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racterfacb, besonders aber mil Vorliebe für daS Fach der In tri« guants. Aber merktvürdig ist, wenn ein Theolog sich losiiß und zu Thaliens Fahne schwur, sah man ihn bald als Komiker. Ebenso ehemalige Apotheker Diese plagt durchaus kein Scru- prl wo sie hingehören; so mancher Lustigmacher und Coupletsänger aus der Bühne, dessen Lazzi uns zum Lachen reizen, gab uns früher — bittere Pillen. Selbst Julius Koch, der früher berühmte Ko miker an der Leipziger Bühne (jetzt >» Dresden) war i» seiner Jugend Apothekergehilfe. Vermischtes. * Das bescheidene Häuschen zu Marbach, wo vor bald ei nem Jahrhundert Fr. v. Schiller, Schwabens Stolz und Zierde das Licht der Welt erblickte, bat dankbarer Sinn schon längst zu einem vielbesuchten Wallfahrtsort gemacht: der Verehrer des Dichters jedoch, der ihn besucht, musi auch all seine Pietät init- bringen, wenn er auS der nackten Wirklichkeit, die ihm in diesem Heiligthum aus jedem Schritt und Tritt begegnet, noch sein bis chen Illusion herausretien will. Auf einem kleinen freien Platz an ziemlich abschüssiger Straße gelegen, bietet Schillers Geburts haus vollkommen daS Bild dessen dar, was eS i» Wahrheit ist, eines kleinen freundlichen Bäckerhäuschens. Seine besondere Be deutung verkündet dem Fremde» eine einfache grüne Holztasel, die man von Weitem nolhwcndig für eine Winhshaustafel halten muß, und aus der um geschmacklosen, großen Buchstaben geschrie ben stelu: „Hier in diesem Hause ist geboren Friedrich Schiller den I k>. November 1750." Unter Vieser Tafel liegen auf einem Brette friedliche Wecken und Brodlaibe; neben ihr schwankt in d>r Höhe des ehrsamen Bäckergewerbes Wappen, eine stattliche Brezel mit Löwen und Krone. Tritt man i» daS beinahe drei eckige, blaugcmalte Hauptgemach des Erdgeschosses, so fällt neben dem stbr »nuangreichcn Kastenose» bewnvcrS eine ansehnliche Backmuldc in die Augen, die gewiß nicht unabsichtlich just auf den Play gestellt in. wo vor Zeiten Schillers Wiege stand, da mit das leibliehe Bros, das hier bereitet wird, zum treffenden Sinnbilde diene der geistigen Speise, welche rer Welt einst von dieser heimlichen Stätte erwachsen ist De» Ehrenplatz neben dem Spiegel nimmt ein Abschied ein, vom K. wurtt. 3. Reiter regiment mit dem Prädikat „gut" ertbeilt a» ). G. Fhcher von Biltenseld, den Besitzer deö Hauses. In einem Winkel an der Thüre steht, vom Eiiuretenden schwerlich beachtet, auf einem la- ternenanigen Gehäuse eine schwarze Büste Schillers, unter ibr die denkwnrdige» Worte . „Deutscher Barde, frei und groß, Selt sam fiel dein Sebicksalslovs, Bald gelobt und dann getadelt, Und am End' auch »och geadelt! Doch verzeih dem Vaterland, Meister, winen Unverstand'" <Nicht ganz genau und nicht vollständig aus > em Spruche von Gonbils August v. Maltitz im Schilleralbnin. Stuttgart l8X7. S. > >>!.) Zu beiden Seite» der Büste hängen Bilder, links ver Jüngling am Scheidewege, rechts der Erlöser; ferner de§ Christen Weg und Ziel, und endlich ei» kleines Bild chen, wie man sie zur Erinnerung an die theure Zeit findet. Von mehicren Bildern, welche der Thüre gegenüber beim Eintritte am Musten aussallen, stellt das größte dar; „die Hcrabkunst des Kö nigs alter Könige mit seinem Heere gegen Jerusalem, so noch ge- chieht über IttttO Jahr wie dem jüngsten Tag", nebst ander» ähnlichen Illustrationen aus der Apokalypse, wie der Sturz des Tt ieres und des falschen Propheten in den Pfuhl und Aehnliches. Hat sich der Beincher alle diese Herrlichkeiten angesehen und an einen der zwei Wirthötische zu einem Glase Marbacher gesetzt, so kann er noch das „ Schillersalbui»" durchblättern, das im Jahr l840 von einem Stuttgarter Oberkellner eröffnet wurde, und in dem sich seither in allen möglichen Sprachen und aus allen mög lichen Ländern in Poesie und Prosa Verehrer Schillers verewigt habeti. Wir sprechen nicht vom Werth der hier niedergelegten Gaben, denn der Liebe Gaben sind manchfalt; allein verschweigen dürfen wir nicht, daß in diesem Pseudoalbum Tintenklecks« und schlechte Witze, Unsinn und Rohheiten nicht die geringste Roll« spielen, und daß man seine ganze Verehrung zusammennehmen muß, um in dieser Gesellschaft seine» Namen einzuzeichnen. Mit anerkennenswerther Aufopferung haben dies dennoch manche be kannte Männer aus Nab und Fern getha»; unter den Besuchern der letzte» Jahre lesen wir mit Freuden vom l8. Febr. >854 H. A. von Gleichen-Rußwurm, Schillers Schwiegersohn, und vom >5. August 1855 denselben nebst Familie von Rudolstadt. — I» dieser Verfassung trafen wir jüngst bei einem Besuche das Marbacher Schillerhaus, auf welches sich i» drei Jahren, wenn wir des Dichters hundertjähriges GeburtSfest feiern, mehr als sonst die Blicke des deutsche» Volkes richte» werde». Sollte« sich bis dabi» nicht Einzelne oder ver Verein, welcher für Schil lers CultuS schon tv viel geleistet, entschließen wenigstens die schlechte hölzerne WirthshauStafel mit einer würdigeren Gedenk tafel zu ersetzen und das ganze Haus, zum Mindesten aber vaS trauliche Stübchen, in welchem der unsterbliche Dichter geboren wurde, in de» Kreis seiner liebenden Sorgfalt zu ziehen? — ' In seinem Feuilleton „1.68 invenl6ur8 ste övettwvell" erzählt I. d'Orugue nachfolgende Anekdote: Ein bekannter Pa riser Musik-Freund, der Buchhändler Frank, welcher auf dem Or- leanS-Square in der Rue St. Lazare wohnte, wünschte Herrn Schindler, den Freund Becthoven's, zu Tische zu laden. Da eS ihm aber bekannt war, daß Schindler vorziehe, nach Belieben un- genirt bei irgend einem Restaurant zu effcn und die Einladung unfehlbar ausschlagen würde, so verschwor sich Frank mit einigen Freunde», seinen Tischgcnoffen durch List zu erhaschen Ein Theil der Wohnung Frank's wurde in einen Restaurationssaal umge wandelt, die Stiegen mit Sand bestreut, eine Austernhändlerin an die Thür gestellt und die Dienerschaft mit weißen Schürzen und Zacken bekleidet. — Zur bestimmten Stunde kam Schindler in Begleitung des Violinisten Ernst und des Pianisten Stephen Heller an, die ibm gesagt hatten, daß sie ihn heute zu einem zwar nicht stark besuchten, aber „ziemlich guten" Restaurant führen woll ten. — Als Schindler, dem das Aeußere des Speiselocals sonder- bar vvrzukommen schien, und seine beiden Freunde an einem der Tische Platz genommen Halle», trat auch Franz und mehrere an dere Gäste ein, und bald wurde die Unterhaltung allgemein. Mehrere Male veranlaßte Schindler allgemeine Heiterkeit durch seine ungenirten Manieren und die Unabhängigkeit seiner gastro- nomitchen Urtheile. Bald beschwerte er sich über die Ungeschick lichkeit oder Langsamkeit der „Garyons", bald darüber, daß ein auf dem Speisezettel (den man bei einem benachbarten Restaura teur entliehen hatte) verzeichnetes Gericht nicht fertig, oder gar nicht vorhanden war; im Allgemeinen jedoch ließ er der guten Küche und den vorzüglichen Weinen Gerechtigkeit widerfahren. Nach dem Essen ging man in ei» anderes Cabinet, wo Kaffee, Liqueure und ausgezeichnele Cigarren gereicht wurden. Die Un terhaltung wurde belebt, man sprach von Beethoven. Als Schind ler es endlich an der Zeit erachtete, zu geben, und nach der Zeche fragte, da brach ein homerisches Lachen von allen Seilen los und er fügte sich darein, so gastfreundlich mystifici« worden zu sein. * In West-Revforv in England ist der Rector gestorben, ei» Mann, der wegen seiner absonderliche» Lebensweise einRäth- sel für feine Nachbar» auf viele Meilen in der Runde war. Er hatte ein gutes Auskommen und war von begüterter Familie, trotzdem hungerte er Jahre lang buchstäblich mit seiner Frau. Die Scheiben der Rectorei waren »othdürftig mit altem ZeitungS- papier ausgebessert, kein Mensch wurde ins Haus gelassen; der Rector kaufte die »othwendiastcn Lebensmittel ein, putzte sich selbst die Schuhe, hielt keine Dienstboten und halte nie Feuer in der Küche. Er starb an Entkräftung und hintcrließ 50,000 Pf. St. Doch half er manchem Nothleidenden, wenn er auch sich selbst keine warme Suppe gönnte.