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gegeben, nicht daß du geizig, sonder» daß du gutthätig werdest. Willst du deinen Kindern eine gute Erbschaft hinterlassen, so setze Christum in den Armen mit ihnen zum Erben ein." Gedenken wir an Sein Wort: Was ihr gethan habt Einem un. ter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ' ihr Mir gethan. O ertlich es. Wie lange wird es wohl noch dauern, daß in den Haupt straßen auf einer Seite hin und her gegangen wird? In London werden die wenigen Zuwiderhandelnden, d. h. die, welche auf der falschen Seite gehen, durch Rippenstöße zur Raison gebracht. Noch weniger fällt eS den Weibern ein, auf ven Trottoirs stehen zu bleiben und zu klatschen, um den Weg z» versperren. Halten wir die, welche dies thun, für ungebildet und gemein! Vielleicht hilft dieses Mittel, denn wer wollte dafür gelten? V. Man liest in den Zeitungen zwar immer die Anzeige». daß diese und jene Eisenbahn so und so viel mehr in einem Monat eingenommen als in dem vorhergehende», stets mit Vorbehalt späterer Feststellung Aber nie liest man, daß sich die Angabe der Mehreinnahme durch die Controle bestätigt habe. Irren ist doch menschlich und daher wäre es wünschenswerth, daß derglei chen Bestätigungen nicht unterlassen würden, wenn auch nicht verlangt wird, daß etwaige Mehrausgaben ebenfalls bemerkt werden sollten. IV. Königliches Hoftheater. Donnerstag, den 4. Dec.: Klytämnestra. Tragödie in 5 Ac ten von Tempeltey. Die Novität „Klytämnestra" ist vas dramatische Erstlings- product eines jugendlichen BerlinerStudenten, das zuerst in Han nover, dann in Wien, Hamburg, Frankfurt a. M. und anderen Städten, neuerdings auch in Berlin mit entschiedenem Beifall über die Bretter ging. Die Fabel deS Stückes ist kurz folgende. Aga memnon, der Gemahl Klytämnestras, war mit dem Griechenheere »ach Troja gezogen. Balv nach der Nachricht vom Fall Ilions kam auch die Kunde, Agamemnon sei von ven Wellen verschlun gen, ein Gerücht, dem Klytemnestra vertraut und sich mit Aegisth vermählt. Da kommt die Botschaft, Agamemnon sei »och am Leben und sie bestätigt sich durch seine Rückkehr. Durch SilaS und durch ihre gefahrvolle Lage angespornt und bedrängt, tödtet Klytämnestra den ersten Gatten und glaubt nun im Besitze Aegisths unv ihres Sohnes glücklich zu sein als sie erfährt, daß Aegisth sie nicht liebe, sondern sie nur aus Familienrache zum Weib genom men. Darüber betrübt sie sich so sehr, daß sie eine», gelinden Wahnsinn verfällt, in dem sie sogar ilngt und schließlich zurEr- kenntniß ihrer Schuld kommt, womit das Stück sein Ende er reicht. Als Nebenpersonen sind ver mißtrauische und unthätige Orest, die sentimentale Kassandra und die Dienerin Jsmene in dem Stücke thätig. Das wenig zahlreiche Publikum nahm die erste Aufführung, wenn auch nicht mit Enthusiasmus, doch mit Beifall auf, den, abgesehen von den Verdiensten des Dichters, schon die Darstellung verdiente, welche fast durchweg, mit folgender Besetzung: Aga memnon Hr. Bürde, Klytämnestra Frau Bayer-Bürk, Orest Fräul. M. Michalcsi, Aegisth Hr. Dawison, Kassandra Fräul. Vanini, Silas Hr. Quanter, Jsmene Frau Wächter, ein Fremder Hr. Walther, eine vortreffliche war. Frau Bayer-Bürk hatte Mo mente, die an die Ristori reichen, während Hr. Dawison, dessen Rolle leider erst im 4. Acte zur Bedeutung gelangt, mit einer Einfachheit und männlichen Stärke spielte, die in ihrer grandio sen Naturwahrheit zur höchsten Bewunderung hinriß. Frau Bayer-Bürk wurde nach jedem Akte nach dem 2. sogar zwei Mal, nach dem 4. mit Hrn. Dawison hervorgerufen. Zum Schluß rief man auch den anwesenden Dichter, der aber nicht erschien. Die Kritik des Stückes folgt im morgenden Blatte. I. Schanz. Kunst und Literatur. ** Die geehrte Theatervirection würde gewiß den Wünschen Vieler entgegen kommen, wenn sie im Laufe des Winters einige ältere beliebte Dramen zur Aufführung brächte. Wir führen beispielsweise folgende an: „Einfalt vom Lande" (Töpfer); „Kunst und Natur" (Albini); „das weiße Blatt" (Gutzkow); „Bürger lich und Romantisch" (Bauernfeld); „die Hagestolzen und rieAd vokaten" (Iffland); „Treue Liebe" (Eduard Devrient). — ** In der an vorzüglichen Künstlern so reichen Metropole des preußischen Staates hat sich ein Kreis zusammengefunden, der ein sehr inhaltreiches und durch Mannichfaltigkeit und Ge diegenheit anziehendes Album zusammengcstellt hat, unter dem Titel „Argo, Album für Kunst und Dichtung" (Verlag von Trewendt und Granier in Breslau). Durch die edelsten Na men geschmückt, wird dasselbe nicht allein dem Salontisch zur Zierde gereichen, am häuslichen Heerde erfreuen, sondern auch dem Kunstfreunde und Sammler hohe Befriedigung gewähren. " Der bekannte Romanschriftsteller Kürnberger hat ein Drama „Firdusi" beendet. ** Sophie Schröder, eine der ersten deutschen Schauspie lerinnen hat von einem reichen Brauherrn in Regensburg 24,000 fl. geerbt. Der Segen kommt späi, aber nicht zu spät! " Die neueste von Wolf von Ehrenstein veröffentlichte Ge- sangscomposition ist die soeben erschienene erste Nummer seines bereits früher in diesen Blättern angekündigten Liedercyclus „Leid und Lust" (Verlag von Bernhard Friede! in Dresden). Der Komponist bietet ein Lied von Heinrich Heine, daß unseres Wissens sonst noch nicht in Musik gesetzt ist und zwar in einer musikalischen Fassung, welche von den andern Nummern dieser Sammlung nur Gutes erwarten läßt und dem gesanglustigen Publikum willkommen sein wird. " Das zweite Mittelrheinische Musikfest wird in Mannheim Anfangs Juni 1857 stattfinden und am ersten Tage Mendels- sohn's „Elias", am zweiten Beethovens 9. Sinfonie, C. M. v. Webers Ouvertüre zu „Euryanthe", Durante's IVlsMiüoat, Mcndclssobn's Männerchor „An die Künstler" und Händel's „Halleluja" zur Aufführung kommen. " Alfred Meißner's „Ziska" (Leipzig, bei F. L. Herbig) hat die siebente Auflage erlebt — wahrlich, ein glänzendes Re sultat! Grollt der Dichter jetzt der deutschen Kritik und dem Publikum noch so heftig ? Freilich, die sechste Auflage erschien schon >846, und Meißner wurde im Flügelkleide seines Dichtcr- ruhmcs etwas verwöhnt. ** Von dem ehemal. Kloster zu Pirna ist gegenwärtig noch der im reinen altdeutschen Style erbaute Thurm mit Kirche er halten. Die Erbaungszeit desselben fällt höchstwahrscheinlich zwischen die Jahre l080 und 1160. — Auf den bekannten Ca« naletto'schen Ansichten von Pirna (im hiesigen Museum aufge hängt) ist der Thurm noch in seiner Vollendung zu sehen. In den 20er Jahren wurden indeß die alten Brüstungen abgetragen, und das herrliche Thurmgebäude glich von nun an mehr oder we niger einer Ruine Im Laufe vergangenen Sommers jedoch hat der Stadtrath von Pirna die Brüstungen in durchbrochener Sand steinarbeit wieder Herstellen und außerdem den Thurm mit einem dem Baustyle entsprechenden Spitzdache mit 4 Giebeln versehen lassen, was dem kunstsinnigen Beobachter von nicht geringem In teresse sein dürfte. ** Die academischen Facultäten i» der Theaterwelt. Man hat die Bemerkung gemacht, daß von den vielen Studenten, welche die Universität verließen und sich der Bühne widmeten, die meisten Juristen waren, von denen aber unter zwanziger, sich keiner zum „Liebhaber" qualificirte, sie bestimmten sich gleich für daS Eha-