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L Richter geführt. Carl Friedrich Lüttig steht vor unS, ein yoch junger Mann, der 250 Thaler brauchte und deshalb einen Wechsel ausflellte, den er mit dem Namen eine- Andern unter schrieb. Er ging zu einem hiesigen Agenten und wollte Geld haben, aber Geld war nicht gleich da, und schon Nachmittags reuete ihn die That, das heißt, er sah ein, daß er bestraft werden würde, weil er einen Wechsel mit fremdem Namen hingegeben. Er lief sofort zu dem Agenten und bat sich das Papier wieder auS. Der sagte aber, er habe das Papier nicht mehr. Jetzt kriegte der heut beschuldigte Lüttig erst recht Angst und um den Be teiligten keinen Schaden zuzusügen, machte er noch ein Papier, aber leider in derselben Weise — er wollte bloS „decken." Und so gerieth er in's Verderben. Es kam zur Anzeige, Lüttig deckte Alles mit Hypotheken und so stellte sich der eigentümliche Um stand heraus, daß der Angeklagte gar kein Geld bekommen, sondern im Gegenteil noch Geld bezahlt hat, er also der V-rlustträger von 250 Ahlen, allein ist. Und deshalb wird er bestraft. Freilich ist dir Sache gering, aber sie ist nicht abzu wenden. H-rr Staatsanwalt Heinze selbst sprach mehr für, als gegen d u Angeklagten. Er sah das Ganze als beendig ten Versuch des Hreditbetrugs durch Fälschung an Herr Advo- cat Robert Fran.cl aber bekämpfte diese Ansicht und war der Meinung, daß der Versuch des Betrugs zum nicht bendigten da durch heravgelunken sei, daß der Angeklagte durch Widerruf seines vorherige, Auftrags zuw Geld verschaffen, zum Wechselverkauf, Alles gothan hätte, was zur Vermeidung des vorher beabsich tigten Ersot'» erforderlich gewesen. Hier kommt der Artikel 42, Absatz 1 des Etrafgchtzbuchs in Betracht. Der Gerichtshof nahm lmbeemchten Versuch an und der Beschuldigte erhielt 5 Monate Gefänoniß. —-f Ern eigentümlicher Diebstahl fand neulich in der Kceuztirche statt, der wohl mehr aas Leckerei und Schabernack, als aus Smlcchngkeit verübt wurde. Die Frau des Kirchners haite ihrem Eyemanne, eine Crdbcerschaale an einen stillen Ort in der Kirche aes-tzt. An diesen Erdbeeren hatte sich aber schon ein Anderer erquickt; denn als der Kirchner darnach langen wollte, war Alles verschwunden. — Auf der Nordstraße fehlte seit ungefähr 8 Wochen die Brücke über v e Prießnitz, welche jetzt vom Stadtrathe gebaut worden ist und zwe.r eine schmale Holzbrücke. Auf der rechten Sme, vom Exercierplatzo aus, war in Folge dessen vom Publi kum rte Tafel angebracht mit großen fetten Lettern: „Diese, am 8. Juli 1864 fertig gewordene Brücke wird dem Schutze des Publikums empfohlen!" Liese Schrift war mit einem Eicher,- kranze umgeben. Ferner auf der andern Seile auf einer kleinen Siangs war eine kleine Holztafel mit folgenden Versen ange bracht: „Schonet recht die neue Brücke; Denn von Holz ist sie gebaut, Doch der Passagiere Blicke Stimmen in den Jubel laut: Dank dem Skadtrath. der uns schenket Diese Zicrd' am Pueßmtzstrand, Und das Publikum gedenket. Stets der großen Meisterhand Tic sie in den Sand versenket; Nor- und Süd reicht sich die Hand!" Feuilleton. * Durch die am .10 o. M. criolgt-n militairischcn Beförderungen in Preußen wurde» ernannte zu Generalen 7 Adlige, kein Bürgerlicher; zu Geircral-LrcukeiraittS tl Adlige, kein Bürgerlicher; zu Generalmajor» 87 Adlige, 4 Bürgerliche; zu Oberste» der Infanterie 24 Adlige, 2 Bür gerliche; zu Obersten der Cavallcrie 8 Adlige, 1 Bürgerlicher; zu Oberst- lieutenüiiw der der Cavallcrie 10 Adlige, 2 Bürgerliche. Summa 147 Adlige, 12 Bürgerliche. * I» Breslau hat sich ein Aliillciieunteroffizier von der 4. 6pfün- digen Batterie ans schreckliche Werse das Leben genommen; dic Selhstenl- leibiing erfolgte in dem Gcsckützschuppen auf dem Bürgerwerder durch ei nen «schuß aus einer Haubitze, die mit einer siebenpfündigen Granate von dem Unteroffizier selbst geladen war. Das Geschoß traf den Un glücklichen in die Brust, die er der Mündung entgegengchalten, wobei er augenblicklich seinen Tod sand. * Der Gciriäldcken ncr. In einem reizend gelegenen Dorfe starb eine Dame ans der Stadt, die daselbst eine Somnierrvobnuirg inne hatte Der Dorfrichtcr, welcher ihr Nachlaßverzeichniß anfeitigie, schrieb"unter die Rubrik „Gemälde" pur folgendes, 1. „Ein Bild, woraufein heiliger Engel mit einem Fiedelbogen, daneben «in großer Pudel." — Und was stellte daS Gemälde vor? Es war Amor neben einem Löwen. Bei dem zweiten Bild erging «s ihm nicht besser; er schrieb: „Ein neckendes Weibsen, das von einer bösen Gans gebissen wird." Und diese- Bild war: „Leda mit einem Schwan." * Mehrere der größten Industriellen Berlins —man nennt die Na men der Herren Borstg, Pflug und Egels-haben sich gegenseitig durch Ehrenwort verpflichtet, alles für ihre Fabriken erforderliche Material, das sie bisher aus London bezogen, nur aus dem Jnlande zu beziehen. Oas Dpfer — denn so lange fl« einzelne Artikel in Jnlande lheuer be zahlen müssen, ist es ein großes Opfer — das diese Herren bringen, ist um so anerkeirncnüwcrlher, als bekanntlich ein aller Satz besagt, daß di« Industrie wegen ihres cosmopolilischen Charakters sich nicht um politische Sympathien oder Antipathien zu kümmern, sondern jedwedes Nalur- oder Kunstproduct von da zu beziehen habe, wo es am Billigsten zu haben in. Der Ausfall, den der englische Handel dadurch erleidet, daß unsere großen Etablissements ihren Bedarf an Kohlen, Erzen, Lack u. a. m. im Jnlande decken, ist gewiß sehr bedeutend» und wird wahr scheinlich — wir wollen dies hoffen — ein bleibender Gewinn für unser« Produccntcn und Fabrikanten. Gelingt es Letzteren, den Nachweis zu führen, daß ihre Producte und Fabrikate mit der Zeit den englischen an Güte und Billigkeit nicht ncchstchcn, so ist kein Grund mehr vorhanden, die Millionen, die bisher ins Ausland gewandert, auch ferner über den Canal zu schicken. * Seit einiger Zeit sind wieder gewisse Agenten außerodcntllch thätig, um den Strom der Auswanderung, der bisher über Bremen und theil- wer'se auch über Hamburg ging, über Antwerpen zu lenken, indem ihm» die Verwicklungen mit Dänemark, welche die Expeditionen von deutschen Häfen aus schwierig und unsicher macken, vortrefflich zu Statten kommen. Die meisten dieser armen Auswandrer sind dazu bestimmt, um in die nord- amerikaiiischc Armee gesteckt zu werden, zu welckcm Zwecke man sie auf eine eben so betrügerische, wie gemeine Weise preßt. Man läßt sie einen in englischer Sprache verfaßten Contract doppelt unterschreiben, und zwar befindet sich auf der eine» Hälfte der Contract, wodurch sie sich zu jeg licher Arbeit dort drüben verpflichten, und daneben auf der anderen Hälft« eine Quittung über bezahltrs Handgeld. Auf diese Weis« können die armen Lerne, von denen fast kein einziger Englisch versteht, auf der einen Seite bei ihrer Ankunft dort drüben coniractlich gezwungen werden,' in die Armee einzuirelen, aus der anderen Seite werden sie durch die geleistete Quittung auf dre schmählichste Weise um das Handgeld betrogen. Auf dem Bureau eines Anlwerpcmr Consulats sind in den lrtzlcn Tagen mehr wie 20 junge Leute gewesen, die vom Cvrrsul Abhilfe gegen diese schrei ende Unaer/chiigkeit verlangten, welche ihnen erst hier zu Ohren gekommen war. Ein glaubwürdiger Augenzeuge erzählt, daß jüngst eine Schaar dieser armen Opfer über einen der Agenten hergefallcn und nur durch die Dazwischcnkunft der Polizei von grober Mißhandlung abgehalten worden sei. (K. Z.) * Eine nicht mehr zeitgemäße Inschrift. Links vom Hauptlhsr des Landhauses in Graz befindet sich eine Lasel mit folgender Inschrift - „Mit der sürstl. Durchlaucht Erzherzogs Carl zu Oesterreich, unseres gnädigsten Herrn und Landesfürsten gnädigsten Vorwiffen, Wissens, und radification hat Ein Er. Hochlöbl. Landschaft dieses Herzog« lhums Steyers im Landtage unter andern auch dahin beschlossen und Befehl gcthan, das Niemand wer es auch sein mag sich untersteht, in diesem hochgesreiten Land Haus zu rumoren, die wöhr, Tolch oderBrod« messer zu zucken, zu balgen und zu schlagen, gleichfalls mit anderen Wöhren umgebühr zu üben oder Maulstreich auszugeben, sondern hinnen aller Gebühr, und Bescheidenheit mit Worthm und werken zu gebrauchen, welche aber darwiederhandeln, das dieselben nach Gelegenheit ihre« Ver brechens an Leib und Leben unnachlässig sollen gcstraffet werden, darnach sich mäniiiglich zu richten. ^ctum Graz, den 20. Februari 1588. Kenov-Uum, den 12.. April 1694." ' Der St e p ha n sthurirr der höchste Thurm Europas,' Bis jetzt war Straßburg stolz darauf, an seinem Münster den höchsten Thurm Europas und der Welt zu besitzen, indem die Höhe desselben 449 Fuß beträgt, während die Höhe des ihm zunächst gekommenen Stcphansthurmcs in Wien nur 439 Fuß betrug. Nun aber wird Wien Slraßburg diesen Rang mi! Recht streitig machen. Der neu aufgeführtt Stephansihurm wird um 15 Fuß höher gegen früher werden, folglich 454 Fuß messen und somit den Straßburger um fünf Fuß überragen. De» Ruhm, den höchsten Thurm Europas und der Welt zu besitzen, wird nun Wien in Anspruch nehmen können. * In diesen Tagen wurde dem Kaufmann Schütz in Berlin di« Summe von rSOOO THlrn. gestohlen, die Diebe indrß sogleich entdeckt, und die gerettete Summe dem Bestohlenen, als auch er sich auf der Wache einsand, von dem Rcvierlieutnant auSgehändigt. Dabei bemerkte dieser Beamte, daß die Rettung allein dem Nachtwächter zu verdanken und daß die Sachlage wohl zu einer Belohnung desselben angethan sei. Ander- dachte jedoch der Bestohlene, denn er bemerkte, daß er dem Wächter monatlich 10 Ngr für die besondere Ueverwachung seines Hause- gebe, daß dieser daher gar nichts Außerordentliches gethan habe, als er di« Diebe ergriffen, zu einer Exttagratificalion mithin auch nicht der geringste Grund vorhanden sei! Sprachs und entfernte sich mit seinen vollen 13,000 Thalern. * „Sie haben einen GH gemacht!" sagte neulich ein Zuschauer beim Billardspiel zu einem der Spieler. Da enlgegnete ihm solcher! Da» ist nicht möglich,' denn schon vor langer Zeit sagte immer mein Vater zu mir: Du verstehst weder Gix noch Gax!" ,