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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 09.11.1927
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1927-11-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19271109013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1927110901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1927110901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-11
- Tag 1927-11-09
-
Monat
1927-11
-
Jahr
1927
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 09.11.1927
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sttttkwoch. 9. Itovember 1927 .Dresdner Nachrichten Nr. S2« Seile Z » Der Vorstoß des Reichslandbundes. Ergebnisse -er Führeriagung. unsrer «rrltarr «christlrltuug.s verli». 8. Nov. Die Vorschläge, die auf der bteSjährtaen Kührertaguna de» ReichSlandbundes »ur Inangriffnahme der Reform von Verwaltung und Verfassung unterbreitet wurden, haben in den politischen und parlamentarischen Kreise» starteSAufsehe» hrrvorgerusen. Es hat sich zunächst ein- mal die Tatsache ergeben, das, man im große» und ganzen den Vorschlägen, wie sie aus der Führertagung dargelegt wurden, etwas ablehnend gegcnübersteht. Wenn auch da» Vor. wärtSdrängende begrüßt wird, so kann man e» doch in weiten Kreisen nur schwer fassen, daß der Steicholandbund seine Hand bieten wolle zur »Zertrümmerung Preußen»-, de» Staate», der die Wege zur Gchassung des Reiches bahnte. S» sei, so erklärt man in diesen Kreisen, als deren Sprecher heute die Abgeordneten Dr. Everling und Dr. Spahn aus» traten, schwer zu verstehen, daß gerade konservative Kreise den preußischen Staat sdcn Staat als solchen, nicht die heutige sozialistische Regierungösorm» ausgebe» wollten. Da die Pläne, die der Landbuiid aus seiner Führeriagung der üssentlichen Stclinngiiahme hat unterbreiten lassen, wohl in der nächsten Zeit noch sehr eingehend besprochen werde» dürste, erscheint eS angebracht, ihren Sinn und Zweck etwa» näher zu umreißen. Zunächst ist zu bemerken, daß der Reichs» laudbund sich mit diesen Pläneu nicht ohne weitere» identifiziert. Er hat lediglich Männern, die er als hervorragende Sach kenner ansicht, Gelegenheit gegeben, ihre Ansichten über das Problem der Verwaltung», und Versassungöresvrm von einer öffentliche» Plattform aus zu verkünden. Der NcichSland- bund hatte sich die Aufgabe gestellt, die Erörterung über dieses Problem in Fluß zu bringe». Wenn aus diesen Erörterungen sich sür di« Praxis brauchbare Vorschläge herauskristallisicren, wenn Wege gefunden werden können, die zu einer Verminde rung der riesigen Verwaltungsausgaben führen können, so sieht der Landbund die Aufgabe, die er sich zunächst stellte, als gelöst an. Was den Landbund bewog, sich der hier in Betracht kommende» Fragen anznnehmcn, war nicht »ur die Erkenntnis, daß unter dem bisherigen Zustand gerade die Land. Wirtschaftammei st e n zuleide» hat. sondern auch die Tatsache, daß die Kräfte der Linksparteien sich als unfähig er- wiesen haben, ans diesem Gebiete positive Arbeit zu leisten. Der Rcichslandbund wollte deshalb die Kräfte der Rechten sür die Ausgaben der Vcr» waltung», und VcrsassungSrcform mobilisieren. Die versteckte Aufrichtung einer Rcchtsdiktatur, wie sie von manchen Linkskritikcrn aus den auf der Tagung ge haltenen Reden heraiiSgedcutet wird, lingt ihm selbstverständ lich völlig fern. Wenn in den Ausführungen die Rede war von einem E r m ä ch t i g » » g s g c s e tz, so wird man heute doch kaum noch zu betonen brauchen, daß die Parlamente unsähia sind zur Lösung der in Betracht kommenden Fragen. Eine VcrwaltnngSrcsorm, die wirklich durchgreifend ist, wird naturgemäß vielen wehe tun müssen, und die Parla mente würden sich anS Rücksicht ans die Wählerschaft eben niemals zu einer das Ucbcl an der Wurzel packenden Reform entschließen können. Nur bei ihrer Ausschaltung wurde sich etwas erreichen lassen. Diese Ausschaltung kann aber nach dem, was aus der Führerbnndtagung vorgcbracht wurde, erst in Betracht kommen, wenn sowohl die parlamentarischen wie außerparla mentarischen Körperschaften sich theoretisch über den ctnzu- schlagcndcn Weg einig geworden wären. Dieser Weg müßte, und darin wird wohl überall die gleiche Auffassung bestehen, mit einer wesentlichen Stärkung der RcichSgewalt beginnen. Zn einer solchen Stärkung gehört eS, daß daS Reich auch eine territoriale Macht darstcllt. daher der Vorschlag nach Schaffung eines R e l ch S l a n d e S. der vor allem auch das heutige uncrguicklichc Verhältnis zwischen Reich und Preußen beseitigen soll. Nun muß allerdings gleich gesagt werden, daß der aus der Fnhrertagnng des LandbundcS gemachte Vor schlag. auS Preußen ein RcichSlaud zu machen, keine Aussicht aus Verwirklichung hat. Der deutschnatio- nale Abgeordnete Dr. Hugenberg hat einmal vor längerer Zeit Pläne entwickelt, die zum Zwecke engeren Zusammen gehens zwischen Reich und Preußen die Selbständigkeit Preußens etwas beschneiden wollten, aber längst nicht Io weit gingen, wie die von Herrn Adamctz auf der Führer- tagnng des Landbundes entwickelten Pläne über die Um- geitaltung Preußens zu einem NcichSlande. Die Pläne Hilgenbergs crsuhrcn durch die dcutschnationale Fraktion des Preußischen Landtages A b l c h n u n g. Immerhin hätten seine Gedanken, eine organische Verbindung zwischen Reich und Preußen dadurch zu erzielen, bah der Reichepräsident zu- gleich Lanbevpräsident. die Reich-minister zugleich preußische Minister sind, die in Preußen gewählten RrichslagSabgeord- neten zugleich den preußischen Landtag bilden, noch eher Aus» sicht aus Verwirklichung, al» der Vorschlag, Preußen solle seine staatliche Selbständigkeit überhaupt ausgebe» und ÄrichSland werden. Findet da» Problem der orgauischeu verbind»«« vou Reich und Preußen «tue besricdigeude Lösung, so wäre daS der verheißnngsvolle Ausang einer Eindämmung des auf geblähten BerwaltungSapparateS. Dieses Problem kann man wohl als den Angelpunkt der ganzen Resormbcstrebungen bezeichnen. Die zu llberwinde-ße» Schwierigkeiten sind groß. Man kann sich kaum vorstellcn, daß die Sozialdemokratie lediglich im Interesse des Bolköganzc» eS über sich brächte, auf ihre stärkste Machtposition, die doch Preußen darstellt, zu verzichte», wen» sie nicht die Möglichkeit erhielte, dafür im Reiche regieren zu können. Immerhin hat sich der Landbnnd dadurch, daß er das Problem der VcrmalinngS. und Ver- sassungsresorm als ein Problem der Reichsrefvrm wieder zuz lebhafter Erörterung brachte, ei» unbestrittenes Verdienst erworben. Dieser Eindruck ergibt sich auch aus der nachfolgend mitgeteilten abschließende» Aussprache ans der Berliner Fübrerlagung. Die Aussprache über -ie Derwallungsreform. Berlin, 8. November. An den mit starkem Beifall auf- genommenen Vortrag HallerS auf der heutigen Führer- tagung des Reicholandbundes knüpfte sich eine Aussprache über die bisherigen Referate. Als erster sprach Reichstags- abgcordncter Dr. Everling aus Wunsch der Vorstände von drei Provtiiziallandbünden gegen die Vorschläge für eine Vereinheitlichung des Reiches. Er erkannte die Notwendig keit an, Ersparnisse zy machen, betonte aber, daß dies nicht auf Kosten der Tradition geschehen dürfe. Man müsse innerhalb der Bundesstaaten sparen, aber nicht an den Bundesstaaten. Die Bundesstaaten arbeiteten übrigens billiger als das Reich. Der UnitartsmuS, wie jede Vcr- reichltchung, würde nur eine Verteuerung bedeuten. tWider- spruch.i Die bisherigen Vereinheitlichungen hätten sich nur teuerer ausgewirkt. Dr. Everling äußerte weiter, daß man den Parla mentarismus am besten durch ein Zweikammersystem kon trollieren und abbaucn könne, und er forderte, nicht den Retchsrat zu verkleinern, sondern ihn zu einem Bundeorat auszugcstalten. Die Sozialdemokraten und Demokraten pro pagierten den Einheitsstaat nicht aus Ersparnisgründen, son dern um die Demokratie und den Parlamentarismus zu er halten. Der Unitariömns sei ganz wirtschaftsfeindlich. Ebenso wie Dr. Everling vertrat auch sein FraktionS- kollcgc Pros. Spahn I», Gegensatz zu dem Vortragenden den Gedanke» des Föderalismus der Bismarck- schen Verfassung unter bcsviidcrci» Hinweis darauf, daß unter diesem die Landwirtschaft erst zur Geltung gekommen sei. Bei dem Problem dürfe man nicht den linksgerichteten Tendenzen »achgchen, den» es wäre ein Verderb sür Deutsch land. wenn Preußen von der Landkarte verschwinden würde. Prof. Haller lTübingcns entgegncte hieraus in seinem Schluß wort, daß er selbstverständlich die größte Achtung vor der Traditio» habe und anerkenne, welche große Bedeutung das alte Preußen habe. Leider sei dieses Preußen aber nicht in ehr da. Der Redner bemerkte dann, daß den Deut sche» das Selbstgefühl einer großen Nation leider fehle. Bei der Verwaltniigs- und Versassnngsresorm handele es sich nicht nur »m Ersparnisse und Vereinfachungen, sondern um den deutschen Mensche», der bisher nur in kleinen Staaten gelebt habe ünb aus diesem Grunde den weiten Blick für die Welt geschichte vermissen lasse, weil dem weiten Horizont der Stachel draht der Landesgrenze entgegenstehe. Der Redner betonte zum Schluß, daß der Partikularismns keine eigentliche deutsche Eigenschaft sei, sondern vielmehr ein EntwicklungSstadinm aller Völker. Laiidesrat Kitz hielt Dr. Everling vor, daß er Zentra lismus mit Unitariömus verwechsele und trat der Be hauptung entgegen, daß die Vereinheitlichung größere Kosten Hervorrufen würde. In einem kurzen Schlußwort betonte der Präsident dcS ReichslandbundcS, Graf Kalchreuth, daß cs nicht Aufgabe des Reichslandbundsührertagcs sei, Beschlüsse irgendwelcher Art zu fassen, daß aber der Führcrtag das eine bewiesen habe, daß eS notwendig sei, dem angeschnittenen Problem ernst und offen ins Auge zu sehen und eS gerade von der nationalen Seite mit Energie anzupackcn. Eine Auseinandersetzung zwischen Dr. Augenberg und dem Iungöeulschen Orden. Berlin. 8. Nov. Der JungbeutscheOrden,Groß- Ballei Vraunschwei g—H a n n o v r r. hat an die Presse eine Mitteilung gegeben, »ach der in dem Bericht Uber de» Landesparteitag der Deutschnationalen Volkspartet in Her- forb die DiSkussionsauösührungcn von Dr. Huchzermeyer, als Vertreter des Jungdeutschen Orden», nicht berücksichtigt seien, die sich gegen den Abgeordneten Dr. Hilgenberg richteten. Eine ähnliche Erklärung wie die von Dr. Huchzermeyer sei ferner von einem Vertreter westfälischer Landbundmitglieder abgegeben worden. Hierzu wird von der Deutschnationalen Bolkspartei West falen-Ost mitgeteilt, daß eine solche Erklärung von einem Ver» treter westfälischer Landbundmitglieder nicht abgegeben mor den sei, daß überhaupt der Name Hugenbergs von diesem Ver treter gar nicht genannt morden sei, sonder» daß vielmehr die Unterzeichner einer diesbezüglichen Entschließung auch noch nachträglich zum Ausdruck gebracht hätten, daß sie nicht im ent fernteste» daran dächten, der Dcutschnativnalcn Volkspartei untreu zu werden. Die Dentschnationale Volkspartei West falen-Ost teilt ferner mit, daß die Ausführungen von Dr. Huchzermeyer von der Deutschnationalen Bolkspartei nicht ver öffentlicht worden seien, weil es sich um eine geschlossene Partei- Veranstaltung gehandelt habe. Die Deutschnationale Bolkspartei Westfalen-Ost und der Abg. Hugenberg erklären jetzt, daß, nachdem der Iungdcutsche Orden mit seinen Auslassungen an die Oessentlichkett getreten sei, sie ihrerseits auch keinen Grund mehr hätten, zu den An griffen des Jnngdentschen Ordens zu schweigen. Tie Deutsch nationale Volkspartet Westfalen-Ost veröffentlicht daher den stenographischen Bericht über die fragliche Sitzung und die Rede Dr. Hugenbergs. Nach dem Protokoll ging Dr. Hugenberg ausführlich aus die von dem Iungdeutschen Orden gegen ihn gerichteten Angriffe ein und schilderte, aus welchen Gründen der Gegensatz zwischen ihm und dem Herrn Mahraun entstanden sei. Der Redner schildert dann nochmals die Ver handlungen zwischen der Ostbank für Handel und Gewerbe und Herrn Mahraun über eine Kreditgewährung, die dann aber gescheitert seien, und verwahrt sich energisch gegen den Vor wurf der Fälschung eines Brieses des Herrn Mahraun, den er in gekürzter Fassung durch die Presse hat verbreiten lassen. Die Kochwasserschäden in Aeu-England. In Vermont allein 114 Todesopfer. Roston. 8. Nov. Bon der Neberschwemmnngskatastrophe ist der Staat Vermoutam stärksten betroffen worden. Dort sind 114 Todesopfer zu verzeichnen. In Massachusetts beirägt die Zahl der Toten <8. Der Sachschaden wird in Rut- land allein ans si Millionen Dollar geschätzt, in Montpclicr aus 8 Millionen Dollar. In dem Winooski-Tal wurden die Städte vollständig dem Erdboden gleichgemacht. Den abgcschnittencu Ortschaften werden Arznei- n»d Nahrungsmittel mit Flug zeugen zugcslihrt. Präsident Coolidgc hat Truppen zur Hilfe beordert. Der Kerzog von Railbor freigesprochen. Aus Nalibor wird gemeldet: Nach 2!4stündigcr Beratung des Gerichtshofes wurde am Diensiagnachmittag argen 4 Uhr Herzog Viktor von Natibvr mangels genügender Be weise für eine Fahrlässigkeit ans Kosten der Staatskasse frei- gesprochen. Der Staatsanwalt hatte vier Monate Gefängnis wegen fahrlässiger Tötung seines Leibkutschers bei einer Wilb- schweinjagd beantragt. London, 8. Nov. Beide Häuser des Parlaments sind heute wieder zusammcngetreten. Im Unterhause wurde Baldwin lebhaft begrüßt. tW. T. B.i > ^VlontaS ist und jeder VVoelienlZß ein keiertaß dureli eine I Isselie „ßurgeff Orün^ clcll kenner-8e!et seit l8Z7 ckie 1. rVckcnic c-cicc Z0M kLdk. dae aus ckar? biläums - Lt,/tunK Keustcrcrt, Kana' t-ickelLockiea aus lauterLoaataHan AeaieFen." üeckrnKunKen Krati» überall ocker ckurcki? LurKe//, k/oc-rliel'ai/^/aru. 8 Der Schauplatz einer Kaisertragödie. Von Walter N l o c in. Wir haben, meine Frau und ich, von Leningrad aus den Zorenschlösser» in ZarSkvje Sjclo einen Besuch abge staltet. Unter denkbar sachkundigster Führung. Eine Persön lichkeit hatte sich uns zur Verfügung gestellt, die. aus innerster Herzensüberzeugimg der kommunistischen Partei angchörig, hohen russischen Ofsizierkrcisen entstammt. Sie hatte bei der Verwaltung und Erhnltnng der Schlösser bedeutsame Sonder aufträge zu erfüllen und konnte dabei Einblicke in die Schick sale des letzten Abschnitts der Zarcngeschichte tim. die, von unerhörtem Interesse sind. Also keine «Besichtigung" — ein aufwühlendes Erlebnis. Inmitten des zarentrcucsten aller russischen Landstädtcheu. am Rande des zauberischen Babolow- skii-Parks, liegen das Große Schloß und daS Alerandcr- Schlvß. Jenes erbaute Friedrichs russische Gegenspielen», die stramme Elisabeth Pctrowna, Peter des Großen legiti mierte Tochter aus seinem BündnlS mit einer Leibeigenen. Tie große Katharina hat cs teilweise für ihre „urvcrsön- lichsten" Zwecke ausgebaut. DaS Alexander- oder Neue Palais wurde 1702 in Katharinas Aufträge erstellt als Heim der jungen Ehe. die ihr Enkel Alexander I. scchzcliniährig mit einer Vterzehn'ährigcn ^''vß und die bald in lebenslängliche Erkaltung und Fremde sich wandelte. Eine Tragödie leitete das Schicksal dieses Zarenichlosses ein. Tragödie, hundertmal grausiger, war der Ansklang seines Daseins als Hernchcrsitz. Heule ist eS das Museum dieser wclterkckliiterndcn Begeben heit. In dieses Schloß zog sich Zar Nikolaus ll. nach der ersten großen Revolution im Jahre IE, zurück und lebte hier in menschenschcner, angstgchehtcr Selbstverbannnng. bewacht von tausend Geheimpolizisten. Des Volkes Witz nannte sie die «Botaniker", well sie spazierengehend Blümchen pflückten . .. Nach seiner Abdankung im März 1917 war Ntko- lauS in Zarskose ein Gefangener deS russischen BolkeS. bis er mit seiner unglückseligen Familie in der Nacht nom 80. zum 81. Oktober >0l7 das Schloß verlaßen mußte, um in der sibt» rischen Verbannung zu verschwinden wie die Hunderttausende der-Opser seines Geschlechts. Was diese wenigen Grnndltnsen an historischem Schicksal wcltiimspannciiden Ausmaßes umschließe», weiß die Mensch heit. Die Schauer, die leinen Schauplatz umwittern, kann man nur liier erleben. Das Große Schloß — ein ranschendcs Brio der Fsirstrn- herrltchkclt. ES war einmal von außen kobaltblau, mit schwer vergoldeten Bron^beschlägen. Die sind noch da aber die Vergoldung war schon zu Katharinas Zeilen aussrischungS- bedürftig, und die verbat sich die kostsvielire Ernenernng. Ihre Herrschermacht batte solche Folie nicht nötig, wie die Tochter der Magd sie sich bestellt batte. Dafür baute die Achtiindscchzig. jährige auf die vierstöckigen Seitenflügel »och zwei Stock- Werke auf als »Dienstwohnung" für ihren letzten, achtund. zwanzigjährigen Galan. Scho» vorher hatte sie aus der Rück seite die bezaubernden Gartenterrasien anfügen lassen, d'e ihren Schmeichler» Gelegenheit gaben, sie die „Semiramis des Nordens" zu taufen. Und inmitten dieser Hochgärten ließ sie sich durch den Engländer Eameron ein Privatschlößchen sür ihre geheimsten Freuden schaffen. Ein seltsames Liebesnest. Die klassizistische Feierlichkeit seiner tempelhakten Räume stimmt wenig zu der Vorstellung, daß hier eine der strotzenden ^lÄvcies vmonreüses der Weltgeschichte die letzten Trunken heiten ihrer Unersättlichkeit ausgekostet hat. Wie müde und bläßlich neben dickem Furioso der Menschen- und Herrscherkraft das gcschmäcktcrische Empire des Alexander-Schlosses! Auf dem Wege zwischen den Schlössern liegt ein winziges Kirchlein. Hier wurde seine und des großen Schlosses Erbauerin von einem Schlagansall be troffen. Sie schleppte sich noch a»S dem Heiligtum und brach an einer Stelle zusammen, auf der jetzt zwei stattliche Bäume ragen. Die Hvsetikctte gestattete nur dem Arzt, die .Kaiserin zu berühre» — er mntzie erst von weither herbetgcholt werden, »nd zwei Stunden laug lag Elisabeth Petrowna inmitten ihres händeringenden Hofgesindes hilflos auf der nackten Erde . . . In dem Kirchlein aber hängt eine uralte Ikon der Schmerzensmutter. Bor ihr hat Alexandra Feborowna tage- »lid nächtelang in Jammer »nd Verzweiflung gebetet, als ihr die Kunde geworden war, Ihr Gatte habe unter dem Druck der Vertreter seines revoltierenden Volkes auf die Krone des Selbstherrschers aller Reußen verzichtet. Wenige Minuten später stehen mir in einem rondel- grttg in den Park ciiispringcnbcn Saale des Alexander- schlosscs. Unsere Führer!» weiß z» berichte», daß In dieser Halle Nikolaus den letzten Besuch seines Freundes Wil helm II. empfing. Und von eben dieser Stelle ans nahm Nikolaus vierzehn Tage vor seiner Abdankung den letzten Vorbeimarsch der in Zarskoje garnlsonierenden Ersatzbatail lone entgegen, die damals noch «die seinen" waren ... Einige Wochen später ziehen die gleichen Truppen unter fliegenden roten Fahnen heran und beerdigen Im Mittelpunkt dcS Parks, genau dort, wo die Vcdutenliiilen beider Schlösser sich schneiden, die Opfer der NevolnttonSkämpse ... Der Ent. thronte sicht müde und regungslos durch die Spiegelscheiben dcS Rondels zu. Der Flügelgdjutant: «Wollen Eure Majestät sich nicht da» widerwärtige Schauspiel ersparen?" Der Er, Zar: «Nein, lassen Sie mich nur hier, ich finde das äußerst Interessant" ... Und dann kommt eine Nacht, da wirb die ganze Zaren, familte nach Sibirien «verladen" ... Nicht unvorbereitet. Sie hat packen dürfen. Die unglückselige Alexandra Fedorowna hat die sämtlichen Heiligenbilder, mit denen sie daS eheliche Schlasgemach und diejenigen Ihrer Kinder ausgerüstet hatte, zur Reise in dt« Verbannung verstaut. Ein paar Niesenkisten sind s geworden. Der rote Offizier, der den Transport leitete. hat sich geweigert, diese Kisten mitzunehmen. Lange nach der Revolution, als die Sowsetregterilug das Schloß als Museum dem Staune» des russischen Volkes zur Verfügung stellen wollte, erhielt die Persönlichkeit, deren Führung wir uns an vertraut hatten, den Auftrag, diese Kisten auszupacken. Es fanden sich achlhundertneunundzivanztg Heiligenbilder und -bildchcn... Da steht ihr Ingendporträt in Ihrem Empfangszimmer, von Kanlbach gemalt: eine starr aufgerichtete Gestalt in Brokat »nd Diademsltmmer, den seltsam ahnungsvollen Blick auf ein anderes Gemälde gerichtet, ein nicht minder ahnungs- limschanertcs. Es stellt die Krönung des letzten Zarcnpaares im feierlichen Halbdunkel der Mpcnskii-Kathedrale des Kreml dar. Seltsam: das junge Paar steht völlig tm Schatten. Nur ein grelles Strahleubündcl wirft kein volles Licht auf — Maria Fedorowna, die Kaiserin-Mutter und -Witwe. Die war einmal die dänische Prinzessin Dagmar und mit dem da maligen russischen Kronprinzen verlobt. Er starb früh an der Schwindsucht, und sein jüngerer Bruder Alexander III. erbte zur Krone die Braut, ohne jemals mehr als ihre Achtung er ringen zu können. Dagmar Maria war eine leidenschaftliche Feindin der Deutschen. Nun muß sic es erleben, daß die deutsche Prinzessin Alexis von Hessen, als Alexandra F-cbo- rowna, z»m griechischen Glauben übergetreten, ihre Schwie gertochter und Nachfolgerin wird. Aber Maria Fedorowna ahnt kommendes Schrecknis. Mit Kassandra-Augen starrt sie i»S Grenzenlose, durch den Goldschleier des Krönungstages hindurch... Noch seltsamer daS Pendant, zu dem Alexandras Blick hlnüberschwetst. ES ist ein Porträt — Marie Antoinettes ..« daS geschmackvolle Brautgeschenk Frankreichs für die junge Kaiserin des damals schon in die verhänguiSschwere BlliidiiiS- genossenschgst verstrickten RusienrclcheS ... Noch dazu in einem blutroten Kleide ... Alexandra selbst hat dem Bilde dielen Platz bestimmt. «Ich fürchte mich nicht vor dem Schicksal Marie Antoinettes..." Und als Palladium ließ die Zarin zwischen ihr Krönung», blld und das Porträt der letzten Bvurbonenkönlgin — eine Soldatcnszenc hinctnhängen. Ein Rcatment marschierender Don-Kosaken, die begeistert die Zarenhymne singen ... „Wir habe» liuscrc treue Armee", sagte Ne, «die uns zärtlich liebt." Wir wisse», wie diese Liebe aus den Schlachtfeldern von Mukden, Tannenberg, Gorlice verspielt worden ist. Kunst und Wissenschaft. Do« »er Forstlichen Kochfchule Tharandt In Gegenwart des FInanzmtnisterS Weber fand dke feierliche RektoratSübergäbe für bas 112. Stu die «fahr der Forstlichen Hochschule tn Tharandt statt. Zu der Feier waren zahlreiche Vertreter staatltcher und städtt-
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