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Laut Nachrichten aus Athen vom 14. d. M. sollten die verbündeten Truppen Griechenland nach der Rückkehr deS Kö nigs Otto verlassen. Buchanan will Kansas als freien Staat in die Union aufnehmen. Als muthmaßliche Mitglieder des von ihm zu bil denden Cabinets nennt man Tucey aus Connecticut, Slidell auS Louisiana und Wise aus Virginia. Im Repräsentanten-Hause wird die Regierung wahrscheinlich eine Majorität von 30 und im Senate von 14 Stimmen haben. Königliches Hoftyeater. Sonntag, den 23. Nov.: König Richard III. Trauerspiel in 5 Acten von Shakespeare. Es muß den wahren Freund der dramatischen Kunst mit gerechtem Stolze erfüllen und ihn zum aufrichtigsten Danke ge gen die Intendanz unserer Hvfbühne verpflichten, daß dieselbe keine Woche vvrübergehen läßt, ohne durch ein Schiller-, Göthe- oder Shakespeare'schts Stück ihr ernstes Kunstreben zu bewähren und dadurch zugleich dem hiesigen Geschmack, der nun einmal dem klassischen sich zuneigt, gebührend Rechnung zu tragen. Richard 111., dieses berühmte Gedicht, so reich an großen Lehren, welche die Menschen immer wieder vergessen, so oft sie ihnen auch die Geschichte zuruft, wird durch Hrn. Dawisons Darstellung der Titelrolle für die Bühne zu einem Ereigniß und durch den Ver ein ausgezeichneter Kräfte, die darin Mitwirken , zu einer Kunst schöpfung, die auf dem Gipfel des Höchsten steht, was die Bühne überhaupt zu leisten vermag. Hr. Dawison läßt auch in dieser Rolle die großartigsten und entschiedensten Wirkungen bewundern. In jeder Rede, jedem Worte dieses starken, entschlossenen Helden geistes und seiner kräftigen Verruchtheit zeigt er den vollendeten Künstler. Seine Erscheinung hat etwas Dämonisch - Unheimli ches, allein alle seine Bewegungen sind voller Maaß und überaus feiner Nuancirungen, namentlich war seine Sprache wahrhaft gediegen und reich an überraschend glücklichen Modulationen. Seine ganze Darstellung ahmet das vollste und gründlichste Ver- ständniß und legt dies auch den Zuhörern auf die wunderbarste Weise nahe. Die Scene am Sarge Heinrichs kann nicht ge waltiger dargcstellt werden als dies von Hrn. Dawison geschieht, sie ist ein seltener Triumph der Schauspielkunst. Von den übri gen Mitwickenden stehen in der ersten Reibe Frau Bayer-Bürk als „Lady Anna" und Frl. Berg als „Herzogin von Jork", die Be>de durch tragische Gcwalt'ersckiütterten, ferner Hr. Porth als „Eduard IV.' , Hr. Winger als „Stanley", Hr. Bürde als „Cla- rence", Hr. Walther als „Herzog von Buckingham", die je nach Antheil das Ihre zum Gelingen des Ganzen beitrugen. Die Söhne Eduards wurden von Frl. Allram und Frl. Findcisen gegeben. Hrn. Dawison belohnte das zahlreiche Publikum durch vielfachen Beifall und Hervorruf. I. Schanz. Soiree für ausgcwählte Claviermusik von Marie Wieck. Es giebk in Dresden nicht wenige, welche die Musik nicht bloS als Mittel betrachten, einen Abend angenehm auszufülle»; es giebt sehr viele, welche die Hobe Sendung derselben, an der Bildung des Menschen mit zu arbeiten, richtig erkannt haben. Solche Musikfreunde verfolgen gern die Geschichte der Musik, und die Concerle der gefeierten Künstlerin Marie Wieck geben will kommene Gelegenheit, dieser Neigung genug zu tbun. Auch die Soiröe vom Sonnabenv, deren Programm wir bereits mitgctheilt haben, rangirt in diese Classe. , Bei der Comp, von Ries war es der letzte Theil, welcher besonders anzusprechen schien. Daß die Ausführung meisterhaft - 3 war, wo sich so bewährte Kräfte vereinigen, braucht wohl kaum erwähnt zu werden. Was das Quartett selbst betrifft, so trägt es den Stempel der Beethovcn'schen Schule so sehr, daß man den Wunsch kaum unterdrücken kann, lieber gleich Beethvven'sche Musik zu hören, wenn es Einmr nämlich um die Musik als solche allein zu thun wäre, da eine scharf ausgeprägte Individualität, welche für den Mangel eines geistigen Aufschwunges, wie wir ihn in den Werken des genannten Meisters bewundern, entschä digte, nicht darin zu finden ist. Es ist bekannt genug, welche Vorzüge M Wieck in ihrem Spiel vereinigt: ein inniges Eingehen in den Geist des Stückes, ein herrlicher Anschlag und eine Technik, die keine Schwierigkeiten kennt, so daß die Kraftstellen einer Com- posttion keine bessere Vermittlerin finden könne», während das zarte Element sich völlig in ihr perfonificirt. Alles dies macht es er klärlich, daß sie den lebhaftesten Beifall erntete. Die Stimme der Frau Günther hat hauptsächlich in der ober» Hage eine edle Klangfarbe; sie müßte einen schönen Genuß gewähren, wenn sie ihren Vortrag bis zur vollen Begeisterung und freien Enthaltung ihrer Kräfte potenziren wollte, so daß der Schein, als wären ihre Slimmregister nicht gleichmäßig ausgebildet, in Wegfall käme. Das Publikum spendete der Sängerin lebhaften Applaus. 0. Vermischtes. * Wenig Berliner denken wohl, während sie in den Stra ße» ihren Geschäften oder Vergnügungen nachgehen an die Ge walten, welche in der Tiefe verborge» liegen, bis plötzlich ei» oder das andere Ereigniß diese geheimen Mächte aufzeigt. Ei» Dieb stahl wird vollführt, ein Verbrechen geschieht, und blitzschnell geht unter der Erde die Nachricht von Polizeistatio» zu Polizeistation. Ein Telegraphennetz breitet sich unter unfern Füßen aus und giebt Berichte, Beseble unv all die nöthigen Anordnungen, welche die öffentliche Sicherheit erfordert. Ein anderes System von Röhren leitet durch die ganze Stadt das Licht, welches das Com- toir des Kaufmanns, die Salons des Banquiers, den Lade» des Krämers, die öffentlichen Locale erleuchtet. Dieses Licht fällt nicht, wie die Strahlen der Sonne, aus der Höhe, sondern auS der Tiefe steigt es empor, um das nächtige Dunkel zu erhellen. Wir lernen den ganzen verborgenen Apparat erst dann näher kennen, wen» eine dieser Röhren schadhaft geworden und darin enthaltene Gas auSströmen läßt. Dann sehe» wir, nachdem das Straßenpflaster aufgerisse» worden ist, jene geheimnißvolle Leitung blosgelegt. Wie das Feuer unter der Erbe dem Men schen dienstbar gemacht ist, so wird auch das Wasser seit Kurzem in eiserne» Kanälen durch die ganze Stadt vertheilt. So erhält die Hauptstadt immer größere Aehnlichkeit mit dem menschlichen Körper, der ebenfalls in der Tiefe ein wunderbares Geflecht von Nerven, Adern und Gefäßen birgt. Wie der Nerv die Empfind ung vom Gehirn zu den äußersten Enden des Organismus und von diesem zurückgeführt, so ist der Telegraph gleichsam der Nerv des Stadtkörpers, und diese Gasröhren und Wassercanäle sind seine Adern unv Gefäße. — Ja, das Berlin unter der Ebbe ist gleichsam ein künstlicher Organismus, dem das Berlin über der Erde zum Theil seine Ernährung, seine Sicherheit und seine Be leuchtung verdankt. Tages - Kalender. Königliches Hoftheater. Wegen der Vorbereitungen zum Festspiel: Heute geschlossen.