Volltext Seite (XML)
Paris hält Seeckt für ein Opfer der Annäherungspolitik von Thoiry. Eine neue Aufstandsbewegung in Griechenland. — Rheinbaben über Deutschlands Aussichten im Völkerbünde. Seeckts Stellung seit November 1925 geregelt. Berlin, 7. Oktober. Bon zuständiger Seite wird heute zum Fall Seeckt noch mitgeteilt: Die Enticheildung des Reichspräsidenten von Hiudenbnrg über das Abschiedsgesuch ,>on Seeckt steht noch aus. Eine KabincttSsitzung wird sich mit dieser Angelegenheit nicht mehr besahen. Der Reichskanzler wird heute am frühen Rachmitiaa znrückerivartet und wird sch, gleich »ach seiner Ankniist i» Berlin mit dem Reichspräsi denten in Verbindung sehen Ms« den frühere» fordern»»«.'» der interalliierten Kontrollkommission habe das Rücktritts- gesuäi nichts zu tn». SeecklS Stellung, soweit die Verhand lungen mit der Kvnirollkonimissivn in Frage kommen, sei endgültig geregelt durch sstolenwechsel vom November 1ü2ö. Zin Juli lü'-'li ist dann allerdings eine neue Note in Berlin cingegangen. die sich aber nicht mit der Stellung Seeckts, son dern mit der Stellung des Gciieralinsvektenrö der Reichs- arinee besaht hat. Diese Rote ging von der irrigen Ansfassung ans, dag eine Bervrdnnng vom Jahre Illlst. die sich mit dieser Stellung eines Gcncaalinipektenrs befahl, noch in Krait sei. Tiese Bervrdnnng >oar aber bereits seit langer .'seit ausgehvbcu. nachdem der General vv» Seeckt im Jahre 1!>2<> sein Amt als (shes der Heeresleitung einige Zeit lang geführt hatte. Bon seiten des R c i ch s iv c h r m i n i st c r i u m S ivird dann »och fcstgestellt, dah der Reichsivchrminisler niemals hchanptet habe, dah die Rachricht, der Kroiiprinzcnsvhn habe a» den Uebnngcn bei Münsingen lcilgcnvmmcn, falsch ivärc. Als Dr. Fehler von diesen Bvrgängcn Kenntnis erhielt, habe cr sich an den Ehcs der Heeresleitung, General v. Seeckt, gc- wandt. General v. Seeckt teilte mit, dah cr selbst gestattet habe, dah der Sohn des .Kronprinzen an den Ucbnngen tcil- nchine. Daraus ergab sich dann die Konsegncnz. Die Sach lage sei die, dah mit der Erlaubnis, dah der Prinz an den Hebungen teilnehmcn könne, ohne die üblichen Rcicliswehr- ncrvslichtnngen cingegangen zu sein, gegen den Bersaillcr Vertrag und gegen die bestehenden Dienstvorschrif ten der Reichswehr vcrslohen worden sei. Im übrigen ivird selbstverständlich nichts dagegen eingcivandt. wenn beispiels weise sriilierc Ossiziere als Zuschauer d u Rlanövcrn bci- welmen. Sv habe der Reichspräsident v. Hindcnbnrg an- lasilich seiner Teilnahme an den diesjährigen und vorjährigen Reichsivehrmanövern einige ehemalige höhere Offiziere zn sich gebeten, damit diese sich über den gegenwärtigen Leistungs stand der Reichswehr unterrichten könnten. Die Pariser Presse zum Rücktritt Seeckts. Paris, 7. Oktober. Der Rücktritt des Generals v. Seeckt, znm Teil auch der Seve rings, werde» von der fran- zasiichcn Presse an erster Stelle besprochen. Sanerwein kommt im ..Platin" zn dem seltsamen Schluh, dah die Demission sowohl v. ScccktS ivic LcvcringS die dcnit'chc Negierung von Zwei Persönlichkeiten befreit habe, die ihr hätten lästig fallen können. Sanerivein erinnert daran dah die Botschaster- lonierenz v. Seeckt, den wahren Ehe»' der deutschen Armee, in icincn Funktionen beschränken ivvlltc, weil die Militär- loinrollkvmmiision j» ,hn, ei>ien tKegner gesunden hätte, der mit dem Anschein einer vollcedcten Höflichkeit ihre For derungen bekämpfe. Sevcring nnd Seeckt seien die Ver körperung der beiden deutsche» Tendenzen, die sich unversöhn lich gcgennberständen Ebenso wie den schlechten Gesnndhcits- Günstige Aussichten des Annahme im Landtag wahrscheinlich. Berlin, 7. Olt. Zn den Berhandlnngcn mit dem Hohen- zollernhans, die gestern abend zum Abschlnh eines Bertrages snhrten, dessen Inhalt schon im wesentlichen mitgeteilt worden in. hat auch dnS P alai s Kaiser Wilhcl m S I. eine wesentliche Rolle gespielt. Der Bcrtrcter des Hvhenzvllcrn- hanses hat allen staatlichen Ansprüchen Widerstand entgegen gesetzt. da das HohenzvllernhanS ans den Besitz dieses Palais enhcheidenden Wert legt. Das Fiirstenhans hat aber die Ver- bslichtnng übernommen, dieses PalaiS als Mnscnm der össent- lichen Besichtignng zugänglicl, zu erhalten. Das Hohen zvllernhanS hat in wichtigen Punkten noch wesentliche Zugeständnisse gemacht, die man nm so mehr ivird an erkennen müssen, als die Vage für den prcnhischen Staat sich nach dem Berlans der ReichStagSverhandluiigen nicht gerade günstig gestaltet hatte. Der Antrag auf enlschädignngslvse Enteignung war durch den BolkSentscheid abgclchnt worden nnd der Reichstag hatte sich als nnsähig erwiesen, eine rcichS- gesetzliche Lösung zn finden. Die Regierung hatte bekanntlich den Enlwnrs zurückgezogen, nm neue Vcrgleichsverhandlnn- gen mit Prcnhe» zu ermöglichen. Während dieser Zeit blieb zwar die Sperre gegen den Prozehweg ansrechterhaltc», doch wäre zwciselloö die Sperre gefallen nnd die gerichtliche Aus einandersetzung wieder in Kraft getreten, wenn cs nicht ge lungen wäre, zu einem Bcrgleich zu kommen. Es ist nicht daran z» zweifeln, dah der Vergleich die Zu stimmung des Prenhischen Landtages nnd des Prenhischen Staatsratca finden wird. Die De n t s ch n a t i v n a l e n werde» einem Vertrag keinen Widerstand leisten, der vom zustand Scvcringo bezweifelt Sanerwein, dah die Teilnahme des »ronprinzenlohnco an den Manövern den wahre» Eirund für die Demission Seeckts bilde. ES sei vielmehr anzunehmen, dah Generaloberst v. Seeckt ein Hindernis für die deutsch-französische Politik StresemannS geworden sei. Jedenfalls werde die Kontrolle aufrcchtcrhalten, weil die Franzosen mit der bisherigen Regelung der Königsberger BcsestignngSsrage sehr wenig zufrieden seien. Auch die Zn- sirnklivnsbiicher der Reichswehr seien von einem (Seihe bc weit, der nicht der von Locarno sei. Die Heeresverwaltung sei eine Ar« von Staat im Staate. Welches auch die Gründe für die beiden sensationellen Entscheidungen sei» möge», cs sei gewih, dah Dr. S t r c s c m a n n von den beiden Männern befreit sei, die nntcr Umständen hätten „genieren" können. DaS „Echo de Paris" will in dem Rücktritt von TeccktS eine Lösung des Konflikts zwischen dem alte» nnd dem demo kratischen Deutschland erblicken. Zn Frankreich nnd anderswo würden sich viele über die glücklichen Resultate der Politik der Annäherung freuen, die zum Siege der gemähigten Elemente führe. Man müsse hoffen, dah dies io sei, aber sürchtcn, dah cs auch anders kommen könne. Vielleicht seien die Kon zessionen. die in dem Rücktritt Seeckts liegen, nnr gemacht worden, um andercn bedeutenderen anszumeichcn. . Generatteulnanl Keys Nachfolger o Seeckls? Berlin, 7. Oktober. Zu den bisher in der Oesfenllicbtcil aufgctanchten Kombinationen über die Renbesctznng des Postens des Ehess der Heeresleitung nach dem Rücktritt des Generaloberst von Seeckt wird von unterrichteter Seite noch mitgeteilt, dah in eingewcihten Kreisen der Kvmmandcnr der l. Division in .Königsberg, Generalleutnant Heue, genannt ivird. Hc»e war bis Ni.'l Elies deS Trnppenamtes, von 11>21 bis INR! Ehes des PcrsvnalamtS im Reichswchr- ministerinm. Stresemanns Bericht im Außenausschuß. Berlin, 7. Olt. Der Auswärtige Ansschnh des Reichstages trat »er ' vormittag zusammen, nm zunächst über den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund und die Besprechungen in Thvirv, sodann über den Fall Ger mer S h c i m zn verhandeln. Bon der Rcichsrcgiernng wohnten, anher dem ReichScnihcnminister Dr. Strescmann, die Minister Dr. Külz, Dr. EnrtinS, Dr. Bell und Dr. s>as- linde bet. Die Mitglieder deS Answärtiacn Ausschusses waren zn der heutigen Sitzung säst vollzählig erschienen, ebenso die Vertreter der Länder. Vom Auswärtige» Amt waren auch Staatssekretär Dr. v. Säubert nnd Mniisterial- dircktor Dr. GanS anwemnd. Rach einleitende» Worten deS Vorsitzenden, Abg. Hcrgt, nahm RcichSanhcnminister Dr. Strescmann das Wort, nm über die Verhandlungen in Gens und Thvir» z» berichten: Die damit zusammenhängenden Lpezialfragen finanzieller nnd wirtschaftlicher Natur können nach Mitteilung des Ministers erst erörtert werden, wenn die Lage durch Fortsetzung der schwebenden Verhandlungen weiter vorgeschritten sein wird, was voraussichtlich in kür zester Frist der Fall sein werde. Es wnrde daraufhin eine besondere Sitzung des Aus schusses für die zweite Hälfte des Monats in Aussicht ge nommen. An die Rede StresemannS schlvs; sich eine längere A »Ssp rache, die gegenwärtig noch andauert. preußischen Vergleichs. Hvhcnzvllcriihans selbst gebilligt wird. Von de» Regie rungsparteien sind Z entr n m nnd D e m v krat e » sür den Vergleich. Die Demokraten habe» in einer F-rgktioiissitznng gestern sogar Fraktionszwang beschlösse». Die Deutsche VvlkSpartei hat noch nicht Stellung gcnvmm.en, wird aber cbensvivenig gegen diese» Vergleich sein wie die Deutsch- nationalen. Unter diesen Umstünden ist eS nicht entscheidend, ob die sozialdemokratische F-r g k i i v n cbeirsallS für den Vergleich stimmen oder sich der Stimme enthalte» wird. Der „Vorwärts" erklärt zwar, dah für die soziaddcmv- kratischc LandtagSsraktivn dieser Fall nicht einfach liege, dah aber die sozialdemokratische Fraktion de» Vergleich nicht zer schlage» könne. Weil aber »ach dem Scheitern des Volksent scheides kein Mensch zn sagen vermöge, wie ein günstigeres Er gebnis sür den Staat heransgeholt werde» kVnnte, so werde die sozialdemokratische Fraktion wohl dazn kommen, nntcr Währung ihres grnndsälilichen Standpunktes dem Abichlnh des Vergleichs durch dir bürgerlichen Parteien keine» Wider spruch cntgcgcnzusctlcn. In, gleich wird das Znstan-ekvmme» des Vergleichs zwischen Prcnhe» und de» Hohenzollern in der Entichä- dignngösragc eine ganz neue Lage schassen. Das Eingreifen des Reichcz wird dann vollständig überflüssig sein, und die Reichsrcgiernng wird ihre Vorlage wohl ewdgültig znrück- zichen. Es würde sich dann nnr noch nm Richtlinien bandeln, die nötigenfalls sür die Anscinandcrsetznng mit de» Fürstcn- liänscr» i» Thüringen erforderlich sein könnten. Diese Angelegenheit würde aber leine Schwierigkeiten machen. Ein Wor! zu dem Entwurf eines Gesetzes über den Schutz -er Jugend bei Lustbarkeiten. Vv» AmtsgcrichtSrat Tr. E s ch c n b a ch. Die Kultur eines Volkes spiegelt sich wider in seiner Literatur, seiner Kunst nnd nicht zum letzten in seinen Lust barkeiten. Reben anderen sind daher die genannten drei Werte besonders geeignet, ein wesentlicher Mahstab für die Ait dieser Kultur zu sei». Leider steht cs für den objektiven Kritiker anher Frage, dah, mit diesem Mahstab gemessen, der Knltnrstand des deutschen Voltes gegenwärtig aus keiner be sonderen Höhe sich befindet. ES ist hierüber schon so viel ge sagt und geschrieben worden, das; cö nicht erforderlich erscheint, diese Feststellung mit einzelnen Beispielen zu belegen. Be sonders ist es aber die in weitestgehendem Mähe vorhandene Trivialität, nm nicht zn sagen Roheit der jetzigen öffentlichen nnd nichtöffentlichen Lustbarkeiten, wie sic jetzt dem deutschen Volke geboten wird, die begründete Zweifel anfkommcn läht, ob wir heute noch berechtigten Anspruch daraus erheben können, das Volk zn sein, das ehemals Gelehrte und Dichter als das erste ans der Erde in Bildung des Geistes, der Sitten nnd des Gemütes genannt und gepriesen haben. Nicht als Sittenrichter ergreife ich aber das Wort, sondern meine Absicht ist, zu den Gesetzesvorlage» Stellung zu nehmen, die von der Rcichsregicrung im Reichstage zur Bekämpfung der schlimmsten Knltnrividrigkeitcn cingebracht worden sind und die voraussichtlich im kommenden Winter Gegenstand der Be ratungen des Reichstages sein werden. Der vorliegende Artikel insbesondere soll dem Entwurf eines Gesetzes über den Schutz der Jugend bei L n st b a r kc i t c n gelten. Wie schon der Titel dieses Gesetzentwurfes besagt, hat die Rcichsregicrung ihre Ansgavc, Auswüchsen ans dem Gebiete der Lustbarkeiten entgegenzntreten, von vornherein ans die Zug e nd b c s ch r ä n k t. Zn der Begründung des Ent wurfes wird sehr zutreffend gesagt, das, „durch den Krieg und die nachfolgenden Zähre grohc Teile unserer Jugend in Zu stände der Verwilderung und Verwahrlosung geraten sind, von denen ernste Gefahren siir das Heranwachsende Geschlecht nnd die Wiedcranfrichtnng unseres Vaterlandes z» befürchten sind". Dieser Satz liehe sich aber, ohne der Sache irgendwie Zwang anzntnn, sehr wohl auf das ganze Volk verall gemeinern, wobei durchaus nicht etwa nur an dessen einfachste Kreise gedacht werden soll. ES ist aufrichtig zu bedauern, dah dies nicht geschehen ist, nnd dah der Nctchsinnenministcr sogar erklärt haben soll, im Falle einer solchen Verallgemeinerung den ganze» Gesetzentwurf ziiriickzichcn zu wollen. Infolge seiner Beschränkung auf dir, Jugend ist der vorliegende Gesetzentwurf v »m vornherein nur etwas Halbes und wenig be friedigend, da cr sür Personen über 18 Jahren grund sätzlich ohne jede Beschränkung sittlich, geistig und gesundheit lich schädigende Lustbarkeiten znläht. Dazn kommt aber noch, das; cr auch insoweit, als cr wenigstens den Minderjährigen unter 18 Jahren Schutz bei Lustbarkeiten gewähren will, dieses Ziel nnr ganz unvollkommen erreicht. Der Inhalt des Ge setzentwurfs rechtfertigt daher durchaus nicht seinen vielver sprechenden Namen. In der Begründung des Entwurfs ivird zwar anerkannt, dah „die vom Standpunkte der Zugendwohl fahrt zwcckmähigstc Regelung darin bestehen würde, das; jede einzelne Veranstaltung von einer dazu berufenen Behörde einer Prüfung unterzogen werde, ob Minderjährige sic vlmc Gefährdung besuchen oder bei ihr Mitwirken können". Tic Durchführung dieses Gedankens wird aber wegen der an geblich zu hohe» Kosten, die durch die zu leistende Mehrarbeit der Behörden bei der Prüfung und Ucbcrwachnng entstehen würden, sofort wieder verworfen. Der Spars-am- keitSgrundsatz ivird sogar gerade bei diesem Gesetzentwürfe in einer so ansfallenden Weise betont, das; dies höchlichst be fremden und beinahe zu der Vermutung führe» muh, das; er mit als Vorwand dienen soll, irm zn einer möglichst ab geschwächten Regelung der Materie zn gelange». Sv begnügt sich der Entwurf schliehlich selbst »ach den Worten seiner Be gründung damit, nnr „die Möglichkeit zn gebe», die gröbsten Auswüchse zn beseitigen". Er nimmt sich damit bewusst selbst die Aussicht, zum mindesten für die Jugend etwas Erfolgversprechendes zn schassen, da cr sogar siir die Jugend d a L Fvrtbc st che» einer grohcn A n zahl v o n A u s iv ü ch s c n auf dem Gebiete d e ö L » st bar - ketten gestattet, selbst wenn diese grober und nicht gerade gröbster Art sind. Ist der Jugend aber die Möglichkeit gelassen, überhaupt Lustbarkeiten zweifel haften Eharaktcrs zn besuchen, so ist der Zweck eines wirk lichen Schutzes der Jugend von vornherein durchbrochen. Der RcgicrungScntwurf eines Gesetzes zum Schutze der Jugend bet Lustbarkeiten sicht vor, dah „sür bestimmte öffent liche oder nichtöffentliche Lustbarkeiten, Schaustellungen und Darbietungen aller Art oder für solche Veranstaltungen eines bestimmten llntcrnehmcrS durch besondere Anordnung der Besuch oder die Beschäftigung non Minderjährigen nntcr 18 Jahren verboten oder cingcsch. inkt werden kann, wenn eine Schädigung ihrer sittliche», geistigen nnd gcsiiiidheitlichcn Entwicklung zu befürchten ist". Es» Verdienst des den Gesetz entwurf beratenden Ausschusses ist cö, dah cr diese Kannvor- schrist in eine Mnhvorschrift abgcändcrt hat, so dah nach dem Entwürfe tn der Fassung nach -er ersten AuSschuhlesung, der