Suche löschen...
01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 26.01.1926
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1926-01-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19260126017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1926012601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1926012601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-01
- Tag 1926-01-26
-
Monat
1926-01
-
Jahr
1926
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 26.01.1926
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Vlevslag. LS. Zonvar 1S2V »Vresdver Nachrichten* Nr. 42 Seile 5 Atliohollrete Iunenderztehuna. Sm »Praktikum" de-Berbaube- kür Äugend» Hilf«, Zlrknöftraße 8. 1.. sprach cun Dten-tag im alte« Stadt- verordnetensaal. LandhauSstraße 7. 1., Fräul. ». o. Blücher (Deubscher Frauenbund für alkoholfreie Kultur) über: «Alkoholfreie Jligei»-erztohung". Wir entnehmen ihrem Bvr- krage folgendes: Ich stelle »«nächst die Frag«: Wa»tstZwrckun»Zt«l leder Erziehung? Die Antwort dürfte ganz kur» rauten: Persönlichkeit»« uSbtldung. Die Höhenlage der geistig-sittlichen Persönlichkeit — dieser nicht hoch genug etnzuschätzenden Errungenschaft vieler Jahrtausende der Ent. vicklungStzktt der Menschen a»S ihrem Naturzustände — ist der untrüglich« Gradmesser für den kulturellen Wert de» Ein- »einen, wie für die Kulturstufe ganzer Geschlechter und Böller. Nun wissen wir, das, der in allen geistigen Getränken ent haltene Alkohol rin Gift ist. das zu allererst diesentgeu Kellen de- Gehirns angrcist und auSschaltet. die der Sitz lener wnnder- baren geistlg.seeltichen Widerstandskräfte sind, welche den Menschen am wesentlichste» vom Tier unterscheiden und ihn als Persönlichkeit stempeln: Selbstbeobachtung. Gelbstbestn» nung, Gelbstkontrolle, Selbstzucht. Max von Gruber erklärt aus dieser verhängnisvollen Mitwirkung des Giftes den vor dieser Entdeckung niemals erklärbaren Umstand, das, der schon im Altertum beobachtete Verfall ganzer Familien. Geschlechter und Völker, die, ans einer hohen Kulturstufe an-gclangt, ihrem Wohlleben mittels materieller und geschlechtlicher Ausschrei tungen zum Opfer sielen, stet» mit dem Verfall der geistig- sittlichen Persönlichkeit verbunden war. Wissen verpflichtet! Ist somit die Erklärung für die Notwendigkeit einer alkoholfreien Jugend gegeben, so must die zweite Frage lauten: Wie t st sie zu gestalten? Keinesfalls darf sie sich aus Entziehung des schädlichen GcnnstmittelS beschränken. Sie must wie jede rationelle Erziehung darans bedacht sein, Verständnis für ihre Zwecke zu wecken, must die Vernunft anregen. die Ein- ficht entwickeln, so dass ivachsen.de Erkenntnis zur Ucbcr- zcugung führt, deren Kraft dasjenige Mast von Willenskraft entfesselt, welches zur folgerichtige» T a t drängt. Diese Kennt nisse müssen dem Kind einen natürlichen und unüberwindliche» Abscheu vor Gcnustmittel» cinslösten, die nicht nur ihm selbst schaden, sonder» der Allgemeinheit verhängnisvoll werden müssen. AuS dieser Erkenntnis — dem vorgeschritteneren Unterricht Vorbehalten — must dann bei zielbewusster Erziehung in dem jungen Menschenkinde die bewusste A l k o h o l g e g n e r s ch a s t crivachscn. Deshalb entsteht die dritte Frage: Wersolldiese E r - »lehnng leisten? Sicherlich kann nur der überzeugen sund darauf kommt eö ani. der selbst ein tteberzeugter ist und seinen Zöglingen das Leben vvrlrbt, welches er ihnen als Ideal vor die Seele stellt. Der wertvollste Teil unserer Jugend ist den Weg der Selbsterzichung in dieser Richtung gegangen — weil eS ihm an Erziehern gefehlt hat. DaS ist beschämend! «Wer die Jugend lieb hat, habt den Alkohol", aber er zeige es durch die Tat — nur so kann er der Jugend wahrhaft helfen. Hieraus sprach Herr W. Grunert (2. Vorsitzender der Sächsischen Landeshauptslcllc gegen den AlkoholismuS) über: »Die Gefahren dcS Alkoholismus für die Jugend, und ihre Bekämpfung durch Schule, Haus und Jugcndvcrbiindc." Der Redner kam in seinen Darlegungen darauf zu, bast nicht nur Erziehung zur Mästigkeit, sondern planvolle, ziel klare Erziehung zur bewustten Alkvhvlfrethelt zu fordern ist. VS ist im Hanfe ailcö zu tu», was möglich ist, um dem Alkohol- wahn jedes Sich-Festsetzen bet unseren Kindern zu ver wehren. Es kvmmt nicht auf wohlgcsehte ErmahnnngSrcden, sondern aus gelegentliche Bemerkungen an. die viel tiefer greifen als der offizielle Ton. Das Ergebnis dieser zwang losen aber nnermüdlichen Bemerkungen und Hinweise, gestützt durch das Beispiel der Eltern, soll sein die Ueberzeugung des KindcS: Alkohol ist ei» gefährliches Gcnustmittel, daS zwar anfangs fröhliche, angenehme Täuschungen erregt, das aber bald Lebenskraft und Spannung herabsetzt und das vielen, vielen Tausenden die Ursache wird zu leiblichem und geistigem Untergang. ausgenommcnen hervor. — DaS nachmittags b LandhaiiSstraste prcchcn: Herr Richter lLcitcr dcS LchrlingshctmS, Annen trabe) über „Die Einrichtungen und Bestrebungen der Dres dener LchrlingShcimc" und Fräulein Studienrat Herz Jugendamt) über »Die Erzieherarbett tm Jugendamt". Die beifällig hafte Aussprache heute DtenStag, verordnetensaal, Vorträge riefen eine leb- nächste »Praktikum" findet Uhr im alten Stadt- 7, 2., statt, cS werden — Musikalische Verauftakiung siir Er«ertöl»s«. Der OefsentNche KrbeitSnackwci» Dresden und Umg. veranstaltet am Freitag 7 Uhr tn der Aula der Obcrrealschule Neustadt. Craudbaarftratze 18. einen musikalischen Abend für Crwerbslosc. Programm: Cello- und Ge- sangSvorträae iWerkc klassischer Meisters. Vortragende: Pros. Wiste, Cello: Fra» Margrit v. Döhren, (yesana: am Flltael Frl. Wiste und Frau M. Haustein. EintrtttS'artcn. nur für Ermerbssose, sind In allen Fachabtcilungcn des Lcsfcnllichcn Arbeitsnachweise» Dresden und Uina. kostenlos z» staben. —* Diebstahl. AuS einem verschlosienen Eisenbahnwagen wurden kurz vor Weihnachten eine Kiste Seife, Marke Edeltanne, und 59 Kilo gramm Tabak in Päächen gestohlen. DaS gestohlene Kut dürfte ver kauft morden sein. Sachdienliche Mitteilungen erbittet die Kriminal- Polizei. Sächsische Landwirtschaftliche Woche. s« Rahmen der Landwirtschaftlichen Noch« hielt am Montag mittag tm grasten VereinShaussaal« auch der LanDesoerein Sachsen sUr ländliche Mohlsahrls. und «etmalpsiege ein« öffentliche Hauptversammlung ab. Der Vor sitzende, AmtShauptmann Boge» von Frommannshause«, be- grüstte die zahlreich Versammelten, insonderheit die Ehren gäste: den Präsidenten der Landwtrtschastskammcr, die Ver treter der verschiedene» landwirtschaftlichen Verbände, beS LandeSvereins Sächsischer Hctmatschutz, der Fichte-Gesellschaft usw., und wie» auf dt« Bestrebungen des LandeövereinS sür ländliche WvhlfahrtS- und Heimatpflege hin, die auch tn der jetzigen wirtschaftlich schweren Zeit, ja in dieser erst recht in Taten umzusetzen, dringend notivewdtg sei. Den Tätigkeit», und Kasseuberichi über daS vergangene Jahr, der viel Erfreu liche- vermelden konnte, erstattete die Geschäftsführerin Fräu- let« «. Seydkist. Im Mittelpunkte der Verhandlungen stand ein Vortrag von Hofrat Pros. O. Leyssert über: „Schaffendes Volk, fröhliches Volk". Da der Vortrag in ähnlicher Form schon früher gehalten und besprochen worden ist, genügt es. kurz zu rekapitulieren, dast der Vortragende sich die Film- kunst zunutze gemacht hatte, um tn möglichster Anschaulichkeit seine Zuhörer über heimische Volkstrachten, über die Aus übung sächsischer, besonders ländlicher Handwerks- und Hand- serttgkettSI'chnikcn und vor allem Uber die Ausgestaltung ländlicher Feste zu belehre». Der unverwüstliche Humor Hos- rat Seyfferts sorgte auch diesmal dafür, bast die Lehre »ur Lust wurde. Aber auch an fruchtbare» Anregungen, nament lich für die schlichte und harmlose Gestaltung von ländlichen Festen, Tänze» und Belustigungen fehlte es nicht. Zur musi kalischen Untermalung der Filmbilder hatte Prof. Senfsert seine ländliche „HauSkapclle", bestehend aus einem Geiger und einem Harmontkaspiclcr, mitgebracht, die tn ihrer bäuer lichen Tracht und mit Ihren vvlköiimlichcn Weisen sich dem Grundgedanken „Schassendes Volk, fröhliches Volk" stim mungsvoll elnordnete. Landesverband Sächsischer ÄerdbuchgeseNschasien. Am Montagiiachmittaa hielt UntversitätSprofessor Dr. Golf, Leipzig, für die Mitglieder der sächsischen Hcrdbuch- gesellschasten, denen sich auch sämtliche a» der Landwirtschaft lichen Woche teilnehmenden Rinderzüchter, Weide-Inter essenten und MilchsontroUveretnsmitglieder angcschiossen hatten, einen Bortrag über Züchtung und Fütterung auf Leistung beim Rinde. Seit Jahrzehnten ist in Sachsen planmästig tterzüchterikch gearbeitet worden. Ueberall tn Mitteldeutschland hat man bodenständige Zuchten entstehen sehen. Es sollte tm Interesse einer geordneten Zuchtwirtschast heute keinen Landwirt mehr geben, der nicht einer Herdbuchgesellichast angchört. Es gab am l. Dezember 1924 17,3 Millionen Rinder, davon in Sachsen 75 099. In letzter Zeit hat bei uns eine Umsteliuna insofern staltgesunde», Last eine Verringerung dcS Jungviehs zngnnsten des Milchviehes cingetreten ist. Es gilt heute, die Nindvich- »nd Milcherzeugung wieder rentabel zu machen und der Neber- schivcmmung Deutschlands mit ausländischer Milch und Mol- kcrciprvduktcn die Spitze zu bieten. Zollschutz sür Milch und Milcherzcugntsse ist zu fordern. Gelingt cs. diesenZollschutz zu erreichen, wird die Steigerung der Leistungsfähigkeit deö Milchviehs die logische Folge sein. Dauernde Prüfung der Nutzleistungen ist die zuverlässige Masmahme zur Beurteilung dcS Standes der Leistungszucht. ES sind absolute Leistung und Futterletstung unter ständiger Kontrolle zu halten. Lcistungsprüsungen der weiblichen Vor fahren des Milchviehs sind genau so notwendig wie Stamm- baninprüfungen. Form und Schönheit des Tieres ist nicht die Hauptsache. Zwar sind sie zu beachten, aber die Hauptsache bleibt immer die Lcistungszncht ohne einseitige Vetoinnig der Leistung. Die Kuh ist nicht nur Milchtier, sic ist auch Zucht- und Schlachttier. Auch diese wirtschaftlichen Leistungen müssen am Tierkörper erkennbar sein. Redner lieh sich dann eingehend über die notwendigen Eigenick,asten des Leistunasviehes aus und sprach weiterhin über Bodenständigkeit, Vorzüge und Nachteile der Inzucht, Milchvererbimg und Milchfettvererbnng. Milchergicbigkcit in der einzelnen Herde, Fntterdankbarkeit t-Höchstleistung bei nicht übcrnormalcr Ernährung) und an deres. Die sachliche und tiefschürfende Rede fand reichen Beifall. Landesverband Sachsen für Obst- und Weinbau. Die öffentliche Hauptversammlung des LanbcSverbandcS Sach en für Obst- und Weinbau wurde am Montag nachmittag durch den Vorsitzenden eröffnet. Die Begrüsiungsworte gipfelten in dem Aufrufe an die Landwirte, dem Obstbau ver mehrtes Interesse entgegen;,lbrtngcn. Der seit Jahrzehnten im ErwerbSobstban praktisch tätige und aus seinen Publikationen in Fachzeitschriften einem grvhen Teil der Anwesende» bekannte Gartendtrektor Jause» au» Etienach sprach über WtrtschastSgrnndsätze für den ErwerbSobstba«. Sr unterschied den intensiven oder geschlossenen Obstbau, bei dem die Obstbäume so eng gepflanzt find dab fie mit 18 bi» 29 Jahren mit den Kronen zusammenstoben iBiisch- bäume), von dem extensiven Obstbau, bet dem die Bäume t» von Norden nach Süden verlaufenden Nethen — Licht! — mit gröbere» Abständen von Baum zu Baum stehen. Letztere Betriebsart ermöglich« die überaus wichtige Zwt' chenkul- t u r. Auf Grund jahrelanger Erfahrungen und genauer stati stischer Erhebungen kommt Jansen zu dem Ergebnis baß dem extensiven Obstbau der Vorzug gebühre. Die Unterfrucht — Kartoffel» u'w. — trage die Produktions kosten, während die Ernte der Nebcrsrucht den Reingewinn darstelle. Bvr der Ausstellung von Theorien, die genauer zahlenmäßiger Unterlage entbehrten, sei zu warnen. Jansen hob die Bcdcuturrg der Wasserversorgung sür de« Obstbau hervor. Unfruchtbarkeit lei meist die Folge non Wassermangel. Auf der Rcgcnseite liegendes Gebier sei be vorzugt tm Ncgenschatten liegendem Land. Bon Aniang an sei bei Einrichtung eines Betriebes auf äuber st e Sparsamkeit — VodcnpreiS, UvizäunuagS- koste», Baulichkeiten uiw. — zu achte». Die handelötechniich vorteilhafte, angeregte Beschränkung der Sorten habe infolge der noch ungeklärten NcrcbelungS- und Bekrnchtungs- ftesehc und de» erfahrungsmäßigcn Nichteinschlagens eines ge wissen Prozentsatzes der Sorten ihre groben Bedenken. Ma schinen könnten auch in kleineren Betrieben zur Steige rung der NentaMität mit Erfolg verwendet werden. Der Vortragende ichlob mit dem Hinweis auf die außerordentliche Schwierigkeit des Themas, die bestimmte Fragestellungen zu ergänzender Klärung raisain erscheinen laste. In der anschließenden Debatte wies Oekonomierat Schilling auf die Bedeutung der oft zu wenig berück sichtigte» Standortsehre hin. Sei auch der Buschbautn- betrieb weniger zu empfehlen als die lichtere Anpflanzung vvn Bäumen mit etwa 29 Meter Abstand, so hatten doch auch die intensiven Obstbaubctriebe selbst tn regenschattiger Lage ihren Mann ernährt, solange sich das deutsche Obst in deutschen Landen un «erbringen ließ. Der von ererbten Eigenschaften abhängigen Pflanze müsse die Möglichkeit zu deren guter Entwicklung, dem Obstbau Absatz zu lohnenden Preisen gesichert werden. Letzteres sei im wesentlichen eine zollpotttische Frage. Pottlsich - geselliger Abend des Landbundes. Ein politisch, geselliger Abend im Konzerthause gab de» Mitgliedern dcS Landbundes nach der Arbeit des Tage» noch die Möglichkeit zu einem auSruhenden Beisammensein. Der Vorsitzende des Sächsischen Landbundes, Ritterguts besitzer P a g e n st e ch e r, begrüßte die Erschienenen und teilte mit, daß an Stelle Professor Martin Spahns bas Mitglied des Sächsischen Landtages, Bürgermeister Dr. Eberle, den Abendvortrag halten werde. Dr. Eberle sprach über den Weg „V o n B t s m a r ck z u D aw e s". Er erinnerte dabei an die Feier der Reichsgründung, eine schmerzliche Feier, weil so viele nicht mit dem Herzen dabei gewesen sind. Und er gab für sein Ziel an, das Geheimnis von Bismarcks Persönlichkeit zu entschleiern. Ja, wenn man so tun will, so must man den deutschen Helden aus seiner Seele ver stehen wollen, und vielleicht, so findet man die in dreien seiner Worte etngeschlvssen: Im Dienste des Vaterlandes zehre ich mich auf. Wir Deutsche fürchten Gott, aber sonst nichts auf der Welt. Ein treuer deutscher Diener Kaiser Wilhelms l. DaS letzte ist sein Grabspruch gewesen. Und dazu stimmt noch sein Konfirmationsspruch, der tn der Grabkapellc steht: Alles, waS ihr tut, tut von Herzen als dem Herrn und nicht den Menschen! — Ans dem Glauben ist Bismarcks Seele zu ersoffen. Fm Glauben an seinen Schöpfer hat er er kannt, wozu er berufe» war: zur Einigung von Volk und Vaterland. Und gegenüber diesem Verantwortungsgefühl vor Gott gab es nichts mehr für ihn, daS er sich vvn Menschen hätte abhandcln lasse». Von da stammt seine Furchtlosigkeit nach außen, sein treuer Wille, zu bienen gegenüber seinem Kaiser und Herrn. Ans dieser Kraft, die ihre Wurzel tn Gott fand, entsprang die Klarheit und Wahrheit seines Denkens und Handelns, auch tn der Politik, die die kleineren Geister als daS große Spiel der Lüge mibkannt hatten. Und so be deutete sein Abgang daS Ende der einheitlichen, starken sitt lichen Führung der Seele des deutschen Volkes. Er, dessen ganze Kraft aus der Tiefe seines Gemütes wuchs, hatte noch sein Volk verstehen können. Und wie zwischen Mutter und Kind geheimnisreiche Kräfte weben, hatte sein deutsches Volk gewußt, daß immer dann, wenn er eS rief, sein guter Genius die Fackel erhob. Wo König und Kanzler, einhellig im Ver antwortungsgefühl vor Gott, vorangegangen war, da lebte man nun der Verantwortung vorMenschen, vor Parteien, vor Wirtschaftsgruppen, und so war bas Ende der sittlichen Führung das Ende der Führung überhaupt. Seit- seiner Ablehnung durch Verlassen des Saales Ausdruck, eben soviel zollten dem Vortragende» Beifall — Prof. HLba, ein hier noch völlig ilnl ckaiinler, wurde bereits bei seinem Er scheinen mit einigem Applaus begrüßt —, die übrigen ver hielten sich neutral. I», Foner uns auf t»vn Straßen gab das Konzert Anlaß zu leb hatten Glossen, und eS hat in dem letzten Jahren hier kaum ein künstlerisches Ereignis die Geister derari mobilisiert, wie das Konzert aus -em von der Firma August Förster. Lübau, konstruierten Vierteltonflügel. s Jubil«ums»Fes>konzert der Paulikirche in Chemnitz. Aus Chemnitz wird uns berichtet: Den Höhepunkt der Ver anstaltungen anläßlich der Fünfztgjahrfeter der Pauli- gemeinde und des 175 jährigen Bestehens der Paulikirche bildete eine Musikansftthrung, die ausschließlich Bach ge widmet mar. Ei» festliches und stolzes Programm. Und ein großer Aufwand von Helfern: der Paulikirchcnchor, der GeilSdorfsche Frauenchvr, Mitglieder des Bttrgergesangvcr- ktnö, das städtische Orchester und neun Solisten, vorwiegend aus Leipzig und Dresden. Zncrst spielte Eugen Richter, der bewahrte Chemnitzer Organist, das Präludium und die Tripelsuge lEs-Tnr) von Bach mit hinreißendem Schwung «nd vollcndeicr technischer Meisterschaft. Dann folgte — die Zusammenstellung zeigt die Steigerung — die Aufführung von vier Kantaten vvn Bach: „Es crhub sich ein Streit", „Du Hirte Israel", jauchzet Gott In allen Landen" tcrster Satz) und „Gott, der Herr, ist Sonn' und Schild". Die wochen- langen Vorbereitungen des Chorleiters Kantor Geilsdorf, die unendliche Mühe der Einstndterung wnrdrn reich belohnt. Das harmonische Znsainmenmirkcn aller an der Ansstihrnng beteiligten Kreise ließ den Grundcharakter -er einzelnen Kantaten klar und dcnilich erstehen. Das Orchester »nd die Chöre, die namentlich die Choräle mit tiefer Innerlichkeit saitgcn. waren in der Mitte der Kirche placiert worden, wo durch die Resonanz um ein Vielfaches gesteigert wurde. Das Gotteshaus war wieder überfüllt, die Gemeinde sichtlich ge packt von dem großen Erlebnis. Kantor Geilsdorf und Organist Eugen Richter können a»f diese Aufführung mit Recht stolz sein. v. s Uranssüh'nng in Leipzig. AnS Leipzig wirb uns ge schrieben: Im Alten Theater fand die Uranfsührnng des brei artigen Schauspiels „Triumph der Jugend" von Henri-Marx „nd Pani Zeck, statt. Henrn-Marx, der daS Stück französisch schrieb, ist neben Barbusse Führer der Clartü-Gruppe. Pani Zech Hai daS Stück sür die dentiche Bühne frei iiachgedichtet, und sein Raine sicht daher gleich, berechtigt neben dein des französischen Autors. Der Titel bc. sag», wa- das Werk zum Ausdruck bringt. Dav immer wtcder- kehrende dramatische Motiv unserer Zeit wird von neuem be- handelt: der Gegensatz zweier Generationen, von Alter und Jugend, der Kampf zwischen Vater und Sohn. Aber wie anders sind Atmosphäre und Stimmung dieses Stückes, als wir cS bisher tn „Vater und Svhn"-Dramen gewohnt waren. Da werden keine harten, zorncSwütigen Reden geführt, und der Vater hat nicht Faust und Waffe des Sohnes zu spüren, sondern der Kampf wird mit geistigen Waffen geführt, und über allem siegt die Liebe! Die Gesellschaftsgruppe, in die wir eingcführt werden, hat alle Bildung der Zelt in sich anfgenvm- men und ist von einer hohen Geistigkeit und sublimer Kultur erfüllt. Es wirb vielleicht zuviel philosophiert, Probleme werben ausgeworfeu und behandelt, man reflektiert und debattiert, daß strengste Aufmerksamkeit erfordert wird, um allein zu folgen — aber was getagt wird, ist alles so fesselnd und reizvoll, daß man sich auch die Abschweifungen, die den Gang der Handlung hemmen und verlangsamen, gern gefallen läßt. Ein bcrtthntter und beliebter Pariser Phllosophie- profcsior, ElandiuS Hellioth, hat seinen größten Verehrer in seinem Sohn Serge. Aber dieser Sohn durchschaut auch den Vater, der in seinen heimlichen Stunden ein Lebemann ist, während der Vater die Bummeleien dcS Sohnes streng be urteilt. Aber was daS wichtigste ist: Serge bewundert zwar die Lehre und geistige Arbeit dcS Vaters, die der philosophi schen Betrachtung deS Lebens gewidmet ist: aber diese Lehre genügt dem Sohne nicht, sie erscheint ihm oberflächlich, er führt sic weiter und vollendet sie mit der ErkenntntS vom Werte dcS Leides und Schmerzes. So wird er zuvor Richter des BatcrS, aber auch seine logische Weiterentwicklung, und indem sie beide erkennen, baß diese Entwicklung eine »gtürliche. sich vvn Generation zu Generation wiederholende ist, können sie sich versöhnt und von neuer Liebe erfüllt die Hände reichen. Daneben laufen einige Liebesgeschichten, die zwar neben dem Hauptmotiv nur leicht skizziert, aber doch durch ihre Lebens- Wahrheit sehr eindrucksvoll sind: der Professor ist mit einer geistig ebenbürtigen, gütige» Fran verheiratet, aber ihrer im Lauf der Jahre etwas Überdrüssig geworden. Er wird von der schrankenlosen Verehrung einer snngen Schülerin Snlucttc ungezogen, nnd eS spinnt sich ein Liebesverhältnis an. Di« Fran wiederum hegt eine stille Liebe zu dem Assistenten dcS Galten, die vvn dem sungen Mann erwidert wird. Aber auch diesen Hcrzcnsgeschichtcn ist ein sricdcvvller Abschlnsi in sanfter Rcsignntton beschickten: da» Ehepaar findet sich wieder zusammen, und Jugend findet sich zu Jnacnd. indem da» Stück höchst bieder mit einer Verlobung Serge? mit Snlvetie schließt. Die Inszenierung Direktor Dr. KronacherS trug dem hohen Niveau des Stückes Rechnung, indem sie der von »iiscrcr modernen Bühne arg vernachlässigten Knnst der Kon- versation wieder zu ihrem Rechte verhalf: ein starkes Tcm- perament lebte tn der Aufführung, die wirkungsvoll zu Steige rungen und Höhepunkten geführt wurde. Das Znsammen- sptel war höchst lobenswert und die Vertreter der Hauptrollen gaben ihr Bestes. Der Erfolg war sehr stark, mit den Dar stellern wurden Paul Zech und Dr. Kronacher oft gerufen, vr l. 5t. s* James Klein n«b das Nene Operettentheater in Leipzig. An den Zahlungsschwierigkeiten, worein der Ber liner Theaterdirektor JameS Klein geraten ist. trägt ohne Zweifel auch die Art mit Schuld, wie er das von ihm vor etwa zwei Jahren übernommene Neue Operetten theater in Leipzig geleitet lxtt. Damals gab die Stadt das Theater merkwürdigerweise ab, und James Klein luchte, trotz immer wiederholter Warnungen der Leipziger Presse, die Gattung -er „Revue", und zwar in Serien, in Leipzig einzuführcn. Aber alle Anstrengungen waren vergeblich — trotz glänzender Ausstattung und guten Mnsizicrcns blieb -aS Theater, wenn eS nicht künstlich gefüllt würde, im all gemeinen leer. Die Leipziger liebten — »nd de' wird ihnen zugute gestalten werden müssen — die „niviidänen" Revuen mit „mondänen" Künstlern nicht und entfremdeten sich dem Theater. Etwa ein Jahr lang mußten sic die gute alte lund meist weniger gute neue) Operette mit den ihnen lieb- gewordenen alten Kräften, wovon fast nur der unvergleich liche Rudi Gfaller verblieben war. entbehren. Als Klein endlich einsah. daß cS so nicht wcitcrgchcn könne, und reu mütig auf die alte nnd die neue Operette znriickkam — ernst lich erst seit den heurigen glänzenden Maiscstspiclcn mit ersten Gästen —, war cs bereits zu spät: denn in, Sommer, der lhcaierscindlichcn Jahreszeit, vermochte er sich die Zuneignng nicht gleich wieder zu genünnen. die er sich früher verscherzt halte — und damit natürlich auch nicht die Gelder die er vorher zugcsctzt hatte. ES entbehrt nicht einer gewissen Tragik, daß sich jetzt das Theater bet mäßigen Einirtttsprcilcn »nd einem ausschließlichen Opcrettenipiclplan eines guten Zu spruches erfreut: die „Tcrcsina" von OScar Straus 'oll bei spielsweise säst täglich ansverkantt sein.... aber zn >pät. Nun hat die Leipziger Zcnlralthcatcr-A.-G. als Hausbesitzerin Räumungsklage gegen James Klein ringcreicht. Da dieser schon zweimal die Pachtiummr nicht rechtzeitig bezahlt hat. ist das Pachtverhältnis von ihr für aufgehoben erklärt worden. Ter Betrieb wird ans Beschluß der Bühiirnmitglieder. der Musiker nnd dcS technischen Personals zunächst aus genossen schaftlicher Grundlage weitergelührt, und die genannten Körperschaften haben sür ihren Beschluß die Geiichimgn»- der Zentralthealer-A.-G. erhalten,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)