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87. Jahrgang. MISS. Bezug«-Gebühr vtirniILHi!. sl>r Dre»> »en dei iLglich zwei. >na»gcr Zuttaaun><»n Sonn- und Ploniaaen nur einnial» 2,Ü0 M, durch au»wür>in«Äom. mislionirc bi» 8M M. Bei einmaliger Zu stellung durch dt« Polt llM <ohneB«Itellgkldj. >u»Iand: Oester- retchUlngarn ä,4L Kr-, Schweiz b-«L Art»-, Ilaiien 7,l7 Lire. - Nachdruck nur mtt d»>Ulich»r vurNan- «naab« <„Dre»dner Nachr-">zuii>ist«--Un. »eriangie Manuikripie werd- nichtaulbewahrt. 2elcgramn:-Adresse: Nachrichten TreSden. Fernsprecher: II » 2VSL « 3001. Sonnabend, 7. Juni 1V1S. Druck und Verlag von Liepsch Lc Reichardt in Dresden. Qöcks Wiiscli'uffsi' Ltrasss 16 l^Qk-SSÜan SlsitiAul KstislsII. Anzeigen-rartf. Annahme von Anklln- dtaungen dt» »ach»! .1 Uhr, Sonntag» nur Marienstrahe Sg oon N di» >/-> Uhr- Die »lnipaitige Zeile <etwa 5i Silben» A» P,die Iweilpallige Zeile auf Derileite 70 Pf., die zweilpaii- Retlamezeile l iai M, Familien- Nachrichten au» Dre». den die ein>palt- Zeile 2!> PI- - In Nun, mern »ach Tonn und Feiertagen eihShior Tarif. — AuawSrtige btuftrLge nur gegen Aora>l»bezahlung 2cde»Beiegbialllt»Ps- Hauptgeschästsstelle: Maricnstraße :t8 I«. lkkkVM zirflei» »eioll P l-iosti »ticleen, »topfen, nalien biauptniockoeiagn! g»g»e»ueea »tl»e S»»t«m« «sliuilt Mimrcliliiiiilil»'»! vor- unä rückvarts. :: /ttsnenstrssse 14. m e-tgoaee- W«ed»t»tt. Verniekvln, Verxvlävn, Vvesilltern, V«rme88mxvn, Verkupfern ete. »Iler HIvtaIlM^vn8lLn6v vnss^nsk- Vsi-mckslunss-Hnslall OHO ^alkskislstasse l^t-. 1—3. s^rnsprsclisr dir. 7359. ertrgo <-Losov. Mutmaßliche Witterung: Wolkig. Teurvcraturrück- gang, zeitweise Niedcrschlqg- DaS Deutsche M u s t k s e st aus Stnlaß des Kaiscr- jub : läums findet in Berlin vom 2 l. b i s 2 !t. Juni stau Die bundesstaatlichen Regierungen planen eine gcmeinsonic Bekämpfung der Z i g e u n e r p l a g c. Die Gehcimaktcn über die r c i ch s l ä n d i s ch c n „Aus nahmegesetze" sind von einem Unterste amten im Ministerium abgcschrieben und dem „Matin" übergeben wurden. Die B u d g c 1 k o m m i s s i o » des Reichstages lehnte eine stärkere Heranziehung der I u n st- «esellen und der vvm Militärdienst befreiten Personen zum Wehrüeitrag ab. Der preußische Landtag wird diesmal nicht durch den Kaiser, sondern durch den Ministerpräsidenten eröffnet werden. Die Stadt Berlin hat im Monat April beim Ver kauf russischen Fleisches 40 000 Mk. zugesetzt. Die ungarische Kabinettskris i o wird voraus sichtlich durch die Bildung eines U e b c r g a n g s m i n i- fteriu ms unter dem Honncdministcr General Hazai ge löst werde». In Frankreich haben in den Städten, wo cs za meuterischen Kundgebungen gekommen mar, die Kriegsgerichte mit der Aburteilung der Schuldigen be gonnen. Handclskreise K o n st a :: t i n o p e l s erwägen den Plan, Konstantinopel zu einem Freihafen zu machen. In Borisal jIndieni wurden 44 Personen wegen Hochverrats und Aufruhrs verhaftet. Koloniale Wunsche und Schwierig keiten. Die Breslauer Tagung der Deutschen Ävlonialgcscll- schast hat durch die Rede des ehemaligen Staatssekretärs v. Linöcquist eine besondere Färbung erhalten. Herr v. Lindequist behandelte in seinen Ausführungen haupt sächlich die AnsiedlungSfragc in unseren afrikanische» Kolonien und nahm die Gelegenheit wahr, verschiedene falsche Urteile über seine eigene Tätigkeit als Gouverneur von Deutsch-Ostafrika zu korrigieren. GS ist unter den Teilnehmern der Breslauer Versammlung viel beachtet worden, wie Herr v. Lindequist zwischen seiner eigenen Kolonialpvlitik und derjenigen der Negierung einen Gegensatz bildete und verschiedene Maßnahmen abfällig be urteilte: cs seien namentlich die kolonialen Siedlungen, für die die Reichsregierung ein zu geringes Interesse be kunde. Der ehemalige Staatssekretär hatte die Genug tuung. daß sich die Kvlonialgescllschaft seinem Standpunkte in allen Punkten anschloß und in einer Resolution das Reichskolonialamt ersuchte, die Ansiedlungen in keiner Weise zu crschwc,r c n sondern planmäßig mit den Mitteln des Reiches zu fördern. Diese Entschließung der Deutschen Kolonialgescllichast, also einer Körperschaft, die in keiner Weise ein Interesse daran hat, einen Gegensatz zwischen sich und der Regierung zu bilden, ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Sic gibt zu erkennen, daß in unseren Kolonien und für unsere Kolonien im Mutterlande Kreise tätig sind, die nicht in dem Maße das Interesse für unsere Schutzgebiete bekun den. das man von ihnen erwarten sollte und mußte. Denn gerade die B c s i e d l u n g s f r a g e in den Kolonien ist ein Gebiet, das mit aller Energie beackert werden muß. Es war ja gelegentlich der Erwerbungen der überseeischen Gebiete gerade von hoher Regiernngsscitc immer wieder daraus hingewiesen worden, daß Deutschland Kolonien haben m üssc, um den llebcrfluß der Bevölkerung des Mutterlandes zu erhalten und ihm Arbeit und Lohn in anderen Lcndesteilen zuzuweisen. Gerade dieser Gesichts punkt wurde seinerzeit als Existenzfrage für das deutsche Bolk hingcstcllt. Den Bemühungen der Regierung und einiger weniger Kolonialsrcunde gelang eü allmählich, das Interesse für unsere Ucberseegcbtete zu wecken, und als Pioniere des Deutschtums, der Kultur urrü Religion wur den die gefeiert, die hinauogingen nach Deutsch-Südwcst- und Deutsch-Ostafrika und den anderen Kolonien und die Besiedlung des Landes in die Hand nahmvt. Die Erfolge, die von drüben gemeldet wurden, aber auch die Schwierig keiten, mit denen mancher wackere deutsche Mann z» kämpfen hatte, fanden mehr und mehr Verständnis, be geisterten die deutsche Ausdauer und Fähigkeit, und mancher, der hier nicht sortkommcn konnte und in die Ge fahr geriet, ein unnützes Glied der menschlichen Gesellschaft zu werden, wurde drüben, aus sich selbst gestellt, ein Mann, der Deutschland Ehre machte. Und wie ist eS heute? Man sollte meinen, die Ent wicklung wäre in demselben Maße vor sich gegangen, und noch immer würden die Auswanderer nach den deutschen Schutzgebieten als Männer betrachtet, aus die Deutschland stolz sein kann. DaS Bolk wohl, aber manche leitende Kreise sind anscheinend anderer Meinung. Wie märe es sonst möglich, daß Herr n. Lindequist, der noch vor gar nicht allzu langer Zeit den Posten alS Kolonialstaatssekrctär be kleidete und jedenfalls auss beste informiert sein wird, die Tagung der Deutschen Kolonial--Gesellschaft benutzen muß, um „unsere braven Pioniere da draußen", wie er sagte, von dem Verdacht zu reinigen, als schrien sic immer nur nach Geld vom Muttcrlande. „Wir wissen leider, daß cs oft heißt: man solle die deutschen Proletarier, die nur Hurra und nach Geld schreien, besser daheim lasten. Ich gehe nicht darauf ein. welche Verachtung in solcher Redensart liegt!" So Herx v. Lindequist, der sich zum Ver teidiger der Ehre der „Offiziere, Beamten, Kausleutc »nd Missionare" machte, die hinausgcgangcn sind, um dem deutschen Namen Ehre zu machen. Auch Herr von Lindequist war cS. der die bedeutsame, tief bedauerliche Tat sache fcslstellte. daß mir in der Besicdlungöfragc in unseren Kolonien bereits ins Hintertreffen geraten sind, daß der früher breit fließende Strom der Auswanderer jetzt ein kleines Rinnsal geworden ist, trotzdem wir immer noch mit 24- bis 23 000 Auswanderern zu rechnen haben. Von anderer Seite werden eben erst wieder genaue Zahlen ge meldet. die die Ausführungen Lindcquists nicht nur be stätigen. sondern sogar Übertressen. Die weiße Bevölkerung Dcutsch-Südwestasrikas betrug am 4. Januar 14 830 Köpfe. Die Zunahme betrug im vergangenen Jahre 14! Tic Zahl der Farmzugänge betrug 1912 wenig mehr als ein Drittel gegenüber 1010. Man ist geneigt, nach den Ursachen solch auffälligen Rückganges zu forschen. Herr v. Lindequist und mit ihm die Kolonialgesellschasi glauben die Ursache zu finden in einem dem amtlichen LituntionSbcricht des Gouverneurs Tr. Schnee angchänglen Berichte des preußischen Landwirt- schaftsminislcriiims. in dem darauf hingewiesen wird, daß die deutsche Ostmark unter A r b c i t e r m a n g c l leide und daß deshalb die weitere Abwanderung deutscher Bauern nach den Kolonien nicht angebracht erscheine. Ter Wider spruch, der hierin liegt, braucht nicht erst besonders betont zu werden. Von gleich großer Bedeutung ist die Tatsache, daß Kleinsiedlungen in Ostafrika inhibiert werden, weil die Regierung auf ein Vermögen von 30 000 Mark bei den Bcsicdlcrn drängt. Unsere Kolvnialpolitiker, die die Verhältnisse aus eigener Anschauung kennen, sind der Meinung, daß sich unter diesen Umständen nur Leute finden werden, die große Komplexe kaufen und den Klcin- siedlcrn das Land später zu teueren Preisen verkaufen. Herr v. Lindequist stellte fest, daß die Kleinsiedlungen trotz des geringen Entgegenkommens der Regierung einen guten Fortgang nehmen, was man im Interesse unserer Kolonien nur begrüßen kann. Ein ostafrikanischer An- siedler, Tr. Förster, hat kürzlich zur Besiedlung Teutfch- OstafrikaS einen Aufsatz veröffentlicht, in dem er der An sicht Ausdruck gibt, daß Gouverneur Tr. Schnee und Staatssekretär Tr. Solf der Besiedlung in Dcutsch- Ostafrika keine Hindernisse in den Weg legen würden. Wie enorm groß aber die Schwierigkeiten find, die dem An- siedlungskomitee in unseren Kolonien bereitet werden, zeigt allein die Tatsache, daß dieses Komitee seine Tätigkeit so lange cinstcllcn wollte, bis die Widerstände überwunden sind. Angesichts solcher Vorgänge ist das ziemlich deutliche Ersuchen der Kvlonialgcsellschr.ft an das Reichskolonialamt wohl zu verstehen, und cs ist im Interesse unserer Kolo nien nur zu wünschen, daß diese ernste und nicht zu über gehende Stimme auch gehört wird. ES ist auch anzunehmcn, daß die Reichsregierung sich diesen Erwägungen nicht verschließen wird, weil andern falls ihre Äolonialpolittk im Lause der Zeit auf dem toten Punkt ankommen würde. Sic hat neuerdings der Bahn frage bereits so großes Interesse bewiesen und hat erst vor wenigen Wochen durch die Errichtung einer füdwest- afrikantfchen Lanüwtrtschaftsbank die Notwendigkeit der Kreditbeschaffung für die Farmcrschast zu erkennen gegeben. All diese Ausgaben für unsere Kolonien haben jedoch nur Wert, wenn in der Vesiedlungssrage ein großzügigerer Geist herrscht, wenn in der so brennenden Frage des Ar beit e r m a n g e l s eine durchgreifende Entscheidung ge troffen wird Tr. Schnee ist hierbei der Ansicht, daß der Ansiedler selbst, ohne die Hilfe der Farbigen, das Land nicht bebauen könne. Auch bezüglich der Wassere r s ch l i c ß ung in den Kolonien muß den Ansiedlern größeres Ent gegenkommen gezeigt werden. Der Landesrat von Deutsch Südwestasrika hat erst kürzlich nach dieser Richtung leb hafte Klagen über inangelndes Interesse des Neichs- kolonialamtcs geäußert. Unsere deutschen Ansiedler sind bisher vom Mntterlande nicht allzusehr verwöhnt worden. Im Interesse unserer Kolonien und deren Zukunft wird es notwendig sein, daß die Wünsche, die von drüben ge äußert werden, an zuständiger Stelle mehr Beachtung als bisher finden. Vom Balkan. Von unterrichteter Pariser Seite wird versichert, daß Minister Pichon beruhigende Erklärungen über den Stand der B a l k a n u n st i m m i g k e i t e n abgcbcn werde. In Sofia. Belgrad, Athen und Eetinjc sehe mau die Notwendigkeit ein, einen bewaffneten Konflikt zu ver meiden, weil nur durch solidarisches Vorgehen in der für alle Staaten so bedeutsamen Frage der Kriegsentschädigung ein Erfolg möglich wäre. Nur unter der Voraussetzung jener Solidarität wäre Frankreich gewillt, ein Arrange. ment zu begünstigen, durch das die von den vier Staaten zu übernehmenden materiellen Laßen eine wesentliche Er leichterung erfahren können. Ter Dreibund und der Dreiverband stimmen darin überein, wie man in Paris versichert, daß Sonderabmachungen der Pforte mit diesen: oder jenem Ballanstaate keine Aussicht auf Verwirklichung haben. Pichon hosft, daß die schon ziemlich weit gediehenen Pläne für den Vau der mazedonischen und thra- zischen Eisenbahn die Zustimmung der Pariser Finanzkonferenz finden werden. Ein «ompromißvorschlag zur Insel-Frage. Nach einer Mitteilung aus Pfvrtekreisen ist eine Spezialmission damit beauftragt worden, die Frage eines besonderen Statuts für die Aegäischen Inseln zu prüfen. Die Hauptpunkte dieses Statuts sollen folgende sein: Tic Einkünfte aus Zollen und Stenern verbleiben ungekürzt den Inseln für eigene Verwaltung. Es werden keine Ab gaben an die Türkei geleistet. Tie Verwaltung, ins besondere aber die Gendarmerie, erhält europäische Refor matoren, die Untertanen kleinerer an asiatischen Fragen desinteressierter Staaten sein müssen. Vor allem werden aber alle Inselbewohner von sämtlichen militärischen Lastei: und Pflichten befreit. Sie brauchen also weder Heeres dienste zu leisten, noch militärische Stenern zu zahlen. Eventuell würde man auch dazu übergehen, den Insel bewohnern die Option betreffs der Oberhoheit zu ge währen. Ter Status ist vorzugsweise für die dem asia tischen Feßlandc benachbarten Inseln geplant. Für jede weiter entfernt liegende Insel, deren Verlust keine Ge fährdung der Sicherheit der asiatischen Türkei bedeutet, glaubt man keine besonderen Maßregeln treffen zu müssen, da ihre Abtretung an Griechenland kaum zu vermeiden sein wird. Die neuesten Meldungen lauten: Ernste Auffassung der Lage in Athen. Wien. lPriv.-Tel.s Tic „Südslaw. Korr." meldet aus A then : Die Lage aus dem Balkan findet hier nach wie vor eine sehr ernste Beurteilung. Tie Zeitung „PatriS" weist darauf hin, daß Bulgarien seinen Trnppc tr äufln ar sch fieberhaft fvrtsctzc Es müsse den Eindruck erwecken, als ob man in Sofia nur Zeit gewinnen möchte, um während der Unterhandlungen die Rüstungen voll enden zu können. Auch die übrigen Blätter zweifeln daran, daß die Krise in: friedlichen Sinne gelöst werde. Tic in, Auslande verbreitete Darstellung, daß Griechen land ein internationales Schiedsgericht an genommen habe, wird hier entschieden bestritten mit dem Hinznsngcn, über Saloniki sei keine weitere Entscheidung mehr notwendig. Tie griechische Armee habe ihre Stimme für den Besitz der Stadt abgegeben, und da mit sei die Entscheidung gefallen. » Konstantinopel als Freihafen? Konstantinopel. «Meldung des Wiener K. K. Äorr.- Bureaus.» Hiesige H a n ö c l s k r c j s c erwäge» den Plan. K o n st a n t i n o p e l zu einem Freihafen zu machen. Die Ergebnisse der zur Klärung dieser Frage vorgcnvm- mcnen Studien werden der Regierung binnen kurzem unterbreitet werden.