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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 31.01.1913
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1913-01-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19130131021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1913013102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1913013102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-01
- Tag 1913-01-31
-
Monat
1913-01
-
Jahr
1913
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Lresdnek Nachrichten -.Ä'ß,- Nr. rs kunstSperspekttven beleuchtet." — Das „B. T- erklärt gleichfalls die Aeußerung. falls sie so gelautet habe, für er» freulich. — Die „Voisische Zeitung- erklärt ebeusalls: »Da« i,1 ein klares Wort. das seinem Wesen nach sich voll- kommen mit der Tendenz der Berliner leitenden Kreise deckt. Hält man es mit den lrtzttägigen Aeußerungen der offiziösen Preßorgane in Wien und Budapest und mit denen italienischer Blätter zusammen, so ergibt sich zwang los die Stellung des Dreibundes einer künftigen, ans Asien gestellten Türkei gegenüber." Auch eine beachtenswerte italienische Stimme äußert sich in dem gleichen Sinne. Wie bereits einem Teile der Leser gemeldet, schreibt in der Turiner „Stampa" der Abgeordnete E i r m eni, daß die diplomatischen und ge schäftlichen Erfolge Deutschlands in Konstantitiopel Beifall verdienen, ivetl sie die auch für Italien bedrohlichen Ab sichten Rußlands. Frankreichs und Englands aus Klein asien durchkreuze». Italien müsse entschlossen eine gleiche Politik wie Deutschland verfolgen, demnach auch an dem Standpunkt des Dreibundes iu der Frage der Aegäischen Inseln festhalteu. unbekümmert »m etwaige antiitnlienische Kundgebungen in Athen. I Die neuesten Drahtberlchte lauten: Die Atttworlnole der Pforte. Konstantinopel. sReuter Meldung.) Die Ant wort der Pforte auf die Rote der Macht c ist heute vormittag überreicht worden. Berlin. lPriv.-Tel.) Die Direktion der Deut schen Orientbah» erhielt von dem Direktor ihres Konstantinopler Hauses, Geheimen Legativnsrat v. Hart mann, folgendes Telegramm: „Die Antwort der türkischen Regierung ist wider Erwarten günstig. Sic bietet den Bulgaren die Hälfte Adrianopels an." London. lPriv.-Tel.) Der Abbruch der Friedensver handlungen und die Kündigung des Waffenstillstandes seitens Bulgariens sind vor der ttcberreichu n g d e r Antioort der Pforte auf die Kvllektivnotc der Mächte erfolgt. Man schreibt dies in hiesigen politischen Kreisen der Befürchtung der Balkanstaaten zu, daß die Türkei ein Kompromiß vorschlaget und daß dann die Großmächte viel leicht einen Druck ans die Balkanstaaten ausüben könnten, um diese zum Nachgeben zu bewegen. Der Großwesir Mah mud Schesket Pascha sagte in einer Unterredung mit dem Konstantinopler Korrespondenten des „Dailn Ehrvnicle": „Die Antwort auf die Kollcktivnote der Mächte wird mor gen. Donnerstag, überreicht werden, und ich kann sagen, sie wird gut sein und jedermann befriedigen. Wir haben in der Lösung der Adrianvpel-Fragc den einzig möglichen AuSweg gefunden. Mit gutem Willen auf beiden Seiten wird diese Lösung einen dauernden Frieden vorbereitcn. wenn nicht, so wird eS eben wieder K rieg geben." ^ Kein rumänisch-österreichischer Gehetmvertrag. Wien. Die anläßlich einer Unterredung mit ücm Duma- abgeordnetcn Miljukoff in einem Wiener Blatte wieüer- gegebenc Behauptung, daß ein r u m ä n i s ch ° öster reichisch-ungarischer Ge h e i m v c r t r ag vom Jahre 1900 bestehe, ist, wie die „Pol. Korr." von maßgebender Seite erfährt, vollständig erfunden. Ein solcher Vertrag hat nie existiert. Neueste Zrahtmeldungen vom 30. Januar. Ablehnung d«S Petroleumreichsmonopols in der Kommission. Berlin. lPriv.-Tel.) Die L e u ch t ö l - K o m m i s s i o n des Reichstages beendete heute die erste Lesung und kam zu einem negativen Ergebnis. In der vorangegangc- nen Debatte gaben die Konservativen ihre Stellung dahin bekannt, daß sie sich nicht ans einzelne Organisationsfragen binden möchten, aber die Beteiligung deS Kleinhandels an der Organisation in erster Linie wünschten. Bei der Ab stimmung über den grundlegenden Paragraphen 1 wurde durch eine Mehrheit aus Zentrum. Konservativen und Nationalliberalen und einem Teil der Vvlkspartci das kon servative Amendement angenommen, dem ersten Absatz des ersten Paragraphen über das Einfuhr und Herstellungs- monopol des Reiches hinzuznsctzen: „jedoch so, daß an der Ausübung dieser Erfordernis die Wiederverkäufe! von Leuchtöl. soweit sie sich zu einer einheitlichen rechtsfähigen Organisation zusammenschließen, zu beteiligen sind." Bei der entscheidenden Abstimmung über den ersten Sah des 8 1. Monopolbefugnissc des Reiches für die Einfuhr und Herstellung von Mineralölen, stimmten infolgedessen die Sozialdemokraten mit dem Zentrum gegen diesen Ab satz, womit in erster Lesung der ganze Gesetzent wurf gefallen ist. Nach einer längeren Gcschästs- ordnungsdebatte, in der insbesondere das Zentrum in dem soeben gefaßten Beschlüsse Sic gänzliche Erledigung der Vorlage erblickte, entschied man sich doch dafür, in eine zweite Lesung cinzntrcten. und wählte ans Vorschlag von fortschrittlicher Seite den Ausweg, über Einleitung und lleberschrist noch gesondert abzustimmen und diese ohne den Text des Gesetzes anzunehmen. Damit ist die Möglichkeit zu weiteren Verhandlungen offen, die deshalb erwünscht sind, weil eine wirkliche Abstimmung über den Grund gedanken des Entwurfs, nämlich das Eingreifen des Reiches, wofür offenkundig eine Mehrheit in der Kommission besteht, nicht erfolgt ist. A«» der S«hl»rtts«»«»r»»«iM»,. VerU». Die Sahlprvs«ngsko«mlsst»n de» Reichstage» erklärt« in ihrer heutigen Sitzung die Wahl de« Abgeordneten Kölsch sntl.« Baden 7) einstimmig sür un gültig,. Der «e»»rte«r»ckga», l« Dentschlan». VerU«. In der gestrigen Abendsttzung der Bud- getkommtssion de« preußische» Abgeord netenhauses wurde dt« Frag« des Geburtenrück- ganges besprochen. Der Minister de» Innern erklärte: Um den Gründen für den Geburtenrückgang nachzugehni. seien Erhebungen eingeleitet worden. Die Berichte 'eien zwar erst teilweise eiuaegangen. Aber jetzt schon könne ge- sagt werden, daß nicht ungenügende Lebenühal- tung der Grund sei. sondern daß eine gewollte Sr. scheinung vvritege. Di« von der Kommission grwünkchte Erhöhung des zur Förderung de» Hcbammenwesrns auS- geworfenen Betrages wurde einstimmig angenommen. Berlin. lPriv.-Tel.) Der Kaiser stattete heute vor mittag dem Reichskanzler v. B «th m an n-Ho l l w e g im Reichskanzler-PalaiS einen längeren Besuch ab. Berlin. An Stelle des Prinzen Oskar wird Prinz Eitel Friedrich zur Taufe deS jüngsten KindcS deS Thronfolgers von Rumänien nach Bukarest entsandt werden. Berlin. Der Inhaber der Firma Otto Krüger Nachs. Georg Küste ist unter dem Verdachte des Warenschwindels und betrügerischen Bankrotts verhaf tet worden. Berlin. Bet einem heftigen Zusammenstoß zwischen einem Straßenbahnwagen und einem Feuerwehr- wagen an der Kreuzung der Sebastian- und Prinzenstraße wurden der Brandmeister v. Fricken und ein Feuerwehr mann schwer, sowie ein weiterer leicht verletzt. Pößneck. In der Flancllfabrik von Fischer ».Geige ist heute vormittag ein Dampfkessel explodiert. Ein Feuermann wurde getötet: drei andere Personen wurden sehr schwer verletzt. Könlgrtage in Leipzig. Se. Majestät der König fuhr heute, Donnerstag, vor mittag mit Begleitung kurz vor S>» Uhr bet der Riebeckschcu Aktieubierbrauerei in der Mühlstraße in Leipzig-Reudnitz vor, um eine Be sichtigung des Werkes vorzunchmen. Auf dem Hofe der Brauerei hatten sich die Iubilare der Gesellschaft, von denen jetzt noch 50 im Betriebe tätig sind, versammelt. Sämtliche Geschirre der Brauerei hatten Ausstellung ge nommen. Nach Begrüßung durch die Herren des Vor- standes wurde unter Führung des Direktors Reinhardt ein Rundgang durch dir Räumlichkeiten anaetrctcn. Der König besichtigte zunächst die Mälzerei. Direktor Rein hardt gab dort in einer kurzen Ansprache einen Rückblick über die Entwicklung der Brauerei und erklärte den Her gang der Biererzeugung. Es wurden sodann auf dem weiteren Rundgange die Gerstensilos, der Weichsaal mit 14 Weichen, deren jede einen Waggon Gerste faßt, und die mechanisch-pneumatische Mälzerei eingehend in Augen- schein genommen. Daran schloß sich ein Besuch der Kessel anlagen und der großen Eismaschine, ferner der umfang reichen Lagerkeller, in denen 79l>00 Hektoliter Bier ständig ans Lager gehalten werden, der Kühlräume. sowie des Maschinenhauses. Zum Schluß fand dann noch das mit den zurzeit größten Brennapparaten der Welt ansgestattctc Sudhaus eingehende Würdigung. Der König nahm mit Interesse das Gesehene zur Kenntnis und sprach wieder holt seine lebhafte Befriedigung ans. Den Güsten wurde lnerauf ein Imbiß gereicht. Bei der Verabschiedung hatte sich das gesamte Personal aus dem Hofe ver Brauerei ver sammelt und brachte den hoben Besuchern eine begeisterte Huldigung dar. Um 1k Uhr fuhr der König mit Begleitung nach der Universität. um hier eine Vorlesung des Professors Dr. Alt bau s zu hören, der über das Thema „Ter christliche Gottesbegrisf im Kampfe mit der Moderne" sprach. Morgen, Freitag, vormittags 9 Uhr, wird der König den Ausschuß der Deutschen Turnerschast, ver treten durch den Geh. Sanitätsrat Dr. Goetz in L.-Lin- denau. und den Hauptausschuß zur Vorbereitung des 12. Deutschen Turnfestes in Leipzig, vertreten durch den Stadtvcrordnctenvorstchcr Iustizrat Dr. Rothe-Leipzig, sowie den Vorstand des Königlich Sächsischen Militär- vereinsbundcs, Bezirk Leipzig, bestehend aus dem Kaufmann Otto KÄntzel, Bernhard Haubold, Theodor Barthel, vriv. Sattlermeister Hermann Ersclius und In spektor Eugen Schatte, im Königlichen Palais in Audienz empfangen. Sertliches und Söchfifches. Dresüen. 30. Januar. —* Se. Majestät der König wird sich morgen vor mittag 9 Uhr 42 Min. von Leipzig zu einem kurzen Be suche des Herzogs von Sachsen-Altenburg nach Altenburg begeben und 5 Uhr 20 Min. nachmittags nach Dresdcn- Hauptbahnhof zurückkehren. -* «i»e größer« voIsestlichk.it del« Stoat»«t«i»er «rose» Vitzttz«« « »ckstädt findet morgen Freitag, abend» ^ü Uhr. im Mtnisterhotel in der Seestraße statt, »u brr auch der König sein Erscheinen in Aussicht gestellt hat. —» Dem Direktor d?A Küntgl. Grünen Gewölbes Pro- fessor Dr. Tponsel wurde da» Ritterkreuz 1. Klasse vom Verdienstorden verliehen. —* Der König hat genehmigt, baß der «anmetkter Sobre in Berlin den preußischen Roten Ablerorten ». Klasse annehme und trage. —* I» de« Va«desa«»sch»ß sür Krüppelsürsorg« wurde an Stelle des Majors a. D. Kammerherrn v. b. Decken, welcher sein Amt ntedergelegt hat, ber Präsident »a. D. Earl v. Kirchbach in Dresden bernsen. —* Am 28. d. M. verstarb aus seiner Besitzung Ist Bauern der König!. Sächs. Oberstleutnant z. D. Freiherr v. Zedlitz »ach kurzer Krankheit. Sr hatte den Feldzug von 1870 beim Breslauer Grenadierregtment Nr. 11 mit- gemacht, trat später in sächsische Dienste und gehörte lange Jahre dem 2. Grenadierregtment Nr. 101 an, sowie später als VatatllonSkommandeur dem Infanterieregiment „Kron prinz" Nr. 104 in Chemnitz. Der Verstorbene war «ine in Militär- und Gesellschaftskreisen sehr bekannte und beliebte Persönlichkeit. —* Die Internationale Ua«sacha«Sstell»ng Leipzig 1tzt> soll Sonnabend d e n 3. M a t, also unmittelbar vor Pfingsten, eröffnet werben. Der feierliche SrüffnungSakt wird in Gegenwart des Protektors der Ausstellung, Seiner Majestät des Königs, im großen Kupprlsaale brr Halle für Bau. und Raumkunst vollzogen werden. —* Die Gewerbekammeru Sachse«» sind heute in Plauen unter dem Vorsitz der Gewerbekammer Plauen zu »einer außerordentlichen Tagung zusammenaetrete«, tu der zu verschiedenen das Kleingewerbe betreffenden Frage», insbesondere zu dem Entwurf eines Reichsgesetzrs über den Verkehr mit Leuchtvl. dem Bezug auslän dischen Fleisches durch die Gemeindeverwaltungen und seiner Wirkung auf das Kleischcrgewerbe Stellung ge nommen wurde. —* Die erste» Beiträge für bi« Angestellteuversichepung werden am 31. Januar füllig. Sie sind regelmäßig von den Arbeitgebern im Wege des P o st s ch e ck v e r s a h r e n s auf das Konto des Direktoriums der Reichsversicherungs anstalt für Angestellte in Bcrlin-Wilmerödorf (für den Be zirk Dresden: Kontonnmmer 30 014) bis zum 15. des fol genden Monats einznzahlen. und zwar mittelst besonderer Zahlkarten. die bei den Postämtern zu haben sind. Vor oder spätestens bei der ersten BeitragSentrichtung müssen die Arbeitgeber „U eb e r si ch te n" l-Nachweisun- gcn") über die von ihnen beschäftigten ver sicherten Angestellten und über die fälligen Bei träge an die Reichsoersichcrungsanstalt iBerlin-Wilmcrs- dorf. Hohcnzollerndamm) einsenden: die erforderlichen Vordrucke hierzu sind am bequemsten in den Stadt- bczirksinspektioncn lund auch bei der Ausgabe stelle für die Angestelltenversichernng im Reuen Rathause, 2. Stock. Zimmer 228) unentgeltlich zu entnehmen. Mit diesen Vordrucken wird ein „Merkblatt" ausgehändigt, das die wichtigsten Bestimmungen über die Beitragsentrlll^ tung und die Einreichung der „Uebcrsichtcn" enthält. Die näheren Vorschriften hierüber sind auch in einer amtlichen Bekanntmachung des hiesigen Versicherungsamtes vom 4. Januar dieses Jahres zusammengcsaßt. —* Der Senat der Königl. Technische» Hochschule hat sich gestern abend in einer längeren Sitzung unter dem Vorsitze des Rektors Geh. HofratS Prof. Dr. v. Meyer mit den Differenzen beschäftigt, die zwischen den Kor porationen der Hochschule und der Freien Studentenschaft «uSgeürochen sind. Gleichzeitig wur den die Mitteilungen, die in den letzten Tagen über diese Differenzen in einigen auswärtigen Blättern erschienen sind, mit besprochen. Hierbei wurde fcstgestellt. daß Liese Mitteilungen vielfach übertrieben sind und daß sie auch mannigfache Unrichtigkeiten enthalten. Der Senat beschloß, dem Ministerium des Innern über die ganze An gelegenheit einen Bericht zu erstatten. Ferner soll durch eine BcrtraucnSperson versucht werden, einen Ausgleich zustande zu bringe». - * Elsenbahnfahrten von Schule« oder Iuge«d» abteilungen. Die Generaldirektion der Sächsischen Staats- ciscnbahuen hat bekannt gegeben, daß vom 1. Februar an eine Anzahl sächsischer Züge an bestimmten Tagen für einzelne Strecken ganz oder zum Teil von der Benutzung für Schulfahrten oder Fahrten im Interesse der Jugend pflege ausgeschlossen wird. Ein Verzeichnis, das über de» vorläufigen Umfang dieser Ausschließung Aufschluß gibt» wird auf allen sächsischen Stationen ausgehängt. — Der Allgemeine Handwerkerverei« veranstaltet im Winterhalbjahr allwöchentlich Vortragsabende, die er, abgesehen von dem wissenschaftlichen Werte, auch aktuell zu gestalten weiß, so war der am letzten Dienstag im Weißen Saale der „Drei Raben" abgehaltene Vereins abend der Faschingsstimmung gewidmet. Herr Richard Dufki-Wcgner aus Berlin sprach vor einer zahl reichen Zuhörerschaft über das zeitgemäße Thema: „Deut scher Humor in alter und neuer Zeit". In den verschiedensten Lebenslagen sei der Humor allezeit ein goldener Sonnenstrahl für unser Gemüt, der höchst an regend auf den Menschen einwirkt. Der Humor sei daher von Dichtern und Schriftstellern immer gepflegt worden, selbst in der schwersten Zeit, Sic unser Vaterland durch zumachen gehabt habe. Der Vortragende griff zurück bis überzeugt, daß es dabei ungemein lustig und belustigend zugeht. Nur selbst mitmachen darf man diese „übcr- schäumcnde Lustigkeit" nicht. Sonst ist man schnell von diesem Aberglauben kuriert. Gewiß, es gibt darunter manche ganz unterbauende Festlichkeit, cs kommt auch liier und da ein guter, fröhlicher Einfall zum Vorschein. Aber im allgemeinen kennt mail am Strand der Spree nicht jenen ul'prüuglicheii Humor, dem eine köstliche Gottcsgabe nicht künstlich nachgcniacht und nicht krampfhaft angelernt werden kann. Plan hat ibn oder hat ihn nicht. In unserem Vatcrlande hat ihn der Kölner und der Münchner, allen sallc- auch der Mainz er und manch anderer zwischen Rlicin und Ruhr. Aber der Berliner hat ihn aanz sicher nicht. Der hat vieles sonst, namentlich einen schlagfertigen 'Witz, der auslachen, aber nicht heiter macht, lieber Gott und die Welt macht sich der Sprceathcncr lustig. Aber echte Lustig keit, die ans die ganze Umgebung ansteckend wirkt und alle, die ihr nahe kommen, unwiderstehlich i» ihren Bann zwingt, kennt er nicht oder doch nur io ausnahmsweise, daß sie sür öffentliche Feste gar nicht in Betracht kommen kann. Das liegt wohl an der Umwelt, die derart vom Hasten und Lärmen erfüllt ist. daß da niemand zu einer ruhiacn, be- baglich genießenden Stimmung gelangen kann. Daraus erklärt cs sich auch, daß Süd- und Westdeutsche, die hier längere .seit leben und wirken, gar bald ihre angeborene Heiterkeit einbüßcn, wie denn überhaupt Berlin die über raschende Fähigkeit besitzt, sich die verschiedenartigsten Ele mente. die aus allen Teilen des Reiches und mehr und mehr auch ans dem Anstande, namentlich ans Oesterreich- Ungarn und der Schweiz, eingcwandert sind, in kurzer Frist zu assimilieren. Diese Kunst ans die Umgebung ab- zufärbcn. ist ein sicherer Beweis für die starke Kraft, die diesem riesenhaft anacwachsencn Gemeinwesen iuncwohnt. Dabei macht man auch hier die bekannte Erfahrung, daß es meist die minder qutcn Eigenschaften sind, welche die Zu- gewandcrten von den Eingeborenen annchmcn. Ganz besonders hat hierunter die Altberliner Gesellig keit gelitten. Sic blühte noch vor hundert Jahren in vollem Glanze und war damals"mit ihren berühmten Salons aus dem besten Wege. Paris den Rang abznlauscii. Je größer aber Berlin wurde und je mehr die Here Politik und der ^Erwerbssinn die Oberhand erlangten, desto schneller ging es mit gcist- und gemütvoller Geselligkeit bergab, und an ihre Stelle trat bald jener Massenbetrieb, der nur auf äußerlichen Glanz und Lurus gerichtet mar. Essen und Trinken nahmen den ersten Platz ein, die Unterhaltung an den überladenen Tafeln wurde Nebensache und mehr und mehr schematisch. Man betrachtete das Tischgespräch als eine lästige Unterbrechung der materiellen Genüsse und sorgte lieber für den Gaumen und Magen, als sür den Geist. So entstanden jene Massenabsütterungen. die man Berliner Gastlichkeit nennt und die nachgerade zum Schrecken und Abscheu für einigermaßen ästhetisch emp findende Leute geworden sind. Schließlich findet mau zu erschwinglichen Preisen in unseren ersten Hotels ebenso gute Mittag- und Abendessen, wie in den reichsten Häusern, und braucht sich deshalb keine lästigen Verpflichtungen a»f- zuerlcgen. Der Rückschlag ist den« auch bereits wghr- nehmbar. Massengescllschasten an festen Tischen kommen mehr und mehr aus der Mode. Wer einen arvßcn Verkehr hat und zahlreiche Einladungen ergehen lassen muß. ver anstaltet entweder Nachmittagstees, bei denen es ja auch üppig genug zugehen kann, oder Abendempsänge mit kaltem Büfett, zu denen man zwanglos erscheint und die mau ebenso zwanglos verläßt. Dafür gibt man Mittagessen im kleineren Kreise auserivählter Freunde und Bekannter, die zueinander passen »nd die sich so weit für einander interessieren, daß sic sich auch wirklich etwas zu sagen haben. Dabei leg! man Wert darauf, die Anzahl der Speisen nicht mehr zu übertreiben und überhaupt alles tunlich einfach z» halten. Wenig, aber gut und erlesen, das ist neuerdings die Devise, unter der sich eine hoffnungsvolle Wiedergeburt der Berliner Geselligkeit zu vollziehen beginnt. Die wirk lich seinen Kreise verzichten darauf, einander an Luxus und kostspieligen Ucbcrraschungen, wie sie vor kurzem fast obligatorisch waren, zu überbietcn, und suchen mehr durch inneren Gehalt, als durch äußeren Glanz zu wirken. Man überläßt dieses neidlos den Emporkömmlingen, die ost über Nacht reich geworden sind und die schnell erworbenen Schätze nicht schnell genug wieder unter die Leute bringen können. An dieser Tätigkeit beteiligen sich mit Vorliebe auch diejenigen, die nichts besitzen, als eine eiserne Stirn, mit der sie ihre Mitmenschen verblüffen und auspliindern. Hiervon bat uns wieder eine jener Gerichtsverhandlungen Proben geliefert, die in Neu-Berlin fast zu den ständigen Einrichtungen gehören. Diesmal handelt es sich um einen sogenannten Basier, der diesen Beruf ergriffen hatte, weil er ihm am geeigHetsten erschien, die Taschen des Publikums schnell und gründlich zu leeren. Herr Sattler, der sich jetzt wegen Konkursvcrgehcns und Betrugs vor einer Berliner Strafkammer zu verantworten hat. ist ein Musterbeispiel dieser fast alltäglichen Gattung. Unter dem pompösen Namen „Merkur-Bank" gründete er ein Unternehmen, dessen alleiniger Daseinszweck war, das zahlungssähige und leichtgläubige Publikum zu Börsenspekulationen zu ver leiten. Die Sache selbst ist ja so gewöhnlich ssir Berlin, daß darüber kein Wort zu verlieren ist. Die Dummen werden liier so wenig alle, wie die daraus Nutzen ziehen den Betrüger. Lehrreich war nur wieder einmal der Ein blick, den dieser ausgedehnte Prozeß in dem Ausgaüen-Etat eines solchen ans srcmdc Kosten lebenden Groß-Berlincrs gewährte. Wer sich redlich nährt und im Schweiße sejxcS Angesichts den harten Kampf ums Dasein für sich und seine Angehörigen ehrlich durchhält, muß jedes Zchnpfennigsttick umdrehen, ehe er es ausgibt. wenn er anständig durch kommen will. Verrechnet sich der Brave einmal oder stören Krankheiten und sonsttac Zwischenfälle sein Budget, dann kann er lange warten, bis er bares Geld oder selbst Waren geborgt bekommt. Jener Betrüger aber, der die fremden Taschen ausplündcrt und das fremde Geld mit vollen Hän den znm Fenster hinauswirft, hat, wenn er nur richtig auf- zutretcn versteht, einen unbeschränkten Kredit. Herr Satt ler mußte vor Gericht gestehen, daß er für seinen persön lichen Bedarf in knapp zwei Jahren eine Biertelmillion ansgegebcn hat. also ein Kapital, von dessen Zinsen eine vielköpfige Faunlie dauernd gut und sorgenlos leben könnte. Aber freilich, das Familtenhaupt darf nicht, »yje der „Direktor" Sattler, einen mit Brillanten besetzten Spazierstvck für 3209 Mark, nicht Leibwäsche für 6000 Mark und auch nicht 25 Anzüge aus einmal anschaffen, darf nicht der Ehefrau einen Pelz sür «500 Mark schenken, daneben auch nicht etliche Freundinnen haben, denen er eigene Wohnungen mietet und möbliert, darf auch nicht im Auto fahren, das jährlich 12 000 Mark Unterhaltungskosten ver- schlingt. Indessen würde der ehrbare Familienvater, selbst
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