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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 03.03.1927
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1927-03-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19270303010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1927030301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1927030301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-03
- Tag 1927-03-03
-
Monat
1927-03
-
Jahr
1927
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 03.03.1927
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vormerslag, Z. Mürz 1S27 — Dresdner Nachrichten — Nr. 104 Sene S Et«e wichtige Entscheidung -es Reichsgerichts im Mteisrecht. Bei Erlaß de» Retchsmtetengefrtze» da« ta »ekanntttch di« gesetzlich« Miete etngesührt hat. wurde dt« Frag« ftrettt». ob t«r Brrmleter brt Zahlung d«r setetzklchen Mir», von reiner V«r»fltchtung. dt« Mtrtlache nach d«n Vorschriften dr« >vr««r1tchen Gesetzbuch«» tnstandzutetze». euthvde« oder t«U> Wette h«sr«tt wurde. Da «ach dem N«ich»mtet«ngetetz als Zuschlag »ur lvrun». «tat« dir Sotten für lautende InftanbietzungSarbeitrn ge treten waren und der Vermieter dir Pflicht hatte, den An- LandletzungSjulchlag flir dir erforderlichen laufenden In- »ands«tzung«arbetten sachgemäß zu verwenden, war die Sn- Acht, daß die InstandietzungSpslscht de« Vermieter» durch da« Neichsmtetrngclctz aus dielen Instandsetzung»zu4chlaa be- fchrönkt lei. nicht ganz von der Sand »u weilen. Da» Reich», «trtcht hat aber in einer lkntlchetduna vom 2t November 1S2S. a-g«druckt in der -Juristischen Wocheiilchrtst" Heft 0. vom El. Februar l»27, Lette 575. den gegenteillgen Standpunkt «t»grnvmmen. Nach 8 SS« de» Bürgerlichen Gesetzbuch» hat der Der- «tet«r die vermietete Lache dem Mieter in einem zu dem »ertragSmäßigen Gebrauch geeigneten itzlttandk zu überlassen »ad. wa« hier ln Frage steht, sie während der Mietzclt in diesem Zustande zu erhalten. An dieser Gesetzesbestimmung ist «ach der Ansicht de» Reichsgericht» nickt« dadurch geändert «orden. auch wenn die gesetzliche Miete und die Instand- fetzon-Szuschläg« zur Deckung der Sotten nicht «»«reichen. Nach wte vor ist auch der Mieter der die gesetzliche Miete befahlt, berechtigt, wte da« Reichsgericht auSkührt. im Nahmen der Vorschriften der 88 530 ff BGB die Ausführungen not- »««dtaer Instandievungöarbeitrn zu verlangen und er- sorderlichrnfallo selbst zu veranlassen, anderseits ist der Ber- «iet«r verpflichtet, sie aus seine Sotten vorzunehmen oder »brr dem Mieter die notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Da« Reichsgericht hat sestgcstcllt daß da« Verlangen deS Mieter« auf Ersatz der verauslagten InstandketzungSkost«» gegen Treu und Glauben nicht verstoße. Wenn die auf- gewendeten Kosten im Verhältnis zur Iahresmiete sehr er heblich keien. so sei zu berücksichtigen. Haft e« sich um eine «tnmaltg«, für längere Jahre auöhaltrnde Herstellung handle, für die ber Vermieter den In der gesetzlichen Miete ein- begriffen«!! InstaittetznngSzuschlag erhalte. Durch diese Entscheidung wird nunmehr die Streitfrage geklärt, und dir Hausbesitzer und sonstigen Vermieter werden gut tu«, mit der Ltellungnahme de« obersten Gerichtshöfe- zu rechnen. Damit ist aber nun nicht gesagt, daß maßlosen Ansprachen auf Instandsetzung der Mietsache der Vermieter preisgegeben ist. Der 8 580 des Bürgerlichen Gesetzbuchs enthält schon eine wesentliche Einschränkung darin daß er dem Vermieter nur die Pflicht auserlegt, die Mietsache während der Mietzrtt in einem zu dem vertragsm ästigen Gebrauch geeigneten ustemde zu erhalten. Tic Pflicht de« Vermieters, die Miel- che instand zu setzen, richtet sich als« nach dem vertraglichen «rwrndungSzwcck der Mietsache. Er hat also nicht alle Fehler der Mietsache zu beseitigen, sondern nur diejenigen, di« die Tauglichkeit zum vertragsmäßigen Gebrauch aufhcbcn oder mindern. Das Reichsgericht hat auch nicht erkannt, das, btk Vorschrift nach Treu und Glauben die im 8 242 deS Bürgerlichen Gesetzbuch» ausgestestt ist völlig durch die gesetz. licke Regelung auSgelämltet wäre,- Im Gegenteil. eS hat die Einwendung dieser Vorschrift auch für die behandelte Frage anerkannt und hat nur bann dl« Berufung auf Treu und Glauben versagt, wenn der Mieter nur das verlangt, was zur Erhaltung der Räum« In einem zu dem vertragsmäßigen Ge brauche aeeigneien Zustande erforderlich ist. Hier ist also auch vom Reichsgericht die Grenz« gesteckt. Die Forderung deS Mieters auf Instandsetzung must sich also tm Rohmen be» Notwendigen halten, und Ist auch dann nur begründet, wenn fl« sich bezieht aus den vertraglichen Verwendungszweck der Mteträume. Fm großen ganzen wird also praktisch wohl dl« Ent» sicheidung des Rcichsgcrlchiö an dem bisherigen Verhältnis «wischen Mieter und Vermieter nichts Welenilichcs ändern. Den Arbeiten, die lediglich der Beaucmlichkeit und dem ge- fälligen AnSikhcn der Mietränme dienen, durch deren Unter bleiben aber der vertragsmäßige Gebrauch nicht beeinträchtigt wlrd. wie z. B. der Ersatz unmoderner oder unsch inbar ge- wordener Tapten durch neue, fallen wohl auch trotz der Ent scheidung des Reichsgerichts nicht unter dte dem Vermieter »ach d«m Bürgerlichen Gesetzbuch obliegende Instandhaltungs- Pflicht. (So auch Dr. Buchwald: Mlet- und Wohnung», uvtrecht.) Hatte der Vermieter früher eine wcitergeh«nde Instand- fetzungSpflicht übernommen. alS sie ihm das Bürgerliche Ge- fetzduch vorkchrctbt, so find derartig« Verpflichtungen durch daS ReichSmietengesetz erledigt, da sich nach 8 20 deS Neichsmieten- aesetze» die Instandlmltungspsltcht nur nach den Vorschriften de« Bürgerlichen Gesetzbuches regelt. Rechtsanwalt Dr. Gch m t tz -DreSde». —* Leipzig ««h S«»«lb»«f»a«e. Da» Grfamtmlntftertum hat t« seiner Sitzung vom ll. Februar t»27 «tnsttmurta be schlossen. -ah von der Gtabt Vetpzia al» Beitrag zu den Soften br« Mittellandkanal« rlnlchlteßltch Südflügel dt« lieber- «ahm« von mindesten» 87.5 Prozent dr» sächsischen Lande«, anteil» zu verlangen ist. Dl« Stabt Leipzig ist daraufhin er- neut »nn Uebernahm« diese» Kostenanteils ersucht worden. Sobald dt« Uedernahm« durch di« städtischen Körperschaften defchloflen ist. wird La» Kanaldauamt Leipzig eröffnet werden. —* Rcbenbelchästlgnug«« vo« Beamte«. Da« Justiz ministerium bringt durch «tue Verordnung tu Erinnerung, daß dte Uebernahme entgeltlicher Nebendeschästtgungen der Genehmtguiig de« Justizministerium» bzw de« Herrn ObcrlandeSg«richtspräsidentcn oder -c» Herrn GeneralstaatS- anivalt» bedars >88 >8t und t84 GO.i. Dies gilt auch für dte Besorgung ovn Hausverwaltungen und für ähnlich« Tättg- te!t«n, >v«nn sic gegen Vergütung verrichtet werden. Wegen der Musikausübung wird erneut aus die Verordnungen de« Gcsamtniinistcrtums vom 7. Februar >024 lIMBl. S 25i und vom 12. Juni l920 tGMBl. S. 8öj htngcwiesen. Beamte, die diesen Bestimmungen zuwiderhandcln. setzen sich der Gesahr dienstlicher Bcstrasung aus. — Briese nach Britisch,Indien. Die Postverwaltung von Brtttsct>-Indt«n hält es zur Vereinfachung und Beschleunigung de« BriefvertetlungSgcschäst« bei ihren Dienststellen für zweckmäßig, daß die nach Brttiich-Indien gerichteten Bvtei- senduiigcn ln der Ausickrtst außer dem Bestimmungsort auch den Namen der Provinz tragen, in der der Bcsttmmuugo. ort gelegen ist. Ta von der Durchführung einer derartigen Maßnahme auch eine Beschleunigung in der Aushändigung der Sendungen an den Empfänger zu erwarten ist. richtet da» Rctchopvstmtnisterium an die Absender von Brief, scnduugen nach Britisch-Indien die Ritte, zu ihrem eigene» Vorteil in der Aufschrift der Sendungen »eben dem Be» stimmungsort auch die Prortnz anzugeben, —* Einhcltöanrcde -Fra«" im Amtsvcrkchr. Der All- gemeine Deutsche Lehrerinncnverein Hai an die Neichsrcgie- rung eine Eingabe gerichtet, daß im Verkehr aller Amtsstellen mit weiblichen Beamten und Angestellten die EinheitSanredc „Frau" gebraucht wird. ES entspricht in keiner Weise mehr der tatsächlichen Unabhängigkeit der erwerbenden Frau, so heißt eS in der Begründung, sie im Verkehr mit öffentlichen Instanzen nach ihrem Familienstand zu kennzeichnen: viel» mehr ist dte Anrede „Fräulein" zum Unterschied von „Frau" für die verheiratete Frau ein Ausdruck etner veralteten und unzcttgemäßen gcsellscl,ältlichen Betrachtungsweise, nach ber die Frau dem Maßstab Ihrer Beziehung zum Manne unter worfen wurde. Im politischen und im amtlichen Verkehr ist ev bereits Strauch geworden, dte EiuheilSanrcüe „Frau" vor Amtsbezeichnungen wie „Oberin". „Ministerialrat", „Studien- rat", „Abgeordnete" zu gebrauchen. ES liegt kein Grund vor, diese Anrede nicht auch aus alle Frauen, die selbständig tm Be rufsleben stehen, ohne eine Amtsbezeichnung zu haben, zu übertragen. . — Technische Lehranstalten der Stadt Dresden. DaS Schulkonzert des Philharmonischen Orchesters am Sonntag tm Gewcrbchaufe für die „Technischen Lehranstalten" and die „Mädchen-Gewerbe- und -Handelsschule" bot tm Zeichen deS Frühlings eine naheliegende reizvoll« Auswahl aus den Werken Robert Schumanns. Frau Trude Schöne - Knüp - selS warm und voll klingende, durch echtes Nachempsinden fein abgetönte Stimme gestaltete einige der technisch an spruchsvollen Lieder des romantischen Musikers zu Erleb nissen, besonders glücklich in der „F-rtthltiigsfahrt" und der „Mondnacht". Herr Ernst Hört sch. der anschmiegsame Be gleiter der Sängerin, ergänzte leine in der VortragSfolge gegebenen kurzen Bemerkungen über den Menschen und Musiker Schumann in gcist- und humorvoller Weis« durch Er- länterungcn zur L-Dur-Sinsonie. Hierbei ertönten dir Themen nicht wie zumeist vom Klavier, sondern vom vollen Orchester, dem Nichtmusiker die immerhin schmierige Ueber- tragung sparend. Unsere oft bewährten Philharmoniker unter der verständnisvollen Leitung Florenz Werners ließen die FrüßllngSsinionic in all Ihrer siegl>aften Pracht erstehen. Reicher und herzlicher Beifall -er zahlreichen Besucher dankte allen Kündern dieser musikalischen Frühlingsbotschaft. — Grueralappell der Jäger und Schützen. Am 2., 8. und 4. Juli l!»27 findet der 34. Grueralappell aller ehcma-ligen „Jäger und Schlitzen" in der früheren Jägergarnisonft-adt Wurzen statt. Hierzu werden schon jetzt Vorbereitungen getroffen, und cs ist zu hoffen, daß rech, viele Kameraden der grünen Farbe in der gastfreundlichen Mubdenstadt ihren Einzug halten. Nähere Auskunft erteilt Emil Schramm. Wurzen. Hcinrichstraße l. —* Eine Drehbrücke für Meißen. Nach etner Meldung des „Meißner Tageblattes" fand dieser Tag« im NeichS- verkehrsministerinm in Berlin eine Sitzung statt, in der nach eingehender Aussprache über die Meißner Brückenfrag« be schlossen wurde, die gegcnivärttgc alle Elbbrücke bestehen zu laßen und. um dte Schiffahrt moglicW wenig zu behindern, eine neue Drehbrücke zu bauen, die bet Annäherung von Schlepvzügen geöffnet wird und ihnen frei« Durchfahrt gibt. Diese Brück«, auf Schwimm körpern ruhend und bet Hochwasser dem Wasierftand nachgetxnd, soll von der Ecke der -iahnhos- straße a«««tbend und am anderen Ufer bet der Einmündung der Triebisch herauskommen. Ter Plan hat bereits dte Zu. stiinmung -er internationalen Elbekvmmission gesunden. Dte Brück« wtrd au» Landes,nittelu mit NelchSzuschuß gebaut. Di« Stadt Meißen hat die Landdauten zu bewerkstelligen. — Ein eigenartiger Beirngslpezialift. Zahlreiche und eigenartige Betrügereien kamen vor dem Gemeinsamen Schöffengericht Dresden zur Aburteilung. Die Anklage richtete sich gegen den 1800 zu Köln-Shrenseld geborenen, viel- fach vorbestraften Mechaniker Adols Maria Johann Mer- kamv, der in Sachen herumgezogcn war und Schuhmacher ausgesucht hatte, denen gegenüber er sich als Maschinen, reparateur Gustav Lüthcr aus Dresden ausgab und de. lmnptcte, im Auftrag« der Schuhmacher-Innung dt« Schuh, inachcrnähmaschincn Nachsehen zu sollen. D«r angebliche Reparateur nahm die Maschinen auseinander, wusch ver schiedentlich Teile mit Svdaivasser ab oder ließ sie auch t» Sodawasser kochen. Dann letzte er die Nlaichinen wieder zu- lamm«», bel>aupietc. irgendeinen neuen Teil mit verwendet zu liabcn, und ließ sich für diese Miiheioaliung Beträge von 10 bis 20 Reichsmark zahlen. Zu spät mußten die betreffen, den Schuhmacherm«tstcr ivahrnehmcn, daß ihre Maschinen nun erst recht schlecht nähten und wirklich reparaturbedürftig ge worden waren. Es stand eine ganze Anzalil solcher Betrugs- fälle zur dlburteilung. die Merkamp in Zittau und Umgegend, in der Bautzcner und Radeberger Gegend, im Vogt lande und anderwärts verübt hatte. In Nossen benutzt« der falsche Schuhmachcrnähmaschinenreparateur die Gelegenheit, seine alten abgetragenen Schuhe heimlich auszuziehen und dafür tu andere gute Schuhe hinclnzusahren. die der betreffende Meister dann feinem Kunden ersetzen mußte. Der Angeklagte, der gegenwärtig eine vom Schöffengericht Hanau ausgrwvrfcne längere FrelheitSstraie verbüßt, wurde wegen der erlvähnten. in Lachsen begangenen Betrügereien andcrioett zu einem Jahre Gefängnis verurteilt. —* Einftelgedieb« t« Vorstadt Plaue«. Am 28. Februar In den Nachmiilagsstundcn sind ln der Nölbnlver und Vtcucrtstraj,« Ein- siclnedtcbc durch osiciisieliende Fenster in Srdgclcho»wc>liiiungcn kin- gcdrunaen und haben einen braunen Oerrenivinlermantel au» dickem Wollstoff lMaglanschnitti mit durchweblcm karrierten und zur Hälstc schwarzen Futter, ein Paar Kamelhaarschuhc »ird einen kleinen braunen Hanbkosser gestohlen. Vor Ankauf de» Dicbesgule» wird gcivarnl. Um sachdienliche Mitteilungen hierzu bittet die Kriminal polizei. Schon wieder eine SirafrenbahnNörung! Am MIltwoch nachm, zwilchen 8 und ^4 tthr war wieder einmal der städtische elektrische Strom wcggcblieben, so daß >te Straßenbahnen gerade zu der verkehrsreichsten Zeit eine halbe Stunde lang auf brr Strecke licgcnblicben. Vor allem wurde di« Gegend um den Ncustädter Bahnhof davon b«. betroffen. « Bereits in Nr. 97 der „Dresdner Nachrichten" hatten wir unter der Ueberschrlft: „Tie Straßenbahn stand schon wieder" zu den nun schon fast alltäglich gewordenen Betriebsstörungen Stellung genommen. Hierzu schreibt uns di« Direktion der Städtischen Straßenbahn folaendcs: „Der Inhalt dieser Notiz muß beim Leser den falschen Eindruck erwecken, als ob die Ursache dieser Störungen bet der Straßenbahn selbst liege. Dazu bemerken wir, daß wir selbst bas allergrößte Interesse an einer störunglosen Be- trtebsfllhrung haben, und daß von uns aus sellckt-vcrständüch alles geschieht, was geeignet ist. solche Störungen zu ver meiden. Wir erzeugen den Bctriebsstrom nicht selbst, sondern beziehen ihn ans den städiUchen Elektrizitätswerk««, dte threrlcits wieder zu einem großen Teil aus den Uober» landstrombezug ans den staatlichen Elektrizitätswerken an gewiesen sind. Wenn also aus irgendwelchen Ursachen, die nicht bei der Straßenbahn liegen, plötzlich der Strom au», bleibt, so kann die Straßenbahn selbst dafür nicht verant wortlich gemacht werden. DaS trifft auch in den betd«n er wähnten Fällen zu. in denen die Bahnanlagen vollkommen in Ordnung waren. Die Straßenbahn als Stromabnchmerin befindet sich also tn solchen Fällen in -er gleichen unan genehmen Lag« wie seder andere Stromabnehmer." Also mit anderen Worten, die Straßenbahn wälzt dt« Verantwortung für den Ausfall des Stromes ans di« städti schen Elektrizitätswerk« ab. die dem Betriebsamt unter stehen. Im Endeffekt ist das für den Stcucrzahl«! völlig belanglos. Straßenbahn und Betriebsamt sind beides städtische Betriebe, und betd« haben di« Pflicht, alles daran zu setzen, daß die von ihnen im Inter esse der Allgemeinheit geschaffenen und unterhaltene« Unter nehmen auch funktionieren. Das ist aber, was die Straßen bahn anlangt, jetzt leider nicht in dem wünschenswerten Maße der Fall. Das Bctriebsamt wird daher einmal energisch bet den staatlichen Ueberlandzentralcn vorstellig werden müsse»», um solche unliebsame Störungen in Zukunft nach Mög lichkeit auSzuschalten. Gewiß, ganz werden sie sich nicht ver meiden lassen, aber diese Häufung in den letzten Tage« be weist doch zur Genüg«, daß es irgendwo nicht klappt. Berlinern nach dieser östlichen Seenplatte ber Mark heraus, die in ihrer romantischen Unberührtheit wesentlich schöner ist al« dl« Seen um Potsdam. Nach 2S Jahren Entwtcklung warten diese alten Dicdicrorte ihrer neuen Interpreten. Hier im Kreise HanptmannS. der im Kurhau» wohnte, er- bttzten sich dte Köpse der Streiter um dte dainaltgc Literatur: dl« Brüder Hart. Arno Holz. Johanne» Schlas waren um »hn versammelt, von FrtedrtchShagen kam Bruno Mille und Wik- Helm Bölscke herüber — Sonst aber ist e« eine srostlgr Zeit, die vo« dem einstigen Erkner hernberweht. Eine wilde Spekulation tn Bodcnwerten hatte dte Menschen ergriffen: man kann mit vierzig Talern Grundbesitzer werden, aber man weih nicht, wte man soviel Geld ausbringen soll. Auch unser Dichter hat von diesen GlückSumständcn, wie wir wißen, keinen Gebrauch gemacht. >n einem klaren Wtnteriage bin ich nach Erkner hinaus- . ,ren. Dte Wälder sind wte mit Puder bestreut, auf den . aloblößen stehen Stränchcr und Gräser Im schönsten Raub reis. Ueber Wege, Stedelungen und Stationen breitet sich ein« weiße Schneedecke, die noch von keiner Spur zerstampft ist. In einem Wirtshaus, das auch Hauptmann einst mit zn seinen Gästen zählte, verrät mir dte alle Wirtin, daß die Heldin de» „Biberpelz", die Mutter Wolfs, sie. die den Biber- pelz gestohlen haben sollte, noch lebt. Ich btn xoie elektrisiert, nun habe ich die richtige Fährte gesunden! Zweimal bin ick schon an dem Vorgärtckcn vorübcrgrschrltten, ehe ältere Leute mir sagen können, wo Mutter Wolfs wohnt. Das macht, daß eS ja der wirkliche Name von der Frau nicht ist: das ist doch selbst- verständlich Das arane. einstöckige Häuschen Ist da» älteste der Straße, dte dnrch Märten läuft, in denen die kleinen Häuter t« Hintergründe stehen. Mit seinem auSgrbauten Erker ist da» Hau» gar nickt ko klein. Seitlich am Giebel betritt man bk» Hot. dort steht eine Waschküche und hinten nach dem Garten U «tn paar niedere Vichställe. Der hohe Wall der Eisenbahn ließt hinten den Marten ab, dahinter der freie hochragende ald. Sine jüngere Frau wäscht. Es erübrigt sich, sie nach der Mutter Wolsf zu fragen, denn eben tritt sie au« dem Zttgenstall, uralt, klein und verhutzelt, »nb doch voll Lebendig, reit, da» lebendige Modell eine» Dichter«, dte vtekgeschmähte «d doch so tapfere Mutter. Wer Hauptmann« Dichtung ka»nt. erkennt auck sofort dte Frau. Man muß e» geschickt ansasien. denk ich. wehe, wenn sie vielleicht die Absicht meine» Kommen» merken würbe. Denn au« «en» Stück wissen wir. baß die Mutter Wokffen den Mund ast» dem reckten Fleck hat und nicht viel fackelt. Sv funkeln auch jetzt noch die kleinen blanen Augen In dem runzligen Me- sicht, aber e« isi mehr Lachen al» Unwillen über den Eindring, tina, der vorgibt. einmal die älteste Einwohnerin Erkner» veridnlich kennen zu lernen. An» dem zahnlosen Munde, der immer wie ein runde» Lock im Gesicht offen steht, kollern dir Worte mit unglaublicher Schnelligkeit. Die kleine gedrungene Gestalt ist mit einer gestopften Weste bekleidet, die Hüsten sind wie Henkel einer kleinen Tonne, sicher trägt sic wie alle Land- srauen sechs Unterröcke. Vorn schneidet eine Schürze au» Tack- tuch das Oben und Unten an der Figur. Und langsain fühle Ich mich zu meiner Absicht vor, dieses Kleidcrbündcl bis auf das Inwendigste kenncnzulcrnen, so wie sie der Dichter, als die Mutter Wolfsen noch jünger und -wclsclloS hübscher war, schon unter die große Jupiterlampe seiner dichterischen Inten- sttät gestellt ha«. Die alte Frau fühl« sich sehr geschmeichelt. Sie sagt: „Ja, drltthalb Häuser standen tn Erkner, als wir hier anzogcn. „Ach," sagt sie, „das war doch eine andere Zeit alS heute, wo eS nur drunter und drüber geht!" „Na." sag ich, „damals war e» doch auch nicht gerade ruhig?" „Mein Mann war Zimmcrmann. Achtzehn Pfennig be trug sein Stundcnlohn. Da rechnen Sie »nal aus, wte wir leben mußten. Und obendrein wurde noch gespart! Ich habe auch tüchtig mit zugcgrtfsen!" Letztere» Ist voll Doppelsinn, aber Ich werde mich bezwtn- g«n. Sie plaudert lustig weiter. „Drei Mädel schickten wir tn die Schule. Schulgeld bezahlte Ich für jedes eine Mark und für die Wtntermonatc 18 Groschen Hcizgeld extra. Aber daS mußte sein, damit die Kinder waS lernen sollten. Vierzig Taler Miete mußten wir auch schon tm Jahre zahlen. Und trotzdem k-aben mir es vorwärts gebracht!" Sie schlägt zur Bekräftigung dessen ans ihren Schenkel, daß e» klatscht. Hin ten zupft Ihr eine weiße Ziege am Rockzipfel, als wollte sie zur Besonnenheit mahnen. „Mein einziges Vergnügen war daß mein Mann mich manchmal Sonntags ans der Spree Kahn gefahren hat. DaS war ein Mann! Ick ging ihm gerade biS an die Achseln, ein fleißiger und guter Mann war'»!" „Ihre Kinder stehen Ihnen gewiß jetzt auf Ihr« alten Tage zur Sette?" „I bewahre," sagt sie, „Ich bin ganz alleen«. Ich helfe mtr schon durch und bleibe keinem etwa» schuldig." Bon den neun Kindern hat sie nur drei Mädchen behalten. Bon diesen lebt die Jüngste noch und wohnt tn „DüSburg", aber DuiSburg wird'S geschrieben, sagt sie. „Maren eS nicht zwei Töchter, Leontine und Adelheid?" erlaube ich mir einznwcnden. „Da sich doch eener ans Wie se in HanptmannS Theater- stück Bescheid wissen!" sagt sic plötzlich spotssnstig. „Ich bin ent- larvt." Aber mit aller Unschuldsmiene sage ich: „Richtig, den kannten Sie ia auch?" Mutter Wolfs wirst sich stolz In die Brust. „DaS sollt ich meinen, ob Ich Hauptmail» gekannt habe. Wir haben doch mit der Famtlie zusammen im Kurhaus gewohnt, wir oben und die unten. Und ich war Aufwartefrau bet Hanptmann. Aber daS mlt dem gestohlenen Biberpelz ist Quatsch, das will ich Ihnen ein für allemal sagen!" Jetzt ist Mutter Wolfs böse. Na," sage ich einlenkend, „das wird wohl Hanptmann dazu gedichtet haben." Sehr sachkundig sagt sie: „Natürlich. Er muhte doch eenen Stoss haben." Aber die Sache will ihr nicht aus dem Kopf, anscheinend ist sie voll Mißtrauen. „DaS war ein richtiger Tratsch. Hanptmann hätte einen nicht tnS Ge rede der Leute bringen brauchen. ES ist ja schon lange her. Aber In jedem HauS, wohin ich als Waschsrau kam, wurde ge lacht und gesttchelt." „Und waS haben Sie dagegen getan?" „Ich Hab' mlt gelacht! DaS war doch das klügste. Meine Tochter wollte mal klagen, ich Hab' ihr aber gesagt: Laß dte Leute reden, waS sie wollen. Dte hör n ooch alleene wieder uff!" WaS Mutter Wolsf sonst von Hauptmann erzählt, gehört in die Rubrik der Famtlicnhistorie. Wte das Verhältnis zwischen der Dichtcrsamilie und Ihrer Waschfrau beschaffen war. sicht man am besten daraus, daß die Wolfsen alle Famt- ltenbildnisie von HanptmannS besaß und daß sie sich mit brr Frau und den Kindern noch Jahre lang schrieb, alS diese nach Berlin auf den Gesundbrunnen verzogen wäre»». Uebel ge nommen hat sie also dem Dichter nichts. Wir sprechen wieder über die Zeiten und wie eS ber Mutter Wolfs weiter ergangen ist. Ihr Lebtag lang hat sie für fremde Leute gewaschen, erst außer dem Hause, dann daheim. Ihr Mann ist vor 25 Jahren gestorben, sein Tod muß in die Zeit de« FortzugS ber Hauptmannschcn Fainilic gcscillen sein. Sie hat Mieter im HauS, lebt aber sonst für sich allein. Eine kleine geldliche Unterstützung als Altpcnsionärtn erhält sie von der Gemeinde. „Aber sehen se, wenn ich nicht noch fleißig arbeiten würde, eS würde nicht reichen!" Sie kennt noch immer das Geheimnis, waö Tausende der brotlosen Existenzen nicht besitzen. Auf ihrem alten Rücken schleppt sie aus dem nahen Walde Feuerung, Futter und Streu nach Hause. Vor drei Jahren wollte sie nochmal» mit der Wäscherei beginnen. „SS ging nicht mehr, sehen Se. der rechte Arm wackelt zu stark, damit kann ich die Wäsche nicht mehr ausstretchen!" ES war Ihr Immer um die Erhaltung der Familie zu tun, dafür gab Ne allen Inhalt Ihres Lebens hin. Sie ist heute noch genau so, wie sie der Dichter tm „Biberpelz" geschildert hat. Sie Ist die sorgende Mutter geblieben, die sich nun am Abend ihres Leben» in dem Gedanken sonnt, daß Enkel von ihr studieren. ES ist die Frau an» dem starken gesunden Blut unseres Volkes» dessen Familiensinn alle zeitlichen Nöte über dauert. Hauptmann sagt am Schluß seiner DIebcSkomödte von dieser Frau: „Und so wahr es ist. was ich ^hter sage, die Wolfsen ist eine ehrliche Haut!" Ia, sic gerechtfertigt. gewiß! DaS Leben hat
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