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7«. Hahrgang. 83 AdenS-Msgade Donnerstag. 18. Februar 1928 Gegründet ISS« DmhI«»IchrtN: »achrtchta» Vr»l»»a. 8«nIpr»ch»r»Samm»In»mm«! S» S^I «ur für Nachlgrlpräch»: 20 Oll Bezugs-Gebühr WLLLL«2? """ >ü Pf»»,!,. EchrifUeitun, mü LaupI,»IchSftsft«v»: «art»»I«n>h» SS »2. Druck u. Verlag von vleplch L, rt«Ich«cdl in Dresden. PoMcheik-Aanlv 10SS Dreste». Nachdnikk nur mi> deutlicher Quellenangabe „Dresdner Nachr."> zulilMg. Unverlangi» Schrillftiich» werden »ich! auldewahrl. Japan gegen Vermehrung der Ratsfitze. Briand setzt sich bei der Unterredung mit Hoesch für Polens Ratssitz ein. Der amerikanischeMergarbeikerslreik nach fast sechsmonatttcher Dauer beigelegk. - Einstellung -es Verfahrens gegen Paul Oskar Köcker. Eine japanische Note an -ie Dölkerbun-s- Mächle. London. 18. Febr. Fapan l»at in einer Note den Mächten mitgcteilt, daß es unter keinen Umstände« der Vergrößerung des Völkerbundsrates durch weitere ständige Sitze zuftimmen könne. Brian- fehl sich für Polens Aalssih ein. ID u r ch A u n k 1 p r u ch.l Paris. 18. Febr. ..Matin" glaubt über die gestrige Unterredung zwischen Botschafter v. Hoesch und Briand Mit teilen zu können: ll Briand habe erklärt, daß die Aufnahme Polens in den Völkerbund anf dem Fuße der Gle chbercchtignng mit den Großmächten nötig erscheine für die gute und loyale Ausführung der Abkommen von Locarno. Polen sei durch seine politische und geographische Lage direkt au den großen europäischen fragen interessier«. Auch Amerika müßte im Bvlkcrbunte ständig vertrete» sei«. Brasilien scheine scst entschlossen, einen ständigen Sitz zu fordern. Spaniens gleicher Anspruch habe einmütige Zu stimmung gesunde«, Diese MttttzKMlssrtz hatten uicht den Charakter einer diplo matischen Steluuguahme. Sie sind im Lause eine«' sehr freundschastltche» Meinungsaustausches erfolgt, wie er seit einiger Zeit über alle Frage», dis zwischen der französischen und der denCchen Reaiernng schweben, ltattfindet. Bon französischer Seite wirb folgende amtliche Mitteilung aiisgegeben: Herr v. Hoesch gab in seiner Unterredung mit Briand eine ausführliche Begründung des deutschen Standpunktes in der geplanten Zusammensetzung des Bvlkerbundsrates und wies besonders auf die Befürchlnngen der ReichSrcgierung hin. Ein deutscher Schritt in dieser An gelegenheit 'wurde bet sämtlichen alliierte» Mächten unter nommen. — Aus frauzösischer Seite ist man der Ansicht, daß allein der Bölkerbundsrat in der Frage der Verteilung seiner Litze zuständig ist und die Rcichsrcgtcrnng daher am besten lun würde, sich direkt an den Bölkcrbnndsrat zu wenden. (TU.) Einige Blätter berichten weiter, der deutsche Botschafter sei gestern abend zur Berichterstattung nach Berlin gereist. Rot- schafter v. Hoesch hat zwar gestern abend, um eine längst ge- plante Privatreise auözusohrcn, einige Tage Paris verlassen. Diese fuhrt aber nicht nach Berlin. Die Schweiz un- Sowjelruhlan-. Bern, 17. Febr. Im Nationalvat fand heute eine Debatte über die Beziehungen'der Schweiz zu Rußland statt. Bei der Verhandlung von zwei Interpellationen erklärte Buudes- rat Motta, er habe im politischen Departement das Ziel ver- fvlgt, eine Annäherung an Rußland unter Wahrung der nationalen Würde zu versuchen. Die Vermittlung Frankreichs sei loyal durchgesührt worden. Das Verhält nis zwischen der Schweiz uikd Rußland gleiche einer akuten Krankheit, die der Bundesrat zu heilen bereit sei. Der Stand punkt der Schweiz zur Frage des Ausdrucks des Bedauerns und einer Unterstützung an die Tochter Woromskis sei bekannt. Die letzten französischen Dcrmsttlungsvorschläge vom 9. d. M. sei bereit, unter gewissen Bedingungen die Zuziehungen wieder aufzunchmen. !W. L. B.) Chamberloin Uber die Besprechungen in Rapall». London, l7. Febr. Im Unterhaus«: erwiderte Chamber- loin aus die Frage, ob bei seinen Besprechungen mit Musso lini Angelegenheiten, die die britischen Verpflichtun gen im nahen Orient betreffen, erörtert worden seien, er glaube nicht, daß cs im össenilichcn Interesse liege, eine Erklärung über Fragen zu verlangen, die in den informellen Besprechungen in Rapallo erörtert wurde». Er wolle aber zur Beruhigung des Fragestellers sagen, daß weder von der einen, noch von der andcrc« Seite neue Verpflichtungen ein- gcgangen oder angeregt wurde«. s?j (W. T V.i seien von Rußland zurückgcwicsen worden. Der Bondeorat Reinhold über sein Steuersenkungs-Programm. Sleuersenkung zur Behebung -er tvirischaftlichen Notlage. IDurch Funkspruch.) Lor- Grey gegen Vermehrung -er Aalssihe. »Durch Funklpruch.» Loudou. 18. Febr. „Times" veröffentlicht ein Schreiben ^ d',x 'Regierung gestellt werden. Lord Grens. ül dem dieser zur Frage der Erweiteruna des - . VölkerbnnbSrates Stellung nimmt. Der Anspruch Deutsch lands ans eine« ständiaen Ratssitz kommt ibm als (Großmacht zu. Darans ergebe sich aber nicht die Notwendigkeit, die Zahl der Ratssitze darüber hinaus zu erweitern, vor allem, da dies die Aktionsfähigkeit lähmen könne. Deutschland könne erwarten, daß es in einen Bölkerbundsrat eintritt. dessen Zusammcukctznua derjenigen zurzeit der Vcrbandlnuqeu von Locarno entspricht. Lord Greu billigt die Haltung allgemeinen Wohlwollens Pole« gegenüber, doch befürchtet er. daß durch eine Ver wirklichung des polnischen Anspruches auf einen ständigen Ratssitz das alte Systcw der Mächtegruppierungen, das mit dem Dreibund begann, seinen Weg auch in den Völlezbund finden werde. Das Werk von Locarno könnte aus dicke Weise zunichte gemacht werde«, und ebenso auch die Zukunft des Völkerbundes in Fraqe gestellt werden. Der diplomatische Berichterstatter der .LV c st m i n st c r Gazette" hosst. daß die energische Stcllnnanahmc der öffentlichen Meinung in England einen Einfluß ans Briand austtbcn werde, der entschlossen zu sein scheint. Pole» zu unterstützen. Polen solle eine günstiger« Gelcaenhcit »ür keinen Antrag abwarten. IW. T. B.) Derfchiebung! Wie man Völkerbnndskrisen .löst". London, 18. Febr. der diplomatische Korrespondent des „Daily Telegraph" erwartet das Zustandekommen einer Ver einbarung zwischen den Hanptbctciligtcn. wonach die Er örterung der RatSkandidatur Polens, Spaniens und Bra siliens bis zur ordentlichen Völlerbundsversaminlniig im Sep tember verschoben werden soll. Er fügt hinzu, das, die hartnäckigen Gerüchte über eine bevorstehende Beilegung der Völkerbnndskrise durch einen „merkwürdigen Zufall" mit einem Gerücht zitsammrnfielcn. wonach die vorbereitende Ab rüstungskonferenz nvnmehr nicht vor der Scptcmbcroersamm- Inna ftattsinden würde. Man sage sogar, baß sic «nter Um ständen ohne Datnm vertagt werden würde. <T.U.) Die japanische FiollenriMung Parts, 17. Febr. Nach einer Meldung der Agenlnr Fndo- Paeific aus Tokio wurde im Finanzausschuß des Parlaments auf die dringende Anfrage der Opposition bekanntgegeben, baß das Schiffsbau Programm für den Ersatz ainfter Dienst gestellter Schiffe im Jahre 1N27 die Herstellung von vier Kreuzern drei Kanonenbooten, zwanzig Zerstörern, fünf 11-vooten und fünf Tankschiffen vorsteht. Die Kosten belaufen sich «:P ÜR Millionen Ae«. (W. T. ».» Berit», 18. Febrpar. Fm Ha u S h a I t a nS s ch u ß er- llllkvte Retchsstnausmiuifter Dr. Meiuhold, daß di« Regierung sich zu einer Steuerverminderung entschlossen habe, nicht etwa weit eine besonders günstige Ftnanzlage vorhanden sei, son dern weil die Negierung überzeugt ist. daß Deutschland Wirt schaftlich so in Not ist, daß in das Programm der RcichSregie- rung auch Steuersenkungen achören. Durch Steuersenkungen allein kan« jedoch die Rot nicht behoben werden. Außer mit de» Steuererleichterungen hat sich das Kabinett noch eingehend mit den Fragen beschäftigt, die cs möglich machen werden, die Wirtschaft wieder a n z u k u r b e l n. Schon in de« nächsten Tage» wird die Frage zum Abschluß komme«, der Roichsbahngefellschast eine gewisse Summe zur Verfügung zu stelle», damit die Reichsbahn dringend not wendige Fnvestitione» vornehmen kann. Es sei ein unmög licher Znftand. daß Tausende von deutschen Arbeitern unbeschäf tigt sind, während die Eisenbahn außerordentliche Ncnanschas- snngeu nötig hat und diese nur ans Gründen der Finanzierung scheitern. Die Regier««« »uß sich mit dem Reichstag zu einer: Rotaemcinschaft zusammeuschlicße«. um die Krisis zu über winden. Der Ertrag der Steuern wird vermutlich über die Schätzungen btnausgehen. ES ist aber dabei zu bedenken, daß durch die Unterstütz««» der Erwerdslolcn. die IN dis SN Millionen Mark im Monat beträgt, große Anforderungen Wir werben noch den Nachtragsctat vorlcgen müsse», der insbesondere -ie An forderung enthält für das Jnvestitionsptogramm der Reichs bahn. D»e Regierung denkt «icht daran, de» Bctriebsmittcl- sonds. der «nbcdinat nötia ist. zu verausgaben. aber er ist nicht der einzige Bestand der ReichSkasie. weil immer die nicht verausgabten Summen aus früheren Fahren noch zur Ver fügung stehen b,w. die Summen der kleinen Bcsierungs. scheine, die erst Ende 1927 und 1928 fällig werden, auch die Summe von 150 Millionen, die zur einmaligen Ablösung der kleinen Kriegsanleihebesitzer bestimmt ist. Der Minderertraa aus den für 1926 vorgeschlagene» Steuersenkungen hgbc ich aus etwa 566 Millionen geschätzt, wobei die io- genannte LuruSsteuer eingerechnet ist. da die Senkung der Umsatzsteuer im Fahre 1926 sich nu/ für elf Monate ans- wtrkt. Dt« Verschiebung der Einkommensteuer und die Senkung -er Vermögenssteuer ist ohne etatsmäßige Deckung, da im Etat für die Vermögenssteuer bereits eluc entsprechend geringere Summe eingesetzt war. Etatmäßig soll die Mindereinnahme in folgender Weise gedeckt werden. Herangezoacn werben der Münzgcwinn von 1926 mit 133 Millionen, 47 Millionen Weniger-Ansgaben und Mehr-Einnahmen im Etat der Rcichsschulb, 17:1 Millivnen aus verfügbaren Kasscnbcständen unter Mitveiwendmig des cventl. Ucbcrschusscs von 1925. der Rest von 197 Millionen aus Anleihen. 127 Millionen des Extraordinariums und 76 Mil lionen der K-Schatzschcin«. Das würbe dann in einem Nach- iragsctat dem Reichstag vorgefchlagen werden. Ehe wir »ns zu den Steuersenkungen entschlossen, haben wir auch eine genane Ucbersicht über das Etatjahr 1927 anf« gestellt. Ltzcnn wir die N m sa tz st e u c r nicht - wie cs unser Wunsch war — auf 9,5 Prozent, sondern auf 6,6 Prozent senk ten, so ivar die Rücksicht auf 1927 maßgebend, weil in diesem Fahre sonst der Ein»ahmcanSfall von 125 Millionen nicht zu decke» gewesen wäre. Die Deckung dieser für 1 927 notwendigen Summe ist so gedacht: Für 1926 sind etatisiert 4877 Millionen durch Stenern und Zölle, für 1927 nur 4724 Millionen, weil wir den Ausfall an lUnfahstcucru in Rechnung stellen müssen. Da gegen haben mir die Einnahmen erhöbt aus der Einkommen- und Körperschaftsfteuer um 860 Millionen, aus der Ver mögenssteuer NM 50 Millionen. 4926 erbringt an Steuern das freie Einkommen nur 900 Millionen. Diese im Verhältnis zu dem Ertrage von 1200 Milltonen ans -cm Steuerabzug vom Lohn an sich geringe Summe erklärt sich aus dem Dan tederliegen der Wirtschaft. Eine Erholung der Wirtschaft wirb hier bet gletchblelbenden Tarifen zu höherem Ertrage führen. Auch die Kapitalertrag«. st euer beginnt allmählich stärker zu fließen. Alle übrigen Steuern, die finanziell ins Gewicht fallen, sind vorsichtshalber nur mit kleinen Beträgen eingesetzt, wie 1926. Von den 4724 Millionen aus Steuern und Zöllen müsse» den Länder« und Gemeinden 2421 Millionen überwiese« wer de«. 84 Millionen mehr »IS 1928. Die Zölle und Verbrauchs steuer« werde« sich erhöhen aus -er Biersteuer, deren Er höhung erst am 1. April in Kraft tritt und deren Etträge erst nach einer gewissen Zeit eingchen. De» Ertrag ans dem Branntweinmonopol haben wir mit 28 Millionen höher ein gesetzt. Insgesamt rechnen wir mit einem Ertrag von 260 Millionen auö dem Branntweinmonopol. Die Zölle sollen eine« Mehrertrag von 129 Millionen gegen 1926 bringen. Wie weit diese Berechnung gerade für die Zölle zutrcfsen wird, hängt natürlich ab von der Entwick lung und den kommenden Handelsverträgen. Iw Monat Januar haben die Zölle etwa» über 70 Millionen cingebracht Die V er w altungseinnah men haben wir für 1927 von 185 aus 238 Millionen gesteigert. Die Vorzugsaktien der Eisenbahn bekommen mir im grundsätzlichen voll verzinst. Das macht 18 Millionen mehr. Von der Post erwarten wir statt 20 Millionen im Fähre 1927 50 Millionen, ein Ertrag, der im Verhältnis -n dem in der Post investierten Kapital noch gering ist. Das ergibt insgesamt au Ausgabe« des orbentlichen Etats 4998 Millionen, denen 4828 Millionen gcgen- ttberstchcn. so daß sich ein Defizit von 179 Millionen ergibt. Zu seiner Deckung stehen zunächst all« die Erspar nisse zur Verfügung, die wir am Etai von 1927 vornehmen wollen. Außerdem stehen zur Verfügung der Münzgewinn von 1927, Die Ersparnisse für 1927 werden etngeschätzt aus etwa 59 Millionen. Dazu kommen noch 145 Millionen aus den Ausgaben -es außerordentlichen Etats, die tn Zukunft wieder durch Anleihen zu decken sind. Bei der Etatberatung sind Zweifel daran geäußert worden, ob ein Anleihe möglich sein werbe. Das Reich denkt zunächst nicht daran, an de« An leihemarkt z« gehen, aber wenn wir au ihn appelliere» wollen, so glauben die Banksachverständige». insbesondere der Herr Reichsbaukpräsident Dr. Schacht, daß ein solcher Versuch «su- destcus setzt erfolgreich sein würde. Die non Preußen aus gelegten Schatzanweisungen sind sofort fünffach überzeichnet morde», und gegenwärtig sucht man eine Menge flüssiger Geldanlagcmöglichkeiten. Selbvcrständlich sind die gesamten Reparationsleistungen für 1927 mit 975 Millionen in den ordentlichen Etat eingestellt. Wenn wir die Steuersenkungen durchführen, wirb nn.se, Etat außerordentlich angespannt sein, aber wir ordnen diese von uns nicht unterschätzten Schwierigkeiten dem großen Ziele unter, setzt zur ttebcrivindung -er Krise zu kommen. Dabei ist selbstverständlich nicht daran gedacht, daß die ReichSregtz: rung irgendwelche soziale A n s g a b c n, die erfüllt werde» müssen, drosseln will. (Unruhe nnb Znrufc links.) Hat doch die ReichSregicrmug in einer ihrer ersten Sitzungen beschlossen. >n der Kiirzarbcitcrsragc die Wünsche der RcichstagSmchrheit weitestgehend zu erfüllen und auch in der Erwerbslvicnsrage das z» tun. was -ie Notlage der Erwerbslosen erfordert owcit cs finanziell und ivirtschastlich verantwortet werden kann, aber wir dürfen das Ziel der Behebung der Krisis nicht aus den Auge» verlieren um irgendwelcher Sondcrwünsche ivillc n. Ansgabcn-Mchrbcwilligungcn dürfen nicht beschlossen wer den, ohne daß entsprechende Wege mit der Regierung zu ihrer Deckung dazu gefunden werden, und dazu gehört selbstverständ lich, daß anch weitere Wünsche aus Steuersenkung zurückgcftellt werden müssen. Von diesem Standpuntt aus sind die Steuersenkungen zu beurteilen, die ja aus der Linie liegen, dt« der jetzige Reichs kanzler als Finanzministcr schon eingehalten hat. Die Sen kung der Umsatzsteuer ist diejenige, von der wir »ns einen wirtschaftlichen Erfolg versprechen können, da sie ans der einen Seite unsere Konkurrciizsäliigkeit, auf der anderen die Konsiimfähigkeit der breiten Masse steigert. Alle anderen Senkungen würden diesem Ziele nicht dienen. Sv würde eine Senkung der Zuckersteucr eine Erleichterung der gesamten Wirtschaftslage nicht zur Folg« haben. -