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Rr. L Se«-» Berttaer Allerlei. Die Nchttet» »er«Ii«»e» — «»r Praktische« — -Truhb-e» epoi P»hdin«^ — Dt« billige Wans — A« »»eiten Weih» nnchttta, t» Kn»» — Toni »n» E,ck nl« ^Siche«" — Bei« Barbier. Dt« vtchtlei« verglimmen. S» waren ihrer 86 an dem mächtigen Lhristbaum, der in der Halle bi« über die Galerie ragt. Nun blinzeln nur nach fünf, nur noch zwei durch die Neste: nun flackert da« letzt« Stümpschen. Walddust und WachSdust mischen sich. Erinnerung-:» riehen herauf, Hoff- iningen ranken sich: e« ist die alt« wunderseltg - deutsche Märchenstimmung. Auch wenn diesmal die Gabentisch« so grausam „praktisch" bepackt waren. Da liegen Strümpfe, dort Unterhosen: Dinge, die man sonst sowieso hätte anschaffen müssen. Auf dem Platz« des zwcitältesten Sohnes, des Bild hauers, steht sogar höchst prosaisch ein grober Zinkeimer mit Deckel, bestimmt zur Aufbewahrung für nassen Ton. Nur mit dem Baum sind wir nach wie vor verschwenderisch. Dieser tziarberiese von über b Meter soll ja auch alle Blicke an- »ichrn, soll ja auch Mittelpunkt sein, — und nicht die Ge schenke und die Teller mit Näscherei. Wir wollen die Chrtst- nacht und den Stern von Bethlehem nicht vergessen, nicht äm Heiligabend selbst und nicht heute zu Silvester, wo alles wieder erlischt. Diesmal hatte sich die Bescherung fast ver- spätct. Vater muhte tagsüber nvch in der Stadt herumrascn, um ein junges Mrnschenpaar, das i» Hunger und Elend ge raten war, vor dem verzweifelte» Schritt ins ewige Dunkel zu bewahren. Die Not rundum ist so entsetzlich grob- Wer sie noch nicht spürt, der lindert sie draußen natürlich, wo er kann, und richtet drinnen für die Scinigcn auch noch alles so an, als lebten wir in der guten alten Zeit. Auf unser neues Nesthäkchen aus Süditalien hat auch dieses Materielle einen groben Eindruck gemacht. In dem Briese an die Mutter lesen wir: „Zuerst gahb cS Trnhdhan mit Rosenkohl, epoi Puhding, aus dem Koniak angezündct wurde." Die Rechtschreibung ist nach den zwei schullosen Jahren verwildert, auch stolpert hie und da ein italienisches Wörtchen dazwischen: so hier „« pni" statt „und dann". Aber das wird sich bald machen. Es ist wohl das letzte Mal, dab der Junge nicht gewußt hat, wie Truthahn geschrieben wird. Der Berliner Durchschnittsjunge kommt kaum in die Lage, Trut- Hahn schreiben zu müssen, weil sein Wethnachtsesscn die Gans ist. Auch sie hat ja ihre orthographischen Gefahren, diese Wonncganz des ersten Feiertages, die auf den Karpfen oder den Heringssalat dcö heiligen Abends in Berlin zu folgen pflegt. Wer gute Nerven zum Abwarten >d Sinn für Kon junkturen und wirtsclwftlichen Ueberblick hat, der konnte den Festbraten diesmal billig erstehen: am 24. Dezember, gegen Abend, muhten die Läden ihre vielen übriggcblicbcncn Gänse zu einer Mark das Pfund abgebcn, um sie nicht zum Ver derben zu behalten. Selbstverständlich hatte auch unsere alte Waschfrau diesen Festbratcn angerichtct. Selbst wenn man sich gar nichts beschert, spart sich doch für drei Dinge auch der bescheidenste Berliner das Nötige zusammen: Christbaum. Pfefferkuchen, Gans. Der erste Weihnachtsfeiertag in der Retchshauptstadt ge. hört seit altersher der Familie. Der zweite ist ebenso seit altersher der des Ausgehens oder Einladens oder Ein- geladcnwcrdcnS. Da treffen sich auch alte Kriegskameraden und gedenken der von 1914 bis 1917 im Felde verlebten Christfeste. Wiht ihr noch, wie wir in Belgien einen Teich »blichen und dann von unserer Beute fast einen Zentner Karpfen allein dem Generalkommando des 23. Mcscrvckorps hinübcrschickten? Oder wie wir später im Unterstand an der Düna in starrendem Frost ein Krippenspiel aufführtcn, wobei der Kops des Jesuskindes auS einer Kohlrübe geschnitzt war? Wiht ihr noch, wie wir tm Winter nach dem großen Durch bruchssieg in Obcritalicn uns mit Mühen aus dem Gebirge ein Bäumchen besorgten? Was in Berlin zu den sogenannten kleinen Leuten gehört, deren Leben daS Jahr über fast nur Mühe und Arbeit ist, daS lädt am zweiten Wcihnachtstage freilich nicht Bekannte in die muffigen kleinen Stuben eiir. sondern will etwas von dem Glanz der grohcn Welt er- Haschen. Besonders am Nachmittag, wo man sich die Genüsse selbst teurer Lokale mit der Zahlung für ein Gedeck Kasse« und Kuchen erkaufen kann, sind alle Gaststätten psropfenvoll. Da «ucke» wir einmal betspteläweise i» de« F»»» de» Westen» in der Taucntzienftratze hinein. Sonst ist hier »ur der Surfürstendamw zu finden, auch Polnischer Korridor ge nannt. Nun ist aber der Faun überschwemmt von Familien kleiner Leute au» bescheideneren Gegenden. Der Bater «ft nicht immer dabei, der sitzt in der Kneipe seiner Strotze, aber die Mutier, dt« sonst nie wegkann, weil sie die Sinder nicht obne Aufsicht lassen will und kein Dienstmädchen hat. ist da. die Porzellanbrosche mit der Smatllephotographie de» Jüngsten am Hals«, und die Grobmutter mit der Granat, drösche, und der zwölfsährige Lausbub mit etgenS geöltem Haar, und dte beiden kleinen Mädchen von zehn und neun und auch noch der stupSnäsige vtersährigr Verzug. Alle sechs sitzen einträchttg um den Nachbartisch herum, dir Alien ein wenig geniert und nicht ganz aufgetaut, dte Kinder ein wenig frech und sehr laut fröhlich. Auf der Bühne hat ein Humorist allerlei Zweideutig- ketten gemeckert. Eine Jazzband müht sich ab. Eine nur um den Aeguator herum genügend bekleidete Tänzerin hat ihre Sprunge vollführt. Ein Moment Stille vor dem Applaus. Und in dies« Stille hinein quäkt der Lausbub vom Nebcntilch: „Mutta, weiiuste sone Vccne hältst, denn würde Vota sagen, wa sin sehr jlücklich val,eirat', nich?" Es ist leider zu viel Publikum da. sonst bekäme der Laus- bub hoffentlich eine ordentliche Tachtel gewischt. So redet die Mutier nur dringlich auf ihn ein. Die arme Frau — ach, sic hat Tausende von Schtcksalsgenossinncn — kann einem leid tun. Alle ihre heroischen Anstrengungen, dte ändere Dürftig keit adrett zu machen und die Kinder I» Ehrfurcht und An stand zu erziehen, werden immer wieder erstickt. Auch wenn sie am zweiten Wcihnachtstage, einmal tm Jahre, etwas Glanz und Licht und strahlende Freude den Ihrigen ver schaffen will, gelingt cs so vorbei. Gerade steht wieder ein Männcrguartctt auf dem Podium und singt ein Potpourri, darunter manch schönes Volkslied, aber auch den schnoddrigen Vers: Solana der Bauch in dte Weste patzt. Wird keine Arbeit angcsatzt! Der Lausbub suchzt. Feine Weihnachten. Wenn er auch nichts von diesem Nachmittag behält, diesen Vers behält er sicher, ebenso die füllige Erscheinung der Tänzerin. Beides wird er Vata'n erzählen. Und Vata wird schmunzeln. Man darf nicht darauf rechnen, datz unsere leichtfertigen Kabaretts sich für die Weihnachtszeit völlig umstellen,- und wenn sie cs täten, dann würde cs südlich-sentimental und un wahr sein. Die Theater, für die der Dezember der ichlechteste Einnahmcmonat ist, legen reichlich Märchenspiele io Nachmit tagsvorstellungen ein. Das ist aber me,st „ur etwas für kleine Kinder, die Bonnen haben, nichts für den Halbslüggen Jungen aus den Berliner Arbeitervierteln, der die Märchen für blö- den Schwindel erklärt und längst im Kino und aus der Straße sich seine Aufklärung geholt hat. Gewiß, „PetcrchenS Mond- fahrt" ist wunderhübsch, wird immer wieder gegeben, und di« erst vierjährige Ruth Mitling spielt schon seit Jahr und Tag ihre Hauptrolle -darin ganz entzückend. Auch andere Märchen glitzern über unsere Bühnen, sind aber fast durchweg zu pom pös ausgemacht, rcvuemäßig ausgemacht, und lassen die liebe Schlichtheit vermissen, die sie im Munde unserer Mütter einst hatten. Auch kriegt man ganze Familien da doch nicht hinein. Und doch könnte unser Theater gerade um die Weihnachtszeit wo die Herzen wie ausgepslügtcr weicher Acker empfänglich für guten Samen sind, auS den Schätzen unserer Klassik und Romantik uns so viel Reichtum spenden. Dazu noch eine Verbilligung der Eintrittspreise, die durch guten Besuch aus gewogen würde, und es wäre außerordentlich viel Seelen- arbcit geleistet. Reinhardts Deutsches Theater ist daS einzige. daS unS etwas dergleichen diesmal beschert hat, nämlich Kleists zauberhaftes .„Kätchcn von Heilbroinr". Noch immer ist der erste Versuch damit, vor zwei Jahren mit Lucie Mannheim, für uns unvergeßlich, auch wenn diese Darstellerin nicht ge rade ein deutsches KStchen war. Nun haben sie eins: Toni van Eyck. Damit ist eine ewige Sehnsucht gestillt, die immer wieder aufvricht, wenn wir in Oper oder Schauspiel gehen, die Sehnsucht nach vollkommener Nebercinstimmung zwischen Rolle und Mensch, «ir «ll»s»«n un» dte Riesen, Fasolt und Fafner, in «agner« Rtd«lu»genri»« «l» wirkliche Riesen, nicht blotz mit dicke« Uyterlegrsohleu. hohen Stiefelabsätzen und emporgekämmtem Haarschopf. Ein Siegfried mit Fett- polstern statt Mu»kels»ahl lätz« uns nicht wnnschloS. Ein Gold- »ahn tn GretchenS Mund« »«rftört un» jede Illusion. Parst- fal» Blumenmädchen müssen wirtlich blühende Geschöpfe sein. Und wenn Dell« Sohn von einer kleine» Aphrodite Kalkt- pygos dargestellt wird, so ist da» Jungenhafte eben nicht zu erreichen. Nun diese Tont van Eyck, di« tn München vo-n Reinhardt entdeckte junge Darstellerin, fünfzehnjährig, noch versonnen und traumhaft, voll -er herben Süße une» schlossen«!, erst geahnter Weiblichkeit, ein leibhaftiges Märchen- lind wie Kleist» fünfzehnjährige» Kätchen von Heilbronn! Den Ritter vom Strahl gibt wieder, eine herrliche Sicgfrteds- gestalt auch tn Sprache und Wesen. Kraft und Reinheit und Güte, unser Paul Hartmann. Wenn vor seiner ragenden Ck- stalt dieses hauchzarte Dingelchen steht, die Toni van Enck, dann gibt bas einen bildhaften Zusammcnklang, wie ich ihn ähnlich ergreifend nur noch ein einziges Mal empfunden habe: bei dem Anblick von Kruses „Junger Liebe", dieser unendlich keuschen und innigen Holzskulptur, deren Original sich in Hamburger Prtvatbcsitz befindet, deren Vervielfältigungen in Marmor und Bronze und Gips aber in allen deutschen Kunst handlungen und darüber hinaus, tn unseren Nachbarländern stehen. Hartmann und die Eyck zusammen auf der Bühne: da schweigt, weil er zu,unheilig wäre, sogar der Applaus. Nur Andacht auf allen Mienen. Das Märchen ist in Wahrheit um uns. Man wagt kaum zu atmen. Oft schon habe ich das Gefühl gehabt, man müsse das Ber liner Publikum in die Lüfte sprengen. Diese brcttstirnigc, beinschleppende Herde Rindvieh, die vom Wiederkäuen von Kritikerphrascn lebt und auf das wohlige Ausstößen von Pi- kantcrten wartet. Ein wenig hat das Deutsche Theater — Eu gen Klöpser hat diesmal die Regte — auch Rücksicht daraus ge nommen. Das was sich in Kleists Zauberspicl zu grotesker Komik auöarbeiten läßt, so die Szene zwischen dem Rhein grasen und dem Gastwirt Jakob Pech, daS ist ausgearbeitct, ausgedehnt, auSgezerrt, zu fast unerträglicher Eindringlichkeit verdeutlicht. Sogar eine quietschende Tür muß ganze sieben mal von selbst aufgehen, um durch ihren melancholischen Ton und ihre Eigcnwilligkeit Lachen zu erwecken. Es wäre nicht nötig gewesen. Nicht die gelegentliche Komik, sondern die leuch tende Poesie bannt UNS: nicht das Derbe, sondern das Zarte: nicht die kuriosen Ein'ckiebsel. sondern die liokde lk>,Vergänglich keit. Eine Streichung aber sei Eugen Klöpser besonders ge dankt. Er hat den ganzen Kaiserschmarren vom Schluß des Kleistschen Spieles gestrichen. Er hat damit die Dichtung von einem ganz falschen Zuge erlöst. Kleist glaubte noch. cS werde dem Publikum nicht eingehen, selbst tm Märchen nicht, daß ein Ritter ein kleines Handwerkerkind heirate. Dazu er fand er also die „illustre" Abkunst seines Kätchens von Heil-- bronn. Aber gerade das ist für uns das Störende, gerade das entblättert uns die Märchcnblume: nein, so ist'S recht, wie es in dieser Ncuaufführung geschieht, zuerst muß der Unhold Kunigund scheitern und dann das reine Kind — nur um seiner reinen Minne willen -- zur Grafenbrant gekrönt werden. Verstohlen drückt hie und da unter den Zuschauern der eine dem anderen die Hand. Mann und Frau,- Ge'chwisiei untereinander: Freunde und Freundinnen. Man fühlt sich beglückt und wie geheiligt. Draußen erwartet einen wieder das unholde Leben, tn dem die Märchen ach so selten geworden sind, das reine Magd tum verspottet wird und da- Mädchenhafte außer Kurs kommt. Wir sind bald alle über einen Kamm geschoren. Heute am Sil vester-Nachmittag sind die Barbtcrgeschästc noch über laufen. weil jedermann mit glatter Haut das neue Jahr emp fangen will. In dem Halbdunkel b«S kleinen Ladens in einer Nebenstraße kann ich Männlein und Weiblein, dte beide fast den gleichen Bubikopf tragen, kaum mehr auseinanderhalten. Beide Sorten Menschenkinder sagen auch gleichmäßig: „Bitte rasieren!" Der einzige Unterschied ist dann nur der. daß -er eine seinen Kopf im Stuhl hintenüber legt, die andere ihren Kopf vornüber beugt; so kann man am Vorabend von 1926 wenig stens das Geschlecht erkennen. Rumpel st ilzchen. freseilscliatts- ^ kileiäung UNtl ^68^6 »ur sckicvarrem uns marengo ckevio« 119.—. 98.—, 86 —, ööllllilLltlkI' eleg. Streifen, in riesiger Huscoalil 28.-. 18.50. 12.59. l'SNr-Anrügö sctnvsrr unci blau, In mociernsien formen 125.—, 86.-, 68.—, 8lAlüIi!lN8 sciiumrr iAelton ock. Strich Kammgarn mit Seicien-Kevers 145 —, 115.—. 98.—, sckwarr. foule, moäerne elegante äuskükrung lbS.—. 125.—. 6eIlI'1)Kt»AN2ÜA6 sctiw. Strichkammgsrn. mit unci ohne klevers iss.— krack-nemäen mit weiüem pjquö-fin-atr !S.50, lS.—. Westen: cveiü. Pique 13sv II50 Lelcke, weil? unci kardig 21- 195° Unsere Hak-AbtellUNg Iw'eA alle ärien LeSellSÄlSttS-IileiäUNg in ckenkbar stürrerter Zeit in allerksinrter ^usküstcunA. Liegante rsickene Strllmpke, frscic- unci SmolcinA-stiacvatten, Klagen, Hüte urrv. nur» lokannstraüe Lckkau« Qasss Weike 6a8ss KIsMIIss Msn micti icompllrierle, van <rr >roo K»,i> Zeimeirklvtilvn von so aoo zc-irlc 0«lsg«n»,st1»t,Ku1» I /lkonvolfLpIi'enknqrr l 1«M - veeccjen-^. Qyünortnis-Lo klektromvtolkn n«i., Mt«N«In, reparier.. verleiden pölloiimsnn L Lo. A. vrssrivn. pttlntrr«, »tr. 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