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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 16.08.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-08-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19030816021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1903081602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1903081602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-08
- Tag 1903-08-16
-
Monat
1903-08
-
Jahr
1903
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Dieses Blatt wird dm Lesern von Dresden S und Umgebung am Tage vorher bereit- als Vhk zugcstrllt, während eS die Post-Abonneni', am Morgen in einer Gesamtausgabe erhalte,!. fsnrei'gen-^iiiii. Ainiabme von Ankündiaii»«?,, bis nachmittags s Ulir San» u,!d kkierlags nur Mnnknlimpc ss von il bis '/»iUlir T,e l ivalttgk Arund- »eilt <ca « Silbe», ro U,„ 8„ kündigungen oul der Privaliette Zeile Ls Pfg : die ripaltigc Zeile als aelandl oder aul kerlleiie so Big In Nummern nach Sonn- und Feier - tagen t- de», slvalligc Lrundicilen so. «o de,, «o und « Dlg nach de londerem Taril. Suswirlige Aui träge nur gegen vorausbe»Mm,g. Belegdlätler werden mit l»Pst. berechnet. Vernlvrechanlchlub: Amt l Nr. U und Nr. «0W. Nr. 22«. Siltttl: .7'-» Aufrufe alles' Neueste Drahtberichte. Hvsnachlichten, Beerdigung des Pfarrers Tr. Sturm. Dwiswus - Hebungen, Deutscher Sängerbund in Böhmen. Phvtngraphische Ausstellung. Entfettungskuren. Sonntag, 16. August 1SV3. Neueste Drahtmeldrmgen vom 15. Nugust. Frankfurt lOderf. Der Kaiser hat, wie die „Franks. Oder-Zeitung" meldet, an den Sohn des verstorbenen Freiherr» v. Levetzow folgendes Telegramm gesandt: „Neues Palais, 13. August. Die Nachricht von dem Hinscheiden Ihres Paters bat Mich schmerzlich berührt und spreche Ich Ihnen zu Ihrem schweren Verluste Mein wärmstes Beileid aus. Ter Verewigte ei» echter Märker, beseelt von Gottesfurcht, Königstreue und Vaterlandsliebe, hat in allen ihm in Kriegs- und Friedenszcitcn anvcrirautcn verantwortungsvollen Aemtcrn sich hervorragende Verdienste erworben und im reichsten Sinne gewirkt. An seiner Bahre betrauere Ich mit dem gesamten Baterlandc den Verlust eines der getreuesten Männer, dem ein dankbares, ehrenvolles Gedenken für alle Zeiten gesichert ist. Wilhelm." - Die K aiserin telegraphierte: „Neues Palais. 13. August. Sehr betrübt über das Hinscheiden Ihres von mir hochgeschätzten "Vaters sende ich Ihnen den Ausdruck meiner innigen Teilnahme an diesem schwere» Verluste. Mit den Seimgen werden in dem weiten Wirkungs kreise, den sein Leben ausfulltc. alle um ihn trauern, die mit ihm in Berührung kamen und mit ihm in gemeinsamer Arbeit standen. Sein Andenken wird gesegnet bleiben, wie cs sein Wirken war. Gottes Trost möge den Hinterbliebenen nahe sein. Auguste Viktoria." Berlin. Zwischen Großlichterfelde und Teltow bei Berlin stießen heute vormittag auf einer wegen Umbaues eingleisigen Strecke zwei Züge zusammcn. Es Hecht, fünf Personen seien schwer verletzt und eine größere Anzahl leichter ver letzt worden. — Das Gerücht von der Entgleisung des Mai- länder Schnellzuges bestätigt sich nicht. Stuttgart. Bei einer Fclddicnstübung der 51. Jn- fanteriebrigade mit Artillerie und Kavallerie mußten gestern, dem „Schwäbischen Merkur" zufolge, beim Rückmarsch etwa IN bis 49 Mann infolge der sehr schwülen Witterung wegen Unwohlseins austrcten. Bc> 7 Man» wurde ein stärkerer Grad von Hitz- schlag scstgestellt. Diese mnßien im Wagen bezlv. mit der Bahn in dos Garnison-Lazarett nach Stuttgart gebracht werden, befinden sich jedoch heilte wieder sämtlich beschwcrdcsrei. Ein Todesfall, wie ein Gerücht meldete, ist nicht vorgckommcn. Stuttgart. Wie der „Schwäbische Merkur" aus Tübingen meldet, ist daselbst der Geheime Kommerzienrat D »ttcnhofcr, Vorsitzender des Aufsichtsratcs der Köln-Rottwciler Pulverfabriken und Ehrenvorstand der Handelskammer in Rottwcil, im Alter von 61 Jahren gestorben. Wien. Das „Fremdcnbl." schreibt: Die W ahl Pius' X., die i» der gesamten katholischen Welt und weit darüber hinaus mit einmütiger Befriedigung ausgenommen worden ist, hat der Presse aller Länder reichlichen Stoff zur 'Diskussion geboten, und insbesondere ist auch die Nachricht viel kommentiert worden, daß von Lest er re ich-Ungarn gegen eine der Kandidaturen Ein spruch erhoben wurde. Wenngleich die vielfachen, zum Teil lehr dramatischen Ausschmückungen, mit denen diese "Nachricht ver- breitet wurde, und insbesondere die Darstellung, als wäre cs aus diesem Anlaß im heiligen Kollegium zu förmlichen Debatten gekommen, den Eindruck des phantasievoll Erfundenen machen, so ist es doch, wie wir nach den an maßgebender Stelle cingeholten Erkundigungen konstatieren können, Tatsache, daß die Monarchie von ihrem Vetorechte Gebrauch gemacht hat. Das österreichisch- ungarische Kabinett hat dabei den Zweck verfolgt, die Erwählung eines Kardinals von friedlichem, versöhnlichem Sinne hcrbci- zustibrcn, und es darf ihr zur Genugtuung gereichen, daß aus der Urne ein Name hcrvoracgangeii ist, der überall mit Beifall begrüßt wurde. In Pius X. hat ein Mann den päpstlichen Thron bestiegen, dessen maßvolles und festes Wesen die Hoffnung er öffnet. daß nicht Reibungen auftrcten und daß sich nicht politische Gesichtspunkte in den Vordergrund drängen und die Erfüllung der erhabene» Mission der Kirche beeinträchtigen. Im Interesse Oesterreich-Ungarns lag es, daß einer Wahl vorgebeuat wurde, die, wie manche Erfahrungen der letzten Zeit schließen ließen, Diffe renzen hätte mit sich bringen können, die gerade ein Verhältnis, wie cs dos zwischen Kirche und Staat ist, nicht trüben sollten. Man braucht wohl kaum besonders hervorzuheben, daß das öster- rcichisch-ungarische Kabinett nicht durch eine Anregung von seiten irgend einer anderen Macht zu dem Schritte bewogen wurde, den es »ntcriiommcii bat. Parts. Einer Blättcriiicldiliig zufolge w'nd der Deputierte Döjeante bet dem Wiederziikammeutiilt der Kammer über die Ursachen der Metropolitan-Katastrophe interpellieren. Madrid. Heule »acht ist das Theater in Jaen voll ständig nicdcrgebrannt. Es liegt Brandstiftung vor. Mehrere ve,Richtige Perioncir wurden verhaftet. Petersburg. Der „Regicrungsbote" veröffentlicht ein Telegramm des Ministers Lambsdorff an den Botschafter Sinow- jew vom II. August und den diplomatischen Agenten in Bulgarien vom 12. "Augnst. Im elfteren jagt der Minister, der Kaiser sordcrc unter Ablehnung leerer "Versprechungen strengste Be- strasuiig des Mörders von Rostkowsky und des Individuums, das ans d>c Egnipagc des Konsuls schoß; sofortige Vorlegung positiver Angabe» über die sakliiche Verbannung des "Vali vvn Mvnaslir: svivriige strenge Bestrafung aller für den Mord vcr- anlworliichen Zivil- und Miiiiärpersonen. Pete»S b » r g. Wie der .RegieningSbotc" meidet, ist dem russiiche» Botschafter i» Konftantinopei, Sinowjew. die Meldung aus Scwaslopvi zngegangcn, daß eine Ableilung der Schisse der Schwarze» Meer-Flotte »ach den türkischen Ge wässern nbgchcn werde. Koiistaiitinopcl. Entgegen den Meldungen verschiedener Blätter wird von zuständiger Leite mitgeteilt, daß der Ver kehr ans der Eisenbahn Saloniki—Mvnastir und auf den Orient bahnen vollständig aufrecht erhalten ist. Fort deFrnnce. iMaitinigne.) Durch einen Zyklon sind 5 Personen iimgelomme» und 20 verletzt worden. Oertlichcs und Sächsisches. Dresden. 15. August. —* Se. Majestät der König und Ihre König!. Hoheit die Pcinzelsiii Maihilde wohnten heute am katholischen Feiertage Mariä Himmelfahrt, dem VorniittagsgottcSdienstc in der Schloß- knpelle zu Pillnitz bei. - König Georg ließ an seinem Geburtstage dem König!, preußische» Lehr-Infantclic-Baiciilio» j» Potsdam seine Phnto- arnphie jBnlftbiid i» Eichenholziah,ncn) durch den König!. Militäibevollmächiigten in Berlin Oberstleutnant Krug von "Nidda überreichen. —* Der Kaiser wird am 1. September aus dem Hauptbahn- Hofe in Dresden cintreffen. Auf dem Bahnhose findet großer Empfang statt. Abends 9 Uhr werden der Kaiser und König Georg vom Königlichen Opcrnhause aus den große» Zapfenstreich sämtlicher Musikchöre der am 2. September in der Parade stehen den Truppenteile und der Spielinannsziige des 1. und 2. Grenadier- Regiments auf dem Theaterplatze entgegennehmeii. —* Zu einem mehrtägigen Betuche bei Ihrer Majestät der Königin-Witwe sind gestern Palastdamc Fra» v. Minckwitz geb. Gräfin Einsicvcl und Frl. p. Minckwitz in Villa Strehlen eingcirvffe». —* Auch in Bad Elster wie in Oelsnitz i. B. sind an läßlich der Anwesenheit des Königs im Vogllandc kam 8. und 9. Iulij Auszeichnungen bcz. Erinnerungen verliehen worden. Es erhielten Frl. Käthe Tietzc i» Elster und Frl. Marie Koch in OclSnitz >e eine goldene Broicbc mit Krone und königliche» "Namciisziia und die 10jährige Ella Weidhaas in Elfter, sowie die 7fährige Dorothea Hübschman» ein goldenes Medaillon bezw. eine goldene Keile. —* Zur Feier des Geburtsscstes des Kaisers Franz Joseph I. wird auf Veranlassung der österreichisch-ungarischen Gesandtschaft am Dienstag, den 18. August, 10 Uhr vormittags, am Hochaltar der kacholijchcil Hoskirche hier eine heilige Messe gelesen werden. —* In der bis auf den letzten Platz gefüllten Martin Luthcrkirche fand heute vormittag 11 Uhr die feierliche Einsegnung des am Dienstag obend fern von der Heimat plötzlich durch den Tod abgerusencn Pfarrers Herrn Dr. Paul Sturm statt. Das schöne Gotteshaus, in dem der Verewigte seiner ihn liebenden und verehrenden Gemeinde seit dessen Erbauung das Wort Gottes lauter und rein gepredigt, hatte sich in düsteren Traucrschmuck gehüllt. Taufstein, Vorlesepult und Kanzel waren schwarz um kleidet, und unter letzterer hatte das Banner des Evangelischen Arbeitervereins Platz gefunden. Von brennenden Kerzen umgeben war der Sarg vor dem Altar aufgcbahrt. Hell und freundlich schien die Morgensonnc durch die hohen Ehorsenster und woo einen lichten Schimmer um de» Katafalk, verheißungsvoll wie Frühlings-Odem und Ailserstchungsmorgen. Unzählige Blumcn- spendcii waren rings um den Altarplatz ausgestellt und zu Füßen des Sarges niedergelcgt. Herrliche Palmen und Kstänze hatten als Zeichen der Hochachtung, des Dankes, der Liebe und Ver ehrung gespendet: der Rat zu Dresden, das geistliche Ministerium der Marlin Lntherkirche, die Kirchcnvorständc der Martin Luther kirche und der Dreikönigskirchc, der Universitäts-Gesangverein „Panliner" zu Leipzig und dessen Dresdner Aktiven, der Kirchen chor und freiwillige Kirchenchor der Martin Luthcrkirche, die Beamten der Martin Lulhergcmcinde, der Iungfraucn-Berein und der Evangelische Jünglings-Verein der Lnthcrparochie, der Evangelische Arbeiterverein, Gruppe Neustadt, das Kollegium der Bezirksschulc, der Tnrntinb, die Damen des Nähvereins u. a. Zu beiden Seiten des Sarges gruppierten sich die Leidtragenden und die Amtsbrüdcr des Hcimgcgaiigcneii aus der Stadt und Um gebung, während Mitglieder des Rates und der Kirchenvorstände in den ersten Bänken Platz genommen haften. Die Trauer- Honneurs erwies der Bruder des Verstorbene», Herr Geheimer Kriegsrat Sturm. Eingeleitct wurde die ernste Feier mit dem Geläute sämtlicher Kirchenglocken, und nach kurzem Orgelvorspiel durch den Gelang der Gemeinde: „Jesus lebt, mit chm auch ich", woraus Schriitverlcsung und Gebet folgten. Dann sang der Kirchenchor der Martin Luthcrkirche, unterstützt von dem frei willigen Kirchenchor, die Motette: „Komm, süßer Tod, komm', süße Ruh" von I. S. Bach. Die Gedächtnisrede hielt Herr Pastor Livpmann über den Text: „Lazarus, unser Freund, schiäst, aber ich gehe hin, daß ich ihn auserwecke". Wer am porigen Sonntag, so führte der Geistliche ans, der Predigt des ' nunmehr Heimgegangenen in dieser heute zur Trauer geschmückten Kirche gelauscht, der hätte wohl nimmer geglaubt, sich so bald schon wieder in derselben versammeln z» müssen, um Abschicds- Gotlesdienst zu halten. In stiller Mitternacht sei der treue Diener Christi, der sorgende Hirt seiner Herde heimgegangen zu seinem Herrn und Erlisten, den er bekannt sein Leben lang, und als stummer Mann habe er Wiederkehr gehalten in die ihm lieb gewordene Pfarrkirche. Ein Charakter sei dahingegangen lauter und rein wie Gold, ein Geistlicher, der das Wort Gottes lebendig predigte, ein Mensch, dessen Hand lindernde Hand war, wo er sie reichte. Sein ganzes Leben war erfüllt von der Treue, treu war er in seinen Predigten, mit denen er nicht glänzen, sondern einzig und allein icine Gemeinde auftichtcn und erbauen wollte. Biel Segen habe er auch außerhalb der Kirche gestiftet, viel« wohl tätige Anstalten seien unter seiner Leitung entstanden und empor- geblüht, zur Linderung der Not, zur Besserung sozialer Verhält nisse in der Gemeinde. Keiner, der sich seinem Herzen ncchtc, sei ohne Trost und ohne Hilfe von ihm gegangen; seinen heißesten Wunsch, still und sanft aus der Welt zu scheiden, habe ihm sein Heiland erfüllt. Er werde ihn auch erwecken zu seiner Zeit. So gehe mit ihm ein treuer Diener und Haushaltcr hinaus aus dem irdischen Gotteshaus«: und ein in den ewigen Tempel der Seligen; seine Werke aber folgen ihm nach. Hierauf widmete Herr Kon- sistorialrat Pfarrer 1>. Kühn in Vertretung des Ephorus dem Entschlafenen Worte der Liebe und des Dankes. Schon fest der Gründling der Martin Luthergcmeinde habe er an ihr gebaut als an einem Hause ans lebendigem Stein zur Ehre Gottes. Nun habe der Tod dem 22jährigen Wirken, in dem die Gemeinde mit dein Heimgegangenen ivic mit einem Vater ging, ein jähes Ende bereitet. Ein Stolz war es ihm, Pfarrer an einer Kirche zu sein, die den Namen Luthers trägt und des großen Refor mators Erbe zu wahren, für das er gewirkt und gearbeitet in Predigt und durch die Tat. Aber nicht nur in den der Ge- inciiidc, auch in den äußeren Dienst des Gustav Adolf-Vereins habe er icine Kraft gestellt, und besonders den hartbedrängicn Glaubensgenossen und der evangelischen Bewegung in Böhmen sei er ein eifriger Kämpfer und Förderer gewesen. Deshalb rufe er dem dahingeschievenen Mitarbeiter für alle seine Treue und Liebe ein herzliches: „Habe Dank!" nach. Seine Arbeit bleibe im Segen. "Als dritter Redner trat der stellvertretende "Vorsitzende des Kirchenvorsiandes, Herr Obcriustihrat Vogel, zur Bahre und brachte dem allvcrchrten, vielgeliebten und treuen Mann anS tiefbewegtem Herzen den Dank der Männer zmn Ausdruck, denen es vergönnt gewesen, mit ihm und unter chm zu arbeiten. Der Heimgegangene habe die Gemeinde geleitet vom ersten Augenblick ihres Entstehens an; unter seiner uner müdlichen Hand sei sie zusammengewachsen zu einem schönen Kunst und Wissenschaft. Wochen-Spielplan der Königs. Hoftheater. Opernhaus. Sonntag: .Die Zaubeistöte". Montag'- „Hoff- „Z Sonnabend: „Die Regiments!achter", „Auf Japan". Sonntag: „Aida". — Das Schauspielhaus bleibt geschlossen. Entfettungskuren. Wie überall spielt auch bei der Leibesfülle der Menschen die Mode eine große Rolle. Bald streben die Damen um jeden Preis mit ollen möglichen Mittel» einen gewissen Formenreichtum an, bald suchen sie das Gegenteil zu erreichen und wollen mit Grazie, Schlankheit und stilisierten, Körperbau auf die Männerwelt Ein druck machen. Außer dieser Seite, die mit der Mode hin und her wankt hat ja die Körperfülle auch eine pathologische Bedeutung, ir wissen ja, daß leider durch zunehmenden Fettansatz gewisse Organe des Körpers, wie zum Beispiel das Herz, die Leber, die Nieren, verfetten und auf diese Weise das Leben des Menschen bedrohen können. Der Ausspruch: „Laßt fette Leute um mich sein" würde sich für einen Menschen geziemen, der seine Umgebung rasch los werden will. Tatsächlich sind allzu fette Leute nicht so wider standsfähig als zarte Personen, und diesem Umstande ist cs wohl zuzuschreiben, daß die Entfettungskuren täglich populärer werden und daß selbst Leute, die es nicht nötig haben und die sich mit schwerer Mühe ein kleines Fettpolsterchen eingcwirtschastet haben, eS dann um jeden Preis los werden wollen. Wie gesagt, die Mode spielt da eine große Rolle und die Sezession mit ihren über- sHlanken Figuren hat da manches Unheil angerichtet und großen -stiftet. Denn Me Entfettungskur ist ein gewaltsamer " ' "ehr un- efolge -chadcn gestiftet. "Denn jede , . „ . , »„griff in den menschlichen Organismus und kann angenehme und unerwünschte Begleiterscheinungen im haben. Es ist unÄaublich, tvAche Mittel manche eitlen Damen an- wenden, um schlanker zu werdcn. Die eine kasteit sich monatelang, entzieht sich ohne Berechtigung diese oder jene Speise, die zweite trinkt Essig oder irgend eine andere halbgiftige Substanz, die dritte sucht durch übermäßigen Sport dasselbe Ziel zu erreichen, die vierte trachtet durch Entziehung des unentbehrlichen Schlafes zur Schlankheit durchzudringen usw. usw.: man müßte Bände füllen, wollte man all die Torheiten aufzählen, die die Menschen be gehen, um einem törichten Wunsche Genüge zu leisten. Unter diesen Begebenheiten meiner Erfahrung steht mir eine lebhaft vor Augen. Eine aristokratische, feinsinnig? Dame rühmte mir die unschuldsvolle Naivetät ihrer achtzehnjährigen Tochter. Sie habe noch keine Romane gelesen, selbst die Zeitungen wären ihr verboten worden, und ihre einzige Lektüre seien noch immer farblose Jugendschriften, aus denen die Liebe, mit Ausnahme der Elternliebe. Verwandtenliebe und Liebe zu verschiedenen Tieren, vollkommen verbannt wäre. „Aber, lieber Herr Doktor," fubr sic fort, „ich bin ganz verzweifelt, was soll ich denn machen? Lucic wird mir so stark. Sehen Sie sich nur diese breiten Arme und diese volle Büste an. Bitte, überzeuge schweigend, was mir befohlen wurde. Doktor. ganz ... o stark. Sehen Sie sich nur die üste an. Bitte, überzeugen Sie sich doch." — Ich tat ,,Wis cn Sie, lieber a ein Mädchen nicht mehr an, wenn sie so impertinent dick ist. O'ost clamocke. Ten jungen Leuten heute gefallen nur schlanke, zarte Gestalten. Ich bin verzweifelt." O, du verlogene Welt, dachte ich mir. Romane darf sie nicht lesen, von der Liebe soll sie noch kem Sterbenswörtchen erfahren, und doch hält ihr schon ihre Mutter in Gegenwart des Arztes einen Vortrag über das Thema, wie man Männer scffclt, und deutet ihr an, daß eS ihre wichtigste Aufgabe ist, einen Mann zu erobern, und freut sich nicht über die ausblühende Gesundheit ihres Kindes, das den vollkommen normalen Typus einer wohlgestalte ten Jungfrau repräsentiert. O, du verlogene Welt, die du dir anmaßt, die Natur korrigieren zu können, ihr Zwang antun zu dürfen und Gestalten zu modellieren, ein Vorgang, den eigentlich nur der Schneider ohne Schädigung des kostbarsten Schatzes des Menschen, der Gesundheit, vornehmen kann. Das dachte ich mir alles und sprach cs wohlweislich nicht aus, doch der Dame deutete ich an, os stünde uns eine Renaissance des Formenreichtums be vor, und die Anfänge zeigen sich jedem unbefangenen Beobachter des großstädtischen Straßenlebcns und oft sogar m allzu aufdring licher Weise. Vorläufig sei mir die Rückseite der Medaille zur Prägung gelangt, aber auch die vordere Seite werde bald eine entsprechende Ausgestaltung erfahren. Das Jod, das gewisser maßen ein Gift sei. möge sie aber hübsch aus dem Spiele lassen. „Welches ist also Ihrer Ansicht nach die ungefährlichste Methode der Entfettung?" „Das ist sehr schwer zu beantworten. Jeder Arzt zieht eine der viele» Methoden vor, aber im großen und ganzen kann ma» sagen, jene ist die gefährlichste, die am raschesten wirkt, und jene am ungcfährlichsleii, die sehr langsam und allmählich zum Ziele führt. Manche Damen fahren nach Maricnbad, nehmen dort sicher und prompt vier bis sechs Kilo ob, kommen bann nach Hause, führen das alte Leben weiter und haben nach einigen Monaten meistens das reichlich eingebracht, was sie mit so viel Mühe, Anstrengung und Geld verloren haben. Im Grunde ge nommen beruht alles Zunchmcii, sofern es sich nickst um den ver- hältnismäßig seltenen Fall von Fettsucht, einer wirklichen Krank heit, handelt, auf einem Mißverhältnis zwischen den Einnahmen und Ausgaben unseres Körpers. Einnahmen nenne ich die Nahrung, und unter Ausgaben verstehe ich die Summe der von »ns geleisteten Muskelarbeit. Studiert man dies bei den fette» Personen, so wird sich immer Herausstellen, daß dies Mißverhält- nis nachzuweiscn ist, daß entweder zu viel gegessen oder zu wenig gearbeitet wird. Es ist sehr schwer zu konstatieren, ob wir ein übermäßiges Nahrungsquantum zu uns nehmen, oder nicht. Wo es aber geschehen ist. wo exakte Untersuchungen, wie zum Beispiel vom Dr. Hirschfeld in Berlin, vorgenommcn wurden, da hatte sich immer gezeigt, daß Menschen, die scheinbar sehr wenig essen, die vielleicht nur drei Mahlzeiten im Tage cinnchmen, infolge einer reichlichen Auswahl von sehr nahrhaften Speisen, die einen hohen Verbrennilngswcrt repräsentieren, in Wahrheit übcrnährt sind. Nun braucht ein Arbeiter, der schwere Muskelarbeit leisten muß, unendlich viel mehr an Nahr»ngsstoffcn, um im Stickstoffgleich- aewiclste zu bleiben, als beispielsweise ein Mann, der im Bureau sitzt, und eine Dame, die uin 9 Uhr morgens auffteht, während des Tages einige Stunden auf der Chaiselongue verbringt, dann ausfährt und jede überflüssige Muskelarbeit meidet. Hier, meine verehrte Gnädige, sehen Cie die tiefste Ursache unserer erschreckend zunehmenden Ltoffwechselkrankhciten. Fettsucht, Gicht, Zuckerruhr und viele andere Leiden mehr entstehen, im Grunde genommen»
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