomaten auch zugleich Träger der vom russische» Kommunismus g«. predigten Veltrevolution seien, wollte er ganz eut- schieden vermieden wissen. DaS Auöwärtige Amt in Moskau sei nicht identisch mit der Moskauer internationale. Das Verhältnis zu Drntschlaud habe sich seit dem letzten Jahre befestigt, sowohl durch den Abschluß des Wirtschaftsvertrages, wie auch durch die Kreditabkommen, die fttr die künf- tige» Verhältnisse «ine feste Basis gewähren. Tschitscherin »klärte, das, die Arcundschaftsbaude. die Sowjctrußiand heute mit Deutschland verbinde«, bereits io fest geworden feie«, daß er sich völlig daraus verlasse. Tschitscherin gebrauchte diesen letzten Satz namentlich unter Bezug aus England, das er als den gefährlichsten Gegner Rußlands betrachtet. Vs gelte für Rußland, riuer von Eng land geführte« europäischen Angrissssront gegen die Sowie«» zu begegne» und im besondere« eincr unter voluilcher Heae» monie erstrebten Frontbildung an der russischen Westgreuze. Tschitscherin wiederholte dann die Behauptung, die schon aus -ein Sowjetkongrrß im Mai 1925 gemacht worden war, das, Moskau ans Schritt und Tritt im Westen der Welt, sowie im Osten die Hände englischer Agenten vcrivürc. Tschitscherin gestand allerdings ein, das, die Behauptungen der Gegenseite von den russischen Agenten aus englischem Bode» zutreffend wären. Als Unterschied führte er an. das, die Svwjet-Untv» -er englischen Regierung »ncntwegt eine» Ausgleich ange- Kote» habe nnd anbiete. ohne damit Ersolg zu haben. Die englische Vinkreisungöpolitik werde aber von der Lowsetpolitik mit Vrsoig bekämpft. Diese Erfolge sieht Tschitscherin i« der Abschlictzung von Paktverträgeu mit allen westlichen Raächaru Sowietrutzlands. Es sei dabei zu unterscheiden, daß Paktverträge nicht Schieds- Verträge leien. Nach westeuropäische» Begriffen wäre man geneigt, den Paktvertrag als politisch weitcrgehcnd zu be» trachten, als ein rein juristisches SckttedSabkommen. Für die Sowjet-Union wäre ein L ch i c d S a b k v m m c n gleich bedeutend mit der Unterstellung unter europäische RecktSbegrisse, waS sie prinzipiell ablekme. Ein solcher Paktvertrag sei zunächst vor kurzem mit Litauen abgeschlossen worden. Von den übrigen Nandstaatcn sprach Tschitscherin in diesem Zusammenhänge nicht. Er lies, allerdings durch- bltcken, daß di« Verhandlungen mit Lettland aus -iemlich große Schwierigkeiten gestoben seien. Tschitscherin betont« auch ausdrücklich seine Gegnerschaft gegen ein polnisches Protektorat über die Randftaaten und erklärte, daß er davon überzeugt sei, daß die deutsche Regierung und die deutsche össentliche Meinung sich keinerlei Einflüssen hingeben würden, die gerade im Hinblick auf die Zusammenhänge Deutschland-Polen. Sowjrtruhland geltend sein könnten. Dieselbe Festigung der sowjetrusfischeu Beziehungen wie mit Deutschland sei auch mit F ra n k re i ch zu erblicke». Min« bestens scheine sich Frankreich jetzt der tiiteruattonale» Bedcu- iShei iung der Sowjets mehr als bi bewußt geworden zu sein. Allerdings gab Tschiischeri» zu erkennen, daß er sich der wiri- schastlichen Schmierigkeiten gegenüber Frankreich, die de» Schlüssel zu weiteren Beziehungen bilden, vollkommen bewußt ist. Mit einem Scitenhirb ging Tschitscherin auch aus Rumänien ein, dessen neue Abmachungen mit Frankreich und Italien die bessarabischen Interesse» Sowsetrnßlands un angenehm berühren. Aus den Völkerbund übergehend, erklärte Tschitscherin, das, der Völkerbund vor einem Jahre sehr stark in den Diskussionen Über die sowjctrnssischc Außenpolitik stand. Damals wurde viel von dem Beobachter gesprochen, den Moskau »ach Gens zu entsende» bereit wäre. Tschitscherin sprach jetzt von einem solchen Beobachter nicht mehr, im Gegenteil gab er zn er» kennen, daß Sowjetrnßlaud setzt weiter als jemals vom Bitlkerbund eutsrrut ist und warnte nachdrücklich davor, in der Zugehörigkeit znm Völkerbund etwa eine Rückkehr der Sicherheit und verminder ten Isolierung eines Staates zu sehen. Solchen Tänschnnge» würde sich die sowjetrnssische Außenpolitik niemals hingcben. Nach den europäische» Angelegenheiten behandelte daun Tschitscherin auch kurz noch die Beziehungen Sowjetrußlands zu Asien. Das Freundschaftsbündnis der Türket sei in der Besprechung von Odessa demonstriert worden. Persien sei daS Land, in dem man die Hände der britischen Agenten am meisten spüre. Tschitscherin mied darauf hin, wieviel die sowjetrnssische Publizistik über die Ausstände aller möglichen Stämme zu berichten weiß, die von englischer Seite gegen die Zentralgcwalt in Teheran geführt würden. In China sei der Sieg der südchinesischcn Republik gesichert. Mit der Kuomlngtaiig-Demokratie verbinde Sowjctrnßland Freund schaft, und cö srcuc sich über deren Wachstum. Der Aeiehskanzler empfang! T «Hit chertn Berlin, 9. Dez. Der Reichskanzler empfing heute mittag in Anwesenheit des Staatssekretärs in der Reichskanzlei, Dr. Pünder, den Volkskommissar der Sowjetunion, Tschit- scherin, und den Botschafter K rcstinski zn einer längeren Aussprache. <W. T. R.j El« österreichisch-tschechischer Menbahnlrust? Pttkne eines Bankerikvnfvrlinriis. Wien, 0. Dez. Die Wiener Blätter bespreche» zurzeit sehr eingehend die Gerüchte, daß eine westeuropäische Finanz- qrilpoc in Wien ein Angebot aus Pachtung der österreichischen Bundesbahnen wie ans die der tschccho-slv,vaki>schcn gemacht halie. Das »onfortium beabsichtig«, das alte österreichische Vaimnctz unter einer gemeinsamen Wirtschaftsführung wieder zu vereinen, bei einer ähnlichen Betriebssührnng, wie sie gegenwärtig die deutschen Reichsbahnen hätten. Das einzige Blatt, das sich dieses Planes annimmt, ist das »Neue Wiener Tagblatt". Sehr scharf spricht sich da gegen aber d«S Organ der Groscheulichen aus. Es lehnt lüeseti Plan mit aller Entschiedenheit ab. Eine Verpachtung »er österreichischen Bundesbahnen könne unter leinen Um- 'känden in Erwägung gezogen werden. Wenn cs auch richtig >ei. daß trotz der kanfmänntschen Führung der österreichischen Aundesbahne» daS Defizit kaum heruutcrgedrückt werden km,nte, jo sei dies doch zum Teil aus die verfehlte Pcrsonalpvlitik piruckzusültten. Die VundeSbbhncn aber dem Privatkapital und gar einem ansländtschcu Konsortium auSzutiescr«, be deutet eine furchtbare Gksahr für die österreichische Volks» Wirtschaft. Der letzte Nest wirtschaftlicher Unabhängigkeit wird »erlorrn «ßtzen. t« wotzrscheinltch nicht «ur eine rücksichtslose ServorkchNtug »es RcntabllftätSprlnzivs zu erwarte» fei. sondern obendrein damit die österreichischen Bundesbahnen znm Instrument ausländischer WirtschaftSpokitiker gemacht «erden sollten. Daß für die Zukunft der österreichische» Bundesbahnen ein ganz anderes und natürlicheres Entwick- lungsziel besteht, hat der ans dem Gebiete besonders kom petente Lektivndchef Ondracek nachgewielcn. Er befürwortet Auschluban d i c D c u t l ch e R c i ch S b a h n. NinrchUlch Irttl zurück. Eine Folge des italienisch-albanischen Vertrages. (Durch F»nkspr»ch-> Belgrad, (i. Dez. Minister des Acußern D». Ntntjchitsch hat heute abend dem König feine Demission überreicht. Ministerpräsident Usunowitsch erklärte den Vertretern der Presse, daß er sich bis heute abend bemüht habe, Dr. Rintschitsch von diesem Schritte zurückznhalten. Rintschitsch bestand je doch ans seiner Demission Der Rücttrjtt hängt mit dem Abschluß des italienisch- albanischen Vertrages zusammen, der nach Belgrader Auf fassung Albanien zum Aufmarschgebiet Italiens aus dem Balkan gemacht habe, Italien die Herrschaft über die Adria sichern nnd der südslawischen Politik einen sehr starken Miß erfolg gebracht habe. Es wird in Belgrader politischen Kreisen betont, der südslawische Außenminister sei sowohl von Achmed Zoghu als auch von de»« früheren albanischen Gesandten in Belgrad getauscht worden, die ihm stets versichert hätten, die Politik Albaniens gegenüber Sndftawien bleibt unverändert. Die Opposition hatte bereits für die nächste Sitzung der Tknpschtina einen Angriff gegen Rintschitsch vorbereitet. Schweres Eisenbahnunglück in Paris. Mussolmi gegen die !a!chi<1i,chrn Ausschreiiungen. „Die sehr schlechte Gewvhuheit des früheren kleine« Italien»." Rom. 6. Dez. Mussolini berichtet« im Ministcrrat über die innere Lage. Nach dem Attentat vom »i. Oktober, sagte er, brach die Aufregung und die Wut der faschistischen Masse» in einer ungeheuren Weise aus und war »ich! zu bändigen. Dabei haben sich neben den außer sich geratenen, aber aus reinen Gründe» handelnden Massen Elemente zweiscl«>aste» Ursprungs betätigt, unter ibnen zabirM''' von der Partei ausgeschlossene ehemalige Faschisten und andere ogantr, provo cateur». auf deren Rechnung der größte Teil der Ereignisse vom 1. bis znm -t. November zu buchen ist. In den meiste» Provinzen ist nichts Besonderes geschehe», in wenigen sind Ausschreitungen vorgekommen. Ueber viele dieser Zmtteben- sälle wurden übertriebene Berichte veröffentlicht. Man bczeich- »ete kleine »»gefährliche Peigrden gls Bombe» von bömst'-, Sprengkraft. Viele Gcwalltätigleitc» sind nichts anderes, als gemeine Verbreche» oder AuSwnchse des Hasses zwischen Privatpersonen. Mussolini sügte hinzu: Die Kiindgrbuugeu gegen auslän dische Konsulate. diese sehr schlechte Gewohnheit des ehe maligen kleine« Italiens, die ich mi> alle» Mittel» ansrotten werde, sind äußerst unsinnig gewesen, und sind scharf zu ver urteile«. Einige Gewalttätigkeiten, die da und dort gegen katholische Gotteshäuser oder gegen katholische Priester verübt ivvrden sind, sind nicht weniaer zu beklagen, da der Faschismus der katholischen Kirche die größte Achtung gezollt bat und immer zollen wird. Mnimlini lwb dann her vor, daß seit dein 5. November kein Zwischenfall von Bedeu tung gemeldet wurde. Die Nation, sagte er weiter, ist durch aus ruhig und arbeitet, wie gewöhnlich mit vollkommener Selbstzucht. Die Durchführung der Gesetze znm Schutze des Staates ncrursachen keinen Zwischenfall und wnrdcn vom Publiku», mit Genugtuung begrüßt. Die faschistische Regie rung ist nur gegen ihre unnachgiebigen Feinde vorgeaan'c», die nur einige Hundert ausmache». Mussolini sagte zum Schluß, ich habe Befehle erteilt, damit durch die strenge Durchführung des neuen Gesetzes über d>e össenlliche Sicher heit das Vcrbrc ch c r t n m a » sgcrottct wird. Es wird in diesem Sinne in Sizilien nnd in der Umgegend von Nola vorgcganaen. Abtetlnngen der Miliz haben die Ehre gehabt, an der Grenze politistl-e Wacht zn »alten Die politische» Acmter für Nachforschungen baden ihre Tätiakeit bei der Legion »nd Miliz begonnen. Dieser Dienst soll mit aller Sorgfalt und mit einem bohen Gefühl der Verantwortlichkeit versehen werden. (W. T. B.s Frankretrhs Truppenverschtebungen an »er Grenze Italiens. Ein Beschwichtigungsversuch. Paris, ü. Dez. Das Kriegsmiuisterium läßt durch die Agentur Havas mitteilen, daß infolge der Rückkehr von Trup pen aus Marokko T r n p v c n v e r s ch > c b u n g e n in den letzten Tagen in den Garnisonen S ü d v st s r a n k r c i ch s stattgesunden hätten, die nunmehr beendet seien. Gewisse an diese Tatsache geknüpfte Kommentare entbehrten jeder Be gründung. <W. T. B > Das letzte -eulsche Siidliroler Blatt beseiligl. Wien, ü. Dez. InBozcn hat nun auch die letzte deutsche Tageszeitung, und zwar der in deutscher Sprache erscheinende „Südtirvlcr Anzeiger", sein Erscheinen eingestellt. Es ist dies das frühere Amtsblatt der Bvzcncr Gemeinde, das nur amtliche Nachrichten brachte. Trotzdem bat sie saschistische, ebensalls in dcntschcr Sprache erscheinende Amtszcitung den „Südtirvlcr Anzeiger" als schweren Konkurrenten betrachte!, und der saschistische Herausgeber hat cs durchzusctzcn vermocht, daß der „Südtirvlcr Anzeiger" zum Einstcllcn seines Er scheinens gezwungen wurde. Der Vertrag über »eutkchen Besitz in Sii-tirol unterzeichnet. Rom, 0. Dez. Wie die Agencia Stefan! mitteilt, wurde der Vertrag unterzeichnet. Ser die Entschädigung für das in Südtirol a»f Grund des Versailler Vertrages beschlag nahmte Eigentum Reichsdeutscher regelt. iW. T. B.s Lyp^usersiranknnaen in Potsdam Berlin, 6. Dez. Zu den Ttzphuserkrankuiigen in Potsdam wird von zuständiger Stelle erklärt daß die Gesamtzahl der Erkrankten seit der letzten Woche 14 betrage. In allen vorhergehenden Wochen seien nur wenige Fälle bekannt geworden. Als Ursache der Typhnserkrankniigen wird M i l ch i » f e k tsv n angegeben. 48 Personen verletzt. Paris. 0. Dezember. Heute früh ereignete sich aus dem Pariser Rordbahuhos ei« schweres Eisenbahnunglück. Ei» ans der Richtung von Billiers snr Marne kommender Personenzug stieß derartig heftig auf den Sndprellbock ans, daß der Zug entgleiste. Nach den bisherige« Meldungen sind 48 Personen mehr ober minder schwer verletzt worden. rinö äis siols. ums, vslvdm unsere jeirigs liusisye sied'. Asti! eines Lescdenkos Sie rsedie kon. SpIIISN-irSGttlMI Str»ll» 23 j Aamlel-Mor- in Berlin. Vo» der Hamlci-Verballhornung, die am Freitag im Berlin er Staatöthcatcr stattfaiid. muß notgedrungen auch den Lesern Im Reiche einmal ausführlich berichtet iverden, denn eS geht hier um mehr, als um eine Theater ausftihruuq, hier geht es um deutsche Kultur, um ein Erbe deutscher Jugend. Wie das rotierende Blitzlicht des Leucht turnics, den der Intendant Leopold Ießner in den Ge- '.pciifterszenen des ersten Aktes aus der Schloßtrrrasse für augebracht hielt, wirst sie ein seltsames Licht auf den Geist du hier erscheint . . . Nur sinnbildlich kann man von diesem Geiste sprechen, den» in Wahrheit erscheint er gar nicht. Oder soll diele wirk lich „fragwürdige Gestalt" dieser gestiefelte und gespornte König in preußischer Parade-Unisorm mit grauem Paletot und wcißwehcndc», Hclmbiisch. der eiligen Schritte», klapp! klapp! über eine Anzahl Treppen stapft nnd in abgehacktem, knarrenden Kommandoton rälonniert — soll der etiva der Wanderer sein, der aus dem Jenseits wtrderkehrt. die schau rige Vision eines ans der Gruft Hcrvorgestiegencn, jene mitternächtige Erscheinung — die. von geisterhaftem Licht um flossen. in dumpfem Grabcston furchtbare Anklage erhebt? kostbar, wenn dieser Revue-Monarch sich in seiner Gala- Ilniform aus einer der zahllosen Treppen gemütlich neben 'einen Sohn setzt und wie einem Reporter die Geschichte 'einer unangenehmen Beseitigung erzählt. Kostbar, wenn nachher daS iurchibarc „Schwört!^ ans der Hölle alS kurzes, schneidiges Kommando in Hellem LentnantSton empor- qcichnarrt wird Und nun der Hamlet selbst! Die ihn be unruhigende Frage „Sein oder Nichtsein?" wurde tn dieser Aussuhrung mit Nichtsein entschieden. Er geriet — um das vorivcgzunehmcn — an diesem denkwürdigen Abend völlig in den Hintergrund vor de» pomphaften »nb kunterbunten Lp-retienbildern des dänischen Hofstaates, aus die cS dem Spielleiter vor allem ankam. Irßncrs Meisterschaft, aus einer dramatischen Dichtung alles was schön und tief ist, was dlsthi und leuchtet, mit sicherer Hand aus,»merzen, bewährte 'ich glänzend. WaS aber dem Hamlet noch an Shakesvcarc- Aestcn aebliebe» war. daS kam nur teilweise, nur in seinen nüchternste» Bestandteilen zur Geltung. Denn Fritz .Ko r t- »er. schon in seinem Aeußcrcn eher einem böswilligen Holzbackcr als einem Prinzen ähnlich: in lange», unten sich verengenden Holen, einem schwarze» Hemd mit ichivarzcm Jäckchen darüber, ein blonditräbuiger Flachskops über dem aligcichminkten Mephistogelicht mit den schwarzen, stechenden Augen — ließ alle bedeutenden Stellen, sicherlich nach höherer Anweisung, fallen. Die Monologe, diese geistreichen Mittel Shakespeares, eine ganze Fabel und einen ganzen Charakter aufznklären, waren nur in dürftigen Bruchstücken, ohne jede Beseelung zu vernehmen. Was Korinc'r konnte, hat er red lich getan. Ganz hervorragend und deS besten Hamlet-Dar stellers würdig ivar seine dialektische Leistung. Ncbcrall, wo der funkelnde Geist dieses seltsamen Prinzen hervorbricht, leine Satire, sein Hoft». seine spöttisch« Verachtung, da nxir Kortner meisterhaft, in Betonung, Minenspicl und Geste bis In die Fingerspitzen hinein bezaubernd. Aber altes, -was Shakespeares Hamlei in seinem tiefsten Lcbcnsgefühl er greift: der Geist seines Sftiters. Ophelia, seine Mutter, Horatto. kümmern dies« Maske kaum. Nichts von der großen musischen Seele, nichts von dem tief und bitter Leidenden, von dem setnstthligen, an der Gemeinheit der Welt dahin- siechcndcn Edelmenschcn. kurz, nichts von einem Hamlet. O -vftat » nodlo minck >8 »ero o ortlirozvLl Der Raum reicht nicht, alle Nilgiaubltchkeiten dieser Auf führung hcrzuzählcn. OplzeliaS Bekanntschaft machen wir wie sic in einem dürftige» Kämmerchen, das offenbar den Palast des PoloniuS versinnbildlichen soll, am Tisch steht »nd für ihren abrclsenden Bruder einen Mädlerkoffer packt. Als der Vorhang anfgeht, mißt sic gerade die Unterlroien des Laerte» an ihrer Armlängc. PoloninS steht dabei, die Hände in de» Taschen seines Ppjamas. König Claudius erscheint in einem «Geschwirr großen Hofstaates, in eiirem Gedränge von Generalen »nd Hofchargcn in knallbunten Uniformen, die Ansprache zn Beginn der zweiten Szene lieft er von einem Blatt ab, daS ihm ein katzbuckelnder Kammerhcrr überreicht Hier schon erkennt jeder Shakespeare-Freund mit Schrecken, welch ein Mord mit dieser Aufführung a» Hamlet perübt ivird. Um einer fixen Idee willen, um eine Karikatur der Monarchie zn geben, ist dem Intendanten der preußischett Staatsbülttie dies cdelestc Drama der Wettdichtung, die tiefsinnigste Tragödie gerade gut gcikng, Hamlet verschwindet buchstäblich hinter diesen Höflingen, Uniformen, Fcderbüschen, Ordensbändern. EpalUetten. Wie ein schwarzer Pfahl aus einem Kornseldc im Winde ragt er inanchmal über die sich sortiv-ihrend bengcnden Rücken der Schranzen hervor, wäh rend das nnänSgcsctzic Znsamincnklappen de, Hacken wie Kleingeivehrscucr knaitcrnde Musik dazu macht. (Natürlich cum grano salm zu vcrftchcn.j Der Gipfel und die Mnsterlcisiniig dcö Spielleiters umr daS Spiel im Spiel. Als Einsall glänzend! Zuerst das Vor spiel mit den Schauspielern, ans schmaler Rampenbülinc vor »»scheinbarem Vorhang, wo Kortner mit sei» Bestes gab und der prachtvolle alle Kranftiicck ihm in vollendeter Kunst sekundierte — dann iat sich der Vorlmng auf und zur all gemeinen Ucberraschung sah man in ein intimes königliche« Barockthcater mit allem Glanz nnd Schmuck. Im Parkett Uniformen »nd ausgeschnittene Kleider, in den Ranglogen Kavaliere mit Ordensbändern nnd Damen mit blitzenden Brillanten. Der Oberzeremonienmeister klopft mit de», Stock. In der Hoflogc. inmitten des ersten Ranges, er scheint das Königspaar. Orchestertusch. Alles erhebt sich. Huldigung. Sehr schön, als Einzelleistnng eine blendende Rcgielcisiintg. Aber ivas hat sic mit dem Sinn dieser Szene zn tun? Ihr Zweck ist doch, eine» Mörder am Gewissen zu packen, ihn seiner Tat zu überführe». Ein Hciterkcitserfolg für sich war cs. wie Hamlet sich in die enge Parkettrethe hlneinürängtc, um seinen Kopf in den Schoß der Ophelia zu legen . . . Das zweite Paradestück der Inszenierung war — die Ab reise Hamlets nach England. Ich übertreibe nicht. Ei» Hasen in großer Aufmachung. Trompetcnsigwale. Brücken werde» aufgezogen. Kommandoruf erschallt. Am Bollwerk liegt ein moderner Panzerkreuzer mit starrende» Kanonen, aus dem Blaujacken und Soldaten mit Stahlhelmen unanshörltch herausmarschieren, während Hamlet in einer Ecke auf einem Boote sitzt, das groß die Aufschrift „England" trägt und nach einer beträchtlichen Weile abiährt. Die Kirchhosszene: Hantlet kommt vom Schiff. Darum trägt er einen modernen Antvregcnmantel. Hvratio erscheint in einem Gemisch von Wandervogel- »ud Fußballdrcß: die wenigen, aber durch alle Zeiten leuchtenden Worte der Freundschaft und des Menscheyadcls. die zwischen diesen beiden gewechselt werde», sind gestrichen snalürlich am Schluß auch des Horatio Absicht, denk Freunde in den Tod zu folgen? Der erste Totengräber (von Florath gut gegeben» erscheint als alter Seebär mit weißer Bartsräic und macht in Ham burger Dialekt einen platldütschcn Snak. An sich kein übler Gedanke, nur hier übertrieben. DaS dritte Paradcstück des Abends: Die Revolution des Lacrtes. Diese kleine Szene, die von jedem verständigen Spielleiter noch möglichst verkürzt wird, weil sic nicht ganz glücklich in dem Drama steht, macht Ießncr zu einer Haupt- und Staatsaktion, zn einer Offiziersrcvolte großen Stils. In blutroten Waffenrvckeii mit gezückten Säbeln stürmen sic in Massen ans die Bühne, der König will fliehen, schleicht dann zitternd wie Espenlaub umher, wie eine Ratte, die »ach cincui Loch sucht. Gerade hier, gegen de» Schluß hin. wo jeder andere Spielleiter ans möglichste Ziiiammendränguiig bcdachi ist, diele breilaiiSgewälzte Einlage! Bei diesem Heruimchleichcn des zitternden Königs fiel eS besonders aus, daß der König den eine» Arm niemals bewegte, er bing wie verletzt herab, nurlirend der andere lebhaft agierte. Ich nahm natürlich an, daß de», Darsteller ein Unfall zitgestoßen nmr....
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