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S1. Jahrgang. V SS. Sonnabend, 24. Februar 1V17. Drahtanschrift! Nachricht« Drr«b«». zrrnsprrchir-Sammtlnummkr: »»LI. Nur für NachtgrsprSch«: »««U. 18SS d.»»«Hr »trrtchlhrllch «» Drr»»«, d«c p»»tmaN^r <mi Smm- «,» ma «t». «h »,r» M., v> den vormlen »,N> M. »et »tnmaliier Zultellmi, durch die Pest !>,»<» M. (ohne Bestell,eld>. «u^t^u-Mretse. Dt« etnsp»««^ Zelle <««», 3 Stillen» »d Bf., IlorzugeplStze und 7In,et^n In «unnnern nech >»»»- mi» Aetrrla^n laut lartf.—««»llrti^Auftrl,« nur,«,en B»rau»de,a»>un». — Bele,»»,« >»Ps. Schrfftlciwnq und HaupIgeschSfirptü«: Marienftrahe 38 4«. Druck u. Verlag von Ltepsch L Vetchardt in Dnodr». Buchdruck nur mit ^^ulckffta. — Uiwertmi« SchEtllck, «tchl «stewahrt. IS Milliarden neue Kredite vom Reichstag bewilligt. Neichslchatzsettetik vraf v. «ordern über Deutschlands Finanzen und die Steuervorlage». — Snglands Anschlag gegen die neutrale Schissahrt. — Sine neue englische vrpressuug gegenüber Norwegen. — Holländische llnzusriedenheit mit vngland. Ser deutsche Abendbericht. Berlin. SV. Febrnnr. abenbS. sAmtlich. W. T. B.) B»« Westen nnd Oft»« stnd besondere Ereigniffe nicht »emeldet »»»rden SefterreWsch-llllsarischer Krieg,bericht. Wien. Amtlich wird verlantbart den LS. Febr. 1»l7: v«Wcher Ziriegsscharrpkatz. -«O»«»gr»dppe des »eneralfeldmarschalls v. Mackensen Westlich der Bnzau-Münduug scheiterten An näherungsversuche russischer Kompagnie«. -earesfront de, Generalobersten Gr,Herzog« 2oseph Bei andanerndew Frost geringe Gefechtstätigkeit. Heere.front de, Generalfeldmarschall, Prinzen Leopold von Bayern Sn mehrere» Frontabschnitten erhöhter Geschütz- nnd Minenwerferkamps. Die Tätigkeit unserer Jagdkomman dos war auch gestern erfolgreich. Gröbere Unternehmnn- ge« dieser Art wurden bei Brzczany und nordwestlich vo» Zalocze ausgefiihrt. An beiden Pnnkte« lieferten die Stoßtrupps gründliche JerstörnngSarbeit. Bei Zalocze w»rde« überdies 8 Ossizierc, Lssst Mann nnd 2 Maschinen gewehre ans den seindlichc« Gräben geholt. Italienischer und südöstlicher Kriegsschauplatz. Nichts zu melden. Der Stellvertreter des Chefs des GeneralstabeS: sW.T.B.) ». Höfer, Feldmarschall-Lentnant. Aas der Heimreise. Der frühere amerikanische Botschafter in Berlin, Herr Gerard, ist über die Schweiz nach Paris gefahren nutz Hai dort wiederholt eingehende Besprechungen mit dem fran zösischen Ministerpräsidenten gehabt. Auch das Oberhaupt der Republik hat er ausgesucht, und zwar, wie eS scheinen will, nicht lediglich aus Gründen der internationalen Höflichkeit. Eine AnstandSvisitc dauert keine zwei Stun de«, schon gar nicht l>ei einem Staatsoberhaupt, dessen Zeit durch RegierungSgeschäfle stark in Anspruch genommen ist. „Fast »wei Stunden" ist aber Herr Gerard, wie Pariser Zeitungen mit unverkennbarer Genugtuung feststeücn, bei Herrn Polncare gewesen, hat danach nochmals bei Briand vorgesprochen und obendrein noch den rirssischen Botschafter in Pari», der lwkanntllch JSwolski heißt, früher russischer Ministerpräsident gewesen ist nnd Dich sonst aus seiner Deirtschfeindlichkcit kein Heb! gemacht Kat, in seinem Hotel empfangen. Man steht, Herrn Gcrards Pariser Aufenthalt war von ernsten Geschäften ausgcfüllt und diente keines wegs, wie ein naives Geurüt vielleicht hätte vermuten können, der Erholung non den Aufregungen seiner Tätig keit in Berlin. Er scheint den Abbruch der Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland, die er wenige Wochen zuvor noch in den höchsten Tönen gepriesen hatte, recht gut Nberstaubrn zu haben, jedenfalls ist eS ihm, wie sein Pariser Aufenthalt beweist, gelungen, sich mit großer geistiger Elastizität In die neue Lage zu schicken. Was wollte Herr Gerard in Paris? Welcher Art waren die Geschäfte, die er mit Poincare und seinem getreuen Diener und Schildhaltrr Briand abznmickeln hatte? Man könnte annehmen, daß er der Pariser Regierung besondere Mitteilungen seines Herrn nnd Meisters Wilson zu Über bringer, hatte, dann aber muß »ran frage«, weshalb Herr Wilson nicht den üblichen Weg über die amerikanische Bot schaft, die es doch in Paris auch gibt, gewählt hat. ES ist auch nicht ganz leicht einznschcn, ivann Herr Gerard die besonderen, der neuen Lage gerecht werdenden Jnforma- ttowen ans Washington erhalten haben sollte. War doch auch der diplomatische Berkehr zwischen Washington und Berlin in letzter Zelt reckst erschwert, so daß beispielsweise die amtliche Nachricht von dem Abbruch der Beziehungen erst einige Tage nach der Reuter-Meldung in Berlin ein- getrofsen Ist. Es bleibt also, wie man cö auch ansehcn maa, nichts anderes übrig, als anzunehincn, daß Herr Gerard mit den Machthabern in Paris weniger über gmerikanische, als vielmehr über deutsche Angelegenheiten gesprochen hat, dgß er den Herren Poincare nnd Briand einiges mittcilte aus dem reiche» Schatz der Erfahrungen und Kenntnisse, die er sich während seiner Berliner Tätigkeit anzneigne» gewußt hat. Daß sich Herr Gerard in dieser Hinsicht recht viel Muhe gab, daß er seine amtliche Stellung dazu benutzt Hai. über die allgemeinen und besonderen Verhältnisse! Deutschlands so viel zu erfahren, als nur möglich, und für! Amerika irud — andere Staaten nützlich und wertvoll war, ist schon früher behauptet worden. Nicht ohne Grund, wie cs nnS scheinen will. Man hat Herrn Gerard vorgeworfcn, daß „der unkontrollierte Brief- und Kabelvcrkehr der Bot schaft nach Amerika zugleich auch einen unkontrollicricn ^ Verkehrsweg nach London, Paris usw. bedeutet" habe, daß > eine ganze Reihe von Berichten amerikanischer Jour nalisten in dem Dcpcschensnck der amerikanischen Botschaft sicher vor den Augen des deutschen Zensors die Grenze passiert habe und mit nicht geringem Interesse in London gelesen worden sei. ES gibt da eine Reihe von Fällen, über die heute noch nicht volle Klarheit geschaffen ist. die aber geeignet find, die Art, wie Herr Gerard seine Bot- schaftcrpflichten auffnßte, in einem recht eigenartigen Lichte erscheinen zu lassen. Erinnert sei nur an das Ansinnen, das Herr Gerard an den amerikanischen Oberst Emerson ! nach dessen eigenem Zeugnis gestellt hat, und auch daran, ^ wie cs den Engländern gelungen ist, sich Roger Casemcnts ! zu bemächtigen. In der englischen Presse ist damals offen ^zugegeben worden, daß die englische Negierung über > Amerika einen Wink von den Absichten Eascments cr- ! halten habe. Auch die Behauptung, daß Herr Gerard eine Reibe von englischen Beamten in den Dienst seiner Bot schaft übernommen habe, ist schon seit so langer Zeit aus gestellt worden, haß wir cs nicht begreifen können, daß ein .Blatt Me die „Frankfurter Zeit«»," darüber erstaunt ist. ! Kurz, rtestltvon allem, was über die Tätigkeit der früheren ! amerikaniscksttt Botschaft in Berlin gesagt wird, auch nitr die Hälfte wahr ist — und viele von den Behauptungen sind so gut begründet, daß kaum daran gezwcifclt werden kann —. dann ist der Seufzer Ser Erleichterung, mit dem man da? Scheiden Herrn Gcrards aus Berlin begrüßt hat, mehr als gerechtfertigt. Nun hat sich der Botschafter an der Seine das Herz erleichtert und dort erzählt, was er von Deutschland weiß. Einen Erfolg Ser Unterredungen Herrn Gcrards haben wir vielleicht darin zu erblicken, daß die sranzösischen Zei tungen in merkwürdiger Ncbcreinstimmung mit cincm- mgl zu melden wissen, daß cö, trotz der EruähruugSschwie- ^ rigkciie» Deutschlands, verfehlt sei, auf die Aushungerung j zu hoffen, vücr auf eine Hungersnot i» Deutschland de» Plan der Entente aufzubaucn. Wir könne» »ur wünsche». Saß man sich bei unseren Feinden über Deutschlands innere Lage keinen Illusionen Istiigivt, und könnten cs Herrn Gerard danken, wenn er in dieser Hinsicht in Paris auf klärend gewirkt hat. Ob der übrige Inhalt seiner Auf klärungen für uns ebenso erwünscht ist, steht dahin, wie der weitere Erfolg seiner Besuchsreisc in Spanien, wo er ebenfalls das Handwerk grüßen will. Er wird den Grasen Romanvnes sehen und auch vom König Alfons empfangen werben. Die Vermutung liegt nahe, daß Herr Gerard in Madrid den Versuch machen wird, Spanien doch nvch für Herrn Wilson und damit für die Sache unserer Feinde zu retten. Spaniens Haltung während des Krieges hat den Engländern so wenig Freude gemacht, wie die jedes wahrhaft neutralen Staates, sa vielleicht noch weniger, weil man von Ser spanischen Regierung in London nnd Paris von vornherein etwas anderes erwarten zu können glaubte. War doch gerade in Madrid schon von Eduard Vill. gut vorgcarbcitct worden und war doch auch nach seinem Tode die Iberische Halbinsel ein Gegenstand besonderer Aufmerksamkeit der englischen Regierung. Noch kurz vor dem Ausbruche des Kriege? war der englische Oberst Scely in Madrid gewesen und hatte dort die in England so beliebten Mikitärkonventionen vorgelegt. Sic sollten genau so „unverbindlich" sein, wie es die belgischen waren. Die Regierung de? Ministerpräsidenten Dato hat aber die Vertrüge, die anscheinend schon vollständig auS- gearbritet waren, nicht vollzogen, und als Graf Rowanones wieder ans Ruder kam, hatte der Krieg jedem bewiesen, wie es mit Englands Macht in Wahrheit stand und wie ge fährlich cs für kleine Neutrale ist, wen» sic sich für die eng lischen Belange cinfpannen lassen. Daher hat denn auch Graf RomanoncS, vielleicht gegen seine innersten Neigun gen. seine ganze Politik auf die Wahrung strikter Neutra lität angelegt und von diesem Standpunkt aus schon im Dezember vorigen Jahres die rechte Antwort auf WilsonS Friedensangebot gesunden. Auch jetzt wieder hat die spanische Regierung eS abgclchnt, den Spuren WilsonS in der Frage deS Abbruchs der Beziehungen zu Deutschland zu folgen, gleichzeitig es freilich als ihre Ncutralikätöpflichi ^ erachtet. gegen den uneingeschränkten deutschen Tauchboot- !Krieg Einspruch zu erhebe». Hierauf dürste Herr Gerard seine Bemühungen gründe». Er ingg sich über vvr Augen !halten, Saß. trotz der schwierigen Lage, in die gerade Spa nien dnrch den Unterseeboot Krieg geraten ist. ein cinUuß ! reicher Teil der spanischen Presse die Lage Deutschlands in ! vollem Umfange zu würdigen weiß. Er mag auch daran denke», daß man sich in Spanien heute, im dritten Jahre des Krieges, vollkvmmcn darüber im klaren sein dürste, daß der Einsatz der militärischen Macht des Landes für die Ent scheidung des Krieges ohne Bedeutung sein würde. Spanien svll, das dürfte das wahre Ziel der Bestrebungen Gcrards in Madrid sein, Herrn Wilson den Entschluß, in den Krieg zu gehen, erleichtern, soll gewissermaßen die moralische Rechtfertigung für Wilsons Kriegserklärung und eine wirk liche Unterstützung für einen Krieg Amerikas überhaupt ab- gcbcn. Die Erinnerung au die frühere kriegerische Aus einandersetzung, die in Wahrheit nichts andere» war. als ein rücksichtsloser und heimtückischer amerikanischer Ucbcr- fall, ist begraben, alles, was man früher in der amerika nischen Presse den Spaniern vorgeworfcn Hot — und cs war nicht wenig — vergeben und vergessen. Wird cs Herr» Gerard gelingen, die Spanier davon zu überzeugen, daß Herr Wilson ihr bester Freund wäre, daß sie, teils ihm zuliebe, teils „ihrer eigenen Interessen wegen", die Pflicht hatten, in de» Krieg zu gehen? Die Aussichten sind vor läufig verschwindend gering, so gering, wie die Aussichten Spaniens in einem Kriege überhanpt. So wird Fenn Herr Gerard wohl vom Manzanarcs unverrichteter Dinge scheiden und nun wirklich die Heim reise antretcn müssen. Wie cs heißt, soll ihm drüben der Bürgcrmeisterpvstcn von Ncuyvrk in Aussicht siche». Es wäre denkbar, daß die Herren von Wallstreet dadurch Herr» Gerard ihre Dankbarkeit ausdrückcn möchten für all Sa/-, was er in Berlin für sie und ihr Geschäft getan hat. Deutscher Reichstag. IFortietzung aus dem Borabcnd-Blatt.« Oberst n. Wriesberg teilt mit: Der Oberbefehlshaber und das Reichs-Militärgericht stehen auf dem Standpunkte, daß das Gesetz vom 4. Dezember leine rückwirkende Kraft habe, daß aber die in Schutzhaft Befindlichen das Rechts mittel der Beschwerde haben. Der ObermiUtärbeschlshabe e ist den» Generalkommando, das abweichender Ansicht war, cntgegcngetreten und hat ihm seinen Standpunkt »ui« geteilt. — Abg. Dove (Fr. Bp.« bemerkt, daß, wenn die oberste Militärbehörde einer Meinung ist, es dann keine andere Ansicht eines Untergebenen geben tonne. «Sehr richtig!« Seine Freunde »näßten wünschen, daß dieser Standpunkt mit der größten Entschiedenheit geltend gemacht werde. Der Reichskanzler sollte sich bewußt sein, daß er für die Ausführung des Gesetzes vcigutivprtlich sei. Ter - R e I a g c r n n g s z u st a n d sei mit allen seinen Beschränkungen Ser persönlichen Frei- heit ein schweres Opfer, daher müsse diesem Zustande s o - bald als möglich ein Ende gemacht werden.— Abg. Gröber «Zentr.l: Es handle sich hier für den Reichs tag »in eine hochwichtige Frage. Jim» sei mitgeteilt wor den, daß ein I» o ch g e st e l l t c r militärischer Be amter in Elsaß Lothringen kurzer Hand erklärt habe: Das Gesetz gehl mich gar nichts an. Die Bcrsügung. die ich erlassen habe, bleibt bestehen! lHört, hört! links und in» Zentrum.) Der betreffende militärische Beicliisliaber er klärt, er habe seine Bersügnng nicht ans Grund des Ge sctzcs über den Belagerungszustand erlassen, sondern ans Grund des Kriegsrcchts. «Abg. Lcdebour ruft: Ist der Mann nicht sofort abgesctzt worden?) Die in Schutzhaft befindlichen Personen haben sich heschwcrdcsührcnd an den Militäroberbefehlshaver in Berlin, den .Kriegs- mi ncstcr, gewendet. Es habe daraufhin eine Prüfung stattgefundcn, die ergeben habe, daß der MilitürobcrbeselilS- habcr erklärt hat, das Gesetz müsse auf alle Fälle ohne Unterschied Nnwendnng finden. Trotzdem fänden Per fönen, die dreißig Monate lang unter Aiifcntlialtsbeschräu- knngcn litten, kein Recht. «Hort, Hort! links nnd j»n Zentrum.) Was geschehe mit dein Befehls haber, der so das Recht beiseite setze und einen ihm gewordenen Besch« nicht voll ziehe? lStUr,»ische Zustimmung links und im Zen trum.) Wenn irgendwo, so müsse hier Gehorsam bestehen. Wenn der Kaiser den Militäroberbcsehlsliabcr ernenne und ihm den Auftrag gebe, rechtsverbindliche Erlasse ergeben zu lassen, darrn müßte» diese Erlasse und Befehle unweiger lich und sofort vollzöge» werde». «Lebhafte Zustimmung links und im Zentrum.« Was ist mit diesem Mann ge schchc», der dem kaiserlichen Willen zuwider einen Befehl nicht vollzogen hat? — Oberst v. Wriesberg: Der be treffende Befehlshaber hat die Ansfassnng gehabt, daß er auf Grund des Rechtes befugt sei, in den Okkupations gebieten selbständig zu handeln. Als der MUitärobcr- bcfehlshaber von dieser Auffassung Kenntnis erhielt, ist er ihr entgegengetreten, hat sie widerlegt und hat sämtlichen in Betracht kommenden militärischen Stelle» davon Mit teilung gemacht. Der M i l i t ä r o b c r b c s e h l s h a b e r hat natürlich angenommen, daß, wenn von seiner Seite den Befehlshabern Anweisungen zugchen, diese auch unweigerlich befolgt werde», und ich kann um namens des Oberbefehlshabers erkläre», daß er seine ihm vom .Kaiser nnd König übertragenen Rechte voll und ganz wahre,, wird. «Beifall.« Abg. Gröber (Zcnti ): Die B c f ehls » abc r v on Metz, Straßburg n»d Saarbrücken habe» sich aber nicht „m die Aiiivcisußgen des obersten Befehlshabers gekümmert.