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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 28.07.1926
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1926-07-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19260728017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1926072801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1926072801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-07
- Tag 1926-07-28
-
Monat
1926-07
-
Jahr
1926
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 28.07.1926
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! e^mscliau Sans Grimms „Volk ohne Raum".*) Besprochen von Ottomar Enktng. I» seinem ergreifenden Gedichte „Zu engl" schilderte Richard Tehmel schon vor Jahren die furchtbaren Folgen eines zu dichten Beieinanderwohnens, und wir erleben diese secle»- uud sriedenzcrstürende Wirkung des Raummangels in der Gegenwart täglich in schlimmstem Matze. Der Mensch braucht Platz, um sich selber zu gehören und sich tüchtig regen zu könne», und wie das Schicksal des einzelnen davon ab hängig ist, ob er Lust und Licht genug hat oder nicht, so wird auch das Dasein eines ganzen Volkes von der Möglichkeit oder llnmöglichkeit, sich auszubreitcn und seine Kräfte weithin zu regen, matzgebeiid beeinslntzt. Das wiitzte» unsere Feinde, als sie den Neldring um »nS schmiedeten und nicht eher ruhten, als bis sie die fleißigste Ration der Erde gefesselt vor sich liegen sahen, das wußten sie, und deshalb beraubten sie uns vor allen Dingen unserer wohl erworbene», vortrefflich geleiteten und im wirtschaftlichen Ausstieg besindliche» Kolonien. Es war daS eine ihrer schänd lichsten Untaten gegen unS! Nun wohnen wir zu eng, nun vermögen wir dem natür liche» Ausdehnungsdran-'e, den wir uns trotz allem als ge sunde und strebsame Menschen bewahrt haben, nicht zu ge horchen, nun treten wir, wohin wir außerhalb der Heimat gelangen, ans fremden Boden,' uitt>-r Wesen versteht man dort nicht oder haßt cs, und die Früchte uuscrer im Auslände geleisteten Arbeit kommen allermeist denen zugute, für die der ansgewandertc Deutsche seine Kenntnisse und Fähigkeiten hingebcn »i»ß, um nur sein Lebe» zu fristen. Schmachvoller Zustand, an dessen schleunigster Beseitigung jeder Mitwirken m»si! lind wir dürfen uns freuen, daß sich auch in unserem Lchrislliii» eine Stimme erhoben hat. die mit Ernst und Bucht daraus hinweist, wie unwürdig wir ohne Kolonien da- siche», wie notwendig cs für unS ist das wicderzuerlangen, was man »ns ohne die geringste Spur von Recht ge nommen hat. .Laus Grimm heißt der Dichter: er unternimmt eS, dad dcnische Leid hauptsächlich von dieser Seite zu betrachten, er hat den zweibändigen, groß angelegten und großartig dnrchgesiihrten Roman „Bolk ohne Raum" geschrieben, und ich meine, daß sich niemand, zu welcher Partei, zu welcher Welt anschauung er immer schwören mag, der überzeugenden Macht dieses Werkes verschließen kann. Die Bezeichnung Roman ist hier übrigens kaum am Platze. ES handelt sich vielmehr mir eine Epopöe des sozialen und politischen Märtyrertums, wie mir es durchzumachen haben. Nicht mit voll befreiendem Ausblick auf die Zukunft wird solch ein Werk, wenn eS wahr bleiben will, sein Ende finden, aber daS ist gewiß: wir werden allmählich den Unterschied zwischen den eitlen Worten all der überflüssigen und eigen süchtigen Schwätzer, die das Elend Deutschlands nur ver größern, und dem tätigen Wort und der Mahnung guter Geister entdecken, die aus echtester Vaterlandsliebe her- stamincn. vanS Grimm erzählt unS den EntwicklungS- und Vollen- tungsgang Evrnclius Fricbotts, eines Weserländer Bauern- jinigcn. Lein Vater wird arm und ärmer und muß zuletzt in tcn Lleinbriichcn arbeiten, seine Mutter ist eine äußerlich baue, in, Oerzen aber reiche Frau, und der Knabe rrfähtt früh die ersten Licbcsregungen, und zwar sind es zwei Mäd chen, die sein Gemüt anziehen, die seine Melsene und die derbere Iliabeth. Er soll sie beide nicht sein eigen nennen. Das raierlichc Gut gibt nicht genügend her: Cornelius wird iessM nicht Landmann, sondern lernt die Schreinerei, gebt als sstcuvilligcr zur Marine, wo er eine Reise mit einem Aiislandskreiizer macht und an der Malaria erkrankt. Dann weißer nach seiner Heimkehr nicht recht, wohin er mit sich soll: in seinem Berusc gibt sich ihm keine Arbeitsgelegenheit, er bricht Lteine mit seinem Vater, und da er schon früh mit sozia- Innsche» Elemente» zusammcngckvmmen und von ihnen auch becniilußt worden ist, jo erscheint er als unruhiger Kopf ver dächtig. Er »'endet sich nach Bochum, wird als Modelltischler in einem Giegwerk angestellt, muß in eine Zeche als Zimmer- bener hinein, und als ein Grubenunglück mit zahlreichen Todesfällen geschieht, da beschuldigt er die Verwaltung des Bergwerks, daß sic die ganze Wirtschaft vernachlässigt habe. Wegen Aufreizung wandert er ins Gefängnis, und nach ver- büßter Strafe beginnt er in Südafrika ein neues, wechsel volles, mühsames Leben. Die Mädchen, denen er in der Jugend seine Gedanken weihte, sind verschiedene Wege gegangen: Melsene ist haltlos geworden, ,)lscbcth hat eine bessere Kraft in sich,- Cornelius aber tritt in die Dienste einer Karmertn Carlotta Prinsloo, deren Geliebter er wird. Da bricht der Krieg zwischen Eng- la»d und Transvaal a»S, Cornelius kämpft auf Seiten der Aurcn, wird gefangen, nach St. Helena transportiert und er wirkt endlich »ach Friedensschluß in Deutsch-Südwestasrika eine Besitzung von dem Geldc, das ihm die verstorbene Frau Prinsloo vermacht hat. In zähester Arbeit sucht er sich eine »c„c Heimat zu schassen, aber ihm ist gegeben, auf keiner Stätte zu ruhen: der Weltkrieg kommt, der Widerstand der liolonic gegen die Uebcrmacht ist bald gebrochen, Cornelius, der in Notwehr einen Räuber erschießt, wird von dem eng lischen Gericht z» langjähriger Zuchthausstrafe verurteilt, ent flicht, erreicht unter vielen Gefährdungen und Schwierigkeiten die Heimat wieder und verbindet sich mit der Tochter MelseneS, die der Strudel des Lebens hinweggcrissen hat. Das junge Mädchen, das ihn heiß liebt, trägt den Namen ihrer Mutter. Als Wanderredner zieht Cornelius von Stadt zu Stadt, von Tors zu Dorf: er verkündet die über alles Partcigczänk erhobene Lebrc von Deutschlands Recht auf einen Platz an der Sonne, da erntet er den HetlandSlohn: ein Bursche schlendert in einem sächsischen Orte einen Stein auf ihn und lrisst ihn so schwer, daß er stirbt. Diese Andeutung der Handlung kann nur als vorläufiger sichrer durch das umfangreiche Werk dienen, seine Schön heiten mnß man selber aufsnchcn, und man wird erstaunen über die Fülle der Poesie, die der Verfasser allenthalben bietet: Das bäuerliche Leben der Heimat, daS Treiben in den stabrike», der Tiamantenhunger, die KriegSbilder, die Natur- schildcrnngen — alles ist wundervoll plastisch dargestcllt: der bcld, mehr Prinzip als Charakter, wie das fast stets in solchen Veltanschanungsromancn der Fall ist, wird von einer Menge von Personen umgeben, die alle eine gewisse Einseitigkeit des Denkens und Fühlcns zur Schau tragen, aber doch durchaus Menschen sind. Angriffe ans das Judentum fehlen nicht: die in dem Buche vorkommenden Vertreter dieser Rasse sind nichts weniger als Ivnwailiisch: vor allem aber wird Grimm vo» einem glüben- den Hasse gegen England beseelt, er kennzeichnet die englische benchelci, die de» Egoismus mit einer sogenannten Gerechtig keit verbrämt, unverhohlen und mit den schärfsten Ausdrücken. Die beherzigenswerte Quintessenz des von idealem und hochsinnigem Geiste durchwehten Merkes sehe ich in den Borten Cornelius FriebottS: Welches Recht ist daS, baß allein i» Europa und ohne den Welteuraum, den sic dazu haben und dahin sie kaum ie gehe», 86 Millionen Franzoseil et» größeres »»d dazu fruchtbareres Land eignen als 72 Millionen *>H°n»Gklinm,„BolkobneRaum". Roman in zwei winden, »mschlagzeichnungen von H. A. Aschenborn, Klnbanbzelch- »nn« wn Prof. Dr. W. rtemann. Verlag von Albert Lange«, Deutsche? Welches Recht ist das, daß ein deutsches Kind, wenn es geboren wird, in solche Enge hineingeboren wird, daß eS bald nicht weiter kann, daß cs bald ein Zänker werden muß, daß, wenn es mit Eigenschaften der Kühnheit geboren wird, eS vor lauter Mangel aus den bösen Weg gedrängt wird? Welches Recht ist das, daß die andern — wer von ihnen es will — als Bauern auf Bauernland leben können, und daß die Deutschen, wenn sie deutsch bleiben wollen, sich seit Jahren in Werkstätten vermehre» uiüsse»? Welches Recht ist daS, daß der Engländer, sobald er Mut hat und Fleiß und Tüchtig keit, den weiten englischen Raum der Welt jederzeit vor sich hat, um das Glück für sich und seine Kinder zu wenden, und der Deutsche nichts als die deutsche Enge, darin Verbesserung des einen nur mehr zn haben Ist um die Verschlechterung des anderen? Welches Recht ist das? Ist bas Menschenrecht oder ist das Gottcsrecht oder nur ein faules, gemctncS, ererbtes, dummes Unrecht?" Die Antwort auf diese bttteren Fragen ergibt sich von selbst, und mir wollen Hans Grimm dafür danken, daß er sie an uns stellt. Denn dainit rüttelt er das deutsche Gewissen wach! Gran Canon. Von Sven Hedin. Nach jahrzehntelanger Forschertätigkeit in Asien unter nahm Sven Hedin im Jahre 1923 eine Vortragsreise nach Amerika, bet der er von vornherein beabsichtigte, auch seinen von Jugend ans gehegten Wunsch zu erfüllen und dem Gran Callon einen Besuch abzustatten. Angenehmer als er sich dies ursprünglich gedacht hatte, sollte der Plan verwirklicht werden, denn er erhielt in Chikago eine Einladung der Santa- Fö-Eisenbahnge>sellschaft. des größten Eisenbahnunternehmens der Welt, drei Wochen ihr Gast im Gran Canon zu sein, Cvwboys, Maultiere,Antos, Zelte, Hotels, Verpflegung, alles stand ihm zur freien Verfügung, und ein liebenswürdiger Reisebegleiter diente ihm als Führer. Unter Canons versteht man die zumeist ziemlich engen, aber außerordentlich kiesen Täler, die daS westliche Nordamerika durchziehen und im Lauf« von Jahrmillioncn durch Erosion, ü. h. durch Zernagung der Festlandoberfläche durch Flüsse, entstanden sind. Besonders berühmt ist der große Canon des ColoradoslusscS im Staate Arizona, der «ine Tiefe von Liber 1500 Meter erreicht und mit seinen wundersamen Felsformattonen einen geradezu über wältigenden Eindruck machen muß. So nemrt auch Sven Hedin dieses geologisch hochinteressante Gebiet seines Reiseziels das amerikanische Wunderland. Seine Briefe, die er von dieser Reil« an seine Mutter gerichtet hatte, sind von ihm zu einem Buche unter dem Titel „Gran Canon" zusammcngcfaßt worden, das kürzlich im Verlage von F. A. Brockhaus, Leipzig, erschie nen ist. Mit der ihm eigenen Darstellungskrast und Lebendig keit zeichnet der Verfasser den mächtigen Zauber dieses an Großartigkeit des Farben, und Formenreichtums einzigen Tales. Man fühlt es, wie der Schauer vor der Gewalt der unendlichen Natur den Verfasser ergriffen hat und empfindet mit ihm die Ehrfurcht vor dem Schöpfer und das Bewußtsein von der Kleinheit des Menschen. Nahezu senkrecht stürzen die Felswände zu schwindelnder Tiefe hinab, und im Innern des Canons bilden die mächtigen Blöcke, die der Verwitterung und der mechanischen Kraft -es Wassers standgehalten Haben, in plastischer Schönheit eine Märchenstadt von Pyramiden, Tem peln, Pagoden, Türmen und Mauern, deren erhabene Größe auch die aufs höchste gespannten Erwartungen des Besuchers weit übcrtrisft. Sven Hedin ist in -ie tiefen Schluchten des Canon hinabgestiegen und fühlte, wie der Felsgrund unter der Wucht der Wassermasscn des Colorado erbebte: er hörte das donnernd« Brausen, das, durch den tausendstimmigen Wider hall verstärkt, den Granitkorridor erfüllte, und als er dann wieder die Hochfläche erklommen hatte, umfing ihn das frier liche Schweigen, das. ewigem Sonntagsfrieden gleich, über dem Gran Canon lagert. Worte vermögen nicht die wilde, über wältigende Naturschönheit auch nur annähernd wiederzugehen: man fühlt die Unzulänglichkeit der Ausdrucksmittel, und dennoch ist cs gerade das Verdienst Sven HedtnS, Lurch seine ausführliche Schilderung seiner eigenen Empfindungen uns den gewaltigen Eindruck nahezubringen, den diese von unsicht barer Meisterhand geschaffenen Riesenskulpturen der Natur auf ihn ausgeübt haben. Absichtlich hat Hedin keine Photo graphischen Ausnahmen, obwohl sie ihm reichlich zur Verfügung standen, zur Illustration seines Buches benutzt, sondern feine feelisch tiefen Betrachtungen durch eigene Zeichnungen erläu tert, um auch in den Abbildungen seines Werkes das persön liche Gepräge zu betonen, das seinen Inhalt besouderS aus zeichnet. Walther Schieck. Drei neue Bücher von -er Königin Luise Besprochen von Prof. Felix Reicharbt. Es ist eine seltsame Erscheinung, -aß gerade in einer Zeit wie der »nsrtgcn, die für die Verehrung gekrönter Häupter nmhrlich nicht allzuviel übrig hat, der Büchermarkt geradezu überfltcßt von mehr oder weniger lobpreisenden Veröffentlichungen über fürstliche Persönlichkeiten der Ver gangenhcit, wie auch ans der Bühne Kaiser-, Königs- und Fitrstendramen sich jetzt einer auffälligen Beliebtheit erfreuen. oxtremos SS touostent. So liegen gleich drei Neuerscheinungen über Preußens größte und geliebteste Herrscherin, die Königin Luise, vor mir auf dem Schreibtisch. Ein bet Richard Bong lBerlinj herausgekommencr historischer Roman von Sophie Hoech stetter, der den Namen der Königin trägt, ist nicht nur daS umfänglichste, sondern auch das literarisch wertvollste der drei Bücher. Aus durchaus zuverlässigen Quellen schöpfend und im wesentlichen die chronologifche Folge der Geschehnisse innchaltend. beschränkt sich jedoch die Verfasserin keineswegs auf eine bis in alle Einzelheiten eindrtngende, gefällig stilisierte Wiedergabe historischer Tatsachen. Diese letzteren bilden vielmehr nur den Hintergrund zu einem Seelengcmälde, das sie mit echt weiblichem Zartempfindcn und Mitgefühl von der lebensfrohen mecklenburgischen Prin zcssin. von der lieblichsten aller Bräute, der hingebungsvollen, verständnisinnigen Gattin eines nicht leicht zu behandelnden königliche» Gemahls, der treubcsorgtcn Mutter ihrer Kinder und der warmherzigen, vaterländisch begeisterten Landes- mutter eines in tiefste Erniedrigung geratenen Staates tn lebendigen Farben malt. Mit zarten, taktvollen Händen zieht sie den Schleier hinweg von so manchem Vorgang im Leben der vielgeprüften Königin, die, für den Thron geboren und zu den höchsten Stufen menschlichen Daseins emporgeklom» men. doch oft genug „in kummervollen Nächten auf ihrem Bette weilte»- saß", um uns hinetiiblickcn zu lassen tn -Ie Tiefen einer wahrhaft großen Wcibcsseele. der nichts Mensch liches fremd war. So wird das von Sophie Hoechstctter ge- zeichnete Lebensbild der Königin, das sich tn das Tryptichon „Der Weg zu Friedrich Wilhelm III." — „Von Memel bis Memel" nnd „Der Weg zur Vollendung" gliedert, zu einem wirklichen Roman, der sich nicht bloß spannend liest, -er nicht bloß um einer großen Hauptheldin willen allqemeinstem Interesse begegnet, sondern der auch aus jeder Sette tiefste menschliche Teilnahme sich erzwingt an einer Persönlichkeit, di« all« Daseinslagen, die Freude wie das Selb, das Leben wie das Sterben, mit »l«tch«r «Kröß«, gleich«« IWel der Seele zu tragen und zu meistern verstand. Gleichwohl ist der Roman nichts weniger als eine einseitige Verhimmelung der Preußenköntgin. Die Verfasserin ist durchaus nick' biind gegenüber gewissen kleinen Schwächen, die auch diesem fürst lichen Menschcnkinde anhasteten, wie etwa der in Jugendtagen ausgeprägten Vcrgnügungs-, Putz- und Gefallsucht Luisens, ihrer schwärmerischen Verehrung für den Prinzen LouiS Ferdinand von Preußen und später für den Zaren Alexander I.; aber gerade die Schilderungen des zähen Kampfes, mit dem Luise diese selbstcrkannten Fehler zu überwinden suchte, ge hören zu den fesselndsten Kapiteln ihrer Lebensgeschichte und offenbaren die Scelengröße dieser seltenen deutschen Fra» mit besonderer Eindringlichkeit. Ein hervorragend schönes bunt farbiges Titelporträt Luisens und viele Abbildungen von Personen ihrer Umgebung, wie auch von den verschiedenen Aufenthaltsstätteii der Königin fügen zur geistigen auch die reale Anschaulichkeit des Romans. Dem trefflichen Buche sind recht viele Leser und noch mehr Leserinnen zu wünschen, Während Sophie Hoechstetter ihr Luisen-Bild fast aus- schließlich mit eigenem Pinsel malt und nur gelegentlich histo rische Dokumente sBriese, beglaubigte Aussprüche usw.) im Wortlaute heranzieht, lassen die Verfasser der beiden anderen Luisen-Bücher vornehmlich hervorragende Zeitgenossen über Preußens edle Königin sprechen. So zunächst Hermann Dreyhaus in dem schmucken Büchlein: „Die Königin Luise in der Dichtung ihrer Zeit" iWcgwettcr- Vcrlag, G. m. b. H., Berlins. Es ist ein besonderer Vorzug dieses Buches, daß sein Verfasser nur Zeugnisse von so!.-eu Persönlichkeiten anführt, die sich nicht in des Hofes Gunst sonnen konnten. Denn welchen Wert halt'» wohl die frei willig oder unfreiwillig schönaesärbien Urteile von Personen, denen entweder verpflichtende Dankbarkeit oder gar nur die Hoffnung auf Erwerb oder Forlcrhaltuna königlicher Huld die Feder geführt hat! Besonders unverdächtig sind »n Weser Hinsicht die begcisterungövollen Anerkennungen der leiblichen und seelischen Vorzüge Luisens durch einige ausländisch« Schriftsteller, wie den Grasen S'gur, die berühmte Malerin Bigöe le Brun, den englischen Gesandtschaftsträgcr Jackson in Ortelsburg, oder den französischen Agenten der Nevolu- rionsregierung in Warschau, der z. B. über die 1798 durch bas neuerworbene Polen reisende Königin schreibt: „Ter hin reißenden Anmut und Schönheit der Königin ist es gelungen, über die Abneigung der Polen zu triumphieren." Dem Titel des Buches entsprechend, sind es aber vorwiegend die Sttm» men deutscher Dichter, die Hermann Dreyhaus zusammen klingen läßt zum Preise und zur Charakterisierung der ver» chrungswürdigcn Fürstin. Kaum einer -er dichtenden Zeit- genossen Luisens ist von ihrem Zauber unberührt gebliebenj die Romantiker A. W. v. Schlegel, Friedrich v. Hardenberg» Novalis, Achim v. Arnim, Fr. H. Fouqus und Clemens Bren tano, der Dichter der „Geharnischten Sonette", Friedrich Rückert, der sturm- und drangvolle Zacharias Werner, die Frciheitsdichter Max v. Schenkcnöors, Ernst Moritz Arndt» der jugendliche Theodor Körner 1,^8or Rauchs Büste der Königin Luise"), vor allem aber Luisens glühender Verehrer Heinrich v. Kleist, — sie alle haben in die Leier gegriffen und in ehrlicher Begeisterung dos -Hohelied des „Engels auf dem FürstentHrone" gesungen. Weniger bekannt ist vielleicht, daß auch Goethes Feder der Königin wiederholt gehuldigt hat; so in .LBahrheit und Dichtung", wo er gelegentlich der Schilderung eines Besuches der damals noch unvermählten Prinzessin Luise und ihrer Schwester Friederike im Feldlager vor Mainz schreibt: .LSirklich konnte man in diesem Kriegs« getümmel die beiden jungen Damen für himmlische Er scheinungen halten": so auch tn der vierten Strophe seines „krgo bibainu!," s„Ta leuchtet ein Bildchen, ein göttliche-, vor"j, bas er ausdrücklich als einen „Spätling zum 19. März 1810", Luisens 31. Geburtstags bezeichnet. Etwas gezwungen erscheinen mir dagegen die Beziehungen, die Hermann Drey haus zwischen Goethes ,^Des Epimenidcs Erwachen" und der Königin Luise herauskonstrutert. Da der Verfasser dcS Büch leins zwischen den einzelnen Dichterstimmcn durch knappe biographische Schilderungen und historische Hinweise gedank liche Verblndungsbrückcn herstellt und die zeitgenössischen Urteile tn die zeitlich geordneten Schicksale Luisens einreiht, so rundet sich die Darstellung zu einem geschlossenen, an mutigen Lebcnsbilde der Königin, das zwar von dem Schleier der Dichtung umhüllt, aber doch nicht auf Kosten der Wahr« Hastigkeit mit schmeichlerischem Stiste gezeichnet ist. Als schätz bare Beigabe enthält das Büchlein mehrere gute Abbildungen und das Faksimile eines Brieses der Königin an ihren Ge» mahl (vom 20. August 1806j. Nur einer kurzen Würdigung bedarf daS dritte Luisen- Buch. das ,^Bom Leben und Sterben -er Königin* betitelt ist und zwölf tagebuchartige Aufzeichnungen vo« Luisens Gatten, König Friedrich Wilhelm III., über die Lebensgefährtin enthält. Es sind zum größeren Teile bis her noch nicht veröffentlichte Schriftstücke aus dem Hohen» zollernschen Hausarchiv, von des Königs eigener Hand aus gezeichnet und schon aus diesem Grunde vvn besonderem Werte. Wertvoll sind aber auch die mit großem Fleiß un- historischem Sinn zusammcngctragenen Erläuterungen, di« der Herausgeber, Staatsarchtvrat -Heinrich Otto Meis» ner, in einem auf die Textitellen durch Nummern verweisen- den Anhang htnzugcfügt hat. Dank diesen Erläuterungen ersteht auch tn diesem s93 Setten umfassenden) Büchlein ein ziemlich vollständiges Lebens- und Charakterbild der hehren Königin, zumal des Königs Niederschriften bis auf seine erste schüchterne Annäherung an das Schwesternpaar Lutte und Friederike sin Frankfurt a. M.) zurückgreifen und in Er innerungsbildern alle Wcscnszüge und die verschiedensten clas sspyienUcsie ttaurpflogemlaet Lmtretrurul SugerullslkkL ->»>»» ««x» »GM.
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