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Dresdner Nachrichten : 15.08.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-08-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187408152
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18740815
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18740815
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1874
-
Monat
1874-08
- Tag 1874-08-15
-
Monat
1874-08
-
Jahr
1874
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 15.08.1874
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24000 »r»l gür dt« Ntie»«»« «Ing«, landirr Manulcrtxte maidt sich dte Rrdarttr» nicht »rrbiuditch. Jnseratrn.«n»adme oud- iviirtd.' ü«»»avnial» un» Va»I«r in Hamburg. vcr- Nn. Wien, Lrippg. ivasri. «rrtiau, tzr-nlsur, a. R. — »1°««« «„ v-rltn, Leipjia, Wien, Hamburg, Nraiiksurt a. Mü»> chrn. — 0»»d» « c». i» tzravlsu« a. M. — '«»»t in Lhrmnttz. — n» »nIU,r » v». t» Pari«. Druck und Sigenthum der Herausgeber: Ktepsch Neichardt in Dresden. Berantwortl. Redacteur: Julius Neichsrdt in Idaliiarn PM-eile lostet >d Psq. üinarsandt die Zeile ii Ngr. Sine idarantie sür de» »ttchslttiaiae irrsckei- ne» dir Inserate wird nicht gegeben. »luSwiirtig« Annoncen. Ansträge von un» unbe kannten Firmen u. Per. sonen tnlerircn wir nur «ege» Pränumerando» ZaliUmg durch «riese marken ober PostetNdah- lung. « Siiiien koste» »>/, Ngr. Inserate lür »te Montag» Nummer »der nach einem Ictttog- die Zeile L Ngr. Rr. 227. Neunzehnter Jahrgang. Ntttredacteur: vr. L-»tl Für das Fenllleton: Lackvl» N»rtr» Dresden» Sonnabend, IS. Angnst 1874. Politische-. Chor der Nationalliberalen: „Wir haben ihn!" Echo von Berlin: „Ihr habt ihn!" Sächsische Humoristen: „Sie haben ihn!" — nämlich erfunden, den armen, schlotternden, sächsischen Schneidergeselle», der das ungeborne zweite Attentat auf Bismarck im Busen trug. Wir glauben zwar nicht,daß der unseligeSchwänzer de« deutschen SchneidercongresscS, der in Dresden auf der Ostra- Allee viel, ach viel ungefährlicher gewesen wäre, als vor dem mysti schen Hause des Herrn vr. Diruff in Kissingen, — wir glauben nicht, daß er wirklich existirt hat. Aber er mußte, um einem längst gefühlten Bedürsniß abzuhelfen, erfunden werden. Und diese geistige Geburt hat, wie wir gestern unseren Lesern mittheiltcn, die „Nürnberger Presse" fertig gekriegt. Man denke: Kullmann schießt — und sofort entpuppt sich der kose Böltchergesclle als Preuße, als Magdeburger SauerkrautSsohn. Kein Baier, kein Sachse hat das Bubenstück vollbracht, cs war ein Preuße. Zwar, den Baiern flickte die nationalliberale Berliner Presse dadurch eins am Zeuge, daß erstens Kissingen in Baiern liege, zweitens daß die baierischen Richter den re. Kullmann nicht aushängten, ehe er ge hört und verurtheilt war. Nur Sachsen ging leer aus. Und siehe — es geschah ein Wunder; ein Schneidcrlein „aus Sachsen" ward mit einem Dollich (oder war'S 'ne große Nadel?) vor dem Hause des gefürsteten Reichskanzlers gesehen, und selbigen Tages kam die „Nünberger Presse" nieder und siehe, sie gebar ein „sächsi sches" Attentat. Sollte an der Denunciation etwas Wahres sein, so werden wir den beängstigten Lesern den hochnothpeinlichen Schneider gebührend wieder vor Augen führen. Andernfalls lassen wir ihn fliegen, — denn wir halten diesen Schneider für eine — fette Ente. Aus Spanien liegt bis zur Stunde nichts Neues vor, und die Leser sind auf den Telegraphen vermiesen, denen der Entscheid zu lange kariert. Außer der spanischen Frage schweben im deutschen Vaterland noch zwei notorisch wichtige Fragen. Allem Anschein nach wird schon im nächsten Reichstag das Problem, wie die Matricularbeiträge durch eigene Einnahmequellen des Reichs zu ersetzen seien, zu leb haften Erörterungen führen. Da, wie wir früher mittheilten, von einer Seite die Absicht vorliegt, dem Reichstage eine Reichs-Ge werbesteuer in Vorschlag zu bringen, so wollen sich nunmehr auch die Anhänger einer Reichs-Einkommensteuer rühren und entweder im unmittelbaren Anschluß an die Versammlung des Ver eins sür Socialpolitik in Eisenach (13. Oetober) oder sofort nach Zusammentritt des Reichstags in Berlin eine Berathung abhalten. Wie die „D. R. E." hört, besteht die Absicht, derselben den neuen sächsischen Einkommensteuer-Entwurf zu Grunde zu legen, übrigens aber an dem Grundsätze festzuhalten, daß ein- und dieselben Ein schätzungen sowohl der vom Reiche, als der von den Particula» staaten und den Gemeinden zu erhebenden Steuer als Norm zu dienen haben. Im nahen Connex mit der ReichSsteuerfrage steht das Reichs-Bankproject. Mit merkwürdiger Liberalität ist der Entwurf frühzeitig zur Debatte gestellt worden, und jene Zeitungen, die wesentlich groß-finanzielle Politik treiben, vor allen jene an der wichtigen Handelsmetropole Frankfurt, kritisiren eingehend den Ent wurf. Die Nationalliberalen hätten es ain kürzesten befunden, wenn die Preußische Bank einfach auf's Reich ausgedehnt worden wäre. Auch die „Augsb. Allg.Ztg." plaidirt, noch dazu ziemlich ungeschickt, für diese Grundidee in anderer Fassung. Wir glauben indeß nicht, daß dieses KukukSei in die deutschen Staatsnester so ohne Weiteres eingelegt werden kann, — aber Vorsicht ist zu allen Dingen gut. Die „Frantf. Ztg." schließt eine Reihe trefflicher Artikel für eine von Preußen unabhängige Reichsbank mit einigen beachtenS- werthen Ziffern. Unsere Collegin meint mit den Worten Baghot'S: „Credit ist eine Macht, welche wohl wachsen, aber nicht construirt werden kann. Die, welche unter einem großen und festen System des Credit« leben, müsse» bedenken, daß wenn sie es zerstören, sie kein anderes sehen werden, denn es gehören Jahre auf Jahre dazu, einen Nachfolger dafür zu erziehen." Also will man gewiß nicht, daß alle Einrichtungen der Preußischen Bank negirt und in'ö Blaue hinein etwas Funkelnagelneues geschaffen werden soll. Aber von diesem jetzigen Reichsbankgesetz-Entwurf wird nach der Berathung desselben im Bundesrathe und im Reichstage wenig mehr übrig bleiben, als die von keiner Seite bestrittene und äußerst nothwendige Bestimmung, daß alle Noten an zwei großen Handelsplätzen einlös bar sein müssen, ferner die Beseitigung jedes ZwangScourses für Banknoten und die ganz zweckmäßigen Bestimmungen über das Verfahren bei etwaiger Nichteinlösung der Stolen. Die „Franks. Ztg." verwirft unbedingt den Maßstab der ungedeckten Notencircu- lation. In kurzer Zeit kann durch die Errichtung der Centtalbank, ohne daß man nöthig hätte, die erworbenen Rechte der bestehenden Banken in irgend einer Weise anzutasttn, dem Bedürfnis; genügt werden. Das Resultat würde sein, daß die Reichsbank den gesamm- ten Geldmarkt beherrschen und die Grundlage unseres ganzen Cre- ditsystems bilden würde; daß neben ihr sechs bis acht kräftigen und lebensfähigen Privatbanken ein Wirkungskreis verbleiben würde, während alle künstlich großgezogenen Banken und Bänkchen auf die 'Notenausgabe verzichten und sich in Depositenbanken nmwandeln müßten. Das Grundkapital der ReichSbank dürste auf 150 Millio nen Reichsmark festzusetzcn sein. Es wäre das immer erst die Hälfte des Kapitals der Bank von England, welches allerdings seit langer Zeit als viel zu hoch befunden wird. Die Anstalt hätte die ge lammte Organisation der Preußischen Bank zu übernehmen und es wäre», was die GeschästSbefugnisse, die unlimitirtcNotencirculation und ihre Deckung betrifft, die bisherigen Grundlagen beizubehalten. In die Hand der ReichSbank wäre die Einlösung des Rcichspapier- geldeS in möglichst kurzen Fristen zu legen, damit nach und nach die Verschiedenheit des Reichspapiergeldes beseitigt werde. Da» Kapital! zur Dotirung der ReichSbank wäre ausschließlich aus Reichsmittcln zu beschaffen. Zu diesem Ende hätte daö Reich rin Slnlehen von isoMillio- nen Mark zu 4 oder 4'/- Proc. auszunehmen und dieselben als Bank-Capital elnzuschlcßen. Der Reingewinn der preußischen Bank betrug in den letzten 5 Jahren in Reichsmark: Gew. d. Staats. Gew. d. Aktionäre. Zusammen. 18«',» 4,873,464 5,VOM) 10.373.4V4 1870 6,401,802 7.050ZOO 13,451,202 1871 6,745,305 7.380.000 14,125,305 1872 7.383.420 8.000.000 15.383.420 1873 11,365,038 12,000,000 23.365.038 zusammen 36,768,510 30,030,000 76.608,SlO durchsetz,littl. 7,353,704 7,^86,000 l5.330.704 Bei der Ausdehnung de» Geschäfts der preußischen Bank aus das ganze Reich würde dieser Gewinn, nach der BcvblkcrungS- zahl gerechnet, aut mindesten» 25 Millionen Mark per Jahr stei gen, eine Schätzung, die gewiß nicht zu doch gegriffen sein kann, nachdem im letzten Jahre der Gewinn der preußischen Bank schon 23,4 Millionen Mark betragen hat. Bon diesen 25 Millio nen Mark würden zur Verzinsung deö Bank-Anlehen- erforder lich sein 6-6»/» Millionen Mark, je nachdem die Aufnahme zu 4 Proc. oder 4V, Proc. erfolgen würde. Das Reich würde hier nach einen Reingewinn von 18'/»—lO Mlll.Mark zur Beringung haben, die hlnrelchen würden, um daö Bank-Anlehen in etwa 7 Jahren zu amortisiren. Nach Ablauf dieser Zelt würde daö Reich das ErträgnIH der Bank mit 25 MIU. Mark alljährlich in das Reichs - Budget einstellen und um soviel die Matricular- Beiträge vermindern können, waö einem Steuernachiah von 3 Mark per Familie glcichkommt. VolkSwirthschastlich ist eine ausschließliche Dotirung der Central-Bank mit NelchS-KapItal nicht nur aerechtlertlgt, son dern aul'ö Dringendste geboten, wenn man nicht fortfahren will, Privat-Aktionären allläbrklch einen nahezu mühe- und gefahrlosen Gewinn auö den Leistungen der Gesammthelt auSzu- bczablen. Ein solches Bank-Privileg kann nur alö ein Ausfluß der Münzhoheit betrachtet werben, was auch die Motive pro Gesetz-Entwurfes anerkemic», ohne indeß daraus die logischen Coniequcnzen zu ziehen. In dieser oder in ähnlicher Welse wird hoffentlich die Bank- Frage im deutschen Reiche endglltlg gelöst werden. Jede Fort- erhaltung deö jetzigen Zustandcö. jede Schöpfung rlucr NeicvS- Bank mit Gewährung des ausschließlichen oder halben Rcin- ErträguisirS an Prlvat-Aciionäre, wäre eine Ausbeutung der Gesammthelt zu Gunsten Einzelner, eine Versündigung gegen den gesunden Menschenverstand und würde in den Einzel-Staaten nie populär werden. L»c«keS «v» LSch fische-. 7^- Vorgestern Abend 5 Uhr hat sich S. A. Hoheit der Prinz Georg pr. Eisenbahn nach Grimma begeben, um. wie inan hört, das dasige Reiterregiment zu inspieircn, zu welchem Zweck« er auch noch die übrigen Neitergarnisonen nächstens besuchen wird. In Beglei- tmzg S. K. Hoheit befand sich Herr Rittmeister v. Löwenfels. — Fürst Bismarck ist am 13. d. 8*/, Uhr Abends mit Familie und Dienerschaft im eigenen Salonwagen auf der Kgl. Staatsbahn aus Kissingen auf dem Leipziger Bairischen Bahnhofe eingetroffen. Von dort aus ging's mittelst Verbindungsbahn auf den Berlin- Anhalter Bahnhof und um 9 Uhr dampfte Se. Durchlaucht nach Berlin weiter. — Wie wir hören, wird der Vorfall in dem hiesigen Leipziger Bahnhofe, der den Erbprinzen von Oldenburg betroffen hat, auf Antrag des Prinzen selbst amtlich genau untersucht, und darf man also den sich widersprechenden Darstellungen der Sache gegenüber den richterlichen Entscheid abwarten, bevor man sich ein selbstständi ges Urtheil bildet. Von einem angeblichen Augenzeugen wird fol gende mildere Schilderung des Vorgangs mitgetheilt und die oben angcdcutete Untersuchung wird hoffentlich die Wahrheit an's Licht bringen. Der „Augenzeuge" sagt: „Am Montag Abend kamen mehrere Herren nach dem Leipziger Bahnhofe und traten in die Re stauration ein. Einer der Herren ließ sich etwas Butterbrot» reichen und zahlte dafür mit einer größeren Münze, lehnte sich auch, da der Kellner nicht sofort wechselte, an das Buffet. Der Abgang des Zuges stand nahe bevor, der Fremde mahnte den Kellner an die Rückzahlung des zuviel erhaltenen Geldes, wurde aber von diesem unhöflich angcfahren und namentlich vom Buffet weggewiesen. Der Fremde sah sich nicht veranlaßt, einer solchen Weisung Folge zu lei sten; daraufhin rief der^Kellner den Wirth und dieser ging nun ohne Weiteres mit mehr als anzüglich en Redensarten gegen den Frem den los. Letzterer verbat sich Solche» wiederholt und gab dem aufgereg ten Gegner die Versicherung, er werde ihm, wenn er nicht schweige, eine Ohrfeige verabreichen müssen. Der Wirth fuhr ungestört fort, schwer beleidigende Worte auszustoßen, und erhielt nun wirklich die angedrohte Ohrfeige. Sofort erhoben der Wirth und das anwesmde Publikum ein Geschrei gegen dm einen wehrlosen Mann, der sich nur mit Mühe gegen thätliche Angriffe aller Art zu schützen ver mochte und den» erst ein dazu gekommener Offizier Bahn durch die Menge brach. Endlich erschienen Polizeibeamte, welche den Ver folgten gegen die Menge in Schutz nahmen, während der Wirth durch den Bahnhofsinspcctor zum Verlassen des Wartesaals veran laßt wurde. (?) Der Fremde, der sich den Beamten gegenüber ein fach als einen Offizier bezeichnet und durchaus keine bevorrechtete Behandlung in Anspruch genommen hatte, wie» sich später alö der gegenwärtig in Leipzig studirende Erbgroßhrrzog von Olden burg aus. Derselbe hat sofort selbst an zuständiger Stell« Anzeige über den Vorgang ge«,acht. Aus der ganzen Darstellung geht her vor, daß der so schwer Beleidigte und Verfolgte ein solches Auf treten des Wirthes sowohl, wie des anwesenden Publikums durchaus nicht provocirt hat." — Auf den» Berliner Bahnhofe der Berlin-Dresdner Eisen bahn sind in dm letzten Wochen die Arbeiten durch rastlose Tätig keit in erheblichster Weise gefördert worden. Da> Empfangsgebäude ist gänzlich unter Dach gebracht. Da» Bahnhofsgebäude ist, wie da» gegenüber liegend« JnterimSgebäude der Anhalter Bahn, nur in ! Bindwerk aufg«führt und vorläufig auf fünf Jahre Benutzung ver anlagt, innerhalb welcher die Direction eine der Neichshauptstadt würdige Einpfangshalle Herstellen zu können glaubt. Trotz der jetzigen angestrengten Thätigkeit wird aber doch die Inbetriebsetzung der Bahn schwerlich vor nächstem Sominer zu ermöglichen sein. — Vor Jahresfrist etwa war die SchimpansinMafole unseres Zoologischen Gartens die Heldin des Tages, alle Welt sprach von ihr, alle Welt mußte sie sehen. Das Interesse der großen Menge hat sich unterdessen naturgemäß etwas abgeschwächt und die Zahl Derer, die Mafokes,Feben und Wirken" unausgesetzt mit Liebe verfolgen, ist kleiner geworden, aber durchaus nicht ganz verschwun den. Zu allen Zeiten des Tages trifft man vor ihrem Käfige Be obachter und Mafoke kennt ganz genau die Physiognomien ihrer treuen Freunde, die sie daher auch oft s o verständnißinnig anschaut, daß eS gar Niemandm Wunder nehmen würde, wenn sie plötzlich zu sprechen anfinge. Jetzt legt sie sich bereits schon um 7 Uhr Abends ins Bett und hüllt sich in ihre Decke, während das kleine zu ihrer Unterhaltung mit im Käfig befindliche Aeffchen sich meist um diese Zeit noch ganz munter umher bewegt. Das Wichtigste ist momentan die Erziehung der beiden vor mehreren Wochen hier gebornen Lö wen, die sich sie werden von der eigenen Mutter gesäugt — recht gedeihlich entwickeln. Drollige Scenen erlebt man vor dem Käfig, in welchem ein Luchs und ein Aeffchen zusammengespcrrt sind. Die beiden Thiere leben, abgesehen von einigen Neckereien, die meist von dem lustigen und schadenfrohen Affen auf Kosten des Luchses ausgeführt werden, ganz freundschaftlich. Nicht minder unterhal tend ist der Besuch des Terrariums, welches jetzt reich und von den seltensten Reptilien und Amphibien belebt ist, namentlich wenn die Sonne auf die glänzenden farbenschillernden Häute der unheimlich schleichenden und kriechenden Thiere scheint. Betrachtet man so eine Schlange oder Eidechse, die da stundenlang mit in die Höhe gehobe nem Kopfe starr nach einer Stelle blickend, daliegen kann, so er schrickt man förmlich, wenn das Thier aus irgend einen, Anlaß pfeilschnell davon saust. Geräuschlos gleitet die Schlange in kurzen Ringen fort und ebenso unhörbar läuft die grünleuchtende Eidechse über den Sand, das Moos und die Felsen. 'Nur die Frösche und Kröten verharren bei alledem in ihrer philosophischen Ruhe und starren mit ihren breiten Mäulern und glotzigen Augen anscheinend ins Leere, bi» irgend eine Schlange Appetit empfindet und den rünen Naturphilosophen verschlingt, was ihm, wie es den Anschein at, auch nicht aus der Ruhe bringt. Ueberdies sind die Thiere nicht allein komische Gesellen, auch unter den Besuchern zoologischer Gär ten giebt es sonderbare Käutze. Soll doch neulich ein solcher Gott- lieb von dem Bärenzwinger gar nicht fortgegangen sein und bis spät Abends gewartet haben, bis er denn endlich, befragt, warum er denn gar nicht gehe, erklärte, er warte immer auf den Kometen, der sollt« doch zwischen dem großen und den kleinen Bären zu sehen sein! — Gestern früh wurde an der Schnorrstraße zwischen dem Bismarckplatze und der neuerbauten russischen Kirche an einer Planke ein unbekannter Mann aufgefunden, der sich mittelst eines bei ihm Vorgefundenen doppelläufigen Terzerols durch einen Schuß in die Stirn getödtet'hatte. Der Befund dcrLeiche soll dafür sprechen, daß der im Alter von 25—30 Jahren stehende Unbekannte sich bereits am Abend zuvor entleibt hat, es wird aber der Schuß um deswillen nicht gehört oder beachtet worden sein, weil auf dem Bergkeller vor gestern Abend Concrrt stattgefundcn und darauf Feuerwerk abgebrannt worden ist. Ueber die Persönlichkeit des unbekannten Selbstmörders hören wir, daß er ein mit dem Zeichen LI. versehenes Hemd getragen und das Aussehen eines Gewerbtrcibendcn gehabt haben soll. Auf fällig soll di« gelbliche Färbung der Haut am ganzen Körper ge wesen sein. — Vorgestern Nachmittag gegen 3 Uhr, kurz vor Abgang des Leipziger Zuges, wurden einem kleinen Mädchen iin hiesigen Bahn hofe beim Verschließen der Waggonthüre die Finger der einen Hand eingequetscht und einer derselben ganz zerdrückt, so daß die beiden Damen, welche das Kind bei sich führten, wieder aussteigen und noch hier ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußten. Eine Fahr lässigkeit lag hier unzweifelhaft zu Grunde, entweder von Seiten der Damen, welche das Kind bei sich führten, oder von Seiten des thürschließenden Schaffners. — Am Donnerstag Nachmittag in der fünften Stunde ist eine Frau auf der Hauptstraße von einen, einspännigen Americain, der vom Bautzner Platze her schnell herangcfahren ist, umgeriffen und überfahren worden. Die Frau ist zunächst mittelst Droschke nach ihrer Wohnung in der Markgrafcnstraße und von dort am an deren Morgen, nachdem sich ergeben hatte, daß die ihr zugefügtc Verletzung an dem einen Beine eine erhebliche ist, nach dem Stadt krankenhause geschafft worden. — Ein erst löjähriges Mädchen war zur Vogplwiesenzeit aus der elterlichen Wohnung entwichen, um ihrem Hange zun, Leichtsinn und zur Liederlichkeit, den ihre Eltern in don nöthigcn Schranken zu halten sich bemühten, ungestört auf der Vogelwiese fröhnen zu kön nen. Um sich die Mittel zrim Leben zu verschaffen, stieg sie einige Tage später zu nächtlicher Weile durch ein unverschlossenes Fenster in die Wohnung ihrer Eltern ein, stahl ihrem Vater einen vollstän digen, neuen, aus Rock, Hose und Weste bestehenden Anzug und verkaufte denselben. Vorgestern Nachmittag endlich, nachdem sie bisher vergeblich überall gesucht worden war, traf sie ihr Vater in der Wilsdrufferstraße, ließ sie sofort arretiren und sieht sie nunmeb- ihrer Bestrafung entgegen. — Gestern früh ging ein vor einen Wagen gespanntes und mit demselben gerade unter einem Bogen der alten Elbbrücke dicht am Blockhause haltendes Pferd, welches durch das Raffeln eines über di« Brücke fahrenden Omnibusses scheu geworden war, durch, lief mit dem Wagen durch daS BlockhauSgäßchen hinauf und in die große Meißnrrgafl« hinein, wurde dort aber noch glücklich aufgehaltey, ehe «V Schaken angerichtet hatte. Der Wagen, welchen es hinter sich hpgyogrn Hatz »st zum Theil beschädigt worden.
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