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87. Jahrgang. A» 184. vejug»-«etül»r vierteljOhrl. Olr Hk«» den bet i^gltch iwel- maliger Zulragu«»<an L«m>. und !vt»nlaa«>r nur einmal» '7.50 Pl, burchaii»wttrtt,«gon>. mtlltonilr« dt» :i.5v M. Pel einmaliger Zu. IteUung durch die Post 8 M.(ohne Beste Ugelit). Au»lank: l>»ster- reich-Ungarn 5.15 »ir , Schwei, 5.65 Fr!«., Iiallen 7.11 Lire. Nachdruck nur mit deutlicher Quellen, anaabe <„Dr««dner Ndchr.-lzuISsttg.^Un< «erlangle Manuskripte peld.nichlLufbewahrl. Lelegramm-Adressc: Rachlichten Treüden. Fernsprecher: 11 » 2k»»6 » 3601. Freitag, S. Juni ISIS. Ewgvünöot 18L6 Druck und Verlag von Liepsch Lc Reichardt in Dresden. Aiireigen-rarts. Annahme von Anlü». digungen bi» nachm r> Uhr. Sonntag» nur Marienstrasje »8 von il bi» >/-> Uhr. Dm einlpaiiige Zeile <elw» 8 Silben» »0 Ps., di« zweispalltge Zeile ouf Terisciie 70 Ps.. di- zweispail. Reklame,e.l« i.su M.. Familien- Nachrichten au» Lre», den die einspalt. Zeile S» Ps. — In Rinn- mein nach Sonn- und Feiertagen erhöhter Iuris. — AuiwLrttg« Aufträge nur gegen Vorausbezahlung. Jedes iüelcgblulllSPs. HanptgcschäsiSstelle: Marieustraßc 38 iS. rur xsiüiickliclien lieseitiLUnx von ttornksut, usw. so lAtUmix. Verssnck nach ausvartu. LölllÄ. SolspotLoks, vrssüsn-^., Veorevvtor. Ls/uv^Livarll? /krasrra uoe, 20 ca>erv>Ltder, ^>«Lrr>rcr2»<7 . kV er eres I^elelitze lourisl-e n-^<smep38 k-eirencls l'sKeNctN-^.fipsr'Jle .Xile Nrei>l.>xen. 5i. L,S0, l0,-> 13,2V, 24, — , 4S, —, SS, — , 30,— unck kölic, llarantie iür gutes lledciten. er prelslle.tc die. 78 puatkrci lim! Munde jised!., l^ckolk kistei- ALtv erl'rge ^Lssev. Mutmaßliche Witterung: wechselnde Bewölkung, warm. Gewitterneigung. Die Stadtverordneten bewilligten gestern 50 000 Mark zur Ausschreibung einer .Konkurrenz iür den Neubau «ineS st a a t I i ch c n G o l e r i e g e b ä n d c s und stellten weitere 150000 Mk. zum Bau i» Slussicht. Die „N ordd. A I t g. .B l g." kündigt die Begegnung des Kaisers mit dem italienischen Kvnigspaar rn Kiel für Anfang I n l i un. Der B e s :l ct, des Deutschen Kaisers in Kopcn- Hagen wurde ans A nfang n l i verschoben. Der ist c i ch s t a g wird am M v n t a g darüber ent scheiden. ob die W c h r v v r l a g e am Dienstag beraten werden svlt. I n der B n d g c t k o m Mission dcS Reichstages wurde mitgctcilt, daß im Unterausschüsse eine Einigung nicht erzielt worden isl. Tie Deutsche K o l o n > n l g e s c l l s ch a f t sprach sich nach einem Vorträge des früheren Staatssekretärs von Lindequist für eine planmäßige Förderung der Be- siedlun gssrage aus. Hm ü st erreichischc » A b g c o r d n e t e n h a u s e stellte Minister v. Georgt fest, daß Redl Geheimnisse deS deutschen Heeres nicht verraten habe. Kaiser Franz Joseph wird zwecks Lösung der ungarischen Kabinettskrisis demnächst die Prä sidenten des Magnatenhauscs und des Abgeordnetenhauses empfangen. „Der größte Panamist Kurovar." Es ist kein Beispiel in der neuzeitlichen politisch- parlamentarischen Geschichte Europas dafür zu finden, daß ein regierender Staatsmann in ähnlich schroffer Weise durch ein gerichtliches Erkenntnis bioßgcslcllt worden wäre, wie cs jetzt in dem Prozesse des Abgeordneten Dcsy gegen den ungarischen Kabinettsches Lukacs geschehen ist. Das Vorspiel dieser onu«« oöledro liegt schon ziemlich weit zurück. Gleich im Anfänge der jetzt einjährigen Amtszeit des Ministerpräsidenten LukacS wurde gegen ihn in der Presse, in Volksversammlungen und im Parlament in der leidenschaftlichsten und rücksichtslosesten Weise von seinen Gegnern der Borcknrf geschleudert, daß er von einer Bank, die im Interesse ihrer geschäftlichen Unternehmungen endlich Stabilität in den Bndapester Regierungsverhält- nisscn herbeizusühren wünschte, vier Millionen Gelder zu Wahlzwccken empfangen habe. Herr Lukacs sollte dafür der Bank in staatlichen Verträgen Vorteile zugesichcrt und außerdem die bindende Verpflichtung übernommen haben, die Obstruktion mit allen Mitteln, nötigenfalls mit Ge walt. wie es dann ja auch tatsächlich der Fall gewesen ist, niederzuringen: außerdem wurde öffentlich behauptet, daß Herr v. Lnkac's sich persönlich in erheblicher Weise auf allerlei Umwegen, die mit der Ehre und Würde seiner Stellung unvereinbar seien, bereichert habe. Der Minister präsident ließ die Wogen dieser Anklagen nicht geduldig über seinem Haupte zusammenschlagcn, sondern suchte sich den lautesten seiner Gegner, den Mgcordncten Dein, her aus und zog ihn vor Gericht wegen eines Artikels, in dem Herr v. Lukacs als „der größte Panamist Europas" be zeichnet wurde. Es gelang dem KabincttSchef auch, in erster Instanz eine Verurteilung dnrchzusetzen, die aber in Anbetracht der kolossalen Schwere der Beleidigung un gewöhnlich milde aussiel: nur eine Geldstrafe von 400 Kronen warf der Gerichtshof gegen den Angeklagten aus. Dann kam aber der zweite Akt des Dramas, und nun mußte Herr Lukacs auSrufen: „Wie anders wirkt dies Zeichen auf mich ein!" Der oberste Gerichtshof hatte auf das Rechtsmittel des Angeklagten hin die Sache zur nochmaligen Verhandlung'zurückverwtesen, und nunmehr kamen die Richter auf Grund des im vollen Umfange zu- qelassenen Wahrheitsbeweises zu der Ueberzengnng von der Schuld des Ministerpräsidenten in solchem Maße, daß sie nicht einmal wegen des doch so überaus scharfen Aus drucks „Der grüßte Panamist Europas" eine Strafe ver hängen zu sollen glaubten, sondern den Angeklagten rundweg freiivrachen. In einem Punkte allerdings ging Herr Lukacs gcrechsertigt aus diesem Prozeß hervor, insofern als ihm im Urteil ausdrücklich bescheinigt wurde, daß sein persönlicher Ehrenschild blank geblieben fei. und daß er für sich selbst keinerlei unerlaubte Vorteile erstrebt habe. Politisch aber war Herr LnkacS in demselben Augenblicke ein toter Mann, als das Urteil verkündet wurde. Es gab danach für ihn nur »och eine Möglichkeit, den sofortigen Rücktritt vvm Schauplätze einer so kläglich verunglückten pvlitischen Tätigkeit, und diese Folgerung hat er denn auch prompt gezogen. Herr v. Lukacs ist also abgetan, und damit verschwindet in Ungarn der Staatsmann von der Bildslüche, dem jeden falls das eine Verdienst nicht abzusprechen ist, daß er es verstanden hat. in Gemeinschaft mit dem cnergievollcn Präsidenten des Abgeordnetenhauses, dem Grafen Tisza. die tobende, jede parlamentarische Arbeit lähmende Ob struktion zur Ruhe zu zwingen. Gerade durch seinen un erbittlichen Kampf gegen die Obstruktion hat der ver flossene Ministerpräsident sich die unversöhnlichsten Feinde geschaffen, angesichts deren eS kaum zu verstehen ist, daß er, der so sehr im GlaShausc saß, cS wagte, überhaupt die Hilfe des Gerichts nnzuruien und dadurch den oppositio nellen Steinhagel in verstärktem Maße gegen sich heraus- zusordern. Man kann nur annehmcn, daß Herr v. Lukacs durch das Gelingen seiner Maßnahmen gegen die Obstruk tion übermütig geworden war, das richtige Augenmaß für das Erreichbare verloren und gehofft hatte, er werde die Richter ebenso ein schüchtern können wie seine Gegner im Parlament. Diese Pechnung erwies sich aber als falsch, und Herr v. Lukacs hat von seinem unzeitigen Gange zum Gericht die fatale Errungenschaft heimgcbracht, daß er des wenig anmutigen Beinamens „der größte Panamist Euro pas" nicht mehr ledig werden wird. Was Herr v. Lukacs gefehlt hat, verträgt gewiß keine Beschönigung: derartige politische „Geschäfte" sind nun ein mal für jede gewissenhafte Auffassung und Erfüllung der staatlichen Pflichten ein Schlag ms Gesicht. Milderungs- gründe sind für den verunglückten KabinettSchef aber doch vorhanden, und zwar sind sie begründet in dem gesamten Miileu des öffentlichen Lebens in Ungarn, das mit Kor ruption von vben bis unten durchsetzt ist und bisher über haupt noch leine Regierung gezeitigt hat, die nicht mit mehr oder weniger bedenklichen Mitteln versucht hätte, sich das nötige Geld zur Beeinflussung der Wahlen zu verschaffen. Und die Parteien machen eS nicht anders. Auch sie nehmen das Geld, woher stc es bekommen können, und ärgern sich nur darüber, daß cs der jeweils regierenden Eliquc in größeren Mengen zu Gebote steht als ihnen selbst. In richtiger Würdigung dieser Verhältnisse trifft ein Wiener Blatt den Nagel aus den Kops, wenn es sarkastisch meint, für Herrn v. LukaeS wäre cS vvrtcikhastcr gewesen, den Borwurf der Korruption ebenso ruhig cinzustecken, wie eö andere ungarische Ncgicrungsmänner vor ihm getan haben; dann hätte er mit seiner wohlgcfnllten Kasse und seiner treucrgcbencn Partei noch eine ganze Weile sort- wirtschaftcn können. Das heißt in der Tat die ungarische» Zustände, wie sie nun einmal in der rauhen Wirklichkeit sind, kühl und nüchtern durch die richtige Brille betrachten. Man laste sich doch beileibe nicht durch den moralischen E n t r ü st u n g ü r u m m c l, den die ungarische Opposition jetzt in Szene setzt, zu dem Glauben ver leiten, daß alle diese Herrschaften, die über den „entlarvten Herrn v. Lukacs" scheinheilig die Augen verdrehen nnd vvn Entrüstung förmlich triefen, die politische Tugend ge wissermaßen in Erbpacht genommen hätten. Das Wort der alten Römer: „Tie Auguren lächeln, wenn sie sich be gegnen!" gilt auch für die ungarischen Staatsmänner und Politiker, die sich gegenseitig genau kennen und missen, daß keiner von ihnen sich bedenken würde, gegebenenfalls genau dasselbe zu tun, was er als Opposittvnömann als „unmoralisch" laut und lärmend bekämpft, und wogegen er alle Register der „sittlichen Empörung" zieht. An Skandalgeschichtcn und Korruptionsaffärcn ist Ungarn überreich, und gerade diese so tief eingenistctc allgemeine Fäulnis ist es, die den Ucbergang zu ruhigen und gefesteten Verhältnissen in der Negierung des Landes außcrordcnt lich erschwert. Durch die jetzige Wendung ist die politische Unsicherheit wieder besonders groß geworden, da die Oppo sition die für sic günstige Lage skrupellos auSnutzt und die gesamte nationale Arbcitspartei, die bisher Herrn von LukacS ihre Unterstützung zu seinem inncrpolitischcn Bc- ruhigungswerke geliehen hatte, von dem gerichtlichen Urteil gegen ihren Herrn und Meister als mitgctroffen darstcllt. Wenn aber die jetzt von „moralischer Entrüstung" übcrschäumcnden Gegner des Herrn Lnkacü erst miede! im Besitze der Regierungsgewalt sind nnd die volle Krippe der Staatseinkünfte einladend vor sich sehen, dann adieu nationale VersühnungSpolitik gegenüber Oesterreich, 1807er Ausgleich und besonnene Rücksicht auf das dualistische Vcr sassungspriuzip! Ter alle, kaum bezwungene wagnarijchc Radikalismus wird dann wieder seine an den Grundsesleu dcS Tvppclrciches rüttelnden Orgien feiern, und die wahren Patrioten werden mit sorgenumwölkter Stirn abermals die Frage an das Schicksal stellen müssen: „Wann wird der Retter kommen diesem Lande-" * lieber die Bemühungen des Monarchen, einen Nach folger für Herrn v. Lulaes zu finden, liegt folgende Mel dung vor: Wien. Der Kaiser wird demnächst de» Präsidenten des ungarischen Abgeordnetenhauses Grasen Tisza und den Präsidenten des ungarischen MagnatenbanseS Frei lierrn v. Ivsita empfangen, um ihre Ansichten über die Lösung der Krisis zu vernehmen. Vom Mion. Die türkischen Vorschläge i» der Friedenskonferenz Zufolge der Abivcscnheit des griechischen Vertreters in der Ausschuß-Sitzung der Friedenskonferenz hielten auch die übrigen Balkanvcrbnndeten mit der Aufstellung der Punkte zurück, die sie dem Friedcnsprolokvll anglic- dcrn wollen. Dagegen nahmen sie non den Wünschen der ottvmanischen Negierung in dieser Hinsicht Kenntnis. Die Türkei schlägt vor: t. Amnestie für alle Kriegsteilnehmer, sofortige Räumung der durch die Truppen der Verbün deten besetzten Gebiete des ottomanischcn Reiches, 3. Wie derherstellung der Post- und Tclegraphenverbindungen (der Trahtverkchr zwischen Kvnstantinopcl und Europa wird gegcnwäriia durch das deutsche Kabel über Eonstanza «ermittelt, wodurch der ottomanischcn Posiverwaltung be deutende Einnahmen verloren gelsens, 4. die während des Krieges den mohammedanischen Kirchcngütern oder from men Anstalten zugcfügtcn Schäden sollen von den Balkan- starttcn ersetzt werden, die in Zukunft keine Enteignung irgend welcher Art vornehmen dürfen, 5. in der Frage der Staatszngchörigkeit sollen die in den abgetretenen Ge bieten ansässigen Türken soweit wie möglich unter dem Einslussc der ottomanischcn Regierung bleiben. Die Zusammenkunft ber vier Ministerpräsidenten der Valkanverbündctcn findet am Dienstag in Saloniki statt. Wenn es dort zu keiner Entscheidung kommt, dann wird die Konferenz in Petersburg unter dein Vorsitz Rußlands fortgesetzt. Der französische Entwurf des albanischen Statuts. Ter französische Botschafter in London, Paul Ea m- bon, wird in der Londoner Botschastcrkonserenz ankiin- digen, daß sein Entwurf über dieSatznng für Alba - nien soweit fcrtiggcstclll ist, um in der nächsten Kon- fcrcnzsitzung disputiert zu werden. Dem Verlangen Italiens, daß der Korsu gegenüberliegende adrtatischc Küstenstrich einschließlich Goriva bei Albanien zu bleiben habe, also nicht an Griechenland fallen dürfe, will sich Frankreich anichließen und sich überdies dafür ansivrechen. daß die beiden, den Dardancllcncingnng beherrschenden Inseln Jmbrvs und Tenedos vttomanischcr Besitz bleiben muß icn. Ein Bericht des armenischen Komitees. Das in Genf von hervorragenden Männern des Bal kans zu Beginn des Balkankrieges gegründete, für das Schicksal der Armenier interessierte Komitee ..Pro Justitia", das allein in der Schweiz gegen 200 öffentliche Bersamin- lnngcn veranstaltet hatte, unterbreitet den Auswärtigen Acnttern der sechs Großmächte einen Bericht, der praktische Vorschläge zur Lösung der a r m e n i s ch e n Frage enthält, Vorschläge, die die unlängst nach London cinbcrusene internationale Konferenz vereinbart hatte, auf der deutsche, französische, englische, schweizerische und armenische Delegierte vertreten waren. Es verlautet auch, dnß von deutscher Seite hei dem Komitee Zusagen für eine diese Forderungen unterstützende Haltung eingegangcn sind. Die neuesten Meldungen lauten: > Kein serbisch-bulgarischer Zwischenfall in Istip. Sofia. Tic Agencc Bulgare erklärt, daß sich in Istip, von wo die Serben ihre Truppen zurückgezogen haben, kein Zwischenfall ereignet hat. Tie bulga rischen Truppen haben strengen Befehl, jeden Zwischenfall zu vermeiden. Trahtmeldungen vom 5. Juni. Die Budgctkomnttssion über den Wehrbeitrag. Berlin. Die B u d g e t k o in m i s s i o n des Reichs tages setzte heute die Beratung des 8 12 des Gesetzeni- wnrscs betreffend den Wehr bei trag fort. Der Para graph betrifft die Bcitragspflicht der Aktiengesell schaften und Kommandttgcicllschastcn auf Aktien. Auf eine Anregung erklärte ein Rcgiernngsvertrctcr, daß die wohltätigen Vereine im Gesetze deshalb nicht besonders erwähnt seien, weil man ihre besondere Berücksichtigung als selbstverständlich